Fünf gestohlene Minuten [h/c + "Geh nicht..."] für mich
Aug 03, 2016 19:19
Team: Ravenclaw Fandom: Captain America: "The Winter Soldier" Charaktere: Steve Rogers, Natasha Romanoff Wörter: ~3000 Prompt: Hurt/Comfort + "Geh nicht..." Warnungen: Scham- und hemmungsloser H/C Kitsch. [Spoiler (click to open)]Es gibt sogar basically den "GEH OHNE MICH WEITER"-Dialog weil ich mir offenbar für gar nichts mehr zu schade bin. *face/palm* Ich habe keine Rechtfertigung. Steve hat definitiv PTSD und das schlägt auch irgendwie durch. Das Ding hätte locker 1000 Wörter kürzer sein können, das weiß ich auch, aber ich wollte mich so richtig drin suhlen, ich geb's zu. *hust* Vorwort: Ich shippe die beiden SO hart und CA: Winter Soldier war basically alles was ich immer wollte und noch mehr. ♥___♥ Natasha verdient einfach SO VIEL LIEBE, OKAY? SO VIEL! Jetzt kriegt sie Liebe und Streicheleinheiten und dumme Dialoge galore. Bitte sehr.
Eine Sekunde lang ist das der einzige Gedanke in seinem Kopf. Sie ist tot.
Sein Kopf hämmert und die Explosion dröhnt in seinen Ohren.
Er zerrt sie hoch in seine Arme. Es ist nicht genug Zeit da, um sanft zu sein, aber sie wehrt sich nicht. Ihr Gliedmaßen sind schlaff wie die einer Puppe und ihr Kopf rollte haltlos nach hinten. Ihre Wimpern sind bedeckt mit dem feinem grauen Staub. Er kann nicht sehen ob sie atmet. Er fühlt sich orientierungslos, als ob die ganze Welt unter ihm schaukelt wie ein untergehendes Schiff und im Nachhinein kann er sich nicht mehr daran erinnern, wie er es nach draußen schafft.
Das Dröhnen der herannahenden S.H.I.E.L.D Jets bebt im Takt mit seinem wummernden Herzschlag.
Er rennt. Er stolpert über Schutt und Geröll hinweg und weg von dem Scheinwerferlicht in seiner Peripherie, weg von dem Kommandoton in dem Befehle weitergebrüllt werden. Asphalt hämmert unter seinen Füßen. Schüsse zischen durch die Luft, aber er hält nicht an. Seine Lunge brennt und seine Beine schmerzen. Blut läuft warm und schwer über seine Nacken. Aber er kann nicht anhalten, er kann nicht stehen bleiben. Er muss… er muss…
Sie darf nicht tot sein. Sie ist wortwörtlich grade alles was er hat. Sie ist der einzige Mensch, dem er vertrauen kann. Sie ist die einzige, die ihm helfen wird. Äste klatschen ihm ins Gesicht, als er endlich den Wald erreicht, und es flimmert vor seinen Augen. Es ist das einzige, was ihn vorwärts treibt. Adrenalin und das wilde Mantra in seinem Kopf. Sie darf nicht tot sein.
Er hat alles andere schon verloren. Inklusive sämtlicher Freunde, die er jemals hatte, seinem Glauben an die Menschheit und dem letzten bisschen Idealismus, das den zweiten Weltkrieg überlebt hat.
Er weiß nicht wie lange er schon rennt, als endlich seine Beine nachgeben. Er taumelt und drückt ihre leblose Gestalt beschützend fester an sich, damit sie ihm nicht entgleitet, bevor er endlich stehen bleibt. Alles ist dunkel um ihn herum. Er schließt die Augen und lauscht. Er hört nichts als seinen eigenen rasselnden Atem und das leise Knistern des Windes in den Blättern.
Er sackt zu Boden. Der Waldboden ist feucht unter seinen Knien und ihr Kopf rollt auf seinem Arm zur Seite. Zwischen beim Baumstämmen fällt ein Streifen Mondlicht direkt auf ihr Gesicht. Sie ist kreidebleich. Blut ist auf ihrer Stirn verschmiert wie Kriegsbemalung. Es ist nicht rot, sondern schwarz in dem farblosen Monochrom der Dunkelheit.
„Natasha“, flüstert er hilflos.
Bis eben hat er sich davor gedrückt, wie ein Feigling, aber dieses Mal legt er die Hand auf ihre Wange und tastet mit den Fingerspitzen behutsam nach ihrer Kehle. Ihre Haut ist kalt und schweißnass, und einen endlos langen Moment denkt er erneut ‚sie ist tot‘, aber dann spürt er ihren Puls unter seinen Fingerspitzen, schnell und hektisch, aber lebendig. Lebendig.
Heftig atmet er aus. Heißkalte Erleichterung durchströmt ihn so ruckartig, dass ihm schwindelig wird. Der Wald wirbelt um ihn herum und er fühlt sich zum ersten Mal seit er das Militärcamp verlassen hat wieder so, als ob er genug Luft bekommt, wenn er einatmet.
„Natasha.“ Er wischt den Staub von ihrem Gesicht.
Ihre Augenlider zucken. Sie gibt ein winziges Geräusch von sich, ein halbes Seufzen.
„Ich hab dich“, murmelt er. „Es ist okay. Ich hab dich.“ Jetzt wo er weiß, dass sie nicht tot ist, kann er wieder funktionieren. In schnellen, behutsamen Bewegungen tastet er ihren Hinterkopf ab, ihren Nacken, ihre Wirbelsäule, auf der Suche nach Verletzungen.
Ihr Nacken ist so schmal, ertappt er sich zu denken, so viel schmaler als er erwartet hat. Noch nie zuvor ist er sich ihrer physischen Unterschiede so sehr bewusst gewesen wie in diesem Augenblick. Sie ist so schmal, so zart in seinen Händen, dass er sich fühlt als könnte er ihren Schädel mit einer Hand zerdrücken wie eine Eierschale. Er könnte. Das ist das Schlimmste daran. Er könnte.
Diese Erkenntnis ist nicht unerwartet und nicht einmal sonderlich originell, aber sie triff ihn bis ins Mark. Seine Hände arbeiten effizient und mechanisch und tasten sie nach Blutungen ab. Seine Gedanken rasen.
Er vergisst bei Natasha manchmal, dass sie kein Zwei Meter großer, unbesiegbarer Kampfroboter ist. Sondern auch nur ein Mensch. Ein Mensch zwischen Halbgöttern und Superwesen. Sie ist nur Haut und zerbrechliche Knochen. Es gibt kein Supersoldaten Serum, keine Magie, keine Rüstung aus Eisen, kein grünes Monster, nichts was sie schützt, wenn Dinge um sie herum explodieren oder ein ganzes Gebäude über ihr zusammenbricht. Sie ist nur einfach so wahnsinnig gut und kompetent in allem was sie tut, dass man es einfach vergisst. Und das ist vielleicht der größte Zaubertrick von allen.
„Natasha“, sagt er eindringlich.
Ihre Augenlider zucken erneut.
Er zwingt sich weiter zu reden. „Sehr gut“, flüstert er ermutigend. „Mach weiter so. Ich hab dich, es ist okay.“ Er wiederholt ihren Namen wie ein Mantra und sagt dumme, nutzlose Dinge, die zur Hälfte nicht stimmen. Nichts ist okay. Nichts ist gut. Er hat keine Ahnung was sie jetzt tun werden. Er ist nicht einmal sicher ob er sie beschützen kann. Aber er braucht sie. Er braucht sie. Er kann das nicht ohne sie.
Er spürt ihr Erwachen, noch eine Sekunde bevor sie die Augen aufklappt, an der ruckartig einschießenden Körperspannung in ihre Gliedmaßen.
„Hey, hey“, macht er und verstärkt reflexartig seinen Griff um sie. „Es ist alles okay. Ich bin’s. Steve.“
Sie klappt die Augen auf. Erleichtert stellt er fest, dass ihr Blick wach und klar ist. Sie fokussiert sofort auf ihn und dann zielsicher auf ihre Umgebung. „Wo…?“ Sie macht Anstalten sich ruckartig aufzusetzen, aber er hält sie fest.
„Nicht“, befiehlt er, schärfer als beabsichtigt. „Über dir ist eine Bombe explodiert! Lass mich…“
„Wo sind wir?“ bohrt sie. Ihre Stimme ist rau und bricht, als sie einen Hustenanfall bekommt, der sich anhört als ob ihre Bronchien mit einem Reibeisen bearbeitet wurden.
Steve zieht eine mitleidige Grimasse und hilft ihr sich aufzurichten. Seine Hand fährt behutsam über ihren Rücken. Er weiß, er sollte damit aufhören, jetzt wo sie wach und wieder da ist und ihn wieder auf zehn verschiedene Arten und Weisen entwaffnen oder kastrieren könnte, aber er kann nicht. Er kann nicht.
„Wo sind wir?“ wiederholt sie erneut, ihre Stimme kratzig und leise, aber funktional. „Steve!“
„In Sicherheit.“
„Nein, sind wir nicht.“
Er seufzt. „Nein, sind wir nicht“, gibt er zu. Er weiß nicht einmal, wieso ihm das rausgerutscht ist. Natasha braucht keine beruhigenden Notlügen. Natasha braucht nichts weniger das. „Aber wenigstens die nächsten fünf Minuten über sind wir sicher. Ich verspreche es“, sagt er leise und ernsthaft. Ihre Augen ruhen prüfend auf seinem Gesicht und was immer sie darin sieht, bewirkt, dass ein Teil der Anspannung aus ihrem Körper weicht. „Das Auto…?“ Ihr Blick flackert suchend um ihn herum.
Er schüttelt den Kopf. „Verschüttet.“
„Wo…?“
„Erinnerst du dich was passiert ist?“ fragt er. Das ist Standardprotokoll bei einer Kopfverletzung. Standardprotokolle, hat er festgestellt, sind manchmal sehr beruhigend, wenn man das Gefühl hat, dass die ganze Welt grade dabei ist einem zu entgleiten.
Sie seufzt. „Heftiger Kater nach einer wilden Party ist so selten die richtige Antwort auf diese Frage.“
Er wirft ihr einen strengen Blick zu. „Natasha.“
„Was willst du? Name, Rang und Personenkennziffer? Wir haben keine Zeit!“ Eine hektische kleine Ader pocht an ihrer Schläfe. Ihre Hand ist immer noch in seiner Jacke verkrallt und sie macht keine Anstalten los zu lassen. Egal, was sie sagt, sie ist so sehr aus der Fassung wie er sie noch nie erlebt hat.
„Tu mir den Gefallen“, sagt er leise.
Sie verdreht die Augen, aber sie atmet zittrig aus und gehorcht. „New Jersey, Armeegelände. Da war ein Geheimaufzug im Geheimlabor. Uralter Computer. Der zauselige Mini Hitler. Zola?“, rekapituliert sie, eine steile Konzentrationsfalte zwischen ihren Augen. „Hydra. … Da war eine… Rakete?“ Das letzte ist beinah eine Frage. Als ob sie es selbst nicht wahrhaben will.
Er nickt, zu gleichen Teilen erleichtert und beeindruckt von ihrer Effizienz. „Abgefeuert vom S.H.I.E.L.D. Hauptquartier“, ergänzt er leise.
Sie ist ganz still. S.H.I.E.L.D. ist viel länger ihr Zuhause gewesen als seins und er kann sich nur ansatzweise vorstellen wie sich das anfühlen muss, wenn sie dir plötzlich das Messer in den Rücken rammen und es langsam umdrehen. „Es war nicht geplant, dass wir das überleben“, sagt sie sachlich. „Oder wenigstens ich nicht.“ Sie stellt diese Tatsache vollkommen nüchtern fest, als sei das nichts als ein statistischer Fakt, dass ihre Überlebenswahrscheinlichkeit in jeder Situation ein bisschen geringer ist als Steves.
Steve atmet scharf aus. Er bemerkt erst, dass er abrupt den Griff um sie verstärkt, als sie die Augenbrauen hebt. „Ich hätte nicht…“ Er bricht ab, weil er selbst weiß wie albern es klingt was er sagen will. Ich hätte nicht zugelassen, dass dir etwas passiert. Das ist sowieso nichts weiter als eine Lüge. Er ist schon lange nicht mehr in der Lage gewesen irgendjemanden zu beschützen, an dem ihm etwas liegt. Sie sterben immer. Sie sterben alle. Und es ist völlig egal was er tut.
Der Blick, der auf ihm ruht ist überraschend sanft. „Es tut mir leid“, sagt sie langsam. „Ich wollte deine Bereitschaft dich über Menschen zu werfen, um sie mit ganzem Körpereinsatz zu beschützen nicht in Frage stellen.“
Er zuckt mit den Schultern. „Lach ruhig. Ich bin das gewohnt.“
„Ich lache nicht.“
Ihre Stirn ist nachdenklich gefurcht und ihre Augen wandern forschend über sein Gesicht, als sei er ein Puzzle aus dem sie einfach nicht schlau wird. Was lustig ist, weil Steve sich die meiste Zeit über fühlt wie ein offenes Buch und aus ihr nicht schlau wird. Er hebt den Kopf. Mit einem Mal sind ihre Gesichter sehr nah, oder vielleicht waren sie das die ganze Zeit und Steve bemerkt es nur erst jetzt. Nahtoderfahrungen neigen dazu so viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er blickt auf ihren Mund und gleich wieder weg. Trotz der kühlen Nachtluft ist ihm plötzlich zu heiß.
„Hah“, macht sie nachdenklich. Hinter ihren Augen arbeitet es. Ruckartig blinzelt sie und strafft die Schultern. „Großartig. Ich fühl mich gleich viel besser. Reden hilft. Wir müssen hier weg!“
„Die fünf Minuten sind noch nicht vorbei.“ Er hat das Gefühl, sie kann die fünf Minuten grade ganz gut gebrauchen. Mindestens so sehr wie er. Er fühlt sich drunter und drüber, als hätte man ihn zerlegt und falsch zusammen gesetzt.
Sie macht Anstalten sich aus seinen Armen zu schieben und hält auf halbem Weg inne. „Ugh“, macht sie und verzieht das Gesicht, bevor sie eine Hand auf ihre Rippen presst.
„Was?“ fragt er alarmiert.
Sie presst die Augen zusammen und wedelt seine besorgten Hände beiseite. „Entspann dich, ich verblute nicht innerlich.“ Sie verzieht das Gesicht und gibt ein unerfreutes Geräusch von sich. „Ich hatte vergessen wie unangenehm Explosionen aus nächster Nähe sind.“ Sie tastet mit einer Hand über ihre Rippen und ihren Bauch, und er sieht wie sie ihre Beine vorsichtig bewegt und die Gelenke rotiert. Routinierte Verhaltensweisen, die jahrelange Erfahrung damit verraten irgendwo aufzuwachen und nicht ganz sicher zu sein in welchem körperlichen Zustand sie sich grade befindet. Es ist ein bisschen traurig wie routiniert sie das macht. Es ist ein bisschen traurig wie gut er das kennt. Was sind sie nur für deprimierende Kreaturen.
„Ist okay“, beurteilt sie am Ende und er hat das deutliche Gefühl, dass sie diejenige ist, die grade ihn beruhigt und nicht umgekehrt. „Ich bin okay. Hilf mir hoch.“
Die fünf Minuten sind noch nicht vorbei, liegt ihm auf der Zunge, aber er verkneift es sich. Die fünf Minuten, wenn es sie denn jemals gegeben hat, sind sowas von vorbei, und er weiß das genauso gut wie sie.
„Mach schon.“ Sie greift nach seiner Schulter und lässt sich von ihm auf die Beine helfen. Ihr Arm ist beschützend um ihre Rippen geschlungen und ihre andere Hand ist immer noch in seiner Jacke verkrallt. „Wie weit…?“ Sie bricht ab und er sieht wie sie die Zähne zusammenbeißt, bevor sie weiter spricht. „In welcher Richtung ist das Camp? Wie weit bist du gelaufen?“ Sie lehnt an seiner Schulter und ihr Kopf dreht sich fieberhaft in alle Richtungen.
Steve deutet in die Richtung aus der sie gekommen sind. „Ich weiß nicht… ein paar Meilen. Vielleicht zehn. Fünfzehn.“ Es fühlt sich an als ob es Stunden gewesen sind, die er mit ihr durch den Wald gerannt ist, aber vielleicht waren es auch nur Minuten. Jedes Zeitgefühl ist verloren gegangen durch die nackte Panik in seinen Adern.
Er kann sehen wie es in ihrem Kopf arbeitet. Sie deutet nach rechts, nach Westen. „Ein paar Meilen von hier muss ein Highway Richtung Interstate sein. Wo Highways sind, sind Motels und wo Motels sind…“
„… kann man Autos stehlen“, vervollständigt er.
Um ihre Mundwinkel kräuselt sich ein mattes Lächeln. „Captain America stiehlt doch nicht. Wir leihen es natürlich nur aus.“
„Natürlich.“
„Was wir dann machen, weiß ich noch nicht.“ Sie reibt sich über die Stirn und mit einem Mal sieht sie erschöpft aus. „Alle Menschen, die ich kenne, sind tot oder wollen uns umbringen.“
Nicht alle…, denkt Steve. Vielleicht. Einen Moment lang flackern seine Gedanken zu Sam Wilson. Ex-Soldat, Therapiegruppenleiter und Hobby-Jogger. Aber das ist nur ein Vielleicht. Ein Möglicherweise.
Aber Natasha braucht eine Pause, mehr als alles andere. Eine Pause, die mehr ist als fünf gestohlene Minuten.
„Komm schon“, sagt sie.
Er zögert. Jetzt wo er weiß, dass sie nicht kurz davor ist jeden Augenblick in seinen Armen zu sterben, beginnt sein Gehirn wieder zu arbeiten. Seine Gedanken überschlagen sich. Er spürt die Sekunden vorbeiticken, die sie noch in Sicherheit sind, langsam und unaufhaltsam. Er kennt die militärischen Standardvorgehensweisen und er weiß, dass sie grade dabei sind den Suchperimeter zu erweitern. Er weiß, dass die Jets gleich wieder in der Luft sein werden. Grelles Scheinwerferlicht, das die Dunkelheit zerschneidet. Er spürt die Vibrationen ihrer marschierenden Stiefel in seinen Knochen.
Sie müssen hier weg und zwar schneller als ihm lieb ist. Er kann ihr keine Zeit geben sich zu erholen, wird ihm klar. Er kann ihr nicht einmal Zeit geben, langsam zu machen.
Verständnis gleitet über ihr Gesicht. Sie spricht es aus, bevor er es kann. „Ich bin zu langsam.“ Es ist eine Frage und eine Feststellung zugleich. „Ich halte dich auf.“
„Du musst nicht…“, versucht er hoffnungslos.
„Wie viele sind es?“ unterbricht sie.
„Ich hab nur die Lichter gesehen. Drei oder vier Jets. Vermutlich um die dreißig Leute. Vielleicht vierzig.“
„Was? Nur dreißig Leute für Captain America? An deiner Stelle wäre ich beleidigt.“ Sie zuckt mit den Schultern und sieht aus als bereue sie Bewegung gleich wieder. „Die Lösung ist leicht. Lass mich einfach…“
„Nein.“ Er unterbricht, bevor sie es zu Ende sprechen kann. „Niemals.“
„Ich halte dich auf und du musst zurück nach Washington“, zählt sie auf. „Und wenn wir noch länger hier rumstehen und über unsere Gefühle diskutieren, sind wir in spätestens zwanzig Minuten sowieso beide tot. Ich komme schon klar. Es ist nur logisch, dass…“
„Ich kann dich tragen“, rutscht ihm heraus, bevor er es aufhalten kann.
Sie hebt die Augenbrauen. „Bis nach Washington?“
Er nickt störrisch. Was? Vermutlich kann er das wirklich. Natasha wiegt weniger als das Marschgepäck was jeder durchschnittliche Infanteriesoldat problemlos mehrere Kilometer tragen kann. Das sagt er ihr nicht, auch wenn es wahr ist. Und er kann ein bisschen mehr tragen als der durchschnittliche Infanteriesoldat. „Bis zum nächsten Highway auf jeden Fall.“
Ihr Blick ruht auf ihm, forschend und nachdenklich, und vielleicht sieht sie die Anspannung in seinen Schultern und wie seine Hände hilflos in ihre Richtung zucken, und die Art wie er sich und sein Schild beschützend zwischen ihr und der Welt aufgebaut hat. Egal was sie sieht, ihr Gesichtsausdruck wird weicher.
„So knapp?“ fragt sie leise und er weiß, was sie meint, ohne dass sie es ausspricht.
Er nickt. Es war so kapp. Es ist so knapp.
„Fucking Hydra“, sagt sie sacht.
„Fucking Hydra“, gibt er leise zurück. Er atmet aus. Und dann: „Ich kann das nicht ohne dich. Ich brauche dich.“ Da. Er hat es gesagt.
Überraschung flackert über ihr Gesicht. „Jetzt drück nicht auf die Tränendrüse, Rogers“, murmelt sie. „Du brauchst mich nicht.“
Ich bin nur ein Soldat, ich bin kein Spion, liegt auf seiner Zunge. Ich habe keine Ahnung, was ich tue. DU bist der Spion. Der beste, den ich kenne. Aber das ist alles nicht ausreichend und nicht wahr genug. Er sieht sie einfach nur an.
Sie seufzt. „Oh man. Okay. Okay!“
„Okay?“ wiederholt er hoffnungsvoll.
„Mach schon. Ich zähle die Sekunden und wir müssen hier wirklich weg. Also ja. Okay. Mach!“
Er nickt eilig und hebt er sie hoch, achtsam ihre Rippen nicht mehr durchzuschaukeln als nötig und sie legt den Arm in seinen Nacken. Er weiß, dass er ihr wehtut, auch wenn sie keinen Ton von sich gibt. Sie presst ihr Gesicht gegen seine Schulter, als er losläuft und eine Sekunde lang ist er froh, dass er sie nicht ansehen muss.
Jetzt wo sie nicht mehr leblos in seinen Armen liegt, wird ihm plötzlich klar wie unangemessen das ist. „Ich habe schon oft… damals im Krieg, meine ich…“, stammelt er. „Es ist keine Schande einen gefallenen Kameraden…“
„Ich bin kein Kerl, Rogers.“ Sie schnaubt belustigt und er spürt ihren warmen Atem direkt an seiner Wange. „Ego-Streicheleien brauchen nur Männer. Ich kenne meine Grenzen. Und du bist tatsächlich ein bisschen schneller als ich. Mir bricht kein Zacken aus der Krone wenn ich das zugebe.“
Er spürt wie er errötet. Sie schafft es immer wieder, dass er sich fühlt wie ein Schuljunge in ihrer Gegenwart. Im Nachhinein kommt ihm die wilde Panik um ihr Leben unangemessen… persönlich vor. Übertrieben. Natürlich ist sie okay. Alles andere kommt gar nicht in Frage. Natasha ist immer okay.
Und da ist er wieder. Der größte Zaubertrick von allen.
Es ist okay, wenn du nicht okay bist, denkt Steve und wenn er sie ein bisschen behutsamer in den Armen hält als nötig, dann kommentiert das keiner von ihnen.
Er ist auch nicht okay. Vielleicht wird er niemals wieder okay sein. Es ist nur alles ein bisschen leichter wenn man zusammen nicht okay ist.