Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz [Angst: Vergeben, nicht vergessen] + fürs Team

Jul 10, 2019 20:47

Team: Weiß (Titanic)
Fandom: Die Chroniken von Narnia
Charaktere/Pairings: Edmund Pevensie [Edmund + Peter]
Wörter: ~1200
Prompt: Angst: Vergeben, nicht vergessen

Vorwort: Kennt ihr das, wenn ihr so gar keinen Plot habt und einfach nur ... schöne Wörter aneinander reihen wollt? That. That's what happened here.

Warnungen: Angst. Im Wesentlichen habe ich nie geschluckt, dass Edmund NICHT völlig traumatisiert ist nach allem was passiert ist.



Später wird Edmund sagen, dass nach der Krönung alles gut wurde.
Könige und Königinnen von Narnia.
Und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage.
Das Ende.
Wie in einem Märchen.

Aber das ist nicht das Ende.
Nachdem eine Schlacht geschlagen, ein Krieg gewonnen, eine Hexe besiegt, vier Kinder gekrönt und ein Fest gefeiert worden ist… nachdem alles gesagt und getan worden ist, ist das was übrig bleibt ein zehnjähriger Knabe, der Angst davor hat im Dunkeln allein zu sein.

Später wird Edmund sagen, dass er sich gleich wie zu Hause gefühlt hat in Cair Paravel.
Aber auch das ist eine Lüge.
Es ist royale Propaganda.
Es wird seine eigene Erfindung sein, so wie fast alle Propaganda, aber das ist alles später und es ist ein anderer Edmund.

Seine Erinnerung an die erste Nacht in Cair Paraval besteht aus Fragmenten. Diese Nacht ist nicht sepiafarben, vergoldet von zeitlichem Abstand und idealisierter Vorstellung, sie ist schwarz und silber, zuckende Blitzfragmente in der Dunkelheit.
Er steht in seinem neuen Schlafgemach und er kann vor Angst kaum atmen.
Er zieht die Decke über den Kopf.
Er träumt.
Er träumt von ihrIHRIHR IHR IHR immer ihr…

Er wacht auf, schweißgebadet und mit einem Schrei, der noch in seiner Kehle steckt und dem Gefühl, als ob er an seinem eigenen Blut erstickt.
Weiß ist ihre Farbe.
Und doch ist es die Schwärze vor der er sich am meisten fürchtet. Eine endlose Dunkelheit. Ein endloses Nichts.

Er läuft durch das Zimmer.
Er friert.

Ihm ist vage bewusst, wie albern das ist. Hier ist nichts, was ihm etwas tun könnte. Das weiß er. Alles was ihm etwas tun könnte, ist besiegt und vernichtet.
Hier ist nur er selbst. Und vielleicht ist das das Furchteinflößendste von allem.
Wie soll er jemals wieder mit sich selbst alleine sein, nachdem was er gesagt, gedacht, nachdem was er getan hat?

Verräter.
Das ist es, was sie flüstern.
Das ist es, was er in ihren Augen liest, wenn sie das Gefühl haben, dass er nicht hinsieht.

Feigling.
Verräter.
Mörder.

Sie kleiden ihn in Samt und Seide und setzen ihm eine silberne Krone auf, aber es sind Totengewänder, es sind die Kleider von jemand anderem. Es sind die Kleider von jemand, der er hätte sein sollen und nie gewesen ist.
Edmund der Gerechte.
Aber auch das ist Propaganda und auch das ist alles später. Ein anderer Edmund, älter, bleicher, dunkler, schweigsamer. Ein Politiker.

Edmund der Gerechte.
Es ist eine Rüstung und es ist eine Lüge, aber es ist dennoch die Wirklichkeit
Denn es gibt nur eine Wirklichkeit. Und wer das Narrativ diktiert, diktiert auch die Wirklichkeit. Und wenn man lange genug seinen eigenen Lügen zuhört, beginnt man sie zu glauben und die Wirklichkeit verformt und verändert sich, so wie man sie haben möchte. Das ist die eigentliche Magie.
Das ist es was er lernt aus dieser Zeit, die irgendwann nur noch in zuckenden Blitzfragmenten existiert, jenseits der Erinnerung, in Silber und in Schwarz.

Feigling.
Verräter.
Mörder.

Das ist es, was die Wände flüstern, wenn er allein ist.
Denn er ist zehn Jahre alt, und Edmund der Gerechte existiert noch nicht, er gehört in eine fiktive Zukunft, die sich noch niemand ausgedacht haben wird, am allerwenigstens er.

Könige und Königinnen haben eigene Schlafgemächer. Sie haben riesige Schlafzimmer mit
Brokattapeten und Himmelbetten, mit Samtvorhängen und Marmorsäulen und einem Ankleidezimmer nebenan.
Es ist ein Mausoleum, denkt er in dieser ersten Nacht. Ein Mausoleum für den Verräterkönig. Und er stellt sich vor, wie sie die Tür zumauern in der Nacht und ihn einsperren inmitten von Brokat und Marmor, eingefroren und erstarrt, verdammt in alle Ewigkeit allein zu sein.

Seit er denken kann, teilt er sich ein Zimmer mit Peter.
Er schläft immer an der Tür und Peter am Fenster, dort wo das Mondlicht als erstes hinkriecht und alles in dunkelweiße Unwirklichkeit taucht. Peter murmelt leise im Schlaf, halblaute sinnfreie Sätze, und das und das Rascheln seiner Decke, sind der Klang zu dem Edmund sein ganzes Leben lang eingeschlafen ist.
Aber das ist früher.
Es ist ein anderer Edmund, jung und vorlaut, starrsinnig bis zum bitteren Ende. Es ist ein Edmund, der alles tun würde, um endlich ein eigenes Zimmer zu haben.
Dieser Edmund hätte Luftsprünge gemacht vor Begeisterung hätte man ihm das alles in Aussicht gestellt, Brokattapeten und Marmorsäulen und der ganze Platz, nur für sich allein, allein, allein…

Aber dieser Edmund ist tot, im Eis begraben, von ihrer Hand erstochen, von seinem eigenen Irrsinn vergiftet.

Weiß ist ihre Farbe, aber Schwarz ist seine.
Schwarz und weiß sind sich mehr gleich als gegensätzlich, beide verkörpern die Abwesenheit von allem anderen. Nichts ist so einsam und so leer. Und nichts anderes ist eine so gute Leinwand dafür, um die Wirklichkeit nach dem eigenen Willen umzubiegen.
Und das ist das Schrecklichste daran, nicht wahr?
Vielleicht hat sie ihn geschaffen. Aber vielleicht waren sie auch nie wirklich so verschieden.

Er wacht wieder auf und schreit, schreit, presst die Hände auf den Mund und lauscht atemlos in die Dunkelheit. Aber in der Dunkelheit ist alles still, da ist nur das jagende Pochen seines Herzens, das widerhallt von den Wänden.
Es sind nicht die Monster, vor denen er Angst hat, sondern die Abwesenheit von allem anderen.

Er vermisst das Mondlicht und das Rascheln und Peters leise, gemurmelte Worte.
Peter.
Er vermisst Peter.

Und das ist die Wahrheit. Es ist die Wahrheit, irgendwo vergraben unter all den Lügen, die er sich erzählt hat und die er später erzählen wird. Es ist eine Wirklichkeit, die schon lange da ist, bevor er die Wirklichkeit verformt und zu seinem eigenen Geschöpf gemacht hat. (Denn das ist es, was Politiker tun.)
In gewisser Weise ist es die einzige Wirklichkeit, die noch Bestand hat, während alles andere, was er jemals über Edmund Pevensie zu wissen geglaubt hat zu Staub zerfallen ist.

Er vermisst Peter.
In allen Fragmenten und Splittern seines Herzens, die noch da sind, ist sein Name eingraviert.

Er drückt sein heißes Gesicht in seidene Kissen und weint.

Es gibt einen früheren Peter, der ihm alles vergeben hätte. Der ihm alles vergeben hat.
Und es gibt Peter, den König, der ihm alles vergeben wird, alles, was er tun wird, für dieses Königreich und für ihn.
Aber das ist später.

In der fragmentierten Zeit gibt es nur einen Peter, den er nicht mehr kennt, einen Peter, der endlos weit weg ist, am anderen Ende des Ganges, verschlossen hinter Marmorsäulen und Samtteppichen.
Einen Peter, der die Tür vielleicht nicht öffnen wird, nicht für ihn, nie mehr für ihn, seinen Verräterbruder.

Er steht auf und presst sich an die dicke Eichentür und lauscht nach draußen. Mit einer Fingerspitze zieht er die Ornamente nach, die in das Holz eingraviert sind und er schließt die Augen und stellt sich vor, dass er sich an Peters Brust drückt.
Sie sind getrennt durch Holz und Stein und Samt und Marmor. Und durch Luft.
Aber noch viel mehr sind sie getrennt durch das, was er getan hat.

Später wird Edmund sagen, dass Peter und er sich sofort ausgesprochen haben in Cair Paravel. Dass gleich alles wieder gut war zwischen ihnen.

Aber auch das ist Propaganda, die er selbst erfindet. Das ist die größte Lüge von allen, denn in dieser Nacht gibt es nur ihn, ganz allein in der Dunkelheit, und Peter ist so endlos weit von ihm entfernt, dass er ihn nicht mehr atmen hören kann.
Und das ist die Wirklichkeit.

die chroniken von narnia, idris, inspiration, team: weiß

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