Team: Novalis
Fandom: Dame König As Spion ("Tinker Tailor Soldier Spy" im Original)
Charaktere: Ricki Tarr, Peter Guillam
Challenge: Intimität: Regen
Wörter: ~1000
Warnungen: Spoiler für den Film und das Ende.
Vorwort: Äh ja. Es hat nur bedingt was damit zu tun, dass Ricki und Peter von Tom Hardy und Benedict Cumberbatch gespielt wurden und ich die beiden immer slashen will. Aber vor allem deswegen weil Ricki einer der wenigen normalen Menschen in diesem Haufen war (was sagt das über diesen Film aus, dass Tom Hardy die meiste Zeit der am wenigstens abgefuckteste Charakter in einem Raum war?) und er und Peter mir eigentlich von allen Charaktern am meisten leid taten.
Es war in Paris und es regnete, als er Ricki endlich fand.
Peter fand es seltsam passend, aber natürlich hatte es in der ganzen tragischen Affäre an einer Sache nie gefehlt, und das war bittersüße Ironie.
"Ricki", sagte er und ließ die Zeitung sinken. Er hatte die Genugtuung zu sehen wie Ricki Tarr zusammenzuckte.
Leichtsinnig, dachte er. Nachlässig.
Aber natürlich war Ricki Tarr noch nie etwas anderes gewesen. Ohne diese Eigenschaften wäre nichts von den Dingen passiert, mit deren Bearbeitung Peter die letzten Monate seines Lebens verbracht hatte. Weil Ricki Tarr leichtsinnig und nachlässig war, und weil er sich in die falsche Frau, zur falschen Zeit und am falschen Ort verliebt hatte und ein Telegramm absenden musste, das einem Todesurteil für alle gleich kam, die es gelesen hatten.
Ricki Tarr warf rasche Blicke um sich, bevor er sich in die schmale Gasse drückte, in der Peter stand. "Mr. Gui-.…"
"Keine Namen", sagte Peter, obwohl es hier und jetzt vermutlich keine Rolle spielte.
"Ja, Sir."
Ricki wirkte angespannt und auf der Hut und er hatte die Schultern gestrafft. Seine Augen flackerte nach links und rechts, so als erwartete er, dass Peter Verstärkung mitgebracht hatte, die jeden Moment nach ihm greifen und ihn mitnehmen würden. "Ich bin raus", sagte er. "Ich komme nicht mehr zurück."
"Ich weiß."
Rickis Ausbruch hallte in seinem Kopf wieder.
'Auf keinen Fall will ich so enden wie ihr.'
Peter vermutete, dass man das so sehen konnte. Traurige, alte Männer, die Spion spielten, in einer Welt, in der sich keiner mehr dafür interessierte.
Er faltete die Zeitung zusammen, hinter der er gelauert hatte und klemmte sie unter den Arm. "Ich bin hier, um…"
"Wollen Sie einen Kaffee trinken, Sir?" fragte Ricki. Er fügte das 'Sir' hinzu wie einen Nachgedanken.
"Nein."
"Ich könnte einen Drink vertragen."
Peter hob die Augenbrauen. "So lange wird es nicht dauern."
Ricki warf ihm einen Blick zu, halb resigniert und halb amüsiert, und kramte in seiner Jackentasche nach einer zerknickten Packung französischer Zigaretten. "Reicht es für eine Zigarette? Sir?"
Peter kräuselte die Oberlippe. Sekundenlang betrachtete er die Regentropfen die an Rickis Haaren hängen blieben und seine lange, grade Nase entlang liefen. Er hatte die Schultern hochgezogen und sah müde und durchgefroren, so als lief er schon viel zu lange ziellos im Regen herum.
Peter schuldete ihm rein gar nichts, und schon gar nicht den geheuchelten Anschein von Komfort und Bequemlichkeit in einer Welt, die alles war nur nicht das. Aber er erinnerte sich an den waidwunden, erschöpften Ausdruck in Rickis Augen, nachdem er ihn geschlagen hatte, und an den Schwung seiner Wangenknochen unter seiner Faust.
Wortlos zog er die letzte Zigarette aus dem Päckchen und schob sie sich zwischen die Lippen.
Bevor er nach seinem Feuerzeug angeln konnte, hatte Ricki bereits ein Streichholz entflammt. Er legte eine Handfläche um Peters Zigarette, um sie vor Regen zu schützen, als er sie anzündete.
Sekundenlang waren ihre Gesichter so nah, dass Peter den zarten Flaum rotblonder Bartstoppeln auf seinen Wangen erkennen konnte und den schwachen Geruch nach Regen, Schweiß und Leder einatmete.
Ertappt trat er einen Schritt zurück. Die Hauswand, die sich unnachgiebig in seinen Rücken bohrte war kalt und schroff. Es war beruhigend und beklemmend zugleich. Manchmal fühlte Peter sich, als ob er schon sein ganzes Leben lang mit dem Rücken zur Wand stand.
"Bill Haydon ist tot", sagte er ohne Umschweife.
Der Rauch kräuselte sich bitter und würzig in seinem Mund und er atmete langsam aus.
Ricki nickte, so als sei er nicht wirklich überrascht. "Wie…?"
"Darüber kann ich keine Auskunft geben. Das weißt du."
Nicht mehr. Nicht gegenüber von jemandem, der kein Mitglied des Circus mehr war. Andererseits, dachte Peter, hätte er Ricki vermutlich auch davor nicht informiert.
"Okay." Ricki nickte erneut, ungewohnt einsichtig. Wortlos stahl er Peter die Zigarette und nahm einen einzelnen, langen Zug. Peter hob die Augenbrauen, aber kommentierte es nicht. "Armer Bastard."
Peter schwieg. Was Nachrufe anging, war das kurz und schmerzlos und damit vermutlich nicht einmal ansatzweise angemessen.
"Besser er als ich, richtig?" sagte Ricki schließlich und hielt ihm die Zigarette erneut hin.
Peter verzog einen Mundwinkel zu einem humorlosen Lächeln, bevor er sie entgegen nahm. "Du bist nicht aus dem Schneider, Ricki. Noch lange nicht."
Ricki hob die Schultern in einer resignierten, beinah gleichgültigen Geste.
Peter fragte sich, ob es daran lag, dass Irina tot war und es ihm inzwischen egal war, oder ob das nur Rickis Fassade war, die viel tougher, rauer und abgehärteter war als Ricki selbst.
Ricki war ein anständiger Mensch und ein mittelmäßiger Spion und beides waren Dinge, mit denen Peter nicht sonderlich viel anfangen konnte. Ein Teil von ihm ärgerte sich darüber, dass er hier stand, mitten in Paris, mitten im Regen und mit Ricki Tarr eine Zigarette teilte. Der größere Teil von ihm war überrascht wie wenig es ihn ärgerte.
Er schob die Zigarette zwischen die Lippen und spürte noch den Phantomabdruck von Rickis Mund.
"Sie sollten da raus kommen, solange Sie noch können", sagte Ricki. "Sir."
Peter betrachtete ihn durch den Zigarettenrauch. Als Ricki dieses Mal versuchte ihm die Zigarette zu stehlen, zog er die Hand zurück.
"Ich bin nicht mehr dein Boss, Ricki."
Darauf erwiderte Ricki nichts. Seine Augen waren sehr dunkel in dem fahlen Licht.
"Smiley lässt ausrichten, dass er einen langen Urlaub in südlichen Gefilden für eine gute Idee hält. Algerien soll um diese Jahreszeit sehr schön sein."
Ricki verzog den Mund zu einem abwertenden Lächeln. "Ich arbeite nicht mehr für den Circus. Sir."
Peter zuckte mit den Schultern. In einer Handbewegung drückte er die Zigarette an der Hauswand neben sich aus und ließ sie zu Boden fallen, wo sie unzeremoniell in einer Pfütze ertrank.
"Lediglich eine Anregung."
Ricki hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben. Sekundenlang wippte er auf den Fußballen vor und zurück und warf Peter einen langen, unlesbaren Blick zu.
Er verzog die Lippen zu etwas, das beinah nach einem Lächeln aussah, aber nur fast.
"Danke, dass sie extra nach Paris geflogen sind, um mir das zu sagen, Sir."
"Geschäftlich", sagte Peter steif.
Ricki sah ihn lange an, bevor er sich abwandte und hinaus auf die Straße trat. Sein Arm streifte Peters Brust und Peter wäre zurückgewichen, wenn er nicht die Wand im Rücken gehabt hätte. "Das ist es doch immer", sagte Ricki sehr leise und dann war er verschwunden. In die Menge eingetaucht wie ein Wassertropfen in den Ozean.
Die Gasse fühlte sich sehr leer an mit einem Mal.