Titel: Heiße Milch mit Honig
Team: Weiß (Titanic)
Challenge: Romantik/Intimität: Auf den zweiten Blick - Für mich
Fandom: SK Kölsch
Rating: PG
Genre: Gen, Angst, h/c
Warnungen: None
Zusammenfassung: Klaus kann nicht schlafen, Jupp bietet überraschende Abhilfe...
Wörter: ~1300
Anmerkungen: Diese Geschichte basiert auf einer Szene aus dem Pilotfilm "Karneval des Todes", wundert euch deswegen also bitte nicht, dass Klaus Jupp die ganze Zeit mit seinem Nachnamen bezeichnet (Ja, Jupp heißt wirklich 'Schatz' mit Nachnamen). Bis zur Dialogzeile "Es sind die Träume, die dann kommen." ist der Dialog auch original aus dem Film. Die Szene ist ganz und gar großartig. Klaus ist als Spezialist des BKA zu einem Fall in Köln hinzugezogen worden, weil aber gerade Karneval ist, gibt es kein Hotel und er kommt bei Jupp unter. Nachts kann er nicht pennen und sucht dann in Jupps Schlafzimmer nach einem Obduktionsbericht (Fragt mich bitte nicht, waum der ausgerechnet da liegt). Jupp hält ihn für einen Einbrecher und schlägt in erst mal nieder (mit einem gezielten Faustschlag genau in sein Bett. Go figure!) und als Jupp Klaus dann fragt, warum der nicht einfach mal pennt, gesteht Klaus, dass er nicht pennen kann und Jupp bietet ihm die Heiße Milch mit Honig zum Einschlafen an. Woraufhin Klaus dann eben sagt, dass er massive Albträume hat. Die Szene endet genau danach, aber es hat mit schon ewig gereizt, da mal mehr draus zu machen.
Heiße Milch mit Honig
Klaus lässt sich wieder auf den Küchenstuhl fallen, den er schon die halbe Nacht okkupiert hat. Er reibt sich das Kinn, bewegte den Unterkiefer vorsichtig hin und her. Keine gute Idee. Der dumpfe Schmerz in der Wange flammt wieder auf. Er schmeckt Blut. Schatz hat einen guten Schlag, das muss man ihm lassen. Nach seinem bisherigen Auftreten auch nicht verwunderlich. Macho par excellence. Immerhin ist nichts gebrochen oder ausgerenkt. Und er ist jetzt wieder ein bisschen wacher.
Also weiter im Text. Weiter arbeiten, den Kopf mit Gedanken füllen, die Bilder im Zaum halten. Er kneift kurz die Augen zusammen, massiert seinen Nasenrücken, versucht seinen Blick zu klären. Dann schlägt er die Akte auf, blättert sie durch, überfliegt hier und da Textschnipsel. Nichts ergibt Sinn. Da ist wieder dieses Gefühl, dass die Lösung genau vor ihm liegt, aber er unfähig ist, sie zu sehen. Das Gefühl hat er oft in letzter Zeit. Immer öfter. Seit Hamburg, seit…
Die Dielen knarren, reißen Klaus aus seinen Gedanken. Das Geräusch bloßer Füße auf dem Holzboden. Schatz kommt langsam angetappt. Hoffentlich macht er einfach nur die Tür zu und verschwindet zurück in sein Bett. Aber den Gefallen tut er ihm natürlich nicht. Das scheint in seinem Wesen zu liegen. Er bleibt in der Tür stehen.
Klaus beobachtet ihn aus dem Augenwinkel. Wie er da steht, nur in Boxershorts und dem ausgewaschenen Blues-Brothers-T-Shirt, die Haar schlafzerwühlt, wirkt er noch viel jünger als sowieso schon. Jetzt gerade kann Klaus noch viel weniger glauben, dass Schatz vier Jahre älter ist, als er selbst. Er sieht eher zehn Jahre jünger aus. Ein großes Kind. Er betrachtet Klaus grimmig, schüttelt kurz den Kopf, frustriert, vielleicht auch genervt. So ganz sicher kann er Schatz noch nicht lesen. Schon gar nicht, wenn er vorgibt eine Akte zu studieren.
„Können Sie nicht mal endlich aufhören mit Arbeiten? Wir sind jetzt seit 48 Stunden auf den Beinen.“
Achtundvierzig Stunden waren das erst? Es kommt ihm viel mehr vor. Ist es für ihn vermutlich auch. Seit dem Streit mit Andreas hat er nicht mehr richtig geschlafen. Das ist am Montag gewesen. Jetzt ist es halb zwei am Samstag morgen. Jedenfalls wenn er die Zahlen auf seinem Laptop richtig lesen kann. Sie verschwimmen vor seinen Augen, es könnte auch halb fünf sein.
„Ich kann keinen Schlaf finden.“
Klaus blickt nicht auf von der Akte. Er weiß nicht einmal genau, warum er das jetzt gesagt hat. Es ist die Wahrheit, aber wirklich nichts, was er mit Schatz teilen will. Schatz hält ihn für ein karrieregeiles BKA-Arschloch und das ist Klaus auch ganz recht so. Schatz muss nicht sehen, wie es hinter der Fassade aussieht, muss nichts wissen von den Bildern, die ihn quälen, von den Albträumen.
Schatz zögert einen Augenblick, scheint nicht ganz zu wissen, was er mit diesem Geständnis jetzt anfangen soll. Gar nichts, am besten. Er soll einfach die Tür zu machen, sich wieder ins Bett legen und schlafen - und vergessen, dass Klaus zu nächtlicher Stunde noch in der Küche sitzt und Albträume mit Albträumen bekämpft. Aber Schatz hat offensichtlich andere Ideen. Er tritt auf den Küchentisch zu, greift die angefangene Packung Milch und das Glas Honig.
„Soll ich Ihnen vielleicht eine heiße Milch mit Honig machen? Haut rein wie ’ne Familienpackung Valium. Mache ich für meinen Sohn Florian auch immer.“
Schatz steht da, Milch und Honig in den Händen, schaut ihn an, fragend, offen und ehrlich. Klaus weiß nicht, was ihn mehr überrascht, dass Schatz ihn mit seinem Sohn vergleicht oder dass er dieses Angebot wirklich absolut ernst meint. Wenn er jetzt ‚Ja‘ sagte, Schatz würde ihm eine heiße Milch mit Honig machen.
„Einschlafen ist nicht das Problem. Ich bin so müde, dass ich kotzen könnte.“
Die Worte rollen über seine Zunge, ohne dass Klaus irgendeinen Einfluss darauf nehmen könnte. Sein Gehirn hat auf Autopilot geschaltet. Er ist schon zu müde zum Denken, alle Filter ausgeschaltet. Anders ist nicht zu erklären, was er sich selbst als nächstes sagen hört.
„Es sind die Träume, die dann kommen…“
Klaus lehnt sich in seinem Stuhl zurück, verschränkt die Finger vor dem Gesicht, starrt schräg an Schatz vorbei. Warum hat er das jetzt gesagt? Ausgerechnet zu Schatz? Der hält ihn doch sowieso nur für einen Last, jemanden der seiner ‚ehrlichen Polizeiarbeit‘ im Weg steht mit seinem Psychogedöns. Und jetzt das. Das ist doch ein gefundenes Fressen für ihn. Der tolle BKA-Arsch ist auch nur ein Weichei. Hat Albträume von seinen Fällen. Wenigstens weiß Schatz noch nicht, dass er schwul ist. Dann würde er sich wahrscheinlich heute Nacht noch auf der Straße wiederfinden.
Schatz sagt seltsamerweise gar nichts. Nickt nur langsam, dreht sich einmal um sich selbst, als suche er etwas. Tappt schließlich zu der Kommode neben der Küchentür hinüber und hockt sich auf die Kante. Das Sammelsurium an leeren Flaschen, Tassen und sonstigem Krimskrams drauf klirrt und scheppert. Eine kleine Flasche fällt herunter, rollt quer durch die Küche unter den Schrank. Es schein Schatz nicht weiter zu stören. Er stellt den Milchkarton zwischen seine Füße, stütze die Ellbogen auf seine Knie und dreht das Honigglas zwischen den Händen. Knibbelt an dem Etikett herum.
Klaus wartet. Das ist noch nicht das Ende dieser Unterhaltung, soviel ist klar. Nur, was will Schatz von ihm? Hoffentlich keinen Seelenstriptease nachts in der Küche. Das hat schon Andreas versucht bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Und der hat immerhin ein Recht dazu gehabt. Er ist schließlich sein Freund. War sein Freund. Was auch immer. Ein unangenehmes Kribbeln breitet sich in seinem Magen aus. Er fühlt sich wie ein Tier in der Falle. Er ist auf Schatz angewiesen, kann ihn nicht einfach vor den Kopf stoßen, aber er kann - will - ihm auch nichts erzählen.
„Am schlimmsten sind die Fälle, du nicht lösen kannst.“
Klaus braucht einen Augenblick, bis er die Stimme zuordnen kann. Es ist albern, Schatz ist der einzige, der außer ihm noch da ist, aber die Stimme ist so leise gewesen, fast zögerlich, passt einfach nicht zu dem lauten, ruppigen Hauptkommissar Schatz, den er kennen gelernt hat. Schatz hält den Kopf gesenkt, sieht ihn nicht an, knibbelt weiterhin an dem Etikett herum, als hinge sein Leben davon ab, es rückstandslos von dem Honigglas abzulösen.
„Du hast nichts, du kriegst sie einfach nicht. Du klappst die Akte zu und du weißt, der ist noch irgendwo da draußen.“
Klaus nicht langsam. Er kennt das Gefühl, hat es schon viel zu oft in seinem Leben gehabt. Die verschwundenen Mädchen im Elsass, die beiden jungen Männer in München, der Geiselnehmer von Berlin… nur ein paar Fälle unter viel zu vielen, die ungelöst geblieben sind.
„Wir hatten mal einen Fall. Ist schon Jahre her. Ein kleiner Junge, sechs Jahre alt. Gerade in die Schule gekommen. Oliver hieß er. Missbraucht, erstickt, in den Rhein geworfen.“
Schatz gibt ein ersticktes Geräusch von sich. Unterdrückte Tränen? Vielleicht. Er starrt immer noch stur auf das Honigglas, rupft einen weiteren Fetzen des Etiketts ab, lässt ihn zu Boden segeln.
„Manchmal träume ich heute noch von ihm.“
Klaus schluckt leicht. Was soll er sagen? Er kennt das Gefühl. Sie haben ihn nicht gekriegt und sie müssen damit leben. Jedes Mal wieder. Sie können nur ihr bestes geben und hoffen, dass es reicht. Es klingt so logisch, so einfach und theoretisch wissen sie es auch alle, wenn sie diesen Job machen. Aber wenn es dann passiert, hilft dieses Wissen auch nichts. Kalte Fakten spenden keinen Trost. Also sagt er nichts, nickt nur leicht. Er will Schatz nicht mit Plattitüden beleidigen.
Schatz scheint auch keine Antwort zu erwarten. Er seufzt leicht, reibt sich mit einer Hand durch Gesicht, schaut auf. Seine Augen sind leicht gerötet und mit einem Mal sieht er gar nicht mehr so jung aus, wie noch vor ein paar Minuten. Er greift die Milchtüte, erhebt sich und geht zum Herd hinüber.
„Ich weiß nicht, wie’s mit Ihnen steht, aber ich kann jetzt doch eine heiße Milch mit Honig gebrauchen.“
„Gern!“
Die Idee zu schlafen erscheint mit einem Mal gar nicht mehr so furchteinflößend.