2. Hurt/Comfort: "Falsche Zeit, falscher Ort" (für mich)

Jul 03, 2012 22:42

Team: Novalis
Fandom: The Amazing Spiderman
Pairing: Peter Parker/Gwen Stacy
Challenge: Hurt/Comfort: "Falsche Zeit, falscher Ort" (für mich)
Wörter: ~1500
Warnung: Erneut - ganz leichte Spoiler für den Film (es spielt irgendwann danach)
Vorwort: Kitsch as kitsch can be. Ich habe nichts zu meiner Verteidigung zu sagen. Außer, dass ich einen doofen Tag hatte und mir war danach. Für Luinaldawen weil sie ihn noch nicht gucken konnte.



Es war das Knirschen, das ihn weckte. Ein leises, fremdes Geräusch, das sogar durch das laute Prasseln des Regens zu ihm durchdrang.
Peter erstarrte unter seiner Decke.

Okay, er hatte nicht geschlafen. Aber sein Herzschlag hatte sich inzwischen soweit beruhigt, dass er nicht mehr senkrecht im Bett saß.
Es war wahnsinnig schwer sich zu entspannen, wenn man kurz vorher fast drauf gegangen war. Das sagte einem bloß nie jemand, wenn man sich dazu entschloss ein Superheld zu werden. Wo war "Being a hero for dummies?" wenn man es brauchte?

Das Knirschen ertönte erneut. Als ob jemand seinen uralten Fensterrahmen über das Fensterbrett…nicht wirklich oder?
Reflexartig und ohne sich zu bewegen hielt Peter den Atem an und lauschte in die Dunkelheit. Sein Kopf dröhnte und seine Rippen schmerzten und er hatte das Gefühl bei jedem Atemzug zu pfeifen wie ein kaputte Dudelsack. (Aber das war vermutlich das gängige Resultat, wenn man einmal unter drei Tonnen Stahl begraben gewesen war.)

Ein Schatten bewegte sich an seinem Fenster.
Shit. Hatte er das Fenster offen gelassen? Das war sein erster Gedanke.
Sein zweiter war: Einbrecher? Ernsthaft?

Wenn er sich nicht gefühlt hätte wie dreimal von einer Dampfwalze überrollt, wäre das ganze vermutlich irgendwie lustig gewesen.
Normalerweise musste er den Übeltätern immer hinterherrennen. Stundenlang. Mit erhöhtem Aufwand und Einsatz. Wenn einmal einer freiwillig zu Spiderman kam, war das beinah Grund zu feiern.
Aber nur beinah.
Ein Teil von ihm wollte den Kopf tiefer in sein Kissen vergraben und die Augen wieder zumachen. Aber der größere Teil von ihm wusste, dass das keine Option war. Nicht wirklich.
Lautlos schlüpfte er aus dem Bett.

Mit einem Krachen fiel etwas von seinem Schreibtisch (vermutlich die Metallbüchse, in der er seine Kugelschreiber aufbewahrte) und er schoss nach vorne. Seine Rippen protestierten lautstark gegen die plötzliche Bewegung.

"Fuck!" zischte eine leise Stimme, die ihm vage bekannt vorkam. Und dann: "Peter? Peter!"

"Wer zum…?!" Ruckartig hielt er inne, mit einem Gefühl im Magen als sei er gegen eine unsichtbare Wand geprallt.

"Nicht anspringen!" Die Gestalt wedelte mit den Armen. "Ich bin's!"

"Anspringen…? Gwen?"

Er erkannte die Silhouette ihres auf und ab wippenden Pferdeschwanzes, als sie nickte. "Ich erschrecke mich wirklich, wenn Leute mich im Dunkeln anspringen, also bitte tu es nicht! Wo ist… hast du irgendwo Licht?"

"Gwen?!" Beinah automatisch knipste Peter seine Nachttischlampe an. Er blinzelte in das helle Licht. "Gwen. Ich meine…Gwen? Was…?"

"Ich weiß." Sie hob eine Hand, um ihn zu unterbrechen. Eine Geste die beeindruckender ausgesehen hätte, wenn sie nicht von Kopf bis Fuß durchnässt gewesen wäre und auf seinen Teppich tropfen würde. "Falsche Zeit, falscher Ort. Ich weiß."

"Wie bist du hier hochgekommen?"

"Übers Dach geklettert."

"Übers Da-… Warte, du… du kannst nicht hier sein! Was machst du hier?"

Sie fuhr mit der Zungenspitze über ihre Unterlippe als sie nach Worten suchte. Ihr Atem ging immer noch schwer und schob mit einer Handbewegung ihren nassen Pony aus der Stirn. "Na ja, nachdem du schon so oft in mein Fenster eingestiegen bist, dachte ich, es ist nur gerecht, wenn ich mal in dein Fenster einsteige."

Auf irgendeine völlig verquere Weise machte das sogar Sinn.
Vielleicht.
Vielleicht auch nicht. Peter war nicht sicher, wie viel in diesem Moment einfach nur Sinn machte, weil er weniger als eine Stunde zuvor mit dem Kopf voran gegen eine Betonwand geprallt war.

"Du…", er machte eine hilflose Handbewegung. "Du bist ganz nass."

Sie nickte. Einzelne Tropfen perlten über ihr Gesicht. "Es regnet."

"Wieso…?"

"Ich hab dich im Fernsehen gesehen. Sie haben es übertragen. Also einen Teil. Den… den letzten Teil."

"Oh. Uhm. Da waren Reporter? Wirklich?" Peinlich berührt kratzte Peter sich am Nacken. "Das sah vermutlich schrecklich blöd aus, als der Lastkran über mir zusammengestürzt ist, aber ich schwöre, das war alles Teil eines elaborierten, ausgeklügelten Plans. Ein Plan der diesen Lastkran involvierte und… und…"

"Peter." Etwas in ihrem Tonfall bewirkte, dass er aufhörte zu reden. Sie klang dramatisch. Gwen klang so selten dramatisch, dass es definitiv verdiente gehört zu werden. "Du wurdest von einem Lastkran begraben."

Er war nicht sicher, was er darauf erwidern sollte. Da er das nicht abstreiten konnte, nickte er.
In zwei Schritten war sie bei ihm.
Sie streckte eine Hand nach ihm aus und hielt inne, einen ewig langen Sekundenbruchteil, bevor sie ihre Handfläche auf seinen Brustkorb legte und sich ihre Finger wie von selbst im Stoff seines T-Shirts vergruben.
Beinah unwillkürlich zuckte er zurück. Sie war so unheimlich nah und er wollte so sehr…und wie ein konditionierter Reflex ertönte die Stimme ihres Vaters in seinem Kopf.

Er schüttelte den Kopf. "Gwen, das ist wirklich keine gute…"

"Ja", sagte sie. "Falsche Zeit, falscher Ort. Du hast es versprochen. Ich weiß das alles."

Ihre Finger waren warm, sogar durch den Stoff hindurch. Warm, aber nass vom Regen und die Stelle über seinem Herzen wurde feucht.

"Es sah schlimm aus", sagte sie leise. "Und es war noch schlimmer weil ich wusste, dass du es bist. Ich habe gesehen wie das Ding dich begraben hat, aber ich habe nicht gesehen, wie du wieder rausgekommen bist. ich weiß, wir sind nicht…nicht mehr… Aber das heißt nicht, dass es mir plötzlich egal geworden ist, okay?"

"Okay", erwiderte er heiser.

"Ich wollte nur…" Sie schluckte. "Ich wollte nur sehen, ob du okay bist."

"Ich…"
'Ich bin immer okay.'

Es lag auf der Spitze seiner Zunge. Es wäre so einfach es zu sagen. Zu lachen und abzuwinken. Das oder einen Spruch zu bringen, über seine neue beinah-Unsterblichkeit.

Aber er hatte sich nicht unsterblich gefühlt.
Nicht in diesem Moment, begraben unter Tonnen an Stahl und Beton und mit zitternden Gliedmaßen. Er hatte sich gefühlt wie eine zertretene Spinne. Winzig. Unbedeutend. Zertreten. Zerquetscht. Wie ein Insekt.
Und das einzige, woran er in diesem Augenblick hatte denken können, war, ob sie jemals seine Leiche finden würden. Daran und an das Gesicht seiner Tante, wenn sie ihn jemals identifizieren würden.

Er atmete zitternd aus und antwortete nicht. Er konnte nicht.
Vielleicht weil Gwen die einzige war, die es wusste. Vielleicht weil sie die einzige war, die wusste, dass Spiderman in Wirklichkeit kein Held war, sondern einfach nur…
Peter Parker. Sechzehn Jahre. Zu Tode erschrocken.
Eine Emotion flackerte über ihr Gesicht, schneller als er es entziffern konnte. Und dann schlang sie die Arme um seinen Nacken und umarmte ihn.

Er vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter und hielt sie fest. Sie roch nach Regen und frischem Gras und ein bisschen nach Brennspiritus. Vermutlich hatte sie wieder den halben Abend mit irgendeinem Experiment im Labor verbracht und Reagenzgläser angekokelt.
Er mochte das an ihr. Das beinah mehr als alles andere. Sie war so warm und echt und so lebendig.

Er konnte spüren wie schnell ihr Herz hämmerte und schloss die Augen.
Gwen Stacy. Sechzehn Jahre. Zu Tode erschrocken.

"Gwen…"

"Lass mich sehen", wisperte sie und ihre Finger zupften an seinem T-Shirt. Er zuckte zusammen.

"Ich bin okay. Wirklich." Er griff nach ihren Händen, um sie festzuhalten. "Ich heile schnell."

"Das ist nicht dasselbe", sagte sie leise.
Er ließ die Hände sinken.
Nein. Nein, das war es nicht.

Wortlos ließ er es geschehen, als sie sein T-Shirt nach oben schob. Sie fuhr mit den Fingerspitzen über seine Rippen, so behutsam, dass er es kaum spürte. Alles war dunkel-blau verfärbt und geschwollen und er war sich nicht einmal sicher, wie viele Rippen gebrochen waren.

Er heilte wirklich schnell. Bis morgen früh würde kaum noch etwas zu sehen sein.
Aber das war nicht dasselbe wie 'okay' zu sein.
Es war nie dasselbe.

"Es tut mir leid", sagte er aus einem Impuls heraus. "Es tut mir leid, dass du es weißt." Weil er sich vorstellte, wie sie vor ihrem Fernseher saß, mitten in der Nacht, und mit ansehen musste wie er unter Tonnen an Stahl und Beton vergraben wurde. Und es niemanden gab, mit dem sie darüber reden konnte.
Inzwischen kam es ihm wie ein wahnsinniger ungerechter Deal vor. Als ob sie alles abbekam was furchtbar war, und nicht einmal etwas davon hatte, zu wissen dass er Spiderman war. Irgendwas. Nichts, außer nachts im Regen über Dächer zu klettern und seine gebrochenen Rippen zu begutachten.

Sie schüttelte den Kopf. Ihre Lippen waren fest zusammengepresst. "Mir nicht. Niemals."

Nein, natürlich nicht.
Nicht ihr.
Aber irgendetwas an ihrer Entschlossenheit bewirkte, dass er sich zum ersten Mal in dieser Nacht weniger klein und zerquetscht fühlte. Und zum ersten Mal so, als ob er wieder durchatmen konnte.

"Du bist ganz nass", sagte er. Zum zweiten Mal.

"Ich weiß." Sie nickte. Ebenfalls zum zweiten Mal und erneut klang sie, als sei ihr das ganz und gar gleichgültig. Vielleicht war es das wirklich.

"Solltest…willst du…ich meine…" Er räusperte sich. "Solltest du dich nicht ausziehen? Weil… du nass bist. Nicht aus anderen, wie auch immer gearteten Gründen."

Ihre Mundwinkel zuckten, so als hätte sie gerne gelacht. Aber sie tat es nicht. Stattdessen sah sie traurig aus. "Ich muss zurück. Nach Hause", sagte sie leise.

"Ja." Er nickte langsam und löste die Hände von ihr. "Ich weiß."

"Falsche Zeit, falscher Ort, Peter."
Es klang wie eine Entschuldigung.

Dabei gab es nichts, wofür sie sich hätte entschuldigen müssen.

spiderman, team: novalis, idris, inspiration

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