Pro-Ana/ Magersucht

Aug 15, 2007 22:12


Was soll man dazu noch sagen? Es ist wie alles gewissermaßen schockierend, eigentlich.
Aber tatsächlich ist es mitten unter uns wie zig andere Krankheiten und Wahnvorstellungen ebenso.
Man ist abgebrüht, man sieht es überall. Ist es gut, ist es schlecht?

Denkt nach.



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Anas 10 Gebote

Die Magersucht als Religion: Auf den Pro-Ana-Seiten finden sich Psalme, Glaubensbekenntnisse und auch zehn Gebote. Sie sind, wie die anderen Dokumente auf den Seiten auch, aufdas Zelebrieren der Krankheit ausgerichtet - eine Ode an das Hungern.



Mit gesundem Menschenverstand ist das Denken der Magersüchtigen nicht nachvollziehbar. Die Selbstwahrnehmung der meist recht jungen Frauen ist gestört, sie nehmen den eigenen Körper nicht etwa als abgemagert, sondern im Gegenteil als dick wahr. Experten sagen, die Dokumente auf den Pro-Ana-Seiten können die Denkweise der Betroffenen verdeutlichen - verstehen kann sie ein Außenstehender aber nicht.

"1. Wenn ich nicht dünn bin, kann ich nicht attraktiv sein!

2. Dünn sein ist wichtiger als gesund sein!

3. Ich muss alles dafür tun, dünner auszusehen/zu sein!

4. Ich darf nicht essen ohne mich schuldig zu fühlen!

5. Ich darf keine Dickmacher essen ohne hinterher Gegenmaßnahmen zu ergreifen!

6. Ich soll Kalorien zählen und meine Nahrungszufuhr dementsprechend regulieren!

7. Die Anzeige der Waage ist wichtiger als alles andere!

8. Gewichtverlust ist gut, Zunahme ist schlecht!

9. Du bist nie zu dünn!

10. Nahrungsverweigerung und dünn sein sind Zeichen wahren Erfolgs und wahrer Stärke!"

Anas Slogans

Die "Triggerlines" sind Standard auf den Pro-Ana-Seiten. Sie sollen magersüchtige junge Frauen zum Durchhalten animieren und den Zusammenhalt unter den Pro-Anas zeigen. In Forenwerden sie zur gegenseitigen Motivation aufgerufen.



Die Sprüche versuchen in kompakter Form zu vermitteln, was die Pro-Ana-Bewegung ausmacht, welche Denkweisen dem Handeln magersüchtiger Mädchen zugrunde liegen. Im Folgenden werden einige der "Trigger", also der Impulse, wiedergegeben, um die Mottos der Pro-Ana-Bewegung zu dokumentieren und zu zeigen, wie die Krankheit auf den Seitenverherrlicht wird.

  • "Dünn sein hat seinen eigenen Geschmack."
  • "Was man heimlich isst, trägt man in der Öffentlichkeit zur Schau!"
  • "Der Kopf formt den Körper."
  • "Wer das Gramm nicht ehrt, ist das Kilo nicht wert!"
  • "Natürlich ist Abnehmen hart, wenn es leicht wäre, gebe es keine Dicken."
  • "Es geht nicht länger darum, gesund zu bleiben - es geht darum, eine Krankheit zu finden, die du magst."
  • "Wenn du deine Knochen zeigen willst, musst du erstmal lernen, nein zu sagen."
  • "Erlaube dir niemals satt zu sein."
  • "Wer abnehmen will, sollte die Vorspeise weglassen und statt des Hauptgerichts kein Dessert nehmen."
  • "Weniger geht immer."
  • "Es ist besser, dünn zu sein und tot, als lebendig und dick."
  • "Ich hungere mich nicht aus, ich perfektioniere meine Leere."
  • "Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muss man sich erarbeiten."
  • "Nothing tastes as good as thin feels."
  • "Hunger hurts, but Starving works."


Anas Brief

Die Krankheit lockt mit einem leichteren Leben und droht zugleich: "Anas Brief" belegt, worum es den Betreiberinne nder Seiten geht und wie sehr sie der Magersucht ausgeliefert sind. Erzeigt die Zerrissenheit der Mädchen zwischen Hoffnung und Verzweiflung.



Dieser Brief Anas kursiert auf den "Pro-Ana"-Seiten im Web und zeigt in voller Brutalität, mit welchen Versprechungen die Magersucht die jungen Frauen lockt und wie sie sie gleichzeitig in ihre Fänge nimmt. Der Brief beschreibt die Charakteristika der Sucht und die Härte, mitder sie das Leben der Betroffenen beeinflusst und letztlich zerstört.

"Erlaubt mir, mich selbst vorzustellen. Meine Name - oder wie mich die sogenannten Ärzte nennen - ist Anorexia. Anorexia Nervosa ist mein voller Name, aber du kannst mich Ana nennen.

Hoffentlich werden wir gute Freunde. In der nächsten Zeit werde ichviel Zeit in dich investieren und ich erwarte genau dasselbe von dir. In der Vergangenheit hast du all deine Lehrer und deine Eltern über dich reden hören. Du bist so 'reif', so 'intelligent', gibst immer alles und in dir steckt so viel Potential.

Und wohin hat es dich gebracht, muss ich dich fragen?! Nirgendwohin! Du bist nicht perfekt, du strengst dich nicht genug an und darüber hinaus verschwendest du deine Zeit mit dem Quatschen mit Freunden und dem Zeichnen! Dieser Luxus wird dir in Zukunft nicht gestattet sein. Deine Freunde verstehen dich nicht. Die sind nicht ehrlich. Früher, als die Unsicherheit an dir genagt hat und du sie gefragt hast: 'Sehe ich... fett aus?' und sie antworteten 'Oh nein, natürlich nicht!' wusstest du, dass sie lügen.

Nur ICH sage dir die Wahrheit. Deine Eltern - lass uns nicht davon reden!! Du weißt, dass sie dich lieben und auf dich achten, aber sie sind deine Eltern und deshalb müssen sie so handeln. Ich erzähl dir jetzt mal ein Geheimnis: Tief in deren Inneren sind sie enttäuscht von dir. Aus ihrer Tochter ist ein fettes, faules Mädchen geworden, das all das, was es hat, nicht verdient hat. Aber ich bin gerade dabei, das zu ändern. Ich erwarte viel von dir. Du darfst nicht mehr viel essen. Ich fange langsam an: Reduzierung der Fettaufnahme, lesen der Nährwertangaben, kein Junk Food mehr und so weiter.

"Ich werde dich an deine Grenzen treiben"

Für ne Weile werden die Aufgaben recht simpel sein. [...] Aber es wird nicht lange dauern, da werd ich dir sagen, dass das nicht genug ist. Ich werde von dir erwarten, die Kalorienzufuhr zu verringern und gleichzeitig Übungen zu machen. Ich werde dich an deine Grenzen treiben. Du musst es ertragen, weil du dich mir nicht widersetzen kannst.

Ich fange an, mich bei dir einzunisten. Schon bald werde ich immer bei dir sein. Ich bin da, wenn du morgens aufwachst und zur Waage rennst. Die Zahlen werden beides - Freund und Feind. Und mit rasenden Gedanken betest du, dass sie niedriger sind als gestern Morgen. Du siehst mit Entsetzen in den Spiegel. du kneifst dir in das Fett, dass da ist und lächelst, wenn du dir über die Knochen streichst. [...]

Die Schmerzen des Hungers, die du vorgibst zu spüren, bin eigentlich ich! Ziemlich bald werde ich dir nicht nur sagen, was du mit Essen machen sollst, sondern auch was du die GANZE Zeit über machen sollst. Lächle und nicke. Zeige dich von deiner guten Seite. Schlage auf diesen fetten Bauch, verdammt; Gott bist du eine fette Kuh!!

"Wenn Du isst, wirst Du die Kontrolle verlieren"

Wenn es Zeit fürs Essen ist, sage ich dir was zu tun ist. [...]Wenn du isst, dann wirst du die Kontrolle verlieren. Willst du das?! Wieder eine fette Kuh werden, wie du einmal warst?! Ich zwinge dich, Models aus Modemagazinen anzustarren. Ich lasse dich erkennen, dass du nie wie sie sein kannst. Du wirst immer fett und nie so schön wie sie sein. Wenn du in den Spiegel blickst, werde ich dir das Bild verzerren. Ich werde dir Fettleibigkeit und Scheußlichkeit zeigen. Ich werde dir einen Sumo-Ringer zeigen, wo in Wirklichkeit ein hungerndes Kind ist. Aber du musst das glauben, denn wenn du die Wahrheit kennen würdest, könntest du wieder anfangen zu essen und unsere Beziehung würde zerbrechen.

Manchmal wirst du rebellieren. Du wirst das kleine rebellierende fieberhafte Gefühl, dass in deinem Körper zurück geblieben ist, bemerken und Du wirst Dich runter in die dunkle Küche wagen. Die Kühlschranktür wird sich, leise knarrend, langsam öffnen. Deine Augen werden das Essen streifen, das ich in sicherem Abstand von dir aufbewahrt habe. Du wirst deine Hände lethargisch, wie in einem Alptraum, durch die Dunkelheit nach einer Packung Cracker greifen sehen. [...]
"Du fette Kuh, du verdienst es, Schmerzen zu haben"

Und die ganze Zeit schreie ich dich an aufzuhören, du fette Kuh, du hast wirklich keinerlei Selbstkontrolle und wirst immer fetter werden! Wenn es vorbei ist, wirst du dich wieder an mich ranklammern und mich um Rat bitten, weil du nicht fett werden willst. Du hast eine der Hauptregeln gebrochen und willst mich jetzt zurück. Ich zwinge dich ins Badezimmer, auf deine Knie, du starrst ohne Gefühl in die Kloschüssel. Deine Finger werden in Deinen Rachen gesteckt und nicht ohne eine große Menge Schmerz wird dein Essen rauskommen. Wieder und wieder wird das wiederholt, bis du Blut und Wasser spuckst und du weißt, dass alles raus ist. Wenn du aufstehst wird dir schwindelig sein. Werde nicht ohnmächtig! Stehe aufrecht! Du fette Kuh, du verdienst es, Schmerzen zu haben. [...]

Du bist deprimiert, besessen vom Schmerz und dem Verletzen. Du greifst nach außen aber niemand wird dich sehen oder dir zuhören. Wen interessiert es? Du verdienst es, du hast es selbst über dich gebracht! Du willst nicht, dass das mit dir passiert. Bin ich unfair? Ich tue Sachen, die dir helfen. [...] Gedanken der Wut, Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Einsamkeit können sich verziehen, denn ich fülle deinen Kopf mit dem Kalorienzählen. Ich vernichte den Kampf, um mit andern Kindern deines Alters Zeit zu verbringen. Denn jetzt bin ich deine einzige Freundin. Ich habe eine Schwäche. Aber wir dürfen keinem davon erzählen.

Wenn Du Dich entscheidest, gegen mich zu kämpfen, jemanden zu erreichen und ihm zu erzählen, was ich aus deinem Leben mache, wird alles zusammenbrechen!! Niemand darf es je erfahren, niemand kann die Schale brechen, mit der ich dich bedeckt habe.

Ich habe dieses dünne, perfekte, beneidenswerte Kind geschaffen. Du bist mein, nur mein. Ohne mich bist du nichts! Also kämpfe nicht gegen mich. Wenn andere Bemerkungen machen, ignoriere sie. Beschleunige Dein Tempo, vergiss sie, vergiss alle, die versuchen mich von dir wegzureißen!

Ich bin dein größter Gewinn und ich habe vor, sie von dir fern zu halten.

Mit freundlichen Grüßen,

Ana"

Anas Motivationsschreiben

Anweisung zur Selbstkasteiung: "Anas Ruf" findet sich, auf Englisch oder Deutsch, auf fast allen Pro-Ana-Seiten im Netz. Das Schreiben belegt, wie stark die Magersucht das Denken und Handeln der Betroffenen dominiert - und wie sehr sie sich und ihren Körperhassen.



Um die Denkweise magersüchtigen Mädchen und junger Frauen zuverstehen, hilft ein Blick in die Dokumente, die als Standards auf den Pro-Ana-Seiten zu finden sind. Zum Beispiel das folgende Motivationsschreiben: Es zeigt die Totalität, mit der die Magersucht das Leben und die Denkweise der Betroffenen beeinflusst.

"Oh, Du sehnst dich gerade nach Essen, ja? Was glaubst du, was du tust?

Fass es nicht an. Denke nicht mal daran. Was willst du tun, eine fette Kuh werden? Ich bin dein bester Freund und wenn du isst, versagst du und lässt mich im Stich. Wenn du richtig isst, zeigt das, wie wenig Selbstkontrolle du hast. Dieser Schmerz gerade in deinem Magen, das bin ich und es ist dein Fett, das weg schmilzt.

Wenn du dich leer fühlst, bedeutet es, dass du deiner Sinne leer bist. Du kannst die Hand über deinen Magen fahren und spürst deine Rippen. Du willst in die Einkaufspassage gehen und das knappe Outfit sehen - und Du würdest verdammt gut darin aussehen.

Du bist mir gegenüber eine Verpflichtung eingegangen. Ich bin dein Leben und deine Besessenheit. Gib nicht auf, was wir haben. Ich werde dir alles geben, was du willst, aber du musst mir das geben, was ich will. Und ich erwarte von dir, vom Essen wegzubleiben. [...]

Oder noch besser - geh ins Fitnessstudio - Dickerchen! Zeig mir nicht, wie wenig Selbstkontrolle du hast. Fordere mich nicht heraus. Du weißt, wenn du jetzt isst, wirst du sowieso wieder auf deinen Knien enden und alles herauskotzen bis du nur noch Blut und Wasser siehst und dein Magen schmerzt.

"Ich kann Dir einen tollen Körper geben"

Du wirst das Essen bedauern sobald diese Kalorien und das Fettdeinen Rachen hinunter und rein in deinen Körper gerutscht sind, um eine zusätzliche Rolle an deinem Bauch zu formen. Du wirst Cellulite bekommen. Ich kann dir so viel geben. Ich kann dir einen tollen Körpergeben.

Zeig mir deine Kontrolle und ich zeige dir einen flachen Bauch. Zeig mir, dass du mich liebst und ein Geheimnis für dich bewahren kannst, bleib weg vom Essen und ich werde dir diese kleinen, wohlgeformten Schenkel geben. Zeig mir, dass du rennen kannst bis du umfällst, undich werde dir einen niedlichen Hintern geben.

Du liebst mich. Wenn du jetzt isst und alles wegwirfst, wofür du gearbeitet hast, werde ich dich hassen. Und du wirst dich selbst hassen. Du hast einen Essensplan. Du hast Ziele und Wünsche. Wirf das alles jetzt nicht weg.
Gib nicht das auf, was du wirklich willst für etwas, dass du im Moment gerade willst. Iss nicht, Dickerchen. Du bist noch kein Supermodel wie Adriana Lima. Versag mir nicht. Iss nicht. Du bist auf einer Pro-Ana-Seite. Ich nehme an, das bedeutet, dass du fett oder soetwas bist. Naja, weißt du was?

DING! DING! DING!

Du hast Recht! Du bist abscheulich! Absolut widerlich. Fühle deinen Magen. Fühle die schwabbeligen Rollen, diese wackelnde Masse. Schau dir all die traumhaften Models und Schauspieler im Fernsehen an. Siehst du irgendwelche Rollen? Verdammt nein! Diese Mädchen sind dünn, Schnecke!

"Fette Menschen tragen Zeltkleider und hässliche Schuhe"

Sie wissen nicht, wie es ist, sich auf eine Waage zu stellen und das verdammte Ding zu zerbrechen.

Sie müssen nicht Größe XXL tragen! Sie sind dünn! Ja, und du bist es nicht. Du bist jämmerlich. Absolut scheußlich! Du bist eine fette, dreckige Kuh! Leg das Essen hin! Wage es nicht mal daran zu denken, es in deinen Mund zu stecken! Du wirst sofort fühlen, wie es in deine Schenkel rutscht, in deine Hüften. Du quillst schon aus deinen Hosen. Du brauchst kein Essen mehr, es macht dich nur fetter. Du bist schon ein Wal, ein Nilpferd, ein Fettarsch. Du bist abstoßend, kein Angehöriger des gegensätzlichen Geschlechts würde auch nur daran denken, dich zu mögen, weil du nicht mal durch seine Tür passen würdest. Du würdest den Boden zerbrechen und das Bett zu Kleinholz verarbeiten.

Du bist so abscheulich! Hast du jemals Leute gesehen, die dich anschauen? Mit Ekel? Es ist wahr. Sie wünschen sich, dass sie niemals so schlimm aussehen wie du. Sie schauen dich an vom Schal bis zu deinen Füßen und denken: 'Schau dir diese Person an! Was für ein schrecklicher Mangel an Selbstbeherrschung!'. Und es ist wahr. Und Du nennst dich Ana! Du bist keine echte Ana!

Du bist FETT! FETT! FETT! FETT! Was für ein schreckliches Wort, ein hässliches Wort. Zu schlimm, dass es die Wahrheit ist. Zu Schlimm, dass du fett bist. Ein Luftschiff. Ein Monstrum.

Du willst diese niedlichen neuen Klamotten tragen? Haha, nicht mit DIESEM Bauch! Oder DIESEN Beinen! Sieh, sie sehen gut aus an Models, aber Schätzchen, du bist FETT. Fette Menschen tragen Zeltkleider und hässliche Schuhe. Fette Menschen können keine niedlichen Klamotten tragen, weil sie in ihnen nicht gut aussehen können. Fette Menschen haben keine Kontrolle und essen alles, was sie sehen. Willst du so leben?

"Du wirst niemals mager sein"

Den Rest deines Lebens rumtrampeln, zu mächtig für Flugzeugsitze, zu mächtig für Autos, zu mächtig um jemals einen Partner zu bekommen und glücklich mit ihm zu leben.

Kein Märchen für dich, Schnuckelchen. Du bist ein Eimer voll Fett, eine absolute Schande für den Namen Ana. Du wirst niemals mager sein.

NIEMALS. So lange du nicht das Essen weglegst, deinen faulen Arsch hoch bekommst und dich bewegst! Geh laufen! Mach Hampelmann! Mach Sit-Ups! Und schnell, schnell, schnell!

Kein Essen für jemanden wie dich.

Du bist widerlich und fett, merk Dir das!"

Quelle: Spiegel-Online
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