Das erste Mal (Thiel/Boerne)

Jun 22, 2011 02:40

Boerne keuchte und gab ein gequältes Stöhnen von sich. Hätte Thiel ihm nicht vorher sagen können, dass es so schmerzhaft sein würde? Er versuchte sich zu entspannen, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen. Er drückte Thiels Hand noch fester und presste die Lippen aufeinander.

„Jetzt stellen Sie sich doch nicht so an, Boerne. Es war immerhin Ihre Idee.“

„Sie haben gut reden Thiel. Sie müssen hier ja auch nicht liegen und diese… diese… Tortur über sich ergehen lassen.“

Thiel schnaubte. „Nun machen Sie aber mal ’nen Punkt. Sie tun ja gerade so, als hätte ich Sie hierzu gezwungen.“

„Na Sie haben mich doch letztendlich zu dieser ganzen… Sache hier überredet.“, stöhnte Boerne und schloss die Augen.

„Ja, weil Sie es sich sonst im letzten Moment wieder anders überlegt hätten.“

„Zu Recht, wie ich nicht umhin komme festzustellen.“

„Hätte ich das mal vorher gewusst…“

„Au! Könnten Sie vielleicht etwas vorsichtiger sein? Schließlich ist das hier das erste Mal, dass ich so etwas mache. Und da wäre es mir ganz angenehm, wenn ich diese Erfahrung als einigermaßen positiv verbuchen könnte.“

„Es ist ja gleich vorbei, jetzt reißen Sie sich doch mal zusammen.“

Was wusste Thiel denn schon von den Schmerzen, die er hier durchleiden musste? Von wegen, er würde sich nach einigen Minuten daran gewöhnen, sogar vielleicht Spaß dabei haben. Die versprochenen Endorphine jedenfalls waren ausgeblieben. Und der Schmerz, der war beinahe noch schlimmer geworden als am Anfang. Wie konnten Menschen, die halbwegs bei gesundem Verstand waren, so etwas freiwillig über sich ergehen lassen? Und das auch noch mehr als einmal…?! Thiel machte es wahrscheinlich auch noch Spaß, ihn so leiden zu sehen. Er merkte, wie ihm langsam aber sicher schwarz vor Augen wurde. Anscheinend war er doch um einiges zarter besaitet, als er gedacht hatte…

„Boerne… Boerne, sind Sie noch da? Hey, Sie werden mir doch jetzt wohl nicht ohnmächtig“, kam es etwas besorgt von Thiel, der seine Hand drückte und ihm vorsichtig über die Stirn strich.  „Sie mussten ja auch gleich mit so etwas Großem anfangen. Hätte eine Nummer kleiner für den Anfang nicht völlig ausgereicht?“

Boerne schlug langsam die Augen auf und sah Thiel an. „Papperlapapp, keine halben Sachen.“, entgegnete Boerne so überzeugend wie möglich. Aber das war definitiv das erste und letzte Mal, dass er sich zu so einer… mutwilligen Körperverletzung hatte überreden lassen. Sollte Thiel doch mal der Leidtragende sein, das wäre nur gerecht. Dann würde sie ja sehen, wer sich hier ‚anstellte’.

„So, ich wäre dann fertig.“

Boerne zuckte zusammen, als er spürte, wie etwas kaltes auf seine Haut traf und kurz darauf mit einem Tuch vorsichtig abgewischt wurde.

„Da vorne können Sie sich das Ganze mal ansehen.“

Boerne erhob sich und machte ein paar zögerliche Schritte auf den Spiegel zu. Er drehte sich und betrachtete kritisch das Ergebnis dieser qualvollen ‚Session’ oder wie auch immer man das in diesen Kreisen nennen mochte. Er musste zugeben, dass er durchaus zufrieden war mit dem, was er sehen konnte. Strahlend wandte  er sich zu Thiel um, der nicht minder begeistert schien.

„Na also, hat sich doch gelohnt, oder etwa nicht?“, fragte Thiel mit einem zufriedenen Grinsen.

„Sie haben ja Recht… aber das nächste Mal sind Sie dran, Thiel. Nur, damit Sie Bescheid wissen.“, antwortete Boerne, der den anderen fordernd über seine Brille hinweg ansah.

„Ne Boerne, vergessen Sie’s. So war das nicht abgemacht.“

„Och Thiel, jetzt sein Sie mal nicht so, hm?“, versuchte er es erneut und setzte seinen unwiderstehlichen Boerneblick auf.

Thiel seufzte schicksalsergeben. „Na gut na gut, meinetwegen. Aber nicht heute und auch nicht so was Großes.“

Boerne drehte sich wieder zum Spiegel und schenkte sich ein triumphierendes Lächeln, während er vorsichtig sein Hemd zuknöpfte.

„Und danke nochmal Thiel, dass Sie mitgekommen sind, das weiß ich wirklich sehr zu schätzen. Nicht, dass ich so etwas wie seelischen Beistand oder moralische Unterstützung nötig hätte…“

„Ist ja gut Boerne, hab ich doch gern gemacht“, murmelte Thiel, der noch immer seine malträtierte Hand massierte. „Aber das war das letzte Mal, dass ich mich mit Ihnen im selben Raum aufhalte, wenn Sie sich eine Tätowierung stechen lassen.“

„Glauben Sie mir Thiel, ich verspüre keinesfalls den Drang, mich in absehbarer Zeit erneut unter diese oder irgend eine andere Nadel zu legen. Ich kann ja von Glück reden, wenn ich dieses Martyrium ohne ein Breitbandantibiotikum überlebe.“

„Jetzt ist aber mal genug, ja? Ihnen scheint es ja schon wieder richtig gut zu gehen. Wie wäre es mit einem Happen zu Essen? Für die Nerven.“

„Wohl eher für Ihre als für meine, Herr Thiel.“

„Wenn Sie meinen…“, seufzte er und zog Boerne hinter sich her zum Ausgang.

____________________________________

Die Idee zu der Geschichte kam mir, als ich heute nochmal 'Krumme Hunde' gesehen habe. Boerne ermittelt mal wieder auf eigene Faust und landet dabei ja in einem Tatoostudio. Ich wollte eigentlich erst eine Establishes Relationship-Sache draus machen, aber dann wäre das mit dem Siezen weggefallen und irgendwie auch dieser Hintergedanke vom ersten Mal ;P

Tatort Münster, thiel/boerne, fanfiction

Previous post Next post
Up