Torchwood: Weihnachten naht (wie ein Zug im Tunnel)

Feb 06, 2010 23:31

Titel: Weihnachten naht (wie ein Zug im Tunnel)
Fandom: Torchwood
Charaktere: Ianto, Rhys, (Freunde von Rhys)
Warnungen: Die Verwendung von Introspektive in Bandwurmsätzen als tödliche Waffe. Ansonsten ist es eigentlich eine gut verkreftbare Mischung aus Banalität, Fluff und canon-bedingter Angst. Spielt nach s2 (also mglw. Spoiler).
Disclaimer: Torchwood und alle darin vorkommenden Charaktere gehören der BBC.
Wörter: ~1500


Weihnachten naht (wie ein Zug im Tunnel)

„Die Sache ist die“, sagt Rhys’ Kollege, Steve/Stephen/Stan, der gern Sätze mit „Die Sache ist die…“ beginnt. Dann hebt er sein Bier an den Mund und schweigt, ohne zu verraten, was oder wie die Sache ist.

„Genau“, antwortet Daf mit einem Nicken. Daf kennt Rhys von der Uni und alles, was Ianto sonst noch über ihn weiß ist, dass er nicht verstehen kann, warum seine Frau böse mit ihm ist, wenn er das Konto überzieht, um sich ein Navigationsgerät zu kaufen.

Sie sitzen zu viert in einem Pub und trinken Bier während im Fernsehen im Hintergrund irgendein unwichtiges Fußballspiel läuft. Dazu The Clash oder etwas Ähnliches, das Ianto zu sehr an Owen erinnert, um es zu mögen. Hier und da hängen metallisch glänzende Girlanden und vor der Tür steht eine lebensgroße Weihnachtmannfigur, dessen bewegungsgesteuertes blechernes Lachen Ianto beim Hereinkommen erschreckt hat.

Ianto fragt sich, ob er so betrunken ist, dass er Teile des Gesprächs verpasst hat. Er hatte doch erst zwei Bier…

Rhys nickt bedächtig, aber auch er sieht etwas verwirrt aus.
„Emmely hat nämlich einen neuen Freund“, sagt Steve.
„Und?“, will Rhys wissen, während Ianto überlegt, ob er wissen muss, wer Emmely ist.
„Ist nett.“
Rhys sieht überrascht aus.

„Wer ist Emmely?“, fragt Ianto, woraufhin Steve Bilder aus seiner Brieftasche kramt: Zwei Kinder, Frau, Hund. Emmely ist ein Teenager mit demselben unscheinbaren Gesicht wie Steves Frau und blutrot gefärbtem Haar, der Sohn trägt Uniform, der Hund hat zwei verschiedenfarbige Augen.
Steve schüttelt resigniert den Kopf. „Ich versteh es auch nicht, irgendwas kann mit dem nicht stimmen.“

„Weil er nett ist?“, fragt Daf.
„Der Letzte hat Kakerlaken gezüchtet“, erklärt Rhys.
„Und Taranteln.“ Steve schaudert. „Und dann plötzlich Daniel. Studiert irgendwas mit Maschinen. Raucht nicht, nimmt keine Drogen, keine Tattoos, keine seltsamen Frisuren, man versteht ihn, wenn er redet…“

„Neue Runde. Wer ist dran?“, fragt Daf und stellt sein leeres Bierglas auf den Tisch.
„Ich.“ Ianto steht auf und holt neues Bier von der Bar.

Es war Gwens Idee gewesen, dass Rhys Ianto für den Abend in den Pub mitnimmt. Wie die meisten von Gwens Ideen war sie auf den ersten Blick potentiell unangenehm, wenig sinnvoll und keineswegs naheliegend. Auf den zweiten Blick, den er am Bartresen lehnend auf Rhys und Rhys’ befremdlich normale Freunde wirft, ist ein Abend in einem Pub mit Leuten, die über die Freunde ihrer Tochter und den finanziellen Kontrollfanatismus ihrer Freundin herziehen, vielleicht genau das, was Ianto braucht. Zumindest aus Gwens Sicht, die der möglicherweise nicht ganz an den Haaren herbeigezogenen Überzeugung ist, dass Jack und er ohne sie den Bezug zur Realität verlieren würden.

Manchmal, wenn Ianto den Hub verlässt, um im Tesco um die Ecke Tiefkühlpizza zu kaufen, weil die Lieferdienste nicht ans Telefon gehen oder ihn darüber informieren, dass es sechs Uhr morgens ist und sie um diese Zeit nicht ausliefern, vorbei an den wenigen Leuten, die um die Zeit zur Arbeit gehen oder nach dem Aufstehen joggen, manchmal, wenn Ianto um vier Uhr Nachmittags schlafen geht, weil die letzte Tasse Kaffee sich anfühlt, als wollte sie ein Loch in seine Magenwand ätzen und eine weitere ihn vermutlich umbringen würde, glaubt er, dass Gwen recht haben könnte.

Das entschuldigt keine vorweihnachtlichen Shoppingtrips, aber Ianto redet sich in Gedanken damit raus, dass er sowieso Geschenke für Rhi und die Kinder kaufen musste. Und dass er keine Chance hat, Gwen etwas auszureden, was sie sich in den Kopf gesetzt hat. In der Hinsicht ist sie wie Jack, nur schlimmer. Jack ist immerhin bestechlich oder zumindest leicht abzulenken.

Als er das Bier hat und wiederkommt sehen ihn die anderen erwartungsvoll an.
„Rhys sagt, du arbeitest für die Regierung“, sagt Steve, „Könntest du Daniel nicht überprüfen oder so? Emmely ist ein tolles Mädchen, aber sie hat furchtbaren Geschmack was Männer angeht.“
„Da kommt sie offensichtlich nach ihrer Mutter“, witzelt Daf und bekommt einen Ellenbogen in die Rippen.
„Nicht dass ich Ahnung davon hätte, aber ist das nicht illegal?“, fragt Rhys missbilligend.

Ianto glaubt nicht, dass es Jack interessieren würde, wenn er irgendwelchen Leuten hinterherspioniert, auch wenn es sich um den Freund der Tochter des Kollegen von Rhys handelt. Jack hat viel Verständnis für zu-schön-um-wahr-zu-sein-Paranoia und ein Gewissen mit der Konsistenz von Kaugummi.
„Ich will keinen Ärger mit dem Boss kriegen“, sagt er trotzdem, nur um das erwartete verächtliche Schnauben von Rhys zu ernten.

Mit einem schiefen Lächeln setzt er sich zurück auf seinen Platz und folgt weiter dem Gespräch, das sich der äußerst interessanten Frage zuwendet, was genau Ianto macht.
„Akquisitionen“, sagt Ianto, hauptsächlich, weil er den Klang des Wortes mag und auch, weil er derjenige ist, der alles von der Munition bis zu den Büroklammern bestellt. „Formulare ausfüllen, abheften…“ Er lässt den Rest offen, um Raum für die gesamte Langeweile zu lassen, die das Wort „Formulare“ impliziert.

Tatsächlich hat Ianto den Verdacht, dass „den Papierkram erledigen“ in letzter Zeit zu einem Euphemismus geworden ist. Nicht, dass er sich da sicher sein könnte, diese Dinge kommen und gehen.

„Es klingt interessanter, wenn Rhys von Gwens Job erzählt“, beschwert sich Daf.
Ianto sieht Rhys mit hochgezogenen Augenbrauen an, der schuldbewusst in sein Bierglas blickt.
„Gwens Job ist viel interessanter“, sagt Ianto.
Im selben Moment versucht Rhys das Thema zu wechseln. „Und? Hat einer von euch schon alle Geschenke?“

Ianto fällt ein, dass Gwen ihm von mindestens fünf verschiedenen großartigen Dingen erzählt hat, die Rhys ihr zur Weihnachten schenken könnte. Das hat in dem Moment keinen Sinn ergeben (nicht dass Gwen einen besonderen Grund braucht, um Ianto oder tatsächlich irgendjemandem solche Dinge zu erzählen; sie mag es über Rhys zu reden, über Weihnachten, ihre Pläne zu Weihnachten und ihre Weihnachtsgeschenke), aber in Anbetracht der Tatsache, dass es Gwen war, die dafür gesorgt hat, dass Rhys und Ianto miteinander reden, beginnt Ianto eine gewisse Absicht zu erkennen. Er verbringt die fünf Minuten, in denen die anderen Männer feststellen, dass alle wirklich guten Geschenke wirklich teuer sind, damit Gwen dafür zu bewundern, wie geschickt sie das eingefädelt hat. Dann gibt er sich vorübergehend der Illusion hin, dass Gwens Ambitionen hinsichtlich seines Soziallebens vielleicht nur ein Vorwand gewesen sein könnten.

„Was ist mit dir, Ianto?“, fragt Steve.
„Ja, hast du ein Geschenk für Jack?“, fragt Rhys neugierig.
„Wer ist Jack?“, will Steve wissen und Rhys und Ianto antworten gleichzeitig:
„Sein Freund.“
„Mein Boss.“ Großartig. Ianto könnte jetzt erklären, dass Jack nicht sein „Freund“ ist, aber dann müsste er einen Begriff dafür finden, was Jack ist und das wäre mit mehr Erklärungen verbunden als Ianto sich zu geben in der Lage sieht. Mal davon abgesehen, dass er es erstmal selbst herausfinden müsste, was er nicht vorhat. Die Wahrheit ist nach Iantos Dafürhalten ein formloses Kontinuum und genau das soll sie auch bleiben. Ianto könnte eine ganze Menge anderer Erklärungen zu seiner Person abgeben, mit dem Ziel, dass Steve und Daf (und Rhys) ihn nicht für etwas halten, was er nicht ist, aber das läuft seinem fundamentalen Bedürfnis zuwider niemandem irgendetwas über sich zu erzählen, also verzichtet er darauf. Stattdessen beschließt er Rhys nicht zu verraten, was er Gwen kaufen soll.

„Nein“, sagt er ohne eine Miene zu verziehen. Er würde Jack etwas schenken, aber leider hat er schon alles. Und mit alles meint Ianto wirklich alles. Jack hat ein paar Erinnerungsstücke, die ihm etwas bedeuten, ein paar Gegenstände, die er braucht und einen Lagerraum mit angesammeltem Krempel, den er nicht wegschmeißen will und der einem Antiquitätenhändler das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen würde. Außerdem leidet Jack unter der unglücklichen Kombination von vorhandenem Geld und fehlender Impulskontrolle, die dazu führt, dass er sich alles sofort kauft, was ihm gefällt. Sex zählt Iantos Meinung nach nicht als Weihnachtsgeschenk, Sex passiert sowieso, es sei denn, die Welt geht unter (und selbst dann könnte man bestimmt noch eine halbe Stunde Zeit finden). In Anbetracht von Jacks fehlendem Bezug zum Christentum und seiner gewöhnlichen Missachtung von Konventionen geht Ianto nicht davon aus, dass er es ihm übel nimmt, wenn er kein Geschenk hat. Es liegen ganz klar ein paar unschlagbare Vorteile in einer Beziehung mit Jack.

Ianto findet den Gedanken angenehm, mit Jack im Hub dem Weihnachtsrummel zu entfliehen und gemeinsam mit ihm ein gestörtes Verhältnis zu Weihnachten zu pflegen. Letztes Jahr war ein Desaster bestehend aus einer Leiche, einem verqualmten Wagen und Jack in einer Stimmung, die einen Heiligen zur Verzweiflung getrieben hätte. Owen war dank Diane tagelang nicht erreichbar und dann unausstehlich gewesen und Tosh und Gwen hatten auch genug eigene Probleme, um die Stimmung zu retten, von Jacks Abneigung gegenüber Neujahr ganz zu schweigen. Dieses Jahr ist überschattet vom Verlust von Tosh und Owen und Ianto hat keinerlei Schwierigkeiten damit, Weihnachten ausfallen zu lassen.

„Nein, er ist nicht dein Freund?“, fragt Daf.
„Nein, ich habe noch kein Geschenk“, berichtigt Ianto.
„Wie wär’s mit einer Armbanduhr?“, schlägt Steve nach einem kurzen Zögern vor, woraufhin auch Rhys und Daf anfangen Vorschläge zu machen. Einige Ideen sind gut genug, um Ianto seinen Standpunkt bezüglich Geschenke für Jack noch einmal überdenken zu lassen. Das ganze endet damit, dass Rhys essbare Unterwäsche vorschlägt, während Ianto trinkt und das Bier vor Lachen in seiner Nase landet.

Ianto nimmt sich vor, Rhys eine Liste mit Gwens Geschenken zu schicken, sobald er Geschmacksrichtungen recherchiert hat.

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weihnachten, torchwood

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