Blaue Flecken [Farben: BLAU - Für mich]

Jul 16, 2018 12:35

Titel: Blaue Flecken
Team: Sonne
Challenge: Faben: BLAU - Für mich
Fandom: SK Kölsch
Rating: P16
Genre: Angst, Preslash
Warnungen: References to Domestic Violence
Zusammenfassung: Fünf Mal in denen Jupp nichts gesagt hat und einmal als es zu spät ist...
Wörter: ~2000
Anmerkungen: Keine Ahnung, wo diese schwarzen Bunnies immer herkommen. Ich schiebe es aufs Wetter, das schlägt mir aufs Gemüt. Und ja, das Ende ist auch ein bisschen doof, aber ich hätte jetzt entweder noch einen Roman schreiben können oder eine Fortsetzung. Ich hab' mich für die Fortsetzung entschieden.


Das erste Mal, als Jupp ein blauer Fleck an Klaus auffällt, denkt er sich gar nichts dabei. Es ist ja jetzt auch nicht so, als wenn ein blauer Fleck am Unterarm etwas Außergewöhnliches wäre. Es kann jedem Mal passieren, dass er sich irgendwo stößt. Einmal nicht aufgepasst, zu schnell bewegt, eine Kante, einen Vorsprung, eine offene Tür übersehen, und - rums - schon ist es passiert. Das ist ja nun wirklich nichts Ungewöhnliches - auch wenn Jupp zugeben muss, das ihm bisher noch nie blaue Flecken an Klaus aufgefallen sind. Aber einmal ist immer das erste Mal und vielleicht guckt er auch einfach nur ein bisschen aufmerksamer auf Klaus, seit Ellen tot ist. Weil Klaus der einzige ist, der ihm geblieben ist.

***

Auch das zweite Mal, als Jupp einen blauen Fleck an Klaus bemerkt, denkt er nicht weiter darüber nach, jedenfalls nicht sehr lange. Obwohl der schon ziemlich übel aussieht. Am Oberarm dieses Mal, riesig, aber er muss auch schon älter sein, er ist schon mehr grün als blau. Ein richtiger Pferdekuss ist das gewesen, so wie er das früher manchmal gehabt hat, nach dem Bolzen, wenn ihn einer seiner Freunde mit den neuen Stollenschuhen richtig erwischt hat, am Oberschenkel oder so. Das muss wehgetan haben, richtig weh. Klaus Erklärung dazu ist ein bisschen merkwürdig. Er erzählt irgendetwas von Stolpern und Abfangen und Stoßen, aber so richtig ergibt das in Jupps Kopf keinen Sinn. Könnte natürlich auch daran liegen, dass er gerade ein bisschen zu sehr damit beschäftigt ist, fasziniert zu beobachten, wie sich Klaus‘ Muskeln unter dem engen Shirt abzeichnen, als der das Hemd wechselt. Als Klaus ihn fragt, ob denn noch etwas ist, guckt er lieber schnell in eine andere Richtung, bevor es richtig peinlich wird. Am Ende kommt Klaus noch auf komische Gedanken. Und als er wieder zu Klaus hinschaut, hat der sein Hemd längst angezogen und der blaue Fleck ist verschwunden.

***

Beim dritten Mal, dass Klaus mit einem blauen Fleck im Büro erscheint, wird Jupp die Sache doch langsam komisch. Dieses Mal ist der blaue Fleck im Gesicht, ein dicker schwarzvioletter Bluterguss auf dem Jochbein, direkt unter dem linken Auge. Da ist sogar ein kleiner Cut in der Mitte. Die Wange ist ganz geschwollen und das untere Augenlid auch. Klaus kriegt das Auge gar nicht richtig auf. Und er hat Schmerzen, das sieht Jupp sofort. Dieser Ausdruck in seinen Augen und diese verkrampfte Haltung, das spricht schon eine deutliche Sprache. Er will aber auch nicht nach Hause gehen, dabei ist es heute wirklich ruhig, nichts zu tun, nicht einmal Berichte schreiben. Doch als Jupp ihm das anbietet schüttelt er nur heftig den Kopf - und stöhnt gleich auf vor Schmerzen. Immerhin nimmt er die Schmerztablette an, die Jupp ihm anbietet.

Als Jupp ihn fragt, woher er denn das Veilchen hat, wird er wieder ausweichend, erzählt irgendetwas von Kochen und Sauce, die ihm angebrannt ist und einer offenen Schranktür, die er in der Hektik übersehen hat. Irgendetwas an dieser Geschichte stört Jupp. Er kann nicht so richtig sagen was eigentlich, es ist mehr so ein grundsätzliches Gefühl, dass hier etwas einfach nicht stimmt. Weil er Klaus schon so oft beim Kochen zugeschaut hat und da ist nie irgendetwas chaotisch gewesen oder gar angebrannt, da war immer alles ganz einfach und perfekt. Obwohl, vielleicht schien ihm das nur so, weil er einfach nicht kochen kann. Für ihn sieht alles perfekt aus, was am Ende ein essbares Gericht hervorbringt. Trotzdem, das komische Gefühl lässt sich nicht abschütteln. Weil ihm diese Geschichte so seltsam bekannt vorkommt.

Nur einen Karton übersehen und gestolpert. Nicht richtig hingeguckt und die Tür übersehen. Viel zu eilig gehabt und die Treppe runtergefallen. Einfach nur ein bisschen ungeschickt gewesen. Er kann gar nicht mehr zählen wie oft er diese und andere Ausreden schon gehört hat. Wenn man dann mal genauer nachfragt, dann haben der Karton, die Tür und die Treppe meistens einen Namen und die Ungeschickten landen nicht selten als Fälle auf seinen Schreibtisch. Aber das kann doch nicht sein, das ist hier doch immerhin Klaus, um den es geht. Der ist doch selber Bulle und ein verdammt guter noch dazu. Der ist doch ein ganzer Kerl, der lässt sowas doch nicht mit sich machen. Der weißt doch, wie man sich wehrt. Jupp würde sich jedenfalls nicht freiwillig mit Klaus anlegen, soviel ist mal sicher. Und bei so jemandem würde Klaus doch auch niemals bleiben. Hat der im Moment überhaupt einen Freund? Jupp weiß es gar nicht so genau, aber als er nachfragen will schaut Klaus ihn wieder mit diesem herausfordernden Blick an und fragt ob noch etwas wäre. Also sagt Jupp lieber doch nichts, schüttelt nur den Kopf und geht zu seinem Platz zurück. Aber insgeheim nimmt er sich vor, Klaus ein bisschen genauer zu beobachten.

***

Beim vierten Mal sieht Jupp den blauen Fleck gar nicht, er sieht nur, dass Klaus Schmerzen hat. Irgendwo an den Rippen muss das verdammte Ding sein, vielleicht auch am Bauch oder an der Seite, so ganz sicher kann er das nicht sagen. Klaus bewegt sich jedenfalls ganz vorsichtig, hält sich ganz gerade, versucht, sich nicht anzulehnen in seinem Stuhl. Als er es gedankenverloren doch tut, hat er Schwierigkeiten, sich wieder aufzurichten. Sein Gesicht ist schmerzverzerrt und er stöhnt leise. Spätestens jetzt ist Jupp klar, dass es mehr als nur ein blauer Fleck sein muss.

Viel schlimmer aber ist, dass er sieht, wie Klaus zusammenzuckt, für den Bruchteil einer Sekunde diesen panischen Ausdruck auf dem Gesicht bekommt, diesen Ausdruck den er schon viel zu oft gesehen hat und der so schrecklich falsch ist. Eigentlich hat er nur den kleinen Ball vor die Wand werfen wollen, den Achim ihm irgendwann mal geschenkt hatte, zum Abreagieren. Aber als er den Arm hebt und schwungvoll ausholt scheppert es auf der anderen Seite des Raumes und als Jupp erschrocken herumfährt, da sieht er noch, wie Klaus ihn anschaut und erkennt diese Panik in seinen Augen, die Angst vor dem ersten Schlag. Fassungslos starrt Jupp ihm in die Augen, lässt ganz langsam den Arm sinken. Er sagt nichts, er kann nichts sagen, seine Kehle ist wie zugeschnürt. Er schluckt nur trocken.

Klaus schaut zurück, begegnet Jupps Blick für einen kurzen Moment, dann schlägt er die Augen nieder. Er hat erkannt, dass Jupp Bescheid weiß und er schämt sich dafür. Ehe Jupp sich besinnen kann springt Klaus schon auf. Er redet unzusammenhängendes Zeug, dass er noch etwas besorgen müsste und zur Bank und dass er ja sowieso viel zu viele Überstunden hat und dass er dann heute mal früher geht, wenn ja sowieso nichts zu tun ist. Dann ist er verschwunden, bevor Jupp auch nur ein Wort hat sagen können.

***

Auch beim fünften Mal sieht Jupp den blauen Fleck nicht. Jedenfalls nicht sofort, obwohl er Klaus seit den letzten Mal noch viel genauer beobachtet. Klaus hat schon ein paar Mal gefragt ob denn irgendetwas wäre und bemerkt, dass er ja fast auf dumme Gedanken kommen könnte, so wie Jupp ihn anschauen würde. Jupp hat dazu lieber nichts gesagt, weil er sich das komische Gefühl, dass ihm erfasst, wann immer er nur daran denkt, was diese blauen Flecken bedeuten, auch nicht erklären kann. Das ist nicht nur der Bulle in ihm, soviel ist klar. Aber auch für einen Freund ist das irgendwie ein bisschen… na, ist ja auch egal.

Aber weil er Klaus seit Tagen schon so genau beobachtet, fällt ihm sofort auf, dass der heute ein besonders hochgeschlossenes Hemd trägt und trotz der Hitze eine Krawatte, obwohl er das die ganz letzte Woche nicht getan hat. Er wundert sich ein bisschen, aber er will auch nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Bei Klaus weiß man ja nie, was den morgens reitet, diesen oder jenen Anzug anzuziehen. Und mal ehrlich, welche blauen Flecken will man schon unter einem Hemdkragen verbergen.

Irgendwann wird Klaus die Hitze dann aber doch zu viel. Als er aufstehen will, schwankt er plötzlich und fällt schwer zurück in seinen Stuhl. Sofort ist Jupp bei ihm, versucht ihm die Krawatte zu lockern, das Hemd aufzuknöpfen. Klaus wehrt sich halbherzig, doch als Jupp den Arm hebt, um Klaus Hand abzufangen, die ihn wegschieben will, ist da wieder dieses Zusammenzucken. Ihre Blicke treffen sich kurz und Klaus hält seinen Blick, für den Bruchteil einer Sekunde nur, dann schlägt er die Augen nieder und schaut beschämt auf seine Hände. Sein Widerstand ist gebrochen und er lässt Jupp einfach gewähren.

Es ist nicht ganz einfach, die Krawatte zu lockern und die obersten Knöpfe aufzumachen, wenn Klaus so gar nicht mithilft, schließlich will Jupp ihm auch nicht mehr wehtun als unbedingt nötig. Aber irgendwann hat er es dann doch geschafft. Vorsicht schlägt er den Hemdkragen auseinander. Klaus atmet jetzt ruhiger, kriegt besser Luft, dafür verschlägt es Jupp für einen Moment den Atem. Unter dem Kragen kommt ein riesiges Hämatom zu Vorschein. Dunkelviolett zieht es sich wie ein Ring um Klaus‘ Hals, höchsten ein paar Stunden, vielleicht einen Tag kann es alt sein. Und selbst wenn er kein Bulle wäre, wenn er das nicht schon viel zu oft gesehen hätte, wüsste er sofort, dass das ein Würgemal ist. Sogar die einzelnen Finger kann man erkennen, wenn man genau hinschaut.

Jupp schluckt trocken, überlegt fieberhaft, was er sagen soll, aber seine Gedanken gehorchen ihm nicht wirklich, Er kriegt keinen sinnvollen Satz zusammen und schließlich fragt er das erste, war ihm einfällt, das dämlichste wahrscheinlich. Was das denn wäre. Als ob das nicht eindeutig ist. Klaus wiegelt ab, sagt, dass er nur ungeschickt war, ein vorstehendes Brett übersehen hat. Natürlich glaubt Jupp ihm kein Wort und er zeigt das auch, fragt, wie das Brett denn heiße. Klaus wird wütend und plötzlich, ehe Jupp sich versieht, streiten sie, laut und böse. Ein Wort gibt das andere und am Ende stürmt Jupp wütend aus dem Büro. Bitte, wenn Klaus nicht einsehen will, dass das nicht in Ordnung ist, wenn er meint, dass er alles im Griff hat, dann soll er doch sehen, wo er bleibt.

***

Und jetzt sitzt Jupp hier, in der Notaufnahme, und wartet. Wartet und macht sich Vorwürfe. Dass er es nicht schon viel er bemerkt hat. Dass er nichts gesagt hat. Dass er einfach abgehauen ist. Dass er Klaus allein gelassen hat. Da hilft es dann auch nichts mehr zu wissen, dass Klaus ausgerechnet ihn am Ende angerufen hat, dass er da war, als Klaus das endlich zugelassen hat. Er hätte überhaupt nicht so weit kommen müssen, niemals so weit kommen dürfen.

‚Jupp, kannst du bitte herkommen. Bitte…‘

Noch immer hallt Klaus‘ Stimme in seinem Kopf wieder. So leise und verzweifelt, kaum mehr als ein Flüstern. Natürlich ist er sofort gekommen. Das ist doch selbstverständlich, da hätte Klaus gar nicht erst bitten müssen.

Er hat erst gar keine Ahnung wohin eigentlich, weil er Klaus so schlecht versteht, weil das Gespräch abreißt, bevor er nachfragen kann, aber dann zählt er einfach zwei und zwei zusammen und tut das, was sein Bauchgefühl ihm sagt. Klaus hätte wahrscheinlich bemerkt, dass bei seinem Bauchgefühl zwei und zwei niemals vier ergeben, aber das ist ihm dann auch egal. Und in diesem einen Falle wäre er wirklich glücklich gewesen, wenn Klaus Recht gehabt hätte. Hat er aber nicht. Denn Jupps Bauchgefühl sagt ihm, dass er zu Klaus‘ Wohnung fahren sollte. Genau da findet er Klaus auch. Im Flur auf dem Fußboden, in Boxershorts und T-Shirt, zusammengerollt wie ein Baby, nur halb bei Bewusstsein. Er hat den einen Arm gegen seine Brust gepresst, sein Atem geht irgendwie abgehackt, als bereitete ihm das Luft holen starke Schmerzen, und als er den Kopf ein bisschen hebt, muss Jupp zweimal hinschauen, um sicher zu sein, dass es auch wirklich Klaus ist. Einen Moment ist er wie gelähmt, aber er besinnt sich und dann geht alles ganz schnell.

Und jetzt sitzt er hier und wartet darauf, dass er endlich zu Klaus kann, ihm beistehen kann. Wartet und hat gleichzeitig irgendwie unendlich Schiss, weil er keine Ahnung hat, was er jetzt tun soll. Ganz rational ist ihm irgendwie wie klar, was jetzt kommt, kommen muss. Er hat das schon hunderte Mal gemacht, er ist ja schließlich nicht erst seit gestern Bulle. Aber da waren das immer Fremde. Da war das irgendwie weit weg, nicht so nah. Da war das nicht Klaus, Kollege, Freund, Partner. Da waren keine Gefühle im Spiel, jedenfalls keine persönlichen.

„Herr Schatz, Sie können dann jetzt zu ihm.“

team: sonne, sk kölsch, inspiration, thots tochter

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