Warten [Angst: "Warum sollte irgendjmand nach dir suchen?"] + fürs Team

Jul 16, 2019 22:36

Team: Weiß (Titanic)
Fandom: The Umbrella Academy
Charaktere/Pairings: Eudora, Diego, Klaus
Wörter: ~1100
Prompt: Angst: "Warum sollte irgendjmand nach dir suchen?"
Inhalt: Eudora rettet Klaus. Wie in der Serie. Aber mit einem wesentlichen Unterschied. (AU zu Folge 4).

Anmerkungen: [Massiver Spoiler für Folge 4 hinter dem Cut]Diego kommt rechtzeitig zu dem Motel, um Klaus UND Eudora zu retten! Because fuck you, Canon, that’s why!



Jedes Warten erreicht unweigerlich den Moment, wo es endet.
Der Moment, wo die innere Uhr plötzlich abgelaufen ist, und man sich sagt „zur Hölle damit“ und man ist fertig mit Warten.

Das ist der Moment für Eudora.
(Sie hat gefühlt Jahre damit verbracht zu Warten.
Vor allem auf Diego.
Darauf, dass aus ihrem Gelegenheitsdaten mal was Richtiges wird. Darauf, dass er ihr endlich die Wahrheit sagt. Darauf, dass er die Polizeiakademie durchzieht.)
Und nun wartet sie in einem zwielichtigen Motel darauf, dass er endlich aufkreuzt. Es ist ja nicht etwa so, dass sie fast ausschließlich ihm zuliebe hier ist, weil zwei Auftragskiller seinen Bruder gekidnappt haben.

Es ist eine Stunde her, dass sie ihm eine Nachricht in dem schäbigen kleinen Dojo hinterlassen hat indem er arbeitet, und es reicht jetzt.

Sie dreht sich um und zückt ihre Pistole.

Eine Hand greift nach ihrer Schulter. Sie wirbelt herum.
„Shit…!“ entweicht es ihr.
Diego! Es ist Diego.
Atemlose Erleichterung pulsiert durch ihren Körper.
Feigling, denkt sie, aber die Erleichterung ist stärker.

Der lange Gang sieht in dem flackernden Licht verzerrt und endlos aus. Einsam und unwirklich, wie ein Paralleluniversum. Einen Moment lang sieht sie vor sich eine parallele Eudora, die alleine durch das Hotel weitergeht, immer weiter, allein auf zwei Auftragskiller zu.
Und sie ist froh, dass er da ist.

„Eudora…“
Er greift nach ihrem Handgelenk und er sagt ihren Namen, wie ein Stoßgebet.

Sein Gesicht macht die komplizierte Sache, wo er gleichzeitig versucht zwanzig Sätze in einer Grimasse unterzubringen und so undurchdringlich wie möglich zu sein. „Bist du verrückt?“ herrscht er sie schließlich an.

„Wieso? Du sagst doch immer, ich soll mal was riskieren.“

„Nicht das!“ Er senkt die Stimme. „Du hast keine Ahnung, mit wem du dich hier anlegst. Die Typen hätten fast unser Haus zerlegt und meine Schwester getötet.“
Abrupt lässt er sie los. „Klaus.“

Es ist nur ein einziges Wort und doch ist es Frage und Antwort in einem.

„Er muss hier irgendwo sein“, erwidert sie und zieht das Streichholzschächtelchen aus der Tasche, was sie hinterlassen haben, wie eine Visitenkarte. „Sie haben das hier an eurem Wagen hinterlassen, mit einer Nachricht. Es könnte sich natürlich auch auf einen anderen deiner Brüder beziehen“, fällt ihr verspätet ein.

„Nein“, sagt er erstickt. „Ich weiß, wo die anderen beiden sind.“

„Ich weiß nicht wie lange sie ihn schon haben.“

Diego schließt die Augen und schluckt. Sekundenlang sieht er krank aus in dem gräulichen Licht der künstlichen Hotelbeleuchtung. „Seit gestern.“

„Habt ihr nach ihm gesucht?“

Er lacht. Es ist ein bitterer Laut. „Wieso sollte irgendjemand nach ihm suchen?“

Sie runzelt die Stirn. Das ist nicht die Reaktion mit der sie gerechnet hat. „Diego, was…?“

„Wo ist er?“ fragt er abrupt und das ist wenigstens eine Reaktion von ihm, die sie kennt.

Sie macht eine Handbewegung den Gang entlang. Irgendwo hier in einem dieser Zimmer, ist ihre Schätzung.

Diegos Gesicht verfinstert sich und er marschiert los. Einen Moment lang sieht er so aus, als erwägt er ernsthaft jede einzelne Tür aufzutreten und die Herausgabe seines Bruders fordern. Das sähe ihm ähnlich. Eudora folgt ihm rasch.

Auf halber Strecke greift sie nach seinem Arm.
„Hörst du das?“ wispert sie.

Abrupt bleibt er stehen.

Es ist ein dumpfes, rhythmisches Klopfen, das aus einem der Räume kommt.

Sie wechseln einen Blick, kommunizieren lautlos mit Augenbrauen und Grimassen. Eudora deutet auf die Tür und dann auf das Zimmermädchen, das hinter ihnen durch den Gang schlendert und einen Wagen voller Handtücher vor sich herschiebt.

Er nickt.
In wenigen Schritten ist er bei dem Zimmermädchen und was immer er ihr zuraunt, bewirkt, dass sie ihm hastig ihren Schlüssel in die Hand drückt und dann eilig das Weite sucht. Er kommt zurück und schwenkt den Zimmerschlüssel.

Mit den Fingern signalisiert sie „auf drei“.

Diego wartet nicht auf drei. Diego war überhaupt noch nie gut im Warten. Schon bei zwei rammt er den Schlüssel im Schloss, und Eudora, die das hat kommen gesehen, positioniert sich hinter seiner Schulter, die Waffe erhoben, damit sie den ganzen Raum im Blick hat und ihm Rückendeckung geben kann. Er reißt die Tür auf.

Es ist Klaus.
Das ist das zweite, was sie sieht, sobald klar ist, dass keine unmittelbare Gefahr droht.
Zwei Betten, schlechte Lichtverhältnisse. Eine weitere Tür am Ende. Geschlossen. Kein weiterer Ausgang.
Es ist Klaus. Er lebt. Er ist gefesselt.
Sie hat keine Zeit für mehr.

Ein Schuss explodiert neben ihr an der Wand und sie schießt zurück, reflexartig und ohne Nachzudenken. Neben ihr zieht Diego ein Messer hervor und wirft ohne hinzusehen, wo es landet. Sie hört einen Aufschrei und einen dumpfen Aufprall.

Sie behält die Waffe oben, als sie hinter Diego den Raum betritt, checkt hinter der Zimmertür, so wie sie es gelernt hat, bis sie die Waffe endlich herunternehmen kann.

„Gesichert“, sagt sie. Es ist ein beruflicher Automatismus, der genauso dämlich wie überflüssig ist, denn es ist offensichtlich, dass Diego neben ihr zu einer Marmorsäule erstarrt ist. Zur Hölle mit ihm und all seinen zerbrechlichen, männlichen Gefühlen.

„Klaus“, sagt sie.

Klaus gibt ein Schluchzen von sich, gedämpft durch das Klebeband auf seinem Mund.
Er ist an einen Stuhl gefesselt und nackt, bis auf ein Handtuch. Blut klebt auf seinem Oberkörper und auf seinem Gesicht. Tränen laufen über seine Wangen. Sie kann nicht sehen wie schwer er verletzt ist, sie sieht nur das Blut, die nackte Haut, die Tränen, die schwarzen Ringe unter seinen Augen.

„Shit.“ Sofort kniet sie sich vor ihn, zückt ihr Messer und macht mit den Fesseln an seinen Handgelenken kurzen Prozess. „Hilf mir!“, faucht sie. „Diego!“
Sie weiß nicht, ob sie grade jemanden getötet haben (Notwehr?, flüstert ihr Kopf, aber das Fragezeichen wird sie heute Nacht um den Schlaf bringen) oder ob gleich wieder auf sie geschossen wird. Und sie weiß nicht, was Diegos Problem ist. Aber sie haben Klaus und er ist offensichtlich verletzt und er muss hier raus.

Sie greift nach seinem Arm. Klaus ignoriert sie. Stattdessen starrt er seinen Bruder an. Schweiß und Blut laufen in gleichen Anteilen über sein weißes Gesicht. Seine Augen sind weit aufgerissen, die Pupillen riesig. Er versucht etwas zu sagen, aber das Klebeband auf seinem Mund verschluckt jeden Ton.

Das, mehr als alles andere, scheint Diego endlich zur Besinnung zu bringen. Mit einer ruckartigen Bewegung zerrt Diego es ab. Es sieht brutal aus, aber Klaus zuckt nicht einmal zusammen. „Zu zweit“, bringt er hervor. Seine Stimme ist heiser und kratzig - vom Schreien? . „Sie sind zu zweit!“

Es ist keine Sekunde zu spät.
Diego zerrt Eudora beiseite, im selben Moment als der nächste Schuss an ihr vorbei saust, Millimeter von der Stelle entfernt wo sie eben gestanden hat. Klaus gibt ein ersticktes Wimmern von sich.
Diego schleudert das nächste Messer um die Ecke, direkt gefolgt von einem zweiten.
Danach herrscht ominöse Stille.

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