Der Cellist - Teil 13

Jun 26, 2012 12:26

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Pepper und Natasha sitzen in der Küche am Tisch, bewaffnet mit Linealen und Schneidewerkzeug, als Steve von einer Runde Training mit Clint und Tony zurückkehrt. Besagtes Training war nicht seine erste Amtshandlung nach dem Frühstück. Erst war er mit Tony und Bruce Katzenkinderzubehör kaufen.

Bruce, weil er praktisch der Einzige im Haus ist, dem Steve Autorität über jegliches Leben zugesteht, Tony, weil er überraschend energisch verlangt hat, alles zu bezahlen.

Steve nimmt an, dass es seine Art war, sich für das Fernsehinterview zu bedanken, selbst wenn er es nicht offen sagen konnte.

Er blickt sich um. „Ist Phil gar nicht bei euch?“

Pepper legt ihren Cutter beiseite und blickt zu ihm auf. „Er ist mit Bruce im Wohnzimmer. Hat sich mit einem von Tonys Pads bewaffnet und ist offenbar entschlossen herauszufinden, was er in den drei Wochen verpasst hat, die er im Koma gelegen hat.“

Steve runzelt die Stirn. „Ist das nicht ein bisschen viel auf einmal?“

„Ich hab gerade nach ihm gesehen“, beruhigt Natasha ihn und nutzt ihr eigenes Messer auf furchteinflößend professionelle Art und Weise. „Er macht ein Nickerchen. Mit Hershey auf seinem Bauch.“

Steve hebt eine Augenbraue. „Wenn ich gewusst hätte, dass Clint die Katzen nach Süßigkeiten benennen würde …“

„Hättest du ihn trotzdem gelassen“, sagt Pepper lächelnd. „Und ich finde, er hat sie ganz treffend getauft. Snickers sieht aus wie ein Snickers.“

„Und Pattie wie eine Pattie“, stimmt Natasha ihr zu.

„Nicht, dass ich vorhätte, Snickers je Snickers zu rufen“, sagt Pepper und nimmt ihren Cutter wieder zur Hand. „Ich denke, ich werde ihn … Kater nennen. Oder Kleiner. Oder Flauschel. Alles. Bloß nicht Snickers.“ Sie hält einen Moment lang inne. „Was du über Tony im Fernsehen gesagt hast, Steve … Ich wollte mich noch bei dir dafür bedanken.“

Steves Wangen röten sich und er reibt sich verlegen den Nacken. Er hätte wirklich wissen müssen, dass Pepper die Worte aussprechen würde, die Tony so schwer fallen. „Ich habe nichts als die Wahrheit gesagt.“

Pepper lächelt ihm zu. „Möglich. Sehr gut möglich. Aber ich kann nicht umhin, zu bemerken, dass ich selten zuvor einer derartig schamlosen Werbestrategie begegnet bin.“

Steve beißt sich auf die Unterlippe und starrt auf den Boden zu seinen Füßen. „Ich wollte … Als ich heute früh aus dem Haus gegangen bin, wollte ich nichts mehr, als dass die Welt weiß, was Tony für ein Mensch ist. Dass Thor und ich die Katzen gefunden haben, war reiner Zufall.“

Pepper blinzelt. „Als du heute früh - wieso? Ist etwas passiert?“

Steve hebt den Blick und sieht sie durch seine Wimpern an. „Die Times hat einen Artikel über ihn gedruckt … Nicht nur über ihn, über … über uns. Der Autor war … Ich war nicht einverstanden mit dem, was er geschrieben hat. Und ich habe … damals … genügend Zeit als Maskottchen für die Kriegsmaschinerie verbracht, um zu einigermaßen zu wissen, wie man mit der Presse umgehen muss. Ich war mir sicher, dass wenn ich mich zusammen mit Thor in die Öffentlichkeit begebe, es nicht lange dauern würde, ehe jemand auf uns aufmerksam wird.“

Natasha hebt den Kopf und sieht ihn einen Moment lang ruhig an, ehe sie sagt: „Ist es falsch von mir, wenn ich jetzt viel eher dazu neige, mich damit abzufinden, dass uns ausgerechnet das Mitglied unserer illustren Truppe anführt, das ein paar Jahrzehnte lang in Eis eingefroren war?“

Pepper informiert sie trocken darüber, dass das in der Tat völlig falsch und noch dazu ein wenig verdorben ist.

Steve holt sich grinsend eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und tritt näher an den Küchentisch heran. „Was macht ihr hier eigentlich?“

„Das Familienalbum anlegen“, erwidert Natasha seelenruhig und bringt ein Foto von Clint in Hulks Armen in Form.

Steve blinzelt und beugt sich vor. Sein Blick gleitet über die restlichen Fotos - Tony in Bruces Armen, Clint in Bruces Armen, Clint und Natasha in Hulks Armen … ein halbes Dutzend von ihm und Tony … Clint und Tonys Umarmung, nachdem Tony das Cello repariert hatte ... die Gruppenumarmung mitten im Flur, zu der Tony und er Clint gezwungen haben …

„Das …“ Steve muss sich sichtlich sammeln. „Das ist fabelhaft“, sagt er ein wenig mehr in Peppers Richtung als Natashas, weil er ganz automatisch davon ausgeht, dass eine solche Idee nur von Pepper stammen kann. Aber sie überrascht ihn.

„Ich fühle mich geschmeichelt“, erwidert sie lächelnd. „Aber ich helfe lediglich bei der Ausführung.“

Eine Sekunde später kniet Steve neben Natasha am Boden und hat beide Arme um sie geschlungen - völlig gleichgültig gegenüber dem Messer in ihrer Hand oder der Tatsache, dass er immensen Respekt vor ihren Schenkeln hat.

Kurz blinzelt Natasha überfordert, scheint am ganzen Körper zu erstarren - dann entspannt sie sich in Steves Armen. Nach einer Weile lächelt sie sogar.

Steve reibt ihr über die Schultern. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, sagt er heiser.

„Du musst überhaupt nichts sagen“, erwidert sie leise. „Das hier reicht völlig aus.“

Pepper fordert JARVIS leise dazu auf, das neue Foto auszudrucken.

Clint ist halb tot, als er sich zu Phil ins Wohnzimmer schleppt. Tony und Steve haben ihn heute nicht geschont, haben ihm alles abverlangt, was er geben konnte. Wenn er nicht von dem rachelüsternen Gedanken besessen wäre, ihnen Klebstoff ins Shampoo zu kippen, wäre er ihnen richtig dankbar dafür.

Vielleicht wäre er ihnen auch so dankbar. Aber Thor hat die ganze Zeit daneben gesessen, während Clint durch die Gegend gescheucht wurde, und hat abwechselnd hilfreiche Kommentare von sich gegeben und sie allesamt ausgelacht.

Die Erfahrung hat Clint nicht sonderlich wohlwollend zurückgelassen. Thor wäre auch eindeutig am Schlimmsten dran, würde er ihm Klebstoff ins Shampoo kippen. Es ist ein schrecklich verführerischer Gedanke.

Phil liegt auf dem Sofa und schläft, Hershey auf seiner Brust. Der Kater hat sich zusammengerollt, und sein sandfarbenes Fell hebt sich unter zufriedenen, gleichmäßigen Atemzügen.

Einen Moment lang verharrt Clint vor dem Sofa, blickt auf Phil hinab, nimmt seine entspannte Haltung in sich auf, das leichte Lächeln, das seine Lippen umspielt.

„Ich soll dir ausrichten, dass er einen ‚Termin’ für dich gemacht hat“, schreckt ihn Bruces leise Stimme aus seiner Starre auf. „Was auch immer das genau bedeuten mag.“

Jetzt erst nimmt Clint den anderen Mann auf seinem üblichen Platz in der hintersten Ecke des Wohnzimmers wahr.

Nicht ganz so üblich wie sonst toleriert er im Augenblick, dass Hersheys Geschwister an ihm herumklettern und über ihn hinweg Fangen spielen.

Clints Lippen verziehen sich zu einem schiefen Grinsen. „Gehen sie dir gar nicht auf die Nerven?“

Bruce blickt an sich hinab. „Nicht wirklich, nein.“ Er lächelt Clint zu. „Du siehst ein wenig mitgenommen aus.“

Clint stöhnt unwillkürlich. „Steve ist ein ganz mieser Folterknecht. Aber ein ganz mieser! Und Thor hat die ganze Zeit Witze auf meine Kosten gemacht. Er hat eine sehr merkwürdige Vorstellung davon, wie man sich mit gewöhnlichen Sterblichen anfreundet.“

Bruce schmunzelt und erhebt sich aus seinem Sessel - allerdings erst, nachdem er Pattie und Snickers auf den Boden gesetzt hat - und die beiden turnen um seine Füße herum und über sie hinweg, während er sich gemächlich und mit deutlicher Vorsicht auf Clint zubewegt.

„Dein geheimnisvoller Termin ist morgen gegen Mittag“, sagt er leise zu Clint und kommt neben ihm zum Stehen. „Ich bin mir nicht sicher, wieso er mir überhaupt was davon erzählt hat. Die einzige Erklärung ist, dass ich im Raum war, als er den Anruf getätigt hat.“

Clint brummt etwas Unverständliches zur Antwort.

Bruce mustert ihn schweigend von der Seite.

„Er hat einen Seelenklempner herbestellt“, murmelt Clint und beißt sich eine Sekunde später auf die Unterlippe. Er schämt sich nicht wirklich dafür - nicht vor Bruce - aber es ist ein Eingeständnis, von dem er nie gedacht hätte, dass er es vor jemandem machen kann, der nicht Phil ist. (Allerhöchstens vielleicht noch Tasha.) Es entsetzt ihn nicht einmal, als ihm aufgeht, wie sehr er Bruce vertraut - er konnte mit ihm über Phil reden.

„Ich will nicht“, bricht es aus Clint heraus, und Bruce legt ihm prompt den Arm um die Schultern. „Natürlich willst du nicht.“

Clint hängt sich an ihn und vergräbt sein Gesicht an seinem Hals. „Machst du mit?“ fragt er gehetzt, ehe er sich stoppen kann.

Bruce wendet ihm den Kopf zu, die linke Augenbraue beinahe bis zu seinem Haaransatz hochgezogen. „Mach ich mit?“

Clint beißt sich auf die Unterlippe. „Also … du sollst nicht direkt mitmachen. Nicht im klassischen Sinne. Eher beisitzen.“

Bruce blinzelt ihn überrascht an. „Willst du das wirklich? Solche Sitzungen sind doch eher … privater Natur.“

Clint schließt die Augen. „Ich glaube, ich kann besser über gewisse Dinge reden, wenn … wenn ich sie dir erzähle. Nicht irgendeinem Psychologen, der nur da ist, um einen Job zu erledigen.“

Bruce scheint einen Moment zu zögern, dann nickt er, und die Anspannung in Clint lässt augenblicklich nach. „Wenn du das wirklich willst.“

Clint hält nach wie vor die Augen geschlossen. „Ich will das wirklich.“

Er macht sich von Bruce los, schiebt weniger Bruces Hand von seiner Hüfte, als dass er die Gelegenheit nutzt, sie kurz zu drücken. „Danke, Bruce.“

„Kein Problem“, erwidert Bruce leise, und Clint wendet sich von ihm ab und schickt sich an, das Zimmer zu verlassen. „Ich geh duschen.“

Bruce wartet einen Moment, dann richtet er seinen Blick auf Phil. „Wie lange sind Sie schon wach?“

Phil schlägt die Augen auf. „Lange genug.“ Er mustert Bruce durchdringend. „Ihre Beziehung zu Clint ist … äußerst eng, Doktor Banner.“

Bruce hebt leicht die Schultern und sieht ihm fest in die Augen. „Ich bin der Einzige, der weiß, wie es ist, wenn man keinerlei Kontrolle über seine Handlungen hat.“

Phils Augen weiten sich ein wenig, und er schluckt. „Das sollte kein Vorwurf sein.“

Bruce senkt seine Schultern. „Gut. Danke.“

Kurz breitet sich bedrückende Stille zwischen ihnen aus, dann hebt Phil den schlafenden Kater von seiner Brust und versucht, sich aufzusetzen. Nach einem Moment des Zögerns neigt Bruce sich über ihn, fasst ihn an den Schultern und zieht.

Phils Hände schließen sich wie im Reflex um seine Handgelenke, und Bruce hält inne, sieht ihm in die Augen. „Clint wird mir Juckpulver in meinen Laborkittel streuen, wenn ich zulasse, dass Sie sich überanstrengen.“

Er sieht Phil die Lippen zusammenpressen. Kann die Worte „Ich kann mich immer noch allein aufsetzen“ hören, obwohl sie unausgesprochen bleiben - dann lässt Phil sich bereitwillig helfen, und am Ende sogar zu, dass Bruce ihm seine Decke wieder ordentlich über die Knie zieht.

„Haben Sie ein Problem damit, dass ich seinem Termin mit dem Psychologen morgen beisitze?“ fragt Bruce ihn schließlich leise, und Phil seufzt. „Ich habe ein Problem damit, dass ich drei Wochen lang nicht für ihn da sein konnte. Dass er tatsächlich drei Wochen darauf warten musste, dass sich jemand mit dieser Angelegenheit auseinander setzt.“

Bruce richtet sich auf und blickt ernst auf ihn hinab. „Er war nicht allein, Coulson. Wir haben … wir haben getan, was wir konnten.“

Phil schließt einen Moment lang die Augen. „Ich weiß. Wenn das nicht der Fall wäre … Es wäre schlimmer. Sehr viel schlimmer. Sie haben keine Ahnung, wie dankbar ich Ihnen bin. Sie können keine Ahnung haben, wie froh ich bin, dass er Freunde hat.“

Bruce zieht eine kleine Grimasse, die nur deswegen kein Lächeln ist, weil sein Ton zu traurig ist, als er erwidert: „Doch, ich denke die hab ich.“

Phil zögert einen Moment, dann sieht er ihm fest in die Augen. „Nur damit wir einander verstehen - Ich bin ganz besonders froh, dass er Sie hat, Doktor Banner. Er vertraut Ihnen. Es ist für gewöhnlich nicht einfach, sich Clints Vertrauen zu erarbeiten.“

Bruce lässt ein leises Seufzen hören. „Es überfordert mich ein wenig, wenn ich ehrlich bin.“

Phil muss unwillkürlich schmunzeln. „Clint neigt dazu, die Menschen in seinem Umfeld zu überfordern. Man gewöhnt sich daran.“

Tony ist unglaublich stolz auf sich selbst. Er hat sein Training mit Steve und Clint überlebt; er hat geduscht; er hat Doktor Foster ausfindig gemacht und sie innerhalb von fünf Minuten davon überzeugt, bei ihm einzuziehen.

Nicht unbedingt ein neuer Rekord, wenn es darum geht, eine Frau in sein Haus zu bekommen, aber definitiv eine äußerst respektable Leistung.

Wenn er sich jetzt noch entscheiden könnte, womit er sich für diesen außerordentlichen Akt belohnen soll, ginge es ihm wahrscheinlich noch besser.

Er stolpert in die Küche, findet Pepper und Natasha am Küchentisch vor und holt sich von der Einen einen Kuss und von der Anderen ein gelangweiltes Starren.

Dann registriert er den gigantischen Bilderrahmen auf dem Tisch.

„Meine Güte“, entfährt es ihm atemlos.

Pepper grinst.

Tony beugt sich über den Tisch, studiert jedes einzelne Bild und deutet schließlich zielsicher auf das Foto von Natasha und Steve. „Von wann ist das?“

„Von vorhin“, sagt Pepper leise und wartet auf seine Reaktion.

Sie hat mit Vielem gerechnet, aber nicht mit dem sanften Lächeln, das seine Augen zum Schimmern bringt. „Ich nehme an, Steve war schwer begeistert von eurer Initiative, ja?“

„So könnte man es nennen“, erwidert Natasha mit ungewohnt weicher Stimme.

Tony mustert sie einen Moment lang, sieht kurz so aus, als wolle er einen Witz auf ihre Kosten machen - dann nickt er Pepper zu. „Jane Foster sitzt so gut wie im Flugzeug und ist auf dem Weg hierher. Sie hat nur unter der Bedingung eingewilligt, dass sie ihre Assistentin mitbringen darf. Was ich einigermaßen unverschämt finde. Immerhin hab ich ihr ein eigenes Labor, endlose technische Spielereien und einen Donnergott angeboten, aber manche Frauen kriegen offenbar den Hals nicht voll.“

Pepper rollt mit den Augen, Natasha räuspert sich drohend.

Tony grinst. „Das war keine sexistische Bemerkung, sondern reine Beobachtung.“

„Mh-hm“, macht Pepper, sichtlich nicht überzeugt. „Wann kommt sie an? Hast du’s schon Thor gesagt?“

Tony schüttelt den Kopf. „Das wollte ich dir überlassen. Er ist deine beste Freundin.“

Damit nimmt er den Bilderrahmen vom Tisch und trägt ihn zielstrebig aus der Küche.

Pepper braucht fünf Minuten, ehe sie Thor ausfindig gemacht hat - und es geht lediglich deswegen so schnell, weil sie noch nie davor zurückgeschreckt ist, JARVIS für solche Dinge einzusetzen.

Jahre mit Tony haben sie gelehrt, dass man manchmal schlicht keine andere Möglichkeit hat, als das Überwachungssystem zu nutzen, das einem zur freien Verfügung steht.

Wenn der eigene Boss sich in Wandschränken vor einem versteckt, um einer langweiligen Sitzung zu entgehen, schreckt man vor nichts mehr zurück.

Thor versteckt sich allerdings nicht in einem Wandschrank vor ihr, er ist draußen im Garten.

Ohne JARVIS’ Tipp hätte sie ihn vermutlich nie gefunden.

Er sitzt am Pool und blickt auf die Wasseroberfläche hinab, als enthielte sie den Schlüssel zu allen Geheimnissen des Universums. Er sieht erschreckend menschlich aus.

Der Pool ist nicht gereinigt und voller Blätter, aber Thor hat trotzdem die Schuhe ausgezogen und seine nackten Füße hinein gehängt. Pepper vermutet, dass er es selbst dann getan hätte, wäre das Wasser dank der annähernd sommerlichen Temperaturen nicht einigermaßen erträglich.

Für ein praktisch unsterbliches Wesen unfassbarer Macht wirkt er beängstigend traurig.

„Thor?“ sagt sie vorsichtig.

Er wendet ihr den Kopf zu und lächelt sofort, als er sie erkennt. Es ist ein Manöver, das sie viel, wirklich viel zu oft bei Tony gesehen hat, um es nicht augenblicklich zu durchschauen.

„Was ist passiert?“ fragt sie ihn leise.

Das Lächeln erstirbt auf seinen Zügen. „Nichts. Zumindest nicht … heute.“

Sie beißt sich auf die Unterlippe, zögert einen Moment und setzt sich zu ihm.

„Loki?“ fragt sie behutsam, und ist entsetzt, als er praktisch zusammenzuckt.

Der Mann strahlt selbst untätig so viel Lebensfreude, so viel Selbstvertrauen und ungezähmte Kraft aus, dass es ihr beinahe weh tut, ihn so zu sehen. Dabei kennt sie ihn praktisch nicht.

Er nickt schließlich, langsam und mit halb geschlossenen, stumpfen Augen. „Ich vermisse ihn. Mein Streifzug mit Steven, und unseren Kapitän beim Kriegsspiel mit Tony und dem Falken zu beobachten, hat mir lediglich erneut vor Augen geführt, wie sehr.“

Die ehrliche Verletzlichkeit in seiner Stimme sollte Pepper vermutlich nicht so sehr überraschen, wie sie es tut.

„Hast du … mit ihm gesprochen, seit …“ Seit er versucht hat, unsere Welt zu unterwerfen? Sie lässt es unausgesprochen.

Er schüttelt den Kopf. „Vater hat ihn zu Gefangenschaft in Einsamkeit verurteilt. Er ist noch immer … Es ist ihm verboten, zu sprechen.“

Pepper weiß nicht wieso, aber sie muss an Tony denken. Tony, geknebelt und allein. Allein mit sich selbst und seinen Gedanken, all seinen Selbstvorwürfen und quälenden Erinnerungen. Schon der Gedanke reicht aus, um ihr Übelkeit zu verursachen.

„Du darfst ihn nicht sehen?“

Er schüttelt den Kopf. „Niemand hat Zugang zu ihm. Vater sagt, es ist zu gefährlich.“

Sie braucht einen Moment, ehe ihr bewusst wird, wie jung er plötzlich wirkt. Jung und einsam und hilflos gegenüber einem Vater, den er verehrt und respektiert, und dessen Entscheidung er dennoch für falsch hält.

Sie kann kaum damit umgehen, wie ähnlich er Tony in gewisser Hinsicht ist. Ähnlich, und doch so völlig anders, dass es ihr leicht fällt, ihren Arm so weit wie möglich über seinen Rücken auszustrecken und ihn tröstend zu tätscheln.

Er lehnt sich tatsächlich leicht in ihre Richtung, vertrauensvoll und gleichzeitig vorsichtig darauf bedacht, sie nicht umzustoßen.

Sie muss sich räuspern. „Ich bin hier raus gekommen, weil ich dir was erzählen wollte.“

Er sieht sie an, Interesse und leise Hoffnung in den Augen, und Pepper muss sich schwer zusammenreißen, ihm nicht das Haar zu wuscheln. Der Mann ist ein Gott, verdammt noch mal.

„Tony hat Jane kontaktiert“, sagt sie also stattdessen und kommt in den Genuss, ihn ehrlich und aufrichtig grinsen zu sehen. Sein plötzlicher Stimmungsumschwung erinnert sie viel zu sehr an einen kleinen Jungen. Es macht sie ein bisschen schwach. „Ihr Flugzeug landet morgen.“

Kurz blinzelt er verwirrt, dann scheint er die korrekte Verknüpfung zu machen, selbst wenn er sich nicht sicher sein kann, was genau ein Flugzeug ist. „Sie kommt hierher - in diese Stadt?“

Pepper nickt zustimmend. „Tony hat sie eingeladen, hier mit uns zu wohnen.“

Eine Sekunde später ist Thor in einem Schauer von Wassertröpfchen aufgesprungen, hat sie in die Höhe gezogen und an sich gedrückt, und Pepper bekommt nicht wirklich Luft, muss aber zu sehr lachen, um sich darüber beschweren zu können.

Eine weitere Sekunde später hat er sie auf seine Arme gehoben und trägt sie zurück ins Haus, während er mit donnernder Stimme Tonys Namen ruft.

Tony ist im Wohnzimmer damit beschäftigt, mit Bruces Unterstützung und unter Phils leicht ungläubigem Blick seine überteuerten Gemälde neu zu arrangieren, um Platz für die Familienfotos zu machen, als Thors Urschrei sein Ohr erreicht.

„Was?“ erkundigt er sich bei der Welt im Allgemeinen, „ist denn jetzt los?“

Dann platzt Thor ins Wohnzimmer, Pepper in seinen Armen, und Tony lässt beinahe den Bilderrahmen fallen. Bruce nimmt ihn ihm kommentarlos aus den Händen.

„Was?“ wiederholt Tony, und will „hat das zu bedeuten?“ hinzufügen, aber Thor ist bei ihm angekommen, ehe er so weit artikuliert hat, setzt Pepper ab und zieht Tony in eine Bärenumarmung, die ihresgleichen sucht.

„Urgluuumpf“, macht Tony aus den Tiefen dieser Umarmung und hat eine Epiphanie. „Hat sie dir nicht gesagt, dass es ihre Idee war, und ich nichts weiter als der wohlhabende Handlanger bin?“ ächzt er atemlos.

Thor umarmt ihn nur noch fester. „Das hat die Lady Pepper mir in der Tat verschwiegen, Freund Tony!“ dröhnt er begeistert.

Großartig. Jetzt ist Tony nicht nur halb zu Tode gequetscht, er ist außerdem taub.

„Aber es ändert nichts“, fügt Thor hinzu, und plötzlich ist Tony nicht länger allein in der Bärenumarmung, sondern darf sie sich mit Pepper teilen. „Denn ein Mann kann sein Glück in dieser Welt an der Zahl seiner Freunde ausmachen!“

Tony gibt auf. Lässt die Umarmung zu. Das hat nicht das Geringste damit zu tun, dass Thor trotz all seiner Muskeln irgendwie gemütlich ist, und genügend Wärme ausstrahlt um eine Batterie Küken auszubrüten. Nicht das Geringste. Tony sieht einfach nur ein, dass es schlicht keinen Sinn macht, aus dieser Umarmung entkommen zu wollen. Thor hat ihn und Pepper fest im Griff.

Es ist unfassbar angenehm, wenn er ehrlich ist. Tony beginnt, sich ein wenig Sorgen darüber zu machen, wie sehr er es genießt, von muskulösen blonden Männern umarmt zu werden.

„Was ist der Anlass?“ hört er auch prompt Steves Stimme von irgendwo zu seiner Linken, und er kann nur annehmen, dass der Lärm ihn angezogen hat.

„Ich habe keine Ahnung“, antwortet Bruce.

„Wir kriegen Familienzuwachs“, erklärt Natasha mit trockener Stimme, wo auch immer sie plötzlich hergekommen sein mag. „Eine gewisse Doktor Foster zieht morgen bei uns ein.“

Tony wird prompt wieder ein wenig fester gedrückt. Bruce macht beifällige Bemerkungen der wissenschaftlichen Vorfreude. Tony hat’s ja gleich gewusst.

„Ich schwöre, ich bin der normalste Typ in diesem ganzen verdammten Haus“, lautet Clints entgeisterter Kommentar, als er schließlich als Letzter das Wohnzimmer betritt. Er ist barfuß, trägt zu lange, ausgefranste Jeans und ein Handtuch im Nacken.

Tony zieht eine Augenbraue in die Höhe und dreht seinen Kopf wieder nach vorn. „Weißt du, Thor“, erklärt er in die solide Brust direkt vor seinem Mund hinein. „Pepper und ich wären nie auf die Idee gekommen, Doktor Foster zu uns einzuladen, wenn Clint nicht den Präzedenzfall geschaffen hätte.“

Zu beobachten, wie Thor Clint durchs halbe Wohnzimmer jagt, ehe er ihn einfängt und an sich drückt, verschafft Tony ein immenses Gefühl der Befriedigung.

Außerdem hat er jetzt endlich die Hände frei, um seine verdammten Familienfotos aufzuhängen.

Dank einer stummen Übereinkunft (und der magischen Anziehungskraft einer frisch gelieferten Ladung Kuchen aus der besten Konditorei der Stadt), verbringen sämtliche Avengers plus Phil und Pepper den Nachmittag gemeinsam im nordöstlichen Wohnzimmer.

Phil sitzt in einsamer Glorie auf einem der drei Sofas, auf einem Thron von Kissen, in mehr Decken gehüllt, als Tony dachte, dass er besitzt, und einigermaßen sicher vor sämtlichen wie auch immer gearteten Attacken.

Die Katzen fühlen sich von dieser rücksichtsvollen Regelung ganz offenbar ausgenommen, und turnen auf ihm herum, ehe die Kater müde werden, und ihn zugunsten von Steve und Clint verlassen. Einzig Pattie erkundet mit anhaltender Begeisterung das fabelhafte Höhlensystem aus Decken und Kissen. Phil lässt sie mit der ihm eigenen Geduld gewähren und zieht erst einen Schlussstrich, als sie anfängt, ihre winzigen Krallen an ihm schärfen zu wollen. Stattdessen kaut sie nun liebevoll an seinem Finger.

Steve verspricht sofort, bei nächster Gelegenheit einen Kratzbaum zu besorgen. Thor verkündet, bei nächster Gelegenheit einen richtigen Baum zu fällen.

Niemand ist überrascht, als Tony Thors Angebot bevorzugt und sofort in ausschweifende Pläne für ein richtiggehendes System von Kratzbäumen ausbricht, das sich durch die komplette Villa ziehen soll.

Pepper und Bruce brauchen eine halbe Stunde, um ihm die Idee wieder auszureden. Ironischer Weise ist ihr bestes Argument, dass er Clint doch wohl kaum die Möglichkeit bieten will, sich von diesem System auf nichts ahnende Mitbewohner fallen zu lassen.

Clint beschwert sich prompt und bezichtigt sie des Rufmords, wenn auch nur halbherzig. Er sitzt zu Phils Füßen, hat seinen Kopf gegen die breite Armlehne des Sofas gelehnt. Hershey liegt eingerollt auf seinem Schoß und schnurrt schläfrig, und Phil streichelt Clint mit derartiger Selbstverständlichkeit übers Haar, dass nicht einmal Tony auf die Idee kommt, eine wie auch immer geartete Bemerkung zu machen.

Er ist auch viel zu sehr damit beschäftigt, im Kopf zu überschlagen, wie viel Geäst er für einen Kratzbaum benötigt, der sich auf ihr bevorzugtes Wohnzimmer beschränkt.

Dann fällt sein Blick auf Steves Gesicht.

Steve sitzt zwischen ihm und Thor auf dem Sofa, wie üblich angezogen wie wandelnde Propaganda für die Vierziger; jedes Haar seines altmodischen Schnitts liegt an seinem Platz, Snickers liegt in seinem Nacken und streckt sich behaglich, und Steve, er … er lächelt.

Aber es ist nicht das breite, leuchtende Zahnpastareklamelächeln, das Tony inzwischen so gut von ihm kennt - es ist ein kleines, vorsichtiges, hilfloses Lächeln.

Ein Lächeln, das Tony inne halten und seine Umgebung genauer in sich aufnehmen lässt.

Natasha, Bruce und Pepper sitzen auf dem zweiten Sofa, mehr oder weniger anständig. Natasha hat ihre Beine über Bruces und bis in Peppers Schoß gestreckt und feilt sich die Nägel, während sie mit Pepper die Möglichkeit diskutiert, ob sich die Maria Stark Stiftung jetzt, da Steve und Thor die Augen der Öffentlichkeit so nachdrücklich auf das Thema gelenkt haben, heimatlosen Tieren zuwenden soll.

Tony ist dafür. Pepper offenbar auch. Natasha begegnet dem Thema mit unerwarteter Leidenschaft. Tony weiß nicht, was die ganze Diskutiererei überhaupt soll, wenn offenbar alle dafür sind.

Thor beteiligt sich an dem Gespräch, wenn er gerade nicht damit beschäftigt ist, Kuchen in sich hinein zu stopfen (Pepper hat ihm innerhalb von fünf Minuten ausgetrieben, mit vollem Mund zu sprechen), indem er Geschichten über die mannigfaltige asgardische Fauna zum Besten gibt. Tony fürchtet, er muss ihm ein handfesteres Haustier besorgen als Kätzchen. Vielleicht einen Rodeo-Stier.

Sein Blick trifft auf Bruces - und bei jedem anderen Mann hätte Tony etwas dazu gesagt, dass er in dieser Form zwischen zwei Frauen auf dem Sofa sitzt; er hätte ihn ein bisschen ausgelacht, hätte ihn damit aufgezogen, aber Bruce … Bruce wirkt gleichzeitig überrascht und so unfassbar zufrieden, dass Tonys Lippen versiegelt bleiben.

Stattdessen lächelt er ihm zu, und Bruce lächelt zurück, hebt leicht die Schultern, als wolle er sich bei ihm entschuldigen. Eine Sekunde lang weiß Tony tatsächlich nicht, wofür. Als es ihm aufgeht, hebt er beide Augenbrauen und zieht Bruce eine übertriebene Grimasse. Als ob er auch nur das geringste Problem damit hätte, dass Bruce sich gut mit Pepper versteht!

Seine Grimasse bringt Bruce zum Schmunzeln, und Tony atmet tief durch und legt Steve den Arm um die Schultern, vorsichtig darauf bedacht, den Kater in seinem Nacken nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Steve lehnt sich sofort an ihn, sein Lächeln vertieft sich unbewusst, wird weniger hilflos und sehr viel wärmer. Tony muss sich arg zusammenreißen, ihm nicht das Haar zu wuscheln.

Er wird es nie öffentlich zugeben, aber Pepper hatte völlig Recht, als sie diese Bande von Wahnsinnigen als seine Familie bezeichnet hat.

Phil ist sich nicht ganz sicher, wie er es ansprechen soll.

Clint hat ihn soeben aus der Badewanne gefischt, und jetzt sitzt Phil im Bett, gehüllt in einen brandneuen Schlafanzug. Er weiß nicht wann, er weiß nicht wie, aber Tony Stark hat offenbar auch ihm Schlafanzüge gekauft.

Entweder lässt Tony diese Schlafanzüge maßanfertigen, oder er verbringt viel, aber wirklich viel zu viel Zeit mit Onlineshopping. Denn genau wie der Rest seiner Mitbewohner auch, hat Phil drei Schlafanzüge bekommen. Der erste ist schlicht und schwarz und sehr edel. Phil ist nach wie vor angenehm überrascht. Der zweite sieht aus wie ein Anzug. Inklusive Krawatte. Phil hätte beinahe die Augen darüber verdreht. Der dritte, welches der ist, den er im Augenblick trägt, präsentiert der Welt eine Kolonie von Pinguinen. Es sind mürrische Pinguine.

Clint wäre vor hysterischem Entzücken beinahe in Ohnmacht gefallen.

Phil räuspert sich verhalten, und Clint, der im Bad damit beschäftigt ist, sich die Zähne zu putzen, steckt den Kopf durch den Türrahmen. „Alles ok?“

Die Zahnbürste hängt ihm aus dem Mundwinkel, sein Oberkörper ist nackt, er ist nach wie vor barfuß, und er sieht so schrecklich verletzlich, so unglaublich … häuslich aus, dass Phil regelrecht schwindelig wird.

„Alles ok“, versichert er Clint mit rauer Stimme.

Clint blinzelt ihm zu, als würde er ihm das nicht so ganz abnehmen, aber er zieht sich kommentarlos ins Bad zurück.

Zwanzig Minuten später kommt er zu Phil ins Schlafzimmer. Er trägt beide Teile seines Schlafanzuges - und Phil kann sich nicht helfen, aber er hat ein Problem damit.

Er kann nur annehmen, dass Clint Rücksicht auf ihn nehmen will. Aber wenn Clint ihn noch viel länger behandelt wie die Prinzessin auf der Erbse, wird Phil vermutlich einen Anfall bekommen.

Er ist weder invalide, noch wird ihn ein halbnackter Mann in seinem Bett überfordern, oder über die Maßen aufregen. Immerhin hat er sich diesen Mann ganz bewusst ins Bett geholt. Vielleicht möchte er ein wenig Aufregung in seinem Leben.

Phil atmet tief durch. „Clint?“

Clint hat sich die Bettdecke bis zur Nasenspitze hochgezogen und blinzelt ihn fragend von der Seite an. „Ja?“

„Hättest du ein Problem damit, wenn ich dich jetzt anfasse?“

Phil mag augenblicklich nur die obere Hälfte von Clints Gesicht sehen können, aber er merkt trotzdem, dass Clint rot wird.

„Problem?“ wiederholt Clint rau, und seine Stimme geht mit der zweiten Silbe des Wortes verdächtig hoch. „Warum sollte ich ein Problem damit haben?“

Phil hebt eine vielsagende Augenbraue. „Das frage ich dich. Du bist derjenige, der sich wie eine katholische Jungfrau vor mir versteckt.“

Clint klappt prompt die Bettdecke runter und enthüllt sich und seinen lilafarbenen Pyjama. „Du sollst dich schonen“, sagt er, und jetzt klingt seine Stimme tatsächlich vorwurfsvoll.

Phil sieht ihn einen Moment lang schweigend an, dann knöpft er sich sein Schlafanzugoberteil auf. Er beobachtet Clints Gesicht, während er einen Knopf nach dem anderen öffnet, und ihm kann nicht entgehen, wie bleich Clint plötzlich wird, wie starr seine Haltung.

Ihm kann nicht entgehen, dass Clint überall hinsieht, nur nicht auf seine Brust. (Er hat bereits vorhin im Bad festgestellt, dass Clint sein Möglichstes getan hat, ihn nicht anzusehen. Vorhin im Bad hat Phil noch gedacht, es sei Clints Art sich in Beherrschung zu üben.)

„Clint“, sagt er leise, versucht, seine Stimme so sanft wie nur möglich klingen zu lassen. „Sieh hin.“

Clint beißt sich auf die Unterlippe und atmet zittrig ein. „Ich …“

Phil nimmt seine Hand und zieht sie auf seine Brust. „Es ist alles ok. Sieh hin.“

Ein Zittern geht durch Clints Körper, aber er tut, worum Phil ihn bittet, dreht leicht den Kopf, richtet seinen Blick auf die makellose Haut unter seinen Fingern.

„Ich hab mir die Videos angesehen“, gesteht er stockend. „Ich hab gesehen, wie … wie Loki …“

Phil legt seine Hand über Clints. „Wer zum Teufel hat das für eine gute Idee gehalten?“

Clint schlägt die Augen nieder. „Ich. Ich wollte … niemand hat mir was gesagt, Phil.“

Phil braucht einen Moment, ehe er versteht. Als es soweit ist, braucht er jede Unze seiner Selbstbeherrschung, um einigermaßen ruhig zu bleiben.

„Niemand hat dir gesagt, dass ich … was passiert war?“

Clint schließt die Augen und nickt.

„Nicht einmal Natasha?“ Phil kann es nicht fassen. Er kann nicht fassen, dass keiner seiner Kollegen, keiner der Menschen, mit denen er jahrelang Seite an Seite gearbeitet hat, über die verdammte Anteilnahme verfügt hat, mit Clint zu reden.

„Sie … sie hat es gewusst, Phil“, sagt Clint leise, hält noch immer die Augen geschlossen. „Was ich … für dich empfinde. Sie hat es immer gewusst. Ich glaube, sie konnte einfach nicht.“

Phil betrachtet ihn einen Moment lang schweigend, versucht, das Argument gelten zu lassen. Es fällt ihm entsetzlich schwer. Natasha neigt nicht zur Gefühlsduselei, lässt sich kaum jemals von ihren Emotionen beeinflussen. Aber sie hat Clint gern. Sie empfindet viel mehr für Clint, als Phil bisher angenommen hatte. Sie mag behaupten, dass sie nach wie vor nicht mehr tut, als ihre Schuld ihm gegenüber abzuarbeiten, aber Phil weiß, dass das die größte Lüge ist, die sie äußern könnte.

„Ok“, sagt er also behutsam. „Natasha bekommt einen Freipass von mir. Alle anderen werden eine gehörige Standpauke von mir erhalten. Inklusive Direktor Fury.“

Die grollend geäußerte Drohung bringt Clint endlich dazu, die Augen wieder aufzuschlagen. „Darf ich dabei sein?“

Sein Grinsen ist größtenteils vorgetäuscht, aber der Ausdruck in seinen Augen ist tatsächlich ein wenig verspielt. Phil zieht ihn enger an sich heran. „Natürlich darfst du dabei sein.“

Clint schnurrt begeistert, seine Fingerspitzen streichen ein wenig mutiger über Phils Brust.

„Darf ich dich jetzt anfassen?“ fragt Phil ihn vorsichtig. Clint nickt langsam. „Jah.“

„Ganz sicher?“

Clint blinzelt zu ihm auf. „Du bist fürchterlich zurückhaltend.“

„Ich nehme mir ein Beispiel an dir, junger Mann. Eine äußerst erfrischende Erfahrung.“

Clints halb ersticktes Gelächter an seinem Hals fühlt sich besser an, als Phil sich auf Anhieb eingestehen kann. Er lässt seine Hände über Clints Schultern gleiten, an seinen Armen entlang, über seinen Rücken.

Es frustriert ihn ein bisschen, außerhalb des Schlafanzuges zu agieren, aber er wird ganz sicher nicht derjenige sein, der Clint entkleidet. Er wird verdammt noch mal warten, bis Clint so weit ist, bis er sich von allein für ihn auszieht.

Bisher macht Clint keine Anstalten, das zu tun. Aber er hat inzwischen auch seine zweite Hand auf Phils Brust gelegt, streichelt zaghaft aber zunehmend selbstbewusst über seine Haut, und das reicht Phil für den Moment völlig aus.

Er drückt einen Kuss auf Clints Schläfe, auf seine Wange, auf seinen Mund. Plötzlich pressen sich Clints Fingerspitzen in seine Haut, und er öffnet den Mund für ihn, im gleichen Moment, als seine Hüften nach vorn zucken.

Phil kann nicht umhin zu registrieren, dass Clint bereits mehr oder weniger hart ist. Er hat Clints Hüften umfasst und enger an seine gezogen, ehe er sich stoppen kann.

Einen Moment lang friert die Welt zwischen ihnen ein, dann fängt Clint an, sich an ihm zu reiben, als gäbe es kein Morgen mehr, küsst ihn mit aufopferungsvoller Hingabe. Phil entkommt ein nicht zu unterdrückendes Stöhnen.

Er drängt seine Zunge in Clints Mund, erwidert seinen Kuss mit ebenso viel Hingabe, während seine Finger sich fest genug in Clints Hüften pressen, um blaue Flecken zu hinterlassen.

Eine Sekunde später liegt er auf dem Rücken, Clint über sich, und er weiß nicht, wer von ihnen dafür verantwortlich ist, er weiß nur, dass Clints Körper über ihm sich viel, wirklich viel zu gut anfühlt.

Seine Hände gleiten wie von allein auf Clints Hintern. Es ist, und Phil hat keinerlei Probleme, sich das einzugestehen, ein wirklich fabelhafter Hintern. Er kann nicht anders, als genüsslich zudrücken.

Clint wimmert praktisch in seinen Mund hinein. Phil lässt ihn augenblicklich los.

Das wiederum animiert Clint dazu, ihren Kuss zu lösen und seinen Kopf anzuheben. „Wage es ja nicht, jetzt aufzuhören.“

Seine Wangen sind gerötet, sein Atem geht stoßweise und flach, und Phils Herz ist der Situation kaum gewachsen. Zum Glück sieht das mit seiner Libido ganz anders aus.

Phil rollt sie herum und kniet sich zwischen Clints Schenkel. Clint liegt unter ihm, blickt aus glänzenden, dunklen Augen zu ihm auf, und Phil muss ihn sofort wieder küssen.

„Nicht aufhören“, wispert er schließlich gegen Clints Lippen. „Ich hab’s verstanden.“

Clint schlingt seine Beine um Phils Hüften und zieht ihn so eng wie nur möglich an sich heran. Phil möchte schwören, dass er sich in seinem ganzen Leben noch nicht so gefühlt hat wie in diesem Augenblick.

Schon gar nicht während er einen Pyjama mit Pinguinen drauf getragen hat.

TEIL 14

fandom: avengers, autor: uena

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