Team: Weiß (Titanic)
Fandom: The Umbrella Academy
Charaktere/Pairings: Klaus Hargreeves, Diego Hargreeves, Eudora Patch
Wörter: ~1500
Prompt: H/C: Betrug / Täuschung
Vorwort: Damit bin ich leider gar nicht zufrieden, aber ich brauchte die Punkte. Also was solls.
Warnungen: Weiterhin Angst und so. Und Klaus und so. Und Eudora, die komplett auf dem Schlauch steht, aber das kann man ihr auch nicht verdenken.
Direkte Fortsetzung von
hier.
Männlich. Weiß. Mitte Zwanzig, Dunkle Haare. 1,80m.
Endlich macht irgendetwas Sinn, denkt Eudora. Und gleichzeitig: Nein, jetzt macht alles noch viel weniger Sinn als vorher.
Und doch…
Und doch.
Klaus sitzt zitternd auf einem Drehstuhl, in Diegos Lederjacke eingewickelt wie ein Kind. Sein Mascara ist verlaufen und hat schwarze Ringe hinterlassen. Seine Augen kleben auf Diegos Gesicht. Diego, sagt sein Blick. Diego, Diego, Diego…
Und Diego…. Diego steht zwischen ihm und Beamans Schreibtisch wie ein wütender Stier, mit geballten Fäusten und ausgebreiteten Schultern, bereit sich mit jedem anzulegen, der ihm in die Quere kommt. Es ist kein komplett fremder Anblick für Eudora, aber so ausgeprägt hat sie es bisher noch nicht erlebt.
„Ihr könnt ihn nicht hierbehalten! Was könnt ihr ihm überhaupt nachweisen?“ knurrt er. „Besitz und Konsum vielleicht, aber sonst nichts weiter.“
„Das stimmt nicht ganz. Er hatte genug bei sich um den Verdacht nahzulegen, dass er dealen wollte…“
„Schwachsinn! Sieht er aus, als ob er dealen würde?“
Klaus, den plötzlich alle ansehen, blinzelte verwirrt. Er neigt den Kopf zur Seite, als ob er einer lautlosen Stimme zuhört und erwidert langsam: „Ich würde nie Drogen verkaufen.“
„Ich weiß“, sagt Diego und wirft einen ‚Sag ich doch!‘ -Blick zu Beaman.
„Wieso sollte ich meine Drogen verkaufen? Dann kann ich sie ja nicht mehr nehmen.“
„Das ist absolut logisch und jetzt hältst du die Klappe“, sagt Diego, aber es klingt sanft, mehr als alles andere.
„Okay“, sagt Klaus willig. Er reibt sich über die Schläfe. „Aber es ist nicht meine Schuld, wenn alle durcheinanderreden.“
Diesmal blickt Diego Eudora direkt an. „Es wird nie im Leben zu einer Verurteilung kommen wegen Besitz und Konsum, und das weißt du genauso gut wie ich. Stattdessen habt ihr nur eine riesige Menge Papierkram vor euch. Willst du dir das wirklich antun? Für nichts und wieder nichts?“
Aber es wäre nicht für nichts, denkt sie.
Anderthalb Jahre haben sie gedatet und sie hat am Ende nicht mehr über Diego gewusst als am Anfang.
Alles was sie jemals erfahren hat, waren Brotkrumen, kleine Schnipsel, nie etwas Wirkliches, nie etwas Echtes. Oder vielleicht war da sogar etwas Echtes und sie hat es einfach nur irgendwann nicht mehr sehen können unter all den Ausflüchten und Halbwahrheiten, vergraben unter einer Schicht aus Schweigen und angefangenen Sätzen, die nie beendet worden sind.
Aber das kann sie nicht sagen. Es sind ihre niedersten Impulse, die grade mit ihr durchgehen und sie schämt sich dafür.
Man darf niemanden zwingen sich zu öffnen.
Auch wenn Klaus - und sie ist sich noch nie in ihrem Leben einer Sache so sicher gewesen - definitiv der Schlüssel ist. Der Schlüssel zu dem großen Geheimnis, das Diego aus seiner Vergangenheit macht.
„Es ist nicht so einfach, Diego“, erwidert sie. „Erst nach der Untersuchungshaft…“
„Nein.“ Abrupt macht er einen Schritt auf sie zu und senkt die Stimme. „Sie ihn dir an“, sagt er leise. „Steck ihn nicht in Untersuchungshaft. Er wird… Eudora, wenn ihr ihn einsperrt, wird er draufgehen!“
Ihr Blick wandert hinüber zu Klaus und sie kann nicht anders als Diego innerlich Recht zu geben.
Klaus mit seinem pinken T-Shirt, mit dem Glitter und dem verschmierten Makeup, Klaus, der singt und mit sich selbst Walzer tanzt - diesen Klaus in die gleiche Untersuchungshaft zu stecken, in die NeoNazis nach Schlägereien kommen und besoffene Collegesportler nach einem Footballspiel… da können sie ihn auch gleich selbst halbtot prügeln.
Wortlos sieht sie dabei zu wie Klaus sich zitternd über die Arme reibt und wie er leise die Lippen bewegt, den Blick auf etwas gerichtet was sie nicht sehen kann. Er wippt mit den Knien auf und ab und beißt auf seiner Unterlippe herum.
Immer wieder zucken seine Augen hinüber zu Diego und saugen sich auf seinem Gesicht fest.
„Unter einer Bedingung“, hört sie sich selbst sagen.
Diego atmet aus. „Alles, okay? Alles.“
„Du füllst verdammt nochmal die Formulare korrekt aus…“
„Klar. Natürlich.“
„… UND du bringst ihn in eine Entzugsklinik. Keine Widerrede.“
Zu ihrer Überraschung wehrt sich Diego nicht dagegen. Er nickt heftig. „Ich werde ihn persönlich abliefern“, verspricht er.
Eudora seufzt. Und zu Beaman gewandt nickt sie wortlos.
Es ist nur eine halbe Überraschung, dass Diego alle Daten über Klaus weiß.
„Hargreeves - mit zwei e.“
Und wieso kommt ihr dieser Name nur so bekannt vor?
Erst bei dem Geburtstag wird sie stutzig.
„01.10.89?“ wiederholt sie ungläubig. „Willst du mich verarschen?“
Diego schüttelt den Kopf.
„Das ist dein Geburtstag!“
„Das denke ich mir nicht aus! Wenn ich euch reinlegen würde, hätte ich doch nicht ein Datum genommen, was du so totsicher wiedererkennst!“
Beaman, der bisher alles schweigend in das Dokument eingetragen hat, wirft einen Blick zu Klaus und wieder zurück zu Diego. „Dein lange verschollener Zwillingsbruder?“ fragt er mit einem Unterton, der irgendwo zwischen vorsichtigem Sarkasmus und Provokation schwankt.
Diego schüttelt den Kopf. Weiter ist nichts aus ihm rauszukriegen, nur ein paar banale Daten und Fakten, die alle kein Licht auf die Sache werfen.
Eudora schweigt und sie ist frustriert und nachdenklich zugleich.
Sie wird nicht schlau aus den beiden. Sie wirken nicht wie Freunde, aber auch nicht … und ja, der Gedanke ist ihr gekommen… wie Liebhaber. Und doch ist da etwas zwischen ihnen… etwas Privates, sehr Persönliches. Etwas was für Außensehende vollkommen unzugänglich ist.
Sie sind… sie sind wie Opfer, denkt sie plötzlich überrascht.
Sie sind wie zwei Geiseln, die jahrelang gemeinsam gefangen waren, und die es jedes Mal unglaublich triggert, wenn sie sich wiedersehen, aber die gleichzeitig auch niemanden in ihrem Leben haben, der sonst nachvollziehen kann, was sie durchgemacht haben. Wie Soldaten, die gemeinsam einen Krieg überlebt haben.
Sie sieht, wie Klaus ihn ansieht, mit einer Art hoffnungsvollen Qual, mit einem zaghaften Vertrauen, als ob das eine vollkommen ungewohnte Emotion sei, die nicht unterdrückt werden kann.
Aber noch viel mehr sieht sie wie Diego mit ihm umgeht. Sie sieht wie er ihn abschirmt von neugierigen oder verächtlichen Blicken. Wie er ihn anfasst, mit einer vertrauten Beiläufigkeit, die man nur nach sehr langer Zeit erwirbt. Er ist so sanft mit ihm, wie sie ihn schon lange nicht mehr erlebt hat.
Beschützend.
Das ist das Wort, was sie gesucht hat.
Das war immer etwas, was zwischen ihnen stand, als sie noch zusammen waren. Eudora will nicht behütet und umsorgt werden. Sie hat immer jemanden gewollt, der ihr auf Augenhöhe begegnet, und Diego hat das immer respektiert.
Aber jetzt, wo sie sieht, wie er sich bei Klaus verhält… so als ob er eine Mauer ist, hinter der Klaus sich verstecken, an die er sich anlehnen kann, die ihn vor der ganzen Welt abschirmen und beschützen wird… versteht sie plötzlich, dass das immer etwas gewesen ist, das bei ihnen gefehlt hat.
Diego hat das nie ausleben können bei ihr.
Es sieht so natürlich aus, als müsse er gar nicht darüber nachdenken. Als wäre das seine Standardeinstellung, die er sonst bewusst unterdrücken muss.
So viel geht in ihr vor, während sie sie beobachtet, während sie Diego zusieht, wie er Klaus ansieht, dass sie beinah verpasst, dass das Verhör nun vorbei ist.
„Wir gehen jetzt“, bestimmt Diego.
Wortlos sieht sie dabei zu, wie er Klaus am Arm packt und hochzieht, wie er die Jacke fester um seine Schultern wickelt und Klaus vor sich her Richtung Ausgang dirigiert, eine Hand auf seinem Rücken. Es ist sehr dominant und sehr beschützend zugleich.
Wie ein großer Bruder.
Der Gedanke kommt gänzlich ungebeten und er muss falsch sein.
Muss er…?
„Augenblick!“ ruft Beaman ihnen hinter her.
Sie bleiben beide stehen und drehen sich um.
„Ich finde keinen Klaus Hargreeves in der Datenbank“, sagt Beaman und das Bedauern in seiner Stimme klingt echt. „Sorry Diego, aber so kann ich euch nicht…“
Der Junkie - Klaus? - bricht in hysterisches Gelächter aus. Er krümmt sich zusammen, so heftig schüttelt es ihn.
Diego dagegen ist erstarrt.
Er sieht aus, als ob er auf etwas einschlagen möchte. Oder auf jemanden.
Eudora wartet.
Hat er sie belogen? War das alles eine Täuschung?
Klaus wischt sich über die Augen. „Wieso ich…? Wieso lachst du denn nicht? Du musst zugeben“, sagt er zu der Luft zu seiner Linken, „dass das einer gewissen Situationskomik nicht entbehrt. …. Was soll das heißen, ich bin der einzige, der über sowas lacht? Du bist eine Spaßbremse.“ Er macht eine kreiselnde Handbewegung. „Sei nicht schüchtern, Diego, sag ihnen ruhig die Wahrheit. Für mehr als Zahlen wollte Daddy Dearest einfach kein Geld ausgeben.“
„Vier“, sagt Diego mit zusammengebissenen Zähnen.
Eudora erstarrt.
„Was?“ fragt Beaman.
„Nummer Vier. Wie die Zahl. Vier Hargreeves.“
Abrupt packt er Klaus am Arm und zieht ihn mit sich. Klaus gehorcht. Er winkt noch einmal in ihre Richtung. „Bye bye! Es war nett bei Ihnen“, ruft er. „Wieso ist das unpassend? Sie waren doch nett…“
„Mein Gott“, haucht Eudora. Wie im Scheinwerferlicht erstrahlte in ihrem Kopf eine ganz bestimmte Erinnerung. Alle Puzzlestücke fallen mit einem Male zusammen und sie ergeben endlich ein Bild. Nur kann sie es nicht glauben…
Wortlos sinkt sie auf ihren Schreibtischstuhl.
„Vier?“ wiederholt Beaman ungläubig. „Macht er Witze, was soll das denn…“ Er verstummt. Eine halbe Ewigkeit ist er still. „Patch“, sagt er. „Patch, das musst du dir ansehen…“
Aber sie weiß schon was er ihr zeigen wird.
Und plötzlich weiß sie auch, dass Diego die ganze Zeit gelogen hat.
Es gibt keinen Diego Ramirez und es hat ihn nie gegeben.
Vielleicht gibt es nicht mal Diego Hargreeves.
Sondern nur … Nummer Zwei.