Titel: Schöne Neue Welt
Fandom: Making History
Charaktere: Steve, Michael, OCs
Wörter: ~ 1400
Warnungen: nö
Anmerkung: Wichtelfic für
keksdiebin. Ich hoffe, das Fandom ist genehm ^^°
Fünf Dinge in der neuen Welt, die Steve seltsam und wundervoll fand
# Eins
Steve hatte seit der Pubertät keine engen Freunde mehr gehabt. Nicht seit der Sache mit Ryan, die zu der Sache mit der Schule und über kurz oder lang zu der Sache mit seiner Familie geführt hatte. Er hatte sich damit abgefunden, dass niemand etwas mit ihm zu tun haben wollte, wenn er die Wahrheit wüsste, und er war zu unbeholfen für oberflächliche Freundschaften. Steve war - wie andere ihm sagten und wie er selbst schließlich einsehen musste - seltsam. Menschen, die sich verstellen, sind seltsam.
Also hatte er sich zurückgezogen, hatte sich auf die Schule konzentriert und schließlich ein Studium gewählt, das keinerlei Persönlichkeit erforderte, in dem Formeln Wahrheiten waren, in dem alles erfassbar und abwägbar war, richtig oder falsch.
Er war daher einigermaßen perplex, als er eines Nachmittags in einer neuen Welt drei Leuten gegenübersaß, die behaupteten, seine Freunde zu sein. Sie hatten sich mit ihm in einem Café verabredet (einem Starbucks, berichtigte sich Steve in Gedanken, was offenbar nicht dasselbe war wie ein Café, auch wenn Mikey den Unterschied nicht wirklich erklären konnte) und nun saßen sie drinnen und sahen sich an. Steve wünschte sich, er hätte Michael hergeschleift. Es war einfach… befremdlich, drei völlig Fremden gegenüber zu sitzen, die einen mit neugierigen und verwirrten Blicken musterten. Steve räusperte sich und beobachtete, wie eines der Mädchen Unmengen Zucker in ihrem Kaffee versenkte. „Uhm… also, ich bin Steve“, sagte er schließlich. „Wie ihr vermutlich wisst…“, fügte er unbeholfen hinzu.
„Oh Sorry.“ Das andere Mädchen (das etwas bestellt hatte, dessen Namen Steve vergessen hatte und das nur vielleicht etwas mit Kaffee zu tun hatte) zog ihre Nase kraus und strich sich eine pinke Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich bin Jasmin, das sind Katie und Phil.“ Sie deutete auf das Zuckermädchen mit den blonden Locken und den Jungen in zerrissenen Jeans, dessen T-Shirt aus unerfindlichen Gründen „I killed Kenny“ proklamierte. Die zwei lächelten Steve unsicher an, Steve lächelte verlegen zurück.
„Wissen sie inzwischen, was mit dir ist?“, fragte Phil schließlich.
Steve schüttelte den Kopf. „Nein, sie haben keine Ahnung. Amnesie. Sie wollen nächste Woche noch Tests mit mir machen.“
Die drei starrten ihn an.
“Woah, der Akzent“, sagte Katie schließlich. „Creepy.“
Phil nickte zustimmend.
Jasmin zuckte die Schulter. „Ich weiß nicht, es ist irgendwie heiß.“
Steve zog die Augenbrauen hoch. Jasmin grinste ihn an und zwinkerte ihm zu.
Er starrte verlegen auf seinen… Frappuccino (Was auch immer das war. Die anderen hatten behauptet, er würde ihn mögen.) und trank schließlich einen Schluck. Es schmeckte phantastisch. Er lächelte. Diese drei kannten ihn. Er nahm all seinen Mut zusammen.
„Ich bin schwul“, sagte er.
„Erkenntnis beim Genuss eines Frappuccinos“, murmelte Phil.
„Daran erinnert er sich!“, sagte Jasmin mit gespielter Verzweiflung. „Dabei hätten wir so glücklich werden können.“
Katie boxte Phil lachend in die Seite und fing dann an (der Zusammenhang wurde Steve nicht klar), eine Geschichte von einer Strandparty und betrunkenem Nacktbaden zu erzählen.
Steve beschloss, dass diese Leute gern seine Freunde bleiben konnten.
# Zwei
Diese neue Welt oder zumindest seine Generation darin, das wurde Steve schnell klar, war besessen von Musik.
„Sicher, bei uns gab es auch Bands“, versuchte er Michael zu erklären, „und Sänger und sie waren auch bekannt und hatten Fans, aber Musik war nicht…nicht so…“ Er suchte nach Worten. „Es war nicht mehr, verstehst du?“
Michael sah ihn nachdenklich und ein wenig verwirrt an. „Es ist mehr?“
„Vielleicht merkt man es nicht, wenn man es nicht anders kennt“, räumte Steve ein. Auch wenn es ihm unverständlich war, wie man es nicht sehen konnte. Wenn man Mike zuhörte, gewann man den Eindruck, er plane mithilfe der Oily Moily Songs die Welt zu erobern. „Ihr habt Subkulturen mit ihrer eigenen Musik. Bei uns gab es nichtmal Subkulturen. Zumindest nicht legal. Rock zum Beispiel. Du kannst doch nicht behaupten, dass es da nur um die Musik ginge.“
„Nein, es ist ein Lebensgefühl“, sagte Michael und kam sich ein bisschen albern vor, weil das ein Satz war, den man in Werbesendungen für 80er-Rock-CD-Editionen hörte, aber nicht selbst sagte.
Steve grinste triumphierend. „Genau! Lebensgefühl! Ich habe eine E-Gitarre und drei Zillionen CDs. Also bin ich cool.“
„Du bist auch so cool“, sagte Michael lächelnd. „Allerdings muss ich zugeben, dass deine CD-Sammlung ganz klar ein Grund ist, mit dir zusammen zu ziehen.“
„Hey!“
Michael lächelte. „Erinner mich dran, dass ich dir Aufnahmen von Woodstock zeige.“
# Drei
Es war einigermaßen verwirrend. Steve konnte die Gründe, aus denen seine Familie in England lebte, nicht ganz ausmachen (Er wusste, dass sein Urgroßvater Goldsucher gewesen war, es war eine Familienlegende.), und er war ehrlich gesagt nicht sonderlich überrascht, dass seine Eltern geschieden waren. Was ihn überraschte war, dass er statt eines kleinen Bruders (Clinton), eine kleine Schwester (Monica) hatte. (Michael hatte sich vor Lachen nicht eingekriegt, als Steve ihm davon erzählt hatte, wollte aber nicht verraten, was so lustig war.)
Seine kleine Schwester war auf den Tag genau so alt wie Clinton. Ob das Zufall war oder ob es so etwas wie Vorbestimmung gab, darauf wusste Steve beim besten Willen keine Antwort. Wie gesagt, es war verwirrend. Sie war die Tochter seines Vaters und dessen zweiter Frau. Clinton war das Ebenbild seines Vaters gewesen, Mo (Sie wollte Mo genannt werden.) kam mit ihrer zierlichen Gestalt und den schwarzen Haaren nach ihrer Mutter. Sie war ein Teenager mit Nasenpiercing, einen finsteren Blick und einem Vokabular, das zart besaitete Menschen erbleichen ließ. Steve musste zugeben, er hatte ein bisschen Angst vor ihr.
Er hatte ungefähr drei Tage lang Angst, drei Tage, in denen sie ihm auf Schritt und tritt folgte, ihn immer wieder fragte, ob er sich an dies oder jenes erinnerte und ihn mit ihren schwarz geschminkten Augen düster anstarrte. Nach drei Tagen wurde ihm klar, dass ihn seine kleine Schwester absolut vergötterte. Er wusste nicht warum und er wusste nicht, was er damit anfangen sollte, aber so war es. Es erinnerte ihn daran, wie es gewesen war als Clinton kleiner war, bevor seine Familie entschlossen hatte, dass Steve eine Enttäuschung war.
Es war mehr als seltsam. Vermutlich sollte er seinen kleinen Bruder vermissen, aber er fand den Tausch nicht schlecht. Steve mochte seine gruselige kleine Schwester.
# Vier
Jasmin saß rittlings auf einem Stuhl neben Steve und wies ihm den Weg durch die labyrinthischen Internetseiten seines Studienganges, während sie darauf warteten, dass Mike sich mit der Unfrisierbarkeit seiner Haare abfand und sie losgehen konnten. Es gab Unmengen von Partys und offenbar wurde Steve auf den meisten erwartet. Er hatte ja den Verdacht, dass es nur daran lag, dass alle den Typen mit der seltsamen Amnesie sehen wollten, aber zumindest Jasmin behauptete, dass er beliebt war.
Steve versuchte den Zeiger (Curser) mithilfe der Bedienung (Maus) in die richtige Richtung zu zwingen, klickte dann aber ausversehen auf einen falschen Link und seufzte frustriert auf. „Ich hasse diese Computer. Jemand sollte sich erbarmen. Ich sollte Informatik studieren und die Welt erlösen.“
„Du und programmieren?“ Jasmin schnaubte abfällig. „Du kannst doch grademal genug, um deinen Porn im Netz zu finden.“
Steve drehte sich zu ihr um. „Da ist Pornographie im Internet?“
Sie sah ihn an wie einen Idioten. „Uhm… ja, und da ist Klatsch in der Yellow Press. Realitätscheck? Wie kann man das vergessen?“
„Kontrolliert das keiner?“
Sie zuckte desinteressiert die Schultern. „Man kann das Internet nicht wirklich kontrollieren.“
„Mike?“, rief Steve.
Michael erschien in der Badezimmertür. Seine Haare ein unordentliches blondes Etwas, das möglicherweise noch ein wenig unfrisierter aussah, als vorher, die Augenbrauen fragend gehoben.
„Es gibt Pornographie im Internet?“
„Natürlich.“
Jasmin warf ihm einen leicht beleidigten „Siehst du?“-Blick zu und Michael hatte wenigstens den Anstand ein wenig zerknirscht auszusehen.
Kurzentschlossen stand Steve auf und zog Jasmin hinter sich her zur Tür. „Geh schon mal zur Party, Mike muss mir kurz was zeigen. Wir kommen dann nach… wahrscheinlich.“
#Fünf
Man sollte erwarten, dass es schwierig ist, in einer neuen Welt aufzuwachen und sich in einem neuen Leben zurechtfinden zu müssen. Dass Steve es nicht schwieriger fand, als sich an ein paar neuer (und besserer) Schuhe zu gewöhnen, war, so stellte er für sich fest, weniger ein Zeichen seiner Anpassungsfähigkeit, als vielmehr ein Indikator dafür, wie absolut verkorkst sein altes Leben gewesen war.
Das und Michael.
Steve hätte jedes Leben für ihn eingetauscht.
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