Titel: In eigener Sache
Team: Sonne
Challenge: Angst: JOKER (Inspiration:
"Absturz" von
cricri_72) - Für mich
Fandom: Tatort Stuttgart
Rating: P12
Genre: Angst, Preslash (implied, irgendwie so...)
Warnungen: Leichte Spoiler für den Stuttgart-Tatort "In eigener Sache"
Zusammenfassung: Julia hat eine Erkenntnis...
Wörter: ~400
Anmerkungen: Ein klassischer Fall von "... und es hat Boom gemacht." Ich hab gestern Abend mal wieder "In eigener Sache" geschaut (immer noch einer der besten Stuttgart-Tatorte) und als ich dann gerade
cricri_72s Geschichte las, hatte ich sofort wieder die Schlussszene vor Augen, und die Blicke, die da hin und her gehen und dann musste ich das einfach schreiben...
„Na dann, … ich heiß‘ Sebastian … Basti. Wie Sie wollen.“
„Thorsten.“
„Zum Wohl.“
„Zum Wohl.“
Natürlich hat sie es gewusst. Die ganze Zeit hat sie es gewusst. Von Anfang an. Sebastian ist keiner der lügt, keiner der Geheimnisse hat. Jedenfalls nicht, wenn es ihm ernst ist. Er hat es ihr selbst gesagt. Noch vor dem ersten Kuss. Dass er bi ist. Dass er auch auf Männer steht. Dass sie das wissen sollte, bevor sie sich mit ihm einlässt, hat er gesagt. Damit nicht irgendwann Gerüchte und Geheimnisse alles kaputt machen. Und ob sie ein Problem damit hätte, dass er einen Ex-Freund hätte, keine Ex-Freundin.
Im ersten Moment war sie überrascht, auch ein bisschen unsicher, aber sie war auch so verliebt in ihn. In ihren Sebastian mit den strahlenden Augen und dem tollen Lachen, mit dem Schalk im Nacken und den ehrgeizigen Zielen, mit den Träumen von Familie und Zukunft. Ihre Freundinnen haben sie gewarnt, dass er nicht treu sein würde, ja gar nicht treu sein könnte, dass er sie am Ende nur verletzen würde. Sie hat nicht darauf gehört, nicht darauf hören wollen. Weil sie nicht *so eine* sein wollte, eine, die Vorurteile hat - und weil sie Sebastian geliebt hat.
Es war ja auch immer alles gut. Ja, am Anfang, da hat manchmal ein bisschen zu genau hingeschaut, wenn sie Sebastian ihre Freunde vorgestellt hat, wenn sie mal Kommilitonen eingeladen hat, hat überlegt, wer wohl Sebastians Typ wäre. Aber da ist nie etwas gewesen. Sebastian war immer nur freundlich, wie er eben ist. Keinen, nicht einen hat er angeschaut mit diesem besonderen, diesem ganz speziellen Blick, der nur für sie reserviert war.
Mit der Zeit ist es dann weniger geworden, es hat sie auch nicht mehr interessiert, es war nicht mehr wichtig. Weil Sebastian nur Augen für sie hatte, weil er ihr einen Heiratsantrag gemacht hat, auf Knien, mit Rosen und Kerzen, weil er mit ihr Kinder haben wollte, weil er mit ihr das Haus gekauft hat, weil er mit ihr leben wollte. Und über die Jahre hat sie es fast vergessen. Bis jetzt.
Bis Thorsten hier in ihrem Wohnzimmer sitzt, mit der Bierflasche in der Hand, bis Sebastian ihm das ‚Du‘ anbietet und ihn dabei anschaut mit diesem Blick. Ihrem Blick. Thorsten, ausgerechnet Thorsten - sein Kollege, fast zwanzig Jahre älter, wortkarg, eigenbrötlerisch und irgendwie gebrochen.
Sie sitzt neben Sebastian, berührt ihm am Arm, doch er hat gar keine Augen für sie. Er schaut nur Thorsten an. Strahlend, glücklich, hoffnungsvoll, so wie sie vor vielen Jahren. Thorsten erwidert seinen Blick, sanft, ruhig, mit einem leichten Zucken im Mundwinkel.
Und sie begreift, dass sie verloren hat.