Team: Weiß (Titanic)
Fandom: Supernatural
Charaktere: John, Dean, Sam
Wörter: ~1300
Challenge: Angst: Joker (Inspiriert
von hier was lustig ist, denn das hier ist Crack und meins ist ziemlich angsty - aber zwei Männer, ein Bad ist auch hier gemeinsames Thema. ;)
Inhalt: John kommt nach Hause und wird Zeuge von etwas, was er lieber nicht gesehen hätte.
Timeline: Spielt ca. 1997, Dean ist 18 und Sam 14.
Warnungen: Theoretisch ist es kein Wincest. Aber ... Theorie und Praxis, ne?
Es war still in der Wohnung, als John zurückkam.
Überraschend still.
Aber der Salzkreis war nicht durchbrochen, das Siegel unbeschädigt, die Fenster intakt.
Er gab sich Mühe leise zu sein, als er seine Tasche neben dem Sofa abstellte, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sam tatsächlich schon im Bett war.
Dean (und das war die einzige Erklärung für die ungewohnte Ruhe) war vermutlich unterwegs und tat Dinge, über die John lieber nichts wissen und über die er nicht nachdenken wollte, und die vermutlich nicht ganz legal und mit Sicherheit nicht jugendfrei waren.
Aber das war in Ordnung, das war nicht das, was ihm Sorgen machte. Denn Dean war in seinem Kern willig und gehorsam und er sehnte sich nach Anerkennung, viel mehr als nach Freiheit. Dean war ein Soldat durch und durch und er würde immer gehorchen.
Sam dagegen …
Sam blieb nicht über Nacht weg. Sam rauchte nicht heimlich Joints. Sam hatte keinen Sex auf Autorücksitzen. Sam machte seine Hausaufgaben und ging artig zur Schule, jeden Tag.
Aber Sam hatte diesen Ausdruck um den Mund, stur und unbeugsam.
Sam war nicht angewiesen auf Johns Anerkennung. Für Sam gab es nur einen einzigen Menschen, dessen Anerkennung er brauchte und Dean verteilte sie stets und ständig und viel zu großzügig, ohne jede Forderung.
Sam war kein Soldat.
Auf dem Weg zur Küche bemerkte er den Lichtstreifen, der durch die nur angelehnte Badezimmertür drang.
„Sam. Sammy. Vorsichtig… ganz langsam.“
Es war nicht die Tatsache, dass er zwei Stimmen aus dem Badezimmer hörte, die John innehalten ließ.
Die Jungs waren oft gemeinsam im Bad.
Morgens war keiner von beiden bereit, auch nur fünf Minuten früher aufzustehen als der andere, was regelmäßig und unvermeidlich zu Kleinkriegen führte. Meistens endeten sie damit, dass Sam vor dem Spiegel stand und missmutig einen über Nacht aufgeblühten Pickel betrachtete oder versuchte irgendetwas mit seinen Haaren anzustellen, während Dean unter der Dusche so lange laut und falsch sang, bis Sam drohte, ihm mit der Haarbürste den Schädel zu spalten.
In einem reinen Männerhaushalt unter beengten Bedingungen war das Badezimmer einfach nicht mehr privat, und die Tür niemals wirklich geschlossen … und wenn doch, dann konnte man sicher sein, dass einer der Jungs sich mit einem Magazin dorthin zurückgezogen hatte.
Nein, es war irgendetwas in Deans Stimme, tief und ein wenig gepresst, die ihn dazu brachte, regungslos im Flur stehen zu bleiben und zu lauschen.
„Ganz langsam, ja?“
„Ja.“
„Ein bisschen mehr Druck.“ Dean Stimme war rau und John spürte wie sich tief in einem Magen ein eisiger, hässlicher Klumpen formte. „Gleichmäßig. Fester.“
„Was ist, wenn ich dir wehtue …?“
Sam war vierzehn und seine Stimme hatte die Angewohnheit mitten im Satz dreimal die Tonlage zu wechseln. Diesmal endete sie auf einer hohen, kratzigen Note. Er klang sehr jung.
Dean schnaubte. „Ich bin keine von deinen Barbies, Samantha. Ich zerbreche nicht beim Haare kämmen.“
„Idiot.“
„Du tust mir nicht weh.“ Es klang warm und vollkommen sicher. „Noch einmal, ja?“
„Ja …“ John hörte wie Sam tief durchatmete und dann das Rascheln von Kleidungsstücken, die übereinander rieben, und er wollte sich nicht einmal vorstellen, wie dieses Geräusch zustande kam, wenn seine beiden Jungen gemeinsam im Bad waren.
John war wie erstarrt.
Der eisige Klumpen in seinem Magen formte ein einziges Wort.
Er wollte nicht hinsehen. Er wollte es nicht lesen.
„So ist es gut.“
„So?“
„Ja. Weiter.“ Ihre Worte waren leise und sparsam, beinah nur Ein- und Ausatmen, in einem vollkommen aufeinander eingespielten Gleichtakt.
Er wollte die Tür aufreißen und es aufhalten, er wollte sie anbrüllen und auf ihr Zimmer schicken (auf getrennte Zimmer), aber noch immer konnte John sich nicht bewegen.
Ein Wort. Sechs Buchstaben.
Er trat einen Schritt nach vorne, lautlos und ohne auf die eine Leiste in der Mitte zu treten, die immer knarrte. Seine Beine fühlten sich seltsam schwer an.
Der Spalt in der Tür war nicht einmal eine Handbreit groß.
Dean saß auf dem geschlossenen Klodeckel. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen, und er hatte Sam in einer Geste so grenzenlosen Vertrauens, dass John ganz schwindelig wurde, seine Kehle dargeboten.
Sam saß auf seinem Schoß, seine langen Fohlenbeine rechts und links von Deans Hüften auf den Boden gestreckt. Er wandte John den Rücken zu und verdeckte Dean beinah vollständig, als er den Kopf neigte und sich behutsam über seinen Bruder beugte.
Tief drinnen lauerte nicht nur das eine Wort, sondern das hässlichste Gefühl von allen. Das Fehlen jeglicher Überraschung.
Hatte er es gewusst? Geahnt?
In diesem Augenblick fühlte es sich an, als habe er es schon immer gewusst.
Vielleicht hatte er irgendeinen Laut von sich gegeben.
Oder vielleicht war der Instinkt seines Ältesten einfach so gut ausgeprägt, dass er seine Anwesenheit spüren konnte. Er konnte beinah sehen wie Deans Körper sich ruckartig anspannte und eine Hand beschützend auf Sams verwundbaren Nacken gelegt wurde. Scharfe goldgrüne Augen blitzten auf und landeten zielsicher auf seinem Gesicht, bevor sie sich überrascht weiteten.
„Dad?“
Sam wandte ebenfalls den Kopf und hob die Augenbrauen. „Hi“, sagte er kurz.
Es klang nicht im Mindesten schuldbewusst. Nicht einmal erschrocken. Andererseits war es Sam, und der Einfluss, den Johns Meinung noch auf ihn hatte, war in den letzten Jahren praktisch umgekehrt proportional zu seiner rasant nach oben schießenden Körpergröße geschrumpft.
„Was soll das werden“, sagte er leise und kalt.
Es war keine Frage, sondern eine Anschuldigung und auch wenn Sam ihre Implikationen offensichtlich nicht verstand, konnte er sehen wie Dean das Blut ins Gesicht schoss.
„Es ist nicht…! Wir haben nur…“
„Nicht bewegen! Wir sind gleich fertig“, unterbrach Sam mit einem deutlich ungeduldigen Unterton in der Stimme und machte eine abwinkende Bewegung. Und zum ersten Mal konnte John sehen, was er in der Hand hielt.
Es war ein Rasiermesser. Alt und silbern, mit schwerem Griff und scharfer Scheide. Ganz offensichtlich Johns, da Dean es nie für nötig befunden hatte, sich ein eigenes zuzulegen. Und jetzt konnte er auch die andere Hälfte von Deans Gesicht sehen, auf der sich immer noch weißer Schaum befand.
Es dauert einen endlosen Augenblick bis aus dem Wort mit sechs Buchstaben ein anderes Wort wurde.
„Du bringst ihm Rasieren bei?“
„Warum nicht?“ Sam schob den Unterkiefer vor und sah damit so stur und unnachgiebig aus, dass John das Gefühl hatte in einen Spiegel zu blicken. Vermutlich war das ganze seine Idee gewesen.
„Dad, er ist vierzehn“, sagte Dean leise. „Er ist alt genug.“
Vermutlich hatte Dean wie üblich nicht nein sagen können. Egal wie dumm die Idee war und egal, dass Sams Wangen glatt und haarlos waren wie ein Babypopo.
Seine Hand ruhte immer noch beschützend auf Sams Rücken und John wurde klar, dass Dean niemals zugelassen hätte, dass Sam mit der scharfen Klinge an seinem eigenen Gesicht übte.
Es gab eine Menge, was John dazu hätte sagen können.
Vielleicht, dass es andere Methoden gab, jemandem das Rasieren beizubringen.
Dass die Zeit, in der es in Ordnung war, wenn Sam auf Deans Schoss saß, offensichtlich schon lange vorbei war.
Oder dass Dean niemals seine verletzlichste Körperstelle jemandem offenbarte, der ein Messer in der Hand hielt, weil das gegen alles alles alles ging, was John ihm jemals beigebracht hatte.
Aber das sagte er alles nicht. Stattdessen sah er schweigend dabei zu wie Sam sich wieder über Deans Gesicht beugte, sanft und behutsam, seine knochigen Schultern eine Wand aus Ablehnung zwischen seinem Vater und seinem Bruder.
Es gab nichts mehr zu sagen.
Er schloss behutsam die Tür hinter sich, als er hinausging.
Und er fragte sich, ob er Dean wirklich so gut unter Kontrolle hatte, wie er bisher angenommen hatte. Oder ob es in seinem Leben nicht doch noch eine Instanz gab, höher als Johns Anerkennung, höher als sein Ego, höher als jede Art von Disziplin.
Es war kein Wort mit sechs Buchstaben.
Nur mit fünf.