Titel: Verlorene Seele
Team: Weiß (Titanic)
Challenge: Romantik/Intimität: Auf den zweiten Blick [Mermaid-AU] [für mich]
Fandom: Free! (Dive to the Future)
Charaktere: Hiyori Toono, Ikuya Kirishima, angedeutetes Hiyori/Ikuya
Wörter: 902
Sprache: Deutsch
Warnungen: alles tame hier :)
Inhalt: Hiyori findet einen Weg, den Fluch auf sich zu nehmen.
Anmerkungen: spielt vor
>diesem Teil. Wer braucht schon Chronologie pfff :D
Es ist ein Wunder.
Hiyori sieht hinab zu Ikuya in seinen Armen. Da sind Blutspritzer in seinem Gesicht und er ist bewusstlos, doch ansonsten unversehrt. Es grenzt wirklich an ein Wunder, dass sie es beide da rausgeschafft haben.
Der Preis dafür war zu hoch. Viel zu hoch. Wieder überwältigt sein Beschützerinstinkt Hiyori und er drückt Ikuya fest an sich, vergräbt sein Gesicht in dessen Haaren.
Dann dringt leise eine Melodie an sein Ohr, wie einige Mal zuvor schon. Er hat das Gefühl, dass sie die ganze Zeit schon da war und er sie nur nicht bemerkt hatte. Doch er weiß genau, was es ist. Und dieser Gesang aus der Ferne ist sein Ziel.
“Ich werde dich retten, Ikuya, komme was wolle”, murmelt er dem bewusstlosen Ikuya in die Haare, richtet sich wieder auf und marschiert weiter. Er ist bereits weit gekommen, bis zum abgelegenen Strand. Seine Schuhe versinken im Sand und es ist schwer, auf ihm zu laufen, noch schwerer mit Ikuya in seinen Armen. Die Dämmerung hat bereits eingesetzt und macht es zudem schwer, etwas zu erkennen, doch er lässt sich nicht beirren.
Es würde ihn nicht wundern, wenn der Gesang ihn in eine Höhle lockte. Diese Geschichten hat er so oft gehört. Von verlorenen Seelen, die in ihrer Not wundersamerweise einen engelhaften Gesang hörten. Und dann, wenn sie dachten, sie hätten ihre Erlösung gefunden, trafen sie auf eine Nixe. Wahlweise auf eine Hexe, die ein wunderschönes Lied sang. Die Geschichten endeten immer gleich: Sobald man sich in ihrem Bann befand, war man auf immer verloren. Jedes Mal machte die verlorene Seele einen Deal mit der Hexe oder kam der Nixe zu nahe, voller Hoffnung auf Rettung, doch dann… verfluchte ihn die Hexe, machte das Meer zu seiner Heimat, auf dass er auf ewig darin ertrinken würde. Oder die Nixe zog ihn in die unergründlichen Tiefen, von wo er nie wieder seinen Weg zurückfinden würde.
Hiyori weiß, dass all das nur Geschichten sind. Sie leben in einer aufgeklärten, modernen Welt, nicht in einem Märchen. Und sie wissen, dass es weder Hexen noch Nixen sind, die diesen Gesang produzieren, sondern Menschen mit magischen Fähigkeiten.
So wie der Mann, der Ikuya mit diesem Fluch belegt hatte.
Hiyori weiß auch nur zu gut, warum sich Menschen mit diesen Fähigkeiten vom Rest der gewöhnlichen Menschheit fern halten. Die ganzen Vorurteile und Gesetze, die ihnen das Leben so furchtbar schwer machen, haben selbst die härtesten und stärksten von ihnen vertrieben.
Hiyori blinzelt und plötzlich ist vor ihm der Eingang zu einer Höhle. Der Gesang ist lauter, durchdringender, und Hiyori zögert nicht eine Sekunde, bevor er hineingeht. Er drückt Ikuya beschützend an sich und wagt sich in die Tiefe der Höhle, folgt dem immer lauter werdenden Gesang und den leuchtenden Punkten an der Höhlendecke, die genug Licht spenden, dass Hiyori alles sehen kann, an Stalagmiten und Stalaktiten vorbei, bis der Gang sich zu einem Raum weitet.
Die Wände sind hier viel glatter, es sieht alles generell sehr viel geordneter und menschengemacht aus. Die menschlichen Möbel und Dekorationen mal abgesehen. Doch das viel interessantere für Hiyori ist die Person, die auf dem Stuhl mitten in dem Raum sitzt und ihn ansieht, als habe sie auf ihn gewartet. Ihre meerblauen Augen scheinen zu blitzen mit jeder seiner Bewegungen.
Hiyori tritt vor bis nur wenige Meter sie von einander entfernen und bleibt höflich stehen. Er kennt den Abstand, den man wahren sollte, spürt die Grenze, die diese Frau um sich gelegt hat.
Es ist immerhin auch in seinem eigenen Blut.
Sie mustert ihn einen Moment und Hiyori nutzt diesen Moment, um das zu erwidern. Sie hat dunkles, braunes Haar, das sie zu einem losen Zopf geflochten hat, der ihr über die Schulter hängt, auf ihrem schwarzen Mantel. Mehr als das und eine dunkle, dazu passende Hose sowie dunkle Sneakers kann Hiyori nicht erkennen.
“Wie kann ich dir helfen?”, fragt sie sanft, als habe sie das schon hunderte Male gemacht und wisse genau, was für einen Ton sie bei verzweifelten Menschen treffen muss. Ihre Augen finden zielsicher Ikuya, als wüsste sie schon längst, was Hiyori will.
“Ich will seinen Fluch auf mich nehmen.”
Ihre Augen zucken überrascht hoch, sehen wieder in Hiyoris eigene und sie scheint etwas zu verstehen, denn sie nickt kaum merklich. “Der erste Eindruck trügt, nicht wahr? Die Menschen irren sich bei dir.”
Hiyoris Kehle ist plötzlich ganz trocken und er räuspert sich, versucht die Trockenheit runterzuschlucken.
Die Frau lächelt. “Bei dir, wie bei mir. Nur machst du keinen Gebrauch davon und weißt dir selbst nicht zu helfen. Deswegen hat mein Gesang dich gefunden.”
Hiyori nickt bloß.
Sie hat Recht. Die Menschen haben immer einen falschen Eindruck von ihm. Doch keiner von ihnen hat jemals versucht, einen zweiten Blick auf ihn zu werfen.
Keiner bis auf Ikuya.
“Ich kann dir helfen, sogar mehr, als du denkst.”
Sie steht auf und geht zu einem massiven Eichenschrank zu ihrer linken, nimmt zielsicher ein Buch heraus. “Es gibt ein Ritual, das den Fluch auf dich übertragt.”
Als sich ihre Augen dieses Mal treffen, sind sie noch tiefer, noch dunkler, und Hiyori hat das Gefühl, er könnte in sie hineinfallen und darin ertrinken.
“Und es gibt einen Weg, den Fluch zu brechen.”
Zum ersten Mal seit der Mann Ikuya mit diesem Fluch belegt hat, flackert Hoffnung in Hiyori auf. Er hofft so sehr, dass die Geschichten am Ende nicht doch der Wahrheit entsprechen.
Dass er am Ende nicht etrinkt.
“Bitte hilf mir.”