4. Türchen

Dec 04, 2008 01:32

Titel: Guineé (- Eine Wintersonate)
Schreiberling: agadinmar
Fandom: Fluch der Karibik
Pairing: Jack Sparrow/James Norrington
Warning: Fehler - es tut mir schrecklich leid, aber eine extra Schicht auf der Arbeit hat mir 8Stunden Zeit geraubt 
Prompt: Gefangen
A/N: Ein wenig abgedreht, aber dafür harmlos und mit genügend Rücksicht auf Canon, denke ich. Die Idee einen Loa (Voodoo-Geist) zu bemühen, ist nicht weihnachtlich, aber dafür schon seit einer sehr genialen Harry-Potter-story von Liriaen in meinem Kopf. Dank geht daher an ihre Muse und an all die geduldigen Menschen, die hier einen Blick riskieren.



Eigentlich hatte es das Leben sehr gut mit ihm gemeint, dachte James Norrington, als er sich in seinem Bett auf die andere Seite wälzte. Das Haus, in dem er seit der Abreise der Swans lebte, war groß, fast zu groß für einen einzelnen Mann, Speisen und Kleidung waren erstklassig und seine Bediensteten zuvorkommend. Alles in Port Royal ging einen zufriedenen, ruhigen Gang.

Doch je näher der Dezember und mit ihm die schönsten aller Festtage rückten, umso unwohler fühlte er sich. Gern hätte er die lauwarme Seeluft gegen die frostige Brise von England eingetauscht, das Zwitschern der nimmermüden und immer fremden Vögel gegen das fröhliche Lachen alter Freunde oder seine Familie.

Noch nie war ihm Port Royal so einsam vorgekommen.

Seine Augen schlossen sich und er seufzte leise. Es war ein offenes Geheimnis, dass seine Zeit als provisorischer Verwalter ihrem Ende entgegen ging und wenn die Straßen seiner Stadt so friedlich und die Einwohner so vernünftig blieben, dann war seine Amtseinsetzung so gut wie besiegelt. Doch der alte Glanz dieses Gedankens war matt geworden.

Durch den ersten silbrigen Schleier aus Schlaf, der sich über ihn gelegt hatte, drang der ferne Klang einer fremden Melodie. Leise Töne, die ihm auf der Woge aus Schlaf und Traum seltsam vertraut vorkam, auch wenn er solch ein Lied sicherlich nie gehört hatte. Es passte nicht in Tanzsäle und vornehme Salons, obwohl es in der Stille des frühen Morgens fast schien, als wäre es nur für eben diese geschrieben worden.

‚Das ist kein Traum’, dachte er und blinzelte die schweren Lider. Die Musik war da, leise und gedämpft, als müsste sie sich erst ihren Weg durch eine Vielzahl verschlossener Türen erkämpfen.

‚Der Salon!’ In dem großen Saal stand sein Klavier, das er in diesen Dezembertagen genau so selten nutzte wie den Salon selbst.

Der Gedanke, dass wohlmöglich tatsächlich jemand in sein Haus eingedrungen sein könnte, riss ihn durch den Schlafnebel zurück in die Wirklichkeit und hastig setzte er sich auf, schob Decken und Betttücher fort. Wer auch immer den Fehler begangen hatte, sich in dieses Haus Zutritt zu verschaffen, der würde es schon bald bereuen.

Mit einer Hand griff James den Morgenrock, zog ihn in Windeseile über das Nachthemd, während sich seine zweite Hand schon nach seinem Waffengurt streckte. Warum seine Wachen nichts gemerkt und seine Diener sich ruhig verhalten hatten, statt Alarm zu schlagen, war ihm ein Rätsel, doch das war eine Frage, deren Klärung warten musste. Viel wichtiger war es, sich schnell durch den Irrgarten aus Fluren und Zimmer auf kürzestem Wege nach unten zu begeben und barfuss und mit gezücktem Rapier lief James zu der großen Treppe, die ins Erdgeschoss führte.

Noch immer trug die lauwarme Nachtluft die fremden Töne durch sein Haus, eine Melodie, die ihm unter anderen Umständen imponiert, vielleicht sogar gefallen hätte, doch jetzt war sie ebenso unerwünscht wie der Spieler, der sie seinem Klavier entlockte.

Unter der großen Flügeltür, die die Sicht in seinen Salon versperrte, lag ein warmer Lichtschein und die Vorstellung, dass es sich ein Fremder dort richtig gemütlich gemacht hatte, verwandelte seinen Puls in den wütenden Schlag lauter Trommeln.

Gerade als er die unterste Stufe der Treppe erreichte, verklang der letzte Ton und das Klavierspiel, das ihn hierher gelotst hatte, endete so abrupt wie es begonnen hatte, als hätte ihn jemand kommen hören.

Seine Füße waren bloß, weder Schuhe noch Strümpfe, und fast geräuschlos auf den schweren Teppichen und kalten Treppen. Auch sein Morgenmantel und sein Nachthemd gaben kaum mehr als ein Flüstern von sich und auch seine Stimme konnte ihn nicht verraten haben, denn er hatte niemanden gerufen, weder Wächter noch Diener.

‚Vielleicht ist ihm einfach die Lust vergangen’, dachte er, auch wenn er es insgeheim besser wusste. Statt sich verunsichern zu lassen, durchquerte James die Eingangshalle und lief zu der Salontür, drückte sie mit einem Ruck auf, so dass sie die Sicht freigab.

Nichts.

Die Leuchter, die seine Wände schmückten und der große Kerzenhalter auf dem Klavier waren entzündet worden und tauchten alles in ihr warmes Licht, doch abgesehen davon war es still und unverändert.

‚Nicht ganz’, dachte er und lächelte schief, als er den unsteten Gang der Kerzenflammen bemerkte, die nicht durch ein schützendes Glas dem Wind vorenthalten waren. Auch wenn sich jemand die Mühe gemacht hatte, den schweren Vorhang zu schließen, so konnte James sehen, dass eines der hohen Fenster geöffnet worden war.

Fast war er sich sicher, dass er zu spät war und der Fremde geflohen war, trotzdem hielt er seine Waffe erhoben, als er zu dem offenen Fenster schritt und den Vorhang beiseite riss.
Wie er erwartet hatte, lagen nur die ersten grauen Schatten des neuen Morgens vor ihm, aber weder in seinem Garten noch in der Ferne war irgendjemand zu sehen.

Noch nie hatte sich jemand solch einer Unverfrorenheit bedient, sich in sein Haus geschlichen und sich in seinen Verdiensten gesonnt. Obwohl...

„Jack“, flüsterte er in die Stille der weichenden Nacht und von seinen Lippen klang es fast wie ein Fluch. Sparrow hatte sich diese Scherze erlaubt, hatte ihn mehr als einmal besucht, seine Weine getrunken und von seinen Tellern gespeist, ohne dass eine seiner Wachen ihn jemals hätte fangen können. Die Habseligkeiten des Commodores, ein ganz besonderer Triumph.

Mit der altvertrauten Gewissheit gleich eine weitere unliebsame Entdeckung zu machen, schloss James das Fenster und ging zu dem kleinen Tischchen, auf dem eine feine Auswahl von Brandys und Likören stand.

Ganz wie er erwartete hatte, fehlten mehrere Fingerbreit aus der hohen Karaffe, die den teuren Cherry enthielt, den er von Gouverneur Swan geschenkt bekommen hatte, und mit noch größerem Unmut bemerkte er, dass keines der Gläser benutzt worden war, die anbei auf dem Tisch standen.

Er holte tief Luft, hielt sie einen Moment, um sich zu sammeln.

Seit mehreren Monaten hatte er nichts mehr von Sparrow gehört - wenn er sich recht besann, war sogar seit der Schlacht gegen Davy Jones kein Wort von Sparrow mehr vernommen worden. Und dieser Einbruch, auch wenn er eine deutliche Handschrift trug, war längst kein Beweis. Was aber nicht hieß, dass es nicht vielleicht andere Beweise zu finden gab.
Wenn es der Mann war, der ihm so viele schwere Stunden bereitet hatte, dann wollte er bestimmt, dass James wusste, dass er hier war. Captain Jack Sparrow. James schnaubte verächtlich.

Mit zittrigen Fingern stellte er die Karaffe zurück an ihren Platz, schüttelte den Kopf, als er seine eigene Aufregung bemerkte. ‚Ein altes Spiel, das dir schon damals besser nicht gefallen hätte.’

Auf dem weißen Ebenholz der Klaviertasten zogen sich schwarze Punkte wie Rauchwolken, die Spuren von Fingern, die dreckig waren und ungewaschen. Oder zuvor Kohle verschmiert hatten, um die dunklen Augen vor spiegelnden Lichtern zu schützen.

Fasziniert betrachtete er das unruhige Muster, das entstanden sein musste, als Sparrow - war es wirklich Sparrow? Konnte er sich da sicher sein? - auf dem vernachlässigten Klavier gespielt hatte und James musste feststellen, dass der Wechsel aus Fingerspuren genauso schön und kompliziert aussah, wie die Melodie geklungen hatte.

‚Ein Mann mit vielen versteckten Talenten, in der Tat.’

*

Viereinhalb Tage. Beinahe hätte er es für einen schlechten Scherz abgetan doch nach viereinhalb Tagen, in denen er fast ununterbrochen an die seltsame Melodie gedacht hatte, die in seinem Verstand saß wie ein tiefer Splitter, wurde er ein weiteres Mal von Klängen aus seinem Salon begrüßt.

Schon von weitem vernahm er die flinken Töne, die alle anderen Geräusche in seinem Garten verstummen ließen, und zügig lief er den Weg von den Stallungen seiner Pferde zu seinem Haus.

Das ganze Anwesen zu umrunden, um einen Blick durch die Hinterfenster werfen zu können, hätte doppelt solange gedauert und wenn er eine Gelegenheit haben wollte, diesmal nicht leer auszugehen, so musst er jede Sekunde retten. Doch bereits als seine Stiefelsohlen auf den Marmor der Eingangshalle knallten, war das Spiel verstummt und James ahnte, dass er den Salon nicht anders vorfinden würde, als nach dem letzten unerwarteten Besuch.

Wieder wurden seine Hände klamm, als er nach der Türklinke griff und die Wut, mit der er sie beim letzten Mal geöffnet hatte, war dieses Mal kaum mehr als ein stiller Aufruhr.

Sparrow hatte es ein weiteres Mal geschafft ihn zum Narren zu halten und das, was ihn am meisten erboste, war nicht einmal der Einbruch in sein Haus, sondern vielmehr wie Sparrow verschwand ohne ihm auch nur eine Chance einzuräumen, ihn zu fassen.

Er öffnete die Tür und obwohl er niemandem mehr in seinen Räumen erwartete, senkte sich Enttäuschung über ihn wie ein dunkles Tuch, als er den leeren Salon sah, dessen offenes Fenster fast höhnisch zu lachen schien.

Empört über seine Gedanken und den Blick an das offene Fenster gerichtet, wäre er um ein Haar über die Bögen seines Papiers hinweg getreten, die jemand direkt vor der großen Tür ausgelegt hatte.

Es waren die Papierbögen, auf denen er sich in den letzten Nächten versucht hatte, die Bruchstücke der Melodie zu rekonstruieren, die Noten zu finden, die Sparrow auf seinem Klavier gespielt haben mochte und die, wie immer James es auch versuchte, nie so klingen wollten, wie er es in jener Nacht gehört hatte.

Seinem ersten Blatt hatte jemand eine ganze Heerschar von Noten hinzugefügt, filigran und säuberlich, als wäre es der Bogen eines Kammermusikers und nicht das Machwerk eines dahergelaufenen Piraten. Und zumindest daran Bestand jetzt keinerlei Zweifel mehr, denn wie James vermutet hatte, hatte Sparrow es sich nicht nehmen lassen, sein Werk zu signieren.

Wintersonate
by J. Sparrow

Ein dünnes Lächeln hob James Mundwinkel und er betrachtete das Blatt. Sein Versuch war nicht mehr als das Werk eines Stümpers verglichen mit dem, was Sparrow hier für ihn hinterlegt hatte und als er sich bückte, um die Bögen aufzusammeln, sah er, dass Jack nur den ersten Bogen vervollständigt hatte. Die drei übrigen Blätter enthielten lediglich leere Reihen von Notenlinien.

Nur zu gut konnte er sich das breite Goldzahngrinsen vorstellen, mit dem Sparrow an seinem Sekretär gesessen haben musste, mit Norringtons Feder und Tinte die Korrekturen führend, und James verstand die Botschaft, so wie er auch die schwarzen Kohlespuren auf den Tasten und die angetrunkene Karaffe verstanden hatte.

James schnaubte. Amüsant wie Sparrow es vielleicht finden mochte, dass ein gebildeter Mann aus gutem Hause einem zerlumpten Piraten nicht das Wasser reichen konnte, jedes Spiel war nur so interessant wie der Herausforderer - und selbst wenn James kein gewandter Musiker war, so hatte er durch die kaum erträgliche Ruhe in Port Royal die Zerstreuung durch ein Spiel durchaus zu schätzen gelernt.

Und wäre die Gefangennahme von Sparrow, von Captain Jack Sparrow, nicht eine noch größere Freude, als es die Ernennung zum Stadthalter je sein könnte?

Lächelnd ging er zu seinem Schreibtisch. Gründe zu warten gab es schließlich nicht.

*

Nie waren die Dezembertage schneller vergangen, nicht als er auf See gedient und auch nicht, als er sie im Hause der Swans verbringen durfte. Jeden Morgen erwachte James mit dem Gefühl Sparrows Melodie ein Stück näher zu kommen, so wie er dem Tag näher kam, da er den Piraten endlich in einer seiner Kerkerzellen wieder finden würde.

Sparrow mochte riskante Spiele, liebte es hoch zu setzen, wie er es immer getan hatte und seine kurzen Besuche hatten sich inzwischen ebenso ausgedehnt wie die Noten auf James Papier.

Sein letzter Besuch lag inzwischen drei Tage zurück, eine Pause, die James fast unerträglich lang vorkam, als müsste man bei einem Schachspiel ewig auf den nächsten Zug warten, doch er war sich sicher, dass er sich nicht noch länger würde gedulden müssen.

Auf dem letzten Bogen der Sonate fehlten nur noch wenige Noten und er hatte eine große Flasche Rum auf den Schreibplatz gestellt. Kein Gruß, kein Nachricht, denn Jack würde es auch so verstehen.

Eigentlich hatte er etwas anderes für die große Flasche Rum im Sinn gehabt und wenn er an das Schlafpulver dachte, das jetzt in seinem Nachttisch ruhte, statt den Rum in ein hochwirksames Elixier zu verwandeln, kam er sich selbst naiv vor. Niemand garantierte ihm, dass das heute nicht die letzte Gelegenheit war, diesem Spuk ein für alle Mal ein Ende zu bereiten.

Aber heute war der Weihnachtsabend, die Christmette gerade aus, und im Gegensatz zu Sparrow war er ein Ehrenmann.

Alles lag still als er den Weg zu seinem Haus hochging. Er hätte die Kutsche nehmen können, aber so wie Sparrow jeden Abend oder jede Nacht ein wenig länger blieb, so ließ auch James ihn jedes Mal ein wenig länger gewähren.

‚Wo ist die Musik?’ Er drückte die Schultern durch, straffte seine Haltung, als müsste er jemanden zeigen, dass er nicht enttäuscht war in ein friedliches Haus zurückzukehren. Doch still und heimlich, als wäre es verboten, hatte er die Minuten, in denen er Sparrows Spiel hören konnte, immer genossen.

Als er die Eingangshalle betrat, trieb der schmale Lichtschein unter der Flügeltür zum Salon ein Lächeln auf sein Gesicht. Er hatte alle Lampen löschen lassen, als er sich auf den Weg zur Messe gemacht hatte und jetzt waren sie an.

Langsam ging er zu der Tür, zum ersten Mal seit seiner Kindheit wieder die Neugierde und die Ungeduld in ihm, mit der er sich damals dem Christbaum und seinen Geschenken genähert hatte und um die Illusion perfekt zu machen, dachte er für einen Moment, er hätte tatsächlich ein leises Klingeln gehört.

Auf dem Boden, genau wie jedes Mal, lagen feinsäuberlich die Notenblätter und auch das letzte Blatt trug diesmal die deutliche Spur von Sparrows eleganten Noten. Dann ging sein Blick zu dem Sekretär, an dem sowohl er, als auch Sparrow gesessen hatte, doch die Flasche, die er für Sparrow besorgt hatte, stand unangetastet dort.

Sparrow war definitiv hier gewesen, das bezeugten die noch frischen Noten auf seinem Papier, und er bückte sich, um die Blätter aufzusammeln. „Aber warum ist der Rum noch da?“

Langsam stand er auf, wischte mit dem Daumen über einen schwarz glänzenden Notenbauch und strich die Tinte zu einem schwarzen Streifen.

„Tz.“ Das Zungenschnalzen ertönte so überraschend, dass James fast die Papiere fallengelassen hätte und er drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen wie Sparrow die hohen Türen schloss.

„Narrenhände beschmieren Tisch und Wände - Und Notenblätter.“ Mit dem gewohnt breiten Grinsen drehte Jack den Schlüssel und ließ ihn dann wie ein geübter Taschenspieler vor James Augen verschwinden.

„Sparrow.“ Seine Stimme klang bei weitem nicht so harsch wie er es beabsichtigt hatte, trotzdem erntete er sofort ein Augenrollen und mit tänzelndem Schritt kam Sparrow näher, sah ihm über die Schulter, als sähe er die Klaviernoten zum ersten Mal.

„Entweder Captain Sparrow oder Jack.“ Der Goldzahn funkelte in dem gelben Licht der Lampen, als Jack ihn angrinste.

„Captain“, James schnaubte abfällig, aber auch das klang nicht recht, ein Misston in der alten Melodie, die er allem Anschein nach nicht mehr spielen konnte und Sparrow grinste vergnügt.

„Also Jack, nicht wahr, Commodore?” Diesmal klangen auch Jacks Worte nicht mehr nach der Beleidigung, die sie früher wohl einmal gewesen waren. Jetzt waren sie kaum mehr als eine Neckerei.

„Das ist längst nicht mehr mein Titel.“ Er sah von dem verwegen Lachen auf Jacks Lippen zurück auf die Noten des letzten Stückes der Sonate.

„Glücklicherweise, denn sind wir mal ehrlich ‚Wintersonate für den Commordore’ klingt nur halb so gut wie ‚Wintersonate für James’.“ Perlen und Münzen klirrten, als Sparrow nickte, den Kopf senkte und hob, als müsste er sich selber zustimmen, und aus einem weiten Ärmel zog die gerollten Bögen, die sie über die letzten Tage und Wochen angefertigt hatten.

Irritiert, wie immer wenn Sparrow zugegen war, nahm James die Bögen, entrollte das Blatt, dessen Titel tatsächlich um seinen Namen erweitert worden war. ’Wintersonate für James’ - was für ein Spiel war das?

Als er wieder aufsah, stand Jack am Fenster, den Rum in der einen Hand und die andere bereits auf das Fensterbrett gestützt. „Frohe Weihnacht, James.“

„Ich“, begann er, doch stoppte als Sparrow sich umdrehte und über die Brüstung des Fensters sprang. Zügig, obwohl er nicht wusste, was er tun sollte - oder tun konnte - hechte er an das offene Fenster, ließ seinen suchenden Blick über den nachtschwarzen Garten streifen. „Jack!“

*

„Jack!“ Erzulies Stimme schnitt durch seine Gedanken wie ein böser Traum und als wäre die Luft plötzlich eisig, zogen sich seine Lungen schmerzhaft zusammen, als die Hexe ihn küsste. Eine starke Zunge schob sich zwischen seine Lippen, wand sich in seinem Mund wie eine Seeschlange und für eine Sekunde hatte er das Gefühl zu ertrinken. „Komm zu mir...“, lockte sie, mit einer Stimme, die eher einem Raunen glich, als der lieblichen Stimme einer Frau.

„Bitte...“, sein Atem war rau und sein Kopf schmerzte von dem Duft brennender Kräuter. „Bring mich zurück.“

„Jack, Jack Jack.“ Ein spitzer Fingernagel strich seine Wange entlang, kämmte dann durch seinen Skalp verfilzter Haare. „Ich weiß, wie schlimm es ist zu warten und zu vermissen...“

Dunkle Tränen kamen aus ihren Augen, deren Iris komplett verschwunden zu sein schien, und Bewegung verschob die Züge, veränderten und erneuerten das Gesicht der Frau so wie jedes Mal, wenn Jack sich an diesen seltsamen Ort begeben hatte und wie jedes Mal wusste er auch, dass dies das Zeichen war, dass der Loa den Körper der Hexe wieder verließ. Das Tor zu Guineé war wieder verschlossen, bis zur nächsten Nacht, in der er die passenden Gaben für Erzulie fand.

Die junge Frau die jetzt wieder vor ihm saß, hatte nichts mehr mit der ungezähmten Göttin gemein, deren Geist eben noch von ihr Besitz ergriffen hatte. „Erzulie wird ungeduldig... und ich bin müde.“

Die Glasperlen in seinem Haar klirrten, als Jack sich aufsetzte. Auch an ihm waren die Reisen in das Reich der Seelen nicht spurlos vorbeigegangen, wenngleich ihn solche Dinge noch nie von irgendetwas abhalten konnten.
„Noch einmal, Des. Einmal.“

„Niemand hat es je geschafft, einen Menschen aus Guineé zurückzuholen. Es ist sein Paradies, Jack! Er wird dir nie folgen.“ Sie wischte den Schweiß fort, der noch immer auf ihrer Stirn stand.

Langsam legte er den Kopf schief, betrachtete das Veve, Erzulies Zeichen, auf seiner Brust. Erzulie, Calypso - man musste nur den richtigen Weg finden, um mit einer zornigen Göttin zu reden, richtig? Und bei Menschen kam es doch sowieso nur immer auf den Köder an, den man auslegte...

Er lächelte und sah zu der jungen Frau, die ihm in den Dezembertagen so viele Wege in das Reich der Toten bereitet hatte. „Du vergisst eines, Des - Ich bin Captain Jack Sparrow.“

agadinmar, fluch der karibik, adventskalender

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