Title: James goes girly
Author:
bunny_d_kateLanguage: German
Fandom: Pokemon
Pairing: Brock x James
Summary: A crossdressing James meets the twerps and of course NO ONE sees through his disguise as usual.
„Das ist alles deine Schuld, James!“, keifte Jessie und warf entnervt ihren Kopf zurück, der heute von einer pinkfarbenen Kurzhaarperücke bedeckt war.
Alles beim Alten. Wieder ein Plan, der schiefgegangen war, eine zickige Jessie, auf deren sonst so glatter Stirn eine furchteinflößende Ader pochte, ein Mauzi, das mal wieder zu allem einen schlauen Spruch abgeben musste und wer war mal wieder der perfekte Sündenbock?
„Was kann ich denn dafür, wenn dieser dumme Roboter gleich beim ersten Versuch außer Kontrolle gerät?“, versuchte James sich trotzig zu verteidigen.
In der Anzeige hatte das Teil noch so vielversprechend geklungen.
„Neustes Modell, garantiert 100% Erfolg in allen Anwendungsbereichen.“
Da hatte er doch einfach zuschlagen müssen, auch wenn der Preis mal wieder ihre Teamkasse gesprengt hatte. Wer hatte denn ahnen können, dass diese Schrottkiste sich schon bei ihrer Jungfernfahrt selbstständig machen und mit der gesamten Mannschaft an Bord von der nächsten Klippe springen würde? Das war eben Pech und nicht zwingend seine Schuld.
Langsam hatte James sowieso das Gefühl, dass es ihr Team nie mehr auf einen grünen Zweig schaffen würde. Jedes Mal wenn sie wieder auf diese verdammten Knirpse trafen, zogen sie grundsätzlich den Kürzeren und ihre wenig glorreichen Abgänge nagten mittlerweile ziemlich an seinem Selbstbewusstsein. So hatte er sich das Leben als Verbrecher wirklich nicht vorgestellt.
„Du hättest dir jedenfalls eine Garantie geben lassen sollen! Der Boss reißt uns den Kopf ab!“, fauchte Mauzi und zupfte an dem blauen Jackett, welches einen Teil seiner aktuellen Verkleidung darstellte.
„Das weiß ich selber! Und dein blödes Gequatsche bringt uns jetzt auch nicht weiter! Warum kannst du nicht einfach mal die Klappe halten? Es hat schon seinen Grund warum Pokemon eigentlich nicht sprechen können.“
Noch bevor James den Satz beendet hatte, war ihm klar, was er nach sich ziehen würde. Er hatte Mauzi das perfekte Stichwort für einen seiner Klagegesänge geliefert.
„Weißt du eigentlich, wie viel Kraft und Mühe es mich gekostet hat, das zu lernen, du Ignorant? Was würdet ihr denn mit einem stinknormalen Mauzi anfangen, hä?“, setzte das Katzenpokemon an, doch James unterbrach es barsch. Er hatte jetzt wirklich keinen Nerv für diese Kinkerlitzchen.
„Vielleicht zur Abwechslung auch mal gewinnen? Oder jedenfalls mal einen Tag ohne dummes Geschwätz verbringen?“
„Jetzt wälz die Schuld nicht auf andere ab!“, schaltete sich nun auch Jessie ein und schaffte es damit, ihren Kollegen vollends auf 180 zu bringen.
„Ach ja? Wer verbringt denn die meiste Zeit damit, sich im Spiegel zu betrachten und sich zehnmal am Tag die Haare zu bürsten? Beautypflege schön und gut, aber man kann’s auch übertreiben. Und ehrlich gesagt, hab ich im Moment überhaupt keine Lust mehr, mit euch beiden rumzuhängen. Vielleicht wird es mal Zeit, dass wir uns eine kleine Auszeit nehmen und auch mal andere Leute treffen.“
Dieser Vorschlag brachte James zunächst nur die skeptischen Blicke seiner Teamkollegen ein.
„Ist das dein Ernst?“, hakte Jessie nach.
„Natürlich! Ich hab noch nie etwas so ernst gemeint.“, erwiderte James und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
„Na wenn das so ist.. Dann sieh doch zu wie du alleine klarkommst! Komm Mauzi, wir gehen!“, zischte Jessie und der Unterton in ihrer Stimme stand James in Sachen Trotzigkeit wirklich in nichts nach. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um, packte das Pokemon am Schwanz und stapfte in die entgegengesetzte Richtung davon.
James starrte den beiden hinterher. Sie hauten wirklich einfach ab. Gut, es war seine Idee gewesen, aber die beiden hätten sich jedenfalls verabschieden können. Schließlich hatten sie in letzter Zeit eine ganze Menge zusammen durchgemacht. Aber das zeigte mal wieder deutlich, wie undankbar und gefühlskalt die zwei waren. Ohne sie war er wahrscheinlich wirklich besser dran. Unsicher sah er sich um.
Jetzt blieb nur noch eine Sache zu klären. Was sollte er nun mit seiner neuerlangten Freiheit anfangen? Das laute Knurren seines Magens nahm ihm die Entscheidung schnell ab. Er würde sich erst mal schleunigst was zu Futtern besorgen. Sie hatten ihr Lager in der Nähe eines kleinen Ortes aufgeschlagen, der sich Wiesenflur nannte und so brauchte James nicht lange zu laufen, um ins Stadtzentrum zu gelangen, wo ihm sofort der köstliche Geruch von gebratenen Tintenfischbällchen in die Nase stieg. Bingo! Das war jetzt genau das Richtige für eine geschundene Seele wie ihn.
Schon bevor er den kleinen Imbissstand erreicht hatte, zog sich sein Magen vor Verzückung zusammen und seine Zunge hing ihm bereits halb aus dem Mund. Um seine Bestellung aufgeben zu können, musste er zuerst das Wasser, das sich bereits in seinem Mundraum angestaut hatte, herunterschlucken und sein Blick flog gierig über die köstlichen Auslagen, die sich vor seinen Augen erstreckten.
„Was darf’s denn sein, schönes Fräulein?“, sprach ihn der Verkäufer freundlich an und brachte James damit völlig aus der Fassung.
Fräulein? War der Typ etwa blind? Doch dann sah er an sich selbst herunter und die Erkenntnis fiel ihm wie Schuppen von den Augen. Sein Kostüm! Er hatte bei dem ganzen Theater völlig vergessen, es auszuziehen. Und so stand er nun in einem frühlingshaften, grünen Rüschenkleid und mit rosa Schleifchen geschmücktem Schopf in einer fremden Stadt und lächelte den älteren Herrn hinter der Verkaufstheke schüchtern an.
„Eine doppelte Portion Tintenfischbällchen, bitte.“
„Oh, Sie haben aber einen gesunden Appetit, Herzchen. Das gefällt mir. Doppelte Portion kommt sofort!“, erwiderte der Verkäufer schmunzelnd und machte sich sofort daran eine enorme Menge Tintenfischbällchen in eine große Styroporschachtel zu füllen, die er James kurze Zeit später stolz vor die Nase hielt.
„Ich hab Ihnen extra ein paar mehr reingepackt. Das macht dann zehn Pokedollar, gnädige Frau.“
„Bezahlen.. ja.. Moment..“, stammelte James und begann verlegen in seinem Handtäschchen zu wühlen, in welchem sich bedauerlicherweise nur ein Haufen Schminkutensilien und keinerlei Bargeld befand. Warum warf dieser Job auch nur so verdammt wenig Kohle ab? Immer waren sie knapp bei Kasse und so würde ihm wohl auch diesmal nichts anderes übrigbleiben, als weiter zu hungern oder dem armen Mann das Herz zu brechen und die Zeche zu prellen. In diesem Outfit könnte er es natürlich auch mal mit der Mitleidsnummer probieren. Männer in diesem Alter waren für solche Sachen ja durchaus anfällig. Einen Versuch war es immerhin wert.
„Oh nein, ich muss mein Portemonnaie verloren haben! Gerade eben war es noch da. Vielleicht hat es auch jemand gestohlen. Oh, was hab ich doch für ein Pech. Und dabei hatte ich mich so auf diese köstlichen Tintenfischbällchen gefreut!“, rief James, legte sich theatralisch die Hand an die Stirn und gab einen oscarreifen Stoßseufzer von sich.
Der Herr schien zwar durchaus besorgt und bot sogar an, die Polizei zu verständigen, aber auf die Idee, seiner vom Schicksal gebeutelten Kundin eine Gratisportion zu spendieren, kam er anscheinend nicht. Bei diesem Exemplar musste man wohl etwas deutlicher werden.
„Eigentlich würde ich Sie ja nie darum bitten, aber ich sterbe vor Hunger. Könnte ich die Tintenfischbällchen nicht jetzt essen und Ihnen das Geld später vorbeibringen?“, schlug James vor und bedachte sein Gegenüber mit seinem verführerischsten Augenaufschlag.
„Tut mir leid, aber so was mache ich aus Prinzip nicht. Da kann ich auch bei einem hübschen Mädchen wie Ihnen keine Ausnahme machen.“, gab der Verkäufer mit einem entschuldigenden Schulterzucken zurück und zerstörte damit auf einen Schlag James’ schönen Plan.
Hatten seine Verführungskünste in letzter Zeit wirklich so stark nachgelassen oder war der Kerl einfach nur ein misstrauischer, alter Trottel? Dann musst er wohl doch auf Plan B zurückgreifen, denn ohne Essen hielt er es keine fünf Minuten mehr aus.
„Aber..“, setzte er ein letztes Mal an und streckte bereits die Hand nach der heißbegehrten Schachtel aus als er plötzlich eine Stimme dicht hinter sich vernahm.
„Ich übernehme das. So eine Schönheit kann man doch nicht verhungern lassen!“
Überrascht fuhr James herum und blickte nun in ein naturgebräuntes, freundliches Gesicht, das ihm verdächtig bekannt vorkam. Diesen Kerl hatte er doch schon mal gesehen. Ach was, er hatte ihn schon viel öfter gesehen als ihm eigentlich lieb war. Oh Gott, es war einer von diesen Knirpsen! Ein kurzer Blick verriet ihm, dass der Typ auch den Rest der Truppe im Schlepptau hatte, der ihn jetzt ebenfalls neugierig musterte.
Wurde man diese Leute denn nie los? Manchmal hatte James das Gefühl, dass irgendein merkwürdiger Fluch auf ihrem Team lag, der sie bis an ihr Lebensende dazu verdammte, diesen dummen Gören immer und immer wieder über den Weg zu laufen ob sie es nun wollten oder nicht.
Der große Knirps reichte dem Verkäufer einen Geldschein und dieser übergab ihm daraufhin dankbar die Schachtel mit den Tintenfischbällchen.
„Vielen Dank, der Herr. Beehren Sie uns bald wieder.“
„Hier..“, wendete er sich nun an James und hielt ihm die wertvollste aller Schatzkisten so dicht vor die Nase, dass unser halbverhungertes Team Rocket-Mitglied am liebsten sofort seine Zähne darin versenkt hätte.
Doch als er gierig seine Finger danach ausstreckte, ergriff der Kerl seine Hand und kniete sich wie bei einem altmodischen Heiratsantrag vor ihm auf den Boden.
„Oh Schönste aller Schönen! Nimm diese Tintenfischbällchen als Zeichen meiner unbändigen Liebe zu dir. Mein Name ist Rocko und ich möchte-“
Weiter kam er nicht, denn schon hatte ihn der kleinste Knirps am Ohr gepackt und zog ihn laut zeternd von dannen. James sah den beiden hinterher und wurde sogleich von der nächsten Person angesprochen.
„Du musst Rocko entschuldigen. Er ist manchmal ein bisschen.. aufdringlich. Aber er meint es nicht böse. Mein Name ist übrigens Maike und der kleine Kerl da hinten ist mein Bruder Max.“, stellte sich der einzige weibliche Knirps vor und hielt ihm lächelnd die Hand entgegen.
„Ja, und ich bin Ash. Und das hier ist mein Kumpel Pikachu.“, führte der Oberknirps die Vorstellungsrunde fort und das gelbe Pokemon auf seiner Schulter fiepte ihm freundlich zu.
Sie schienen ihn tatsächlich nicht zu erkennen. Aber schließlich war er auch ein Meister der Verkleidungskunst. Wie es allerdings dazu gekommen war, dass er immer den weiblichen Part ihrer Tarnung übernahm, hatte James mittlerweile vergessen. Irgendwie hatte Jessie von ihnen beiden einfach die maskulinere Ausstrahlung. Sie war extrem herrisch und rachsüchtig. Und nachtragend.. und verdammt dickköpfig. James hingegen hatte meistens nichts dagegen, herumkommandiert zu werden und die Pläne, die sich die Anderen ausdachten, auszuführen. Und Kleider hatte er schon als kleiner Junge gerne getragen. Manchmal hatte er sich, wenn seine Eltern ihn mal wieder mit ihren vielen Bediensteten alleine gelassen hatten, heimlich in ihrem Schlafzimmer versteckt und die edlen Kleider seiner Mutter anprobiert. Das Glitzern und Funkeln und das Gefühl des feinen Stoffs auf seiner Haut hatten ihn immer völlig fasziniert. Und diese Vorliebe hatte er bis heute behalten.
Aber anstatt über alte Zeiten nachzusinnen, sollte er sich lieber schnell überlegen, wie jetzt mit dieser Situation umzugehen war. Es war wohl am besten, sich erst mal mit diesen Kindern gut zu stellen, denn schließlich war er im Moment total pleite und auf ihre Gutmütigkeit angewiesen. Also entschloss sich James das Spiel mitzuspielen.
„Hallo. Es freut mich, auch euch kennen zu lernen. Mein Name ist Ja- .. äh.. Jane. Ja, ich heiße Jane. So haben mich meine lieben Eltern bei der Geburt genannt. Schön der Name, nicht?“, plapperte er dämlich grinsend vor sich hin und machte dabei einige ausschweifende Handbewegungen.
„Jane. Der Name klingt wie frischer Morgentau, in dem sich das Licht des Sonnenaufgangs bricht und dabei die schönsten Farbenspiele zaubert! Ein Name, wie er einer wunderschönen Prinzessin wie dir gebührt. Und wenn wir einmal eine Tochter haben, dann soll sie deinen Namen tragen, Geliebte!!“
Anscheinend hatte es Mr. Zutraulich geschafft, vor seinem kleinen Wärter zu fliehen und war jetzt wieder im totalen Süßholzraspelmodus. James hielt sich die Hand vor den Mund und ließ ein perfektes Verlegenes-Mädchen-Kichern vom Stapel.
„Ach du~“
Doch bevor er weitersprechen konnte, meldete sich erneut sein ausgehungerter Magen zu Wort. Schließlich hatte er bis jetzt immer noch nichts zwischen die Zähne gekriegt. Sofort änderte sich der Gesichtsausdruck des Anderen und er hielt ihm mit ernster Miene die Schachtel mit den Tintenfischbällchen hin.
„Du musst ja halb verhungert sein. Nimm und lass es dir schmecken. Und wenn du danach noch Hunger hast, geb ich dir gerne noch ein paar von unseren Sandwichs ab.“
„Ist das wirklich dein Ernst?“, setzte James an, doch momentan war sein Heißhunger stärker als seine guten Manieren und so ließ er sich nicht lange bitten, setzte sich einfach auf die nächste Bank und begann sofort so viele von den kleinen, runden Köstlichkeiten wie möglich in seinen Mund zu stopfen. Zwar glich er dabei eher einem menschlichen Scheunendrescher als einer Schönheitskönigin, aber Rocko war natürlich trotzdem hin und weg über den gesunden Appetit seiner Angebeteten. Die Anderen schienen der ganzen Sache eher skeptisch gegenüberzustehen.
„Ich hab mir mal ein Relaxo gefangen.. und selbst das hab ich nie so fressen gesehen..“, murmelte Ash mit einer Mischung aus Bewunderung und Ekel. Max und Maike nickten nur zustimmend.
Keine fünf Minuten später war die Schachtel restlos leergeputzt und James wischte sich zufrieden seufzend mit der Hand über den Mund.
„War das gut! Ich bin euch wirklich unendlich dankbar, Freunde. Ich weiß gar nicht wie ich das je wieder gut machen soll.“, wendete er sich an die umstehenden Knirpse und strahlte dabei übers ganze Gesicht.
„Dein bezauberndes Lächeln entschädigt uns für alles, holde Schönheit! Wir sollten-“
Und wieder konnte Rocko seine Liebesschwüre nicht vollenden, denn anscheinend hatte Max seinen Job als Liebeskrankenbändiger wieder aufgenommen und wies ihn in die Schranken.
„Ist schon gut. Wir wissen selber, wie schlimm es ist, wenn man so einen Riesenkohldampf hat. Wie kommt es denn, dass du so alleine unterwegs bist? Bist du auch Pokemontrainer?“, übernahm Ash jetzt das Gespräch.
James musste einen Moment überlegen, doch es dauerte nicht lange, bis er sich eine herzergreifende Geschichte aus den Fingern gesogen hatte. Wenn ihn das Schauspielfieber erst einmal gepackt hatte, ging er in seinen Rollen immer komplett auf. Er erzählte ihnen von seinem Kindheitstraum durchs Land zu reisen, um neue Freunde zu finden und so viele Pokemon wie möglich zu fangen und von seinen strengen Eltern, die überhaupt nichts von dieser Idee hielten und ihn viel lieber zu Hause behalten wollten, damit er einmal die Ehefrau eines reichen Geschäftsmanns werden konnte. Mit Tränen in den Augen berichtete er von seiner nächtlichen Flucht aus dem Elternhaus, ohne Geld, ohne Proviant und von seiner unendlichen Einsamkeit. Anscheinend war er durchaus überzeugend, denn auch seine Zuhörer bekamen schon ganz feuchte Augen.
„Das ist ja schrecklich! Wie können sie dir denn nur verbieten deinen Traum zu verwirklichen? So was machen Eltern doch nicht!“, rief Maike empört aus.
„Genau! Wie wär’s denn, wenn du einfach mit uns kommst? Je mehr Leute desto lustiger.“, schlug Ash vor und auch Rockos freudiger Aufschrei aus der Ferne schien Zustimmung auszudrücken.
James war verwirrt. Er wusste nicht, ob er dieses Verhalten unter Gutmütigkeit oder Dummheit einordnen sollte. Wäre ihnen zu alten Team Rocket-Zeiten so ein armer Schlucker über den Weg gelaufen, hätten sie ihn höchstens ausgelacht und wahrscheinlich auch noch sein letztes Hab und Gut geklaut. Warum gab es Leute, die anscheinend aus reiner Nächstenliebe wildfremden Menschen in Not helfen wollten? Sehr merkwürdig.. aber auch sehr praktisch.
„Ehrlich? Ihr wollt mich wirklich mitnehmen? Auch wenn ich euch dafür gar nichts zurückgeben kann?“, fragte James zaghaft, doch seine Bedenken wurden sofort von der umwerfenden Freundlichkeit der Anderen zerschlagen und so kam es also, dass James seiner männlichen Seite und auch seiner verbrecherischen Vergangenheit erst mal für eine Weile den Rücken kehrte und dafür mit einem Haufen Knirpse durch die Gegend zog.
Sehr schnell wurde ihm bewusst, was für Vorteile dieses Leben doch hatte. Keine zankenden Weggefährten, die ihn in einer Tour schikanierten. Keine aussichtslosen Kämpfe mit haushoch überlegenen Gegnern und kein ständiges Hungerleiden und Magenknurren. Der letzte Aspekt gefiel ihm besonders gut. Der größte aller Knirpse stellte sich als wahrer Meisterkoch heraus und als Objekt seiner Begierde bekam James natürlich immer die größte Portion von allen.
Und auch zur Abwechslung mal nicht mit diesem Pikachu auf Kriegspfad zu stehen sondern friedlich neben ihm am Lagerfeuer einschlafen zu können, war eine richtige Wohltat. James verspürte sogar nicht ein einziges Mal das Bedürfnis, diesen kleinen Nager in irgendeine Hightechmaschine zu stecken oder ein tiefes Loch zu graben, um ihn darin einzufangen. Wahrscheinlich hatte ihn dieser ganze Luxus träge gemacht. Aber das war ihm ehrlich gesagt völlig egal.
Auch seine Tarnung aufrecht zu erhalten, stellte meistens kein Problem dar. Er spielte einfach das keusche, junge Mädchen, das sich selbst vor ihresgleichen nicht gerne umzog und auch lieber alleine in den heißen Quellen badete wenn schon alle Anderen fertig waren. Niemand schöpfte auch nur den geringsten Verdacht. Ganz im Gegenteil. Die kleine Reisegruppe hatte ihren Neuzugang schnell ins Herz geschlossen. Und James genoss die Aufmerksamkeit, die er von ihnen bekam. Von einigen mehr als von anderen..
„Noch ein Reisbällchen, mein Liebling?“, flötete Rocko und bot ihm mit roten Wangen etwas aus seinem Picknickkorb an.
Anfangs war ihm das Getue dieses Jungen noch ziemlich auf die Nerven gegangen. Ständig machte er ihm Komplimente und selbst wenn er gerade mal den Mund voll hatte, himmelte er ihn mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen unverhohlen an. Doch mittlerweile gefiel es ihm immer besser wie eine Prinzessin auf der Erbse behandelt zu werden und mit ein paar tiefen Augenaufschlägen hier und einem schüchternen Lächeln da, entflammte er das Feuer in Rockos Herzen immer wieder aufs Neue.
Es war bereits Abend geworden und James hatte sich zu Maike ans Lagerfeuer gesellt, welche gerade mit einer weichen Bürste ihrem Flemmli über die orangefarbenen Federn strich. Vorsichtig streckte James seine Hand aus und streichelte dem Pokemon liebevoll über den Kopf.
„Du magst Feuerpokemon, nicht wahr, Jane?“, fragte Maike und lächelte ihn an.
James nickte nur stumm und verlor sich in Gedanken an das kleine Fukano, das in seiner Kindheit sein bester Freund gewesen war und ihm in so mancher einsamen Stunde Gesellschaft geleistet hatte. Doch auch diesen Freund hatte er verloren. Es war wirklich traurig..
„Sieht sie nicht einfach bezaubernd aus? So wunderschön und doch irgendwie todtraurig.“, schwärmte Rocko und ging damit seinem Kumpel Ash, mit dem er etwas abseits der Lagerstelle saß, tierisch auf die Nerven.
„Ja ja.. ganz toll..“, brummte dieser und richtete den Blick gen Sternenhimmel.
Rocko schien das Desinteresse in seiner Stimme mitbekommen zu haben und seufzte tief.
„Ach Ash.. du findest auch noch mal ein süßes Mädchen, das dir gefällt.“, sagte er mit einem wissenden Grinsen auf den Lippen.
„Wenn du meinst..“
Rocko musste ja nicht unbedingt wissen, dass er überhaupt kein Interesse daran hatte, ein süßes Mädchen zu finden. Schließlich gab es schon lange jemanden, bei dem allein ein Gedanke ausreichte, um sein Herz höher schlagen zu lassen. Aber das würde Rocko als Weiberheld vor dem Herrn wohl nicht verstehen und so behielt Ash seine Gefühle lieber für sich.
In dieser Nacht schlief James schlecht. Vielleicht lag es an der schwülen Luft, vielleicht gingen ihm auch einfach zu viele Dinge durch den Kopf. Jedenfalls hielt er es nach einer Weile nicht mehr aus und stahl sich heimlich, still und leise vom Lager weg und wanderte ein bisschen durch den Wald. Dank des nicht allzu dichten Blätterdachs und dem runden Vollmond am Himmel hatte er keine Probleme, seinen Weg zu finden und kurze Zeit später erreichte er das Ufer des kleinen Sees, an dem sie heute Wasser fürs Abendessen geschöpft hatten. James ließ sich im Gras nieder und sah hinaus aufs Wasser, das still und klar wie ein riesiger Spiegel vor ihm lag. Einige Glühwürmchen tummelten sich dicht über der Oberfläche und malten kleine gelbe Flecken ins Dunkel.
„Konntest du nicht schlafen?“
James schreckte auf und sah sich um. Ohne dass er es gemerkt hatte, war Rocko von hinten an ihn herangetreten und hockte sich jetzt neben ihn ans Ufer.
„Ich wollte ein bisschen nachdenken.“, erwiderte James mit leiser Stimme und wendete seinen Blick wieder dem Wasser zu.
„Das kenne ich. Manchmal braucht man seine Ruhe, um seine Gedanken richtig ordnen zu können. Als ich noch zu Hause gewohnt habe, bin ich öfter allein in die Berge gegangen, um einfach mal meinen Kopf frei zu kriegen. Die Gelegenheit hat man selten, wenn man so eine große Familie hat wie ich.“, erklärte Rocko und seine Stimme klang überraschend nachdenklich.
„Du scheinst doch tiefgründiger zu sein als ich dachte.“, murmelte James und betrachtete seinen Gesprächspartner aus dem Augenwinkel. Er war eigentlich recht attraktiv. Für einen Knirps.
„Ach na ja.. man tut was man kann.“, erwiderte Rocko und kratzte sich verlegen grinsend am Hinterkopf.
Eine Weile saßen sie nebeneinander, ohne dass einer von beiden etwas sagte. Ein bisschen war es, als wäre die Welt für einen kurzen Moment stehen geblieben, doch irgendwann gab Rocko ein herzhaftes Gähnen von sich und erhob sich wieder.
„Ich lass dich dann mal alleine. Schlaf schön und ruf mich wenn was ist, in Ordnung?“, sagte er und drückte dem verdatterten James sanft einen Kuss auf den violetten Schopf bevor er sich zum Gehen wandte.
Dieser sah ihm mit großen Augen nach und wusste nicht so recht, was er von dem Ganzen halten sollte. Vor allem war ihm dieses warme Gefühl, das sich gerade in seinem Bauch ausbreitete, mehr als suspekt. Vielleicht eine Sommergrippe.
Den Kopf auch nicht viel freier als vorher und mit einem leicht unterkühlten Hinterteil begab sich auch James wenig später zurück zum Lager, rollte sich unter seiner Decke zusammen und nachdem er in Gedanken 167 über Hecken springende Voltilamm gezählt hatte, schlief er endlich ein.
Der nächste Tag brach an. Es war bereits der sechste, den er mit den Knirpsen verbrachte und bis jetzt hatte er noch keine Minute davon bereut. Fröhlich vor sich hinsummend half James den Anderen, die Sachen zusammenzupacken und schon konnte die Reise weitergehen. Ash hatte sich vorgenommen, so schnell wie möglich nach Blütenburgcity zu reisen, um dort in der Arena um seinen nächsten Orden zu kämpfen.
Insgeheim bewunderte James seinen starken Willen und auch wenn er es früher nie zugegeben hätte.. sein Talent. Als Trainer verband den Knirps ein starkes Band der Freundschaft mit seinen Pokemon und so schafften sie es jedes Mal, auch die stärksten Gegner hinter sich zu lassen und ihren Weg von einem Kampf zum Nächsten gemeinsam weiter zu gehen.
Gerade als James darüber nachdachte, ob auch er eines Tages so ein erfolgreicher Trainer werden könnte, erschütterte ein dumpfer Schlag den Boden unter ihnen. Maike verlor das Gleichgewicht und stolperte über ihre eigenen Füße. Dabei rollte ihr einer ihrer Pokebälle aus der Tasche und Flemmli schlüpfte aufgeregt piepsend heraus. Die anderen drei eilten zu ihr um ihr aufzuhelfen, doch erneut wackelte der Boden und ein schallendes, merkwürdig metallisch klingendes Gelächter war zu hören.
„Was zum Teufel ist das?“, rief Ash und sah sich suchend um.
Seine Frage blieb nicht lange unbeantwortet, denn im nächsten Moment brach ein monströser blauer Roboter aus dem Dickicht und hielt genau auf sie zu. Lange Greifarme ragten aus seinem Bauch und auf seiner Stirn prangte ein großes rotes „R“. James schwante böses.
„Jetzt gibt es Ärger..“
Die dunkle Vorahnung nahm immer mehr Gestalt an.
„Miauz, und es kommt noch härter.“
Mauzi hatte also seine Sprechrolle übernommen? Dieses undankbare Pack! James ballte wütend die Hände zu Fäusten und starrte nach oben, wo seine Ex-Kollegen auf dem Kopf des Metallmonsters standen und höhnisch auf sie hinunterblickten.
„TEAM ROCKET!“, riefen die Knirpse im Chor doch auf einmal stutzte Max.
„Hey, fehlt da nicht einer?“, fragte er verwirrt.
„Jetzt wo du’s sagst.. wo ist denn dieser merkwürdige Typ mit der Mädchenfrisur hin?“, führte seine Schwester die Fragerei fort und hätte James sich nicht rechtzeitig auf die Zunge gebissen, hätte er sich womöglich noch selbst verraten.
Merkwürdig? Mädchenfrisur?? Was sollte das denn bitte heißen? Die Göre hatte einfach keinen Modegeschmack!
„Wir haben ein paar personelle Umstrukturierungen vorgenommen, aber keine Sorge. Unsere Devise ist immer noch die Gleiche. Gebt uns Pikachu sonst..“
Jetzt war Jessie an der Reihe stutzig zu werden.
„James? Bist du das da unten?“, rief sie überrascht und beim Klang seines richtigen Namens zuckte dieser unwillkürlich zusammen.
Die Knirpse drehten fragend die Köpfe in der Erwartung irgendwo im Gestrüpp hinter sich den zweiten Team Rocket-Mann zu entdecken, aber Fehlanzeige. Da er nicht wusste, was er machen sollte, tat James es ihnen kurzerhand gleich und schaute sich ebenfalls suchend um.
„James? Nie gehört.. Wer soll denn das sein?“, fragte er gespielt unschuldig und schaffte es damit, seinen früheren Teamkollegen für einen Augenblick die Sprache zu verschlagen. Doch Mauzi schaltete schnell.
„Der Kerl ist übergelaufen! Und das ausgerechnet zu den Knirpsen! Ich fass es nicht!“, fauchte es empört und holte mit einem unheilvollen Funkeln in den Augen eine überdimensionale Fernbedienung hinter seinem Rücken hervor, auf der nur ein einziger roter Knopf thronte.
„Er wird schon sehen, was er davon hat wenn er sich uns zum Feind macht. Los Mauzi, starte die Maschine!“, rief Jessie in bester Feldmarschallmanier.
Mauzi tat wie ihm geheißen, drückte den Schalter und schon schoss einer der Greifarme mit rasanter Geschwindigkeit auf die Gruppe zu. James’ Kopf flog herum und er entdeckte sogleich worauf der Roboter es abgesehen hatte.
„Neeeeeeiiiiin!!! Das dürft ihr nicht!!!“, brüllte er und ohne darüber nachzudenken, sprang er auf und warf sich todesmutig vor das kleine Flemmli, das genau in der Schusslinie stand und vom Schock anscheinend völlig paralysiert war.
So machte Team Rocket einen etwas unerwarteten Fang und James wurde anstelle des Pokemons in die Höhe gerissen und verschwand kurz darauf im Inneren des Roboters.
„Er versaut alles!! Das wird der Kerl büßen!!“, keifte Jessie rasend vor Wut und wollte Mauzi gerade den nächsten Angriff befehlen als Ash ihr zuvor kam.
„Die lernen einfach nichts dazu. Denen zeigen wir’s! Los Pikachu, Donnerblitz!“, rief er seinem Pokemon zu und schon sprang der kleine Elektronager von seiner Schulter und sendete unter lautem Fiepen einen gigantischen Blitz aus seinen roten Wangen, der für einen Moment die gesamte Umgebung in ein gleißend helles Licht tauchte.
Unsere Bösewichte hatten anscheinend mal wieder vergessen, einen Blitzableiter für ihre Maschine zu kaufen, denn die elektrische Ladung brach ungebremst über sie herein und schockte sie bis ins Mark.
„J-James, d-dafür wi-irst du b-bezahlen!!“, brachte Jessie zwischen Stromstößen hervor und im nächsten Moment flog die riesige Kampfmaschine mit einer gewaltigen Explosion in die Luft.
„Das war mal wieder ein Schuss in den Ofääää~n!“, ertönte es von oben, während Team Rocket zum wiederholten Mal durch die Luft von dannen segelte und nichts als eine kleine Rauchwolke zurückließ.
„Jaaaaaaaane!!! Neeeeeeeiiiiiin!!!!“, jaulte Rocko verzweifelt auf und sank kraftlos auf die Knie.
„Bist du dir sicher, dass Jane wirklich die war, für die wir sie gehalten haben, Max?“, raunte Maike und sah ihren kleinen Bruder fragend an. Dieser zuckte die Schultern und warf Rocko, der immer noch wie ein Häufchen Elend auf dem Boden hockte, einen mitleidigen Blick zu.
„Ich bin mir nicht sicher.. aber vielleicht sollten wir Rocko lieber nichts von unserem Verdacht erzählen. Es würde ihm sicher das Herz brechen..“
Ash trat hinüber zu seinem besten Freund und legte ihm mitfühlend eine Hand auf die Schulter.
„Irgendwann findest du auch noch die Richtige, Kumpel..“
Und auch um James war es nicht besser bestellt. Unfreiwillig wiedervereint mit seinen Teamkollegen hing er kopfüber an einem herausragenden Ast über einer tiefen Schlucht und starrte niedergeschlagen in den dunklen Abgrund. Mehr war ihm also nicht vergönnt gewesen. Wahrscheinlich würde er die Knirpse jetzt nie mehr so sehen wie früher.
„Das ist alles deine Schuld, James!“, meldete sich Jessie zu Wort und holte ihn damit soweit wieder auf den Boden der Tatsachen zurück wie man das über einem Abgrund hängend eben tun konnte. James seufzte tief. Alles war wieder beim Alten. Es war wirklich traurig.