Der Cellist - Teil 41

Jan 09, 2013 12:12

Teil 1 - Teil 40

Das Frühstück hat sein Endstadium erreicht. Das Endstadium des Frühstücks zeichnet sich heute dadurch aus, dass Darcy mit Phil seine Termine für den Tag durchgeht, Natasha und Clint ihre Trainingseinheiten mit Steve planen, und Tony mit Jane und Bruce bespricht, ob sie die Welt ein wenig aufregender gestalten wollen, indem sie sich alle zusammen in ein Labor einschließen.

Thor isst noch. Auch das ein völlig normales Merkmal des Endstadiums. Loki sitzt in ihrer Mitte, zufrieden damit, ihren Plänen zu lauschen und Thors Drängen mehr zu essen zu ignorieren.

Pepper macht das Bild perfekt, als sie in der Tür zur Küche auftaucht. Sie trägt noch Mantel und Stiefel, ist sichtlich gerade erst angekommen. Der Herbstwind hat ihre Wangen gerötet. „Ah, wunderbar - ihr seid alle noch hier.“

Sie verharrt einen Moment lang auf der Schwelle, und Tony erhebt sich augenblicklich von seinem Platz am Tisch, macht einen Schritt auf sie zu. Pepper lächelt ihn an - dann hebt sie die rechte Hand, stoppt ihn durch diese simple Geste in Kombination mit einem angedeuteten Kopfschütteln. „Warte kurz.“

Tony verharrt an Ort und Stelle und hebt beide Augenbrauen in seiner Verwirrung. „Worauf, wenn ich fragen darf? Ich kann dich nicht küssen, wenn du da drüben stehst.“

Pepper lächelt ein wenig breiter, und ein fröhliches Zwinkern tritt in ihre Augen. „Ich habe eine Überraschung mitgebracht.“

„Aus Indien?“ erkundigt Darcy sich mit einer Andeutung von Begeisterung in der Stimme.

„Ist es ein Elefant?“ Clint klingt viel zu sehr, als würde er diese Frage tatsächlich ernst meinen.

„Wir haben hier definitiv schon genug Haustiere“, macht Tony ihn streng aufmerksam. Eine Andeutung von Hysterie tritt in seine Augen, und er wendet sich wieder Pepper zu. „Es ist doch kein Elefant?“

Peppers Gesicht schwankt zwischen Grinsen und Schmunzeln. Sie schüttelt den Kopf und räuspert sich leise. „Meine Überraschung ist hauptsächlich für Bruce. Aber auch ein bisschen für Loki und Clint.“

Bruce blinzelt sie in sanfter Verwirrung an. „Eine Überraschung? Für mich? Pepper, das wäre nicht -“ Er verstummt, als sie sich umwendet und zwei Schritte aus der Küche heraus und zurück in den Flur macht. Sie beschreibt eine lockende Geste mit ihrer Rechten, als würde sie jemanden an sich heran winken.

Schritte ertönen, leicht und doch energisch, und obwohl der Flur vor der Küche halb im Dunkeln liegt, erkennt Bruce sie sofort. Er muss sie nicht klar sehen, muss nicht ihre Stimme hören. Er erkennt sie am Schwung ihrer Hüften, am Fall ihrer Haare, an der Haltung ihrer Schultern.

Bruce stockt der Atem. Sein Herz beginnt zu rasen, und ihm wird ein wenig schwindlig. Das Gefühl ist den Symptomen, kurz bevor er sich verwandelt, nicht unähnlich, und er hat seinen Stuhl zurückgeschoben und ist vom Tisch aufgesprungen, ehe er einen klaren Gedanken fassen könnte.

Sie kommt in die Küche, ein wenig unsicher, aber sie lächelt - lächelt ihn an, streckt ihre Arme nach ihm aus, und er eilt auf sie zu und nimmt ihre Hände in seine, ist inzwischen nahezu völlig atemlos. „Betty.“

Sie ist ein wenig älter geworden, ein wenig schmaler, aber sie ist noch immer genau so schön, wie er sie in Erinnerung hatte - schöner sogar. Es tut so gut, sie zu sehen, dass er davon restlos überfordert ist. Seine Brust fühlt sich an wie eine Schmiedepresse.

„Hallo, Bruce“, erwidert sie, und sie klingt beinahe so hilflos, wie er sich fühlt. Er lässt ihre Hände los und drängt sich in ihre Arme, hält sie fest. Früher hätte er Angst davor gehabt, ihr wehzutun, aber sie hat keine Angst vor ihm, vor keiner seiner Gestalten. Sie ist nicht ein einziges Mal vor dem Hulk zurückgewichen. Sie war die Erste, die der Hulk beschützen wollte.

Betty küsst seine Schläfe, lässt zu, dass er sein Gesicht in ihre Halsbeuge presst und einen tiefen, hilflosen Atemzug nimmt. Es fühlt sich an wie nach Hause kommen, jedes Mal.

„Gott, ich habe dich vermisst“, sagt er rau, richtet sich ruckartig auf, sieht ihr in die strahlenden Augen. „Weiß dein Vater -“

Ihre Miene verliert prompt ein wenig von ihrem Strahlen. „Bruce“, unterbricht sie ihn streng. „Du wirst diesen Moment nicht dadurch ruinieren, dass du das Gespräch auf den General bringst.“

Er duckt leicht den Kopf, schluckt und nickt. „Entschuldige.“

Das Lächeln kehrt in ihre Augen zurück, und sie legt beide Hände an seine Wangen. Einen Moment lang betrachtet sie schweigend sein Gesicht, lässt ihre Daumen an seinen Schläfen entlang streichen, dann beugt sie sich zu ihm vor und küsst ihn mit einer Selbstverständlichkeit, die ihm die Knie weich werden lässt.

„Ich sehe ein, dass das eine absolut fabelhafte Überraschung für Bruce ist“, ertönt Clints Stimme im Hintergrund. „Offenbar kriegen brillante Wissenschaftler die schönsten Frauen und Männer ab - aber ich befinde mich in einer glücklichen gleichgeschlechtlichen Beziehung und ich weiß nicht, wie Loki dazu steht, aber ich weigere mich außerdem, meine Überraschung mit Bruce teilen zu müssen. Ich will meine eigene Überraschung!“

Bruce kann nicht anders, als in den Kuss hinein lachen, und er löst seine Lippen von Bettys und blickt sie entschuldigend an.

„Miss Potts hat mich vorgewarnt“, sagt sie leise, ein verständnisvolles Schmunzeln im Blick.

Bruce legt ihr den Arm über die Schultern und dreht sie zum Küchentisch herum. „Betty - die Familie.“

Sie deutet ein Winken an, sichtlich überfordert von derartig vielen neuen Gesichtern, und Bruce drückt beruhigend ihre Schulter, wendet sich an die Tischrunde. „Elisabeth Ross“, stellt er sie vor.

Tony, da er sowieso schon steht, tritt an sie heran und nimmt ihre Hand, führt eine kleine, drollige Verbeugung aus und küsst ihre Fingerspitzen. „Willkommen in New York und im Haus der Verrückten, Miss Ross. Fühlen Sie sich wie Zuhause.” Er lässt Bettys Hand los und wendet Pepper den Kopf zu. „Darf ich jetzt?”

Sie lächelt und neigt großzügig den Kopf. „Du darfst.“

„Wunderbar.“ Er marschiert auf sie zu, nimmt sie in die Arme und küsst sie. Als er sich wieder aufrichtet, sind Betty und Bruce vom Rest der Familie umzingelt. Er seufzt leise. „Verdammt, Pepper.“

Sie hält darin inne, ihren Mantel aufzuknöpfen und blickt ihn fragend von der Seite an. „Verdammt, Tony?“

Sein Blick ist starr auf Bruces Gesicht fixiert, sichtlich hin und her gerissen zwischen Glückseligkeit und Entsetzen über eine Situation, die er so gar nicht unter Kontrolle hat. „Du weißt, dass wir diese Frau nie wieder gehen lassen können?“

Pepper zuckt gelassen mit den Schultern. „Und?“

Tony lässt erschöpft den Kopf hängen. „Jetzt muss ich tatsächlich einen größeren Küchentisch kaufen.“

Sie blickt ihn liebevoll an. „Der alte war sowieso kaum noch ausreichend, seit Loki zu uns gestoßen ist.“

Tony betrachtet sie aufmerksam. „Ich will Clint kaum in seinen dreisten Forderungen unterstützen, aber wo genau sind die Überraschungen für ihn und Loki?“

Sie zieht ihren Mantel aus. „Betty hat einen Doktortitel in Zellulärmedizin.“

Tony mustert sie fasziniert. „Du bist unglaublich effektiv.“

Pepper zwinkert ihm zu. „Deswegen haben Sie mich eingestellt, Mister Stark.“

„Wie hast du sie gefunden?“

Bruce setzt sich zu Pepper aufs Sofa, und löst seine Augen nicht für eine Sekunde von Betty, die sich angeregt mit Jane und Darcy unterhält. Es zeichnet sich bereits jetzt eine aufkeimende Schwesternschaft zwischen den drei Frauen ab, die Bruce ein wenig nervös macht, wenn er ehrlich ist.

Pepper tätschelt ihm verständnisvoll das Knie. „Sie hat mich gefunden - hat mich in der Zweigniederlassung in Kalkutta angesprochen. Sie wollte wissen ob ... wie es dir geht. Ob du tatsächlich hier eingezogen bist und dich langfristig niedergelassen hast.“

„Was hat sie in Indien gemacht?“ fragt Bruce leise. Pepper fühlt sich versucht, ihm in die Nase zu kneifen.

„Sie hat dich gesucht. Sie hatte dich beinahe ausfindig gemacht, ehe Natasha dich kontaktiert und aus Kalkutta weggeholt hat.“

Bruces Gesichtsausdruck wird ein wenig wehmütig, und Pepper scheucht ihn vom Sofa. „Geh zu ihr! Frag sie und nicht mich! Ich habe Besseres zu tun, als hier den völlig unnötigen Mittelsmann zu spielen.“

Er gehorcht, und wird von Jane und Betty augenblicklich in eine Diskussion über extrazelluläre Matrix und ihre mögliche Signifikanz im Zusammenhang mit Clints und Lokis Bewusstseinsverbindung gezogen.

Darcy beschwert sich auf halber Strecke, dass sie nicht das Geringste verstehe, und Bruce macht es sich zur Aufgabe, es ihr zu erklären.

Sie stützt das Kinn auf ihre Hand, richtet ihre dunklen Augen auf ihn, und fängt nach einer Weile derartig breit zu grinsen an, dass sie ihn damit komplett aus dem Konzept bringt. „Habe ich etwas im Gesicht?“

Darcy klimpert mit ihren Wimpern. „Sie sind einfach nur schrecklich sexy, wenn Sie etwas erklären, Professor.“

Betty blinzelt sie einen Moment lang perplex an, dann schmunzelt sie liebevoll, nimmt Bruces Hand und drückt sie. „Sie hat Recht, weißt du.“

Bruce räuspert sich verlegen, während Darcy in erheitertes Gegiggel ausbricht, und Janes gutmütige Vorhaltungen, Bruce nicht ständig in Verlegenheit zu bringen, geflissentlich ignoriert.

Pepper seufzt zufrieden, erhebt sich vom Sofa und geht zu Natasha hinüber, die sich am Fenster postiert hat und das Geschehen aus sicherer Entfernung beobachtet. „Mit dir alles in Ordnung?“

Natasha zuckt mit den Schultern, während ihr Blick weiter auf Bruce und Betty ruht. „Du hattest angerufen und mich vorgewarnt.“

Pepper mustert sie besorgt. „Das habe ich nicht gefragt.“

Natasha dreht den Kopf und sieht Pepper direkt an. „Er ist glücklich. Er liebt sie.“

Pepper ist ein wenig überrascht, das warme Leuchten in Natashas Augen zu entdecken. „Es tut nicht allzu sehr weh?“

Natasha schnaubt damenhaft und lächelt Pepper beruhigend an. „Höchstens auf die gute Art. Du hast doch gesehen, wie er sie im Arm gehalten hat.“

Pepper nickt unwillkürlich und seufzt. „Ich hab feuchte Augen gekriegt“, gibt sie zu.

„Ich auch“, erwidert Natasha zu Peppers Überraschung. „Mit mir ist also in der Tat alles in Ordnung. Kein Grund zur Besorgnis.“

Clint taucht wie aus dem Nichts an ihrer Seite auf, ehe Pepper etwas dazu sagen könnte. „Was zum Teufel machen wir jetzt Tasha?“

Sie mustert ihn aus dem Augenwinkel, lehnt sich ganz automatisch ein wenig in seine Richtung. „Machen?“

„Na, jetzt, da Bruce ne Freundin hat, können wir nicht mehr in seinem Bett schlafen!“

„Du hast seit ewigen Zeiten nicht mehr bei ihm im Bett geschlafen. Außerdem hast du Phil.“

Clint reckt die Nase in die Luft. „Natürlich habe ich Phil - was nicht das Geringste daran ändert, dass ich bisher noch immer die Option hatte, bei Bruce im Bett zu schlafen!“

„Ich möchte behaupten, die hast du nach wie vor“, mischt Pepper sich mit sarkastisch erhobener Augenbraue ein. „Betty macht einen großzügigen Eindruck auf mich.“

Clint legt seinen Arm um Natasha und zieht sie an sich, lässt seine Hand über ihre Hüfte streichen. „Bist du ok?“

Natasha legt ihrerseits ihren Arm um ihn und drückt ihn dankbar. „Es geht mir wunderbar, Clint. Wirklich.“

Pepper entkommt ein seelenvolles Seufzen. „Ihr Zwei seid herzerwärmend.“

Clint schnaubt empört und zieht Natasha enger an sich, als wolle er sich mit ihrem Körper gegen Peppers unglaubliche Behauptung abschirmen. „Wir sind nicht herzerwärmend, wir sind mysteriös und gefährlich.“

Pepper tätschelt kommentarlos seinen Oberarm und lässt die Beiden am Fenster zurück, geht quer durch den Raum und auf Loki zu, der sich im Hintergrund auf den großen cremefarbenen Sessel gesetzt hat.

Er erhebt sich, als er sie kommen sieht - muss sich zu diesem Zweck von sämtlichen Katzen befreien - und führt ihre Hand an seine Lippen und küsst ihre Fingerknöchel. „Es erfüllt mich mit Freude, dass Sie gesund zu uns zurückgekehrt sind, Miss Potts.“

Sie lächelt unwillkürlich, und muss einen Impuls unterdrücken, ihm das Haar zu wuscheln. Dann nimmt ihr Blick eine nachdenkliche Note an, und sie kann nicht anders, als mit der Tür ins Haus fallen. „Tony sagt, du hast dich bei Bruce entschuldigt?“

Einen Moment lang wirkt Loki ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht, dann nickt er zustimmend. „Das habe ich in der Tat.“

Pepper legt leicht den Kopf schief und sieht ihn geradeheraus an, mildert die potentielle Schärfe ihrer Worte mit einem warmen Lächeln. „Nur bei Bruce? Die Anderen werden sich ausgeschlossen fühlen, weißt du. Du kannst Bruce unmöglich derartig bevorzugt behandeln.“

Jetzt wirkt Loki komplett überfordert. Pepper schließt einen Moment lang die Augen und legt sich ihre nächsten Worte zurecht, ehe sie sich leise räuspert und ihren Blick auf den obersten Knopf seines Hemdes fixiert. „Ich weiß, dass es dir leid tut. Wir alle wissen das. Aber es verlangt Charakterstärke und Mut, sich für seine Fehler zu entschuldigen. Es fällt oft sehr viel leichter zu vergeben, wenn man darum gebeten wird.“

Sie hört ihn einen hastigen Atemzug nehmen, und dann greift er nach ihren Händen, hält sie in seinen, kühl und fest und verzweifelt. „Worte könnten niemals angemessen beschreiben, wie leid es mir tut.“

Seine Stimme klingt aufrichtig und gequält, und Pepper hebt das Kinn an, sieht ihm wieder in die Augen, lächelt beruhigend. „Versuch es trotzdem.“

Seine Hände umfassen ihre noch ein wenig fester, und diesmal ist er derjenige, der seinen Blick senkt. „Es tut mir leid, Miss Potts.“

Sie runzelt leicht die Stirn. „Das ist nicht, was ich gemeint habe. Bei mir musst du dich nicht -“

„Es tut mir leid, dass ich Ihnen den Mann entreißen wollte, den Sie lieben - dass Sie meinetwegen in so großer Sorge sein mussten.“

Ihre Stimme versagt ihr, und sie starrt fassungslos zu ihm auf.

„Es tut mir leid, dass Sie meinetwegen in Angst und Unsicherheit leben mussten, dass ich Verzweiflung in Ihr Leben gebracht habe.“

Pepper schluckt trocken, kämpft gegen unwillkürlich aufsteigende Tränen an. Sie will nicht daran erinnert werden, wie hilflos sie sich gefühlt hat, wie ihr die Panik die Kehle zugeschnürt hat, während sie die Invasion der Chitauri am Fernsehbildschirm mitansehen musste.

Sie will nicht daran erinnert werden, wie sehr sie es hasst, wenn Tony den Anzug anzieht und sich in Gefahr bringt, rücksichtslos und gedankenlos gegenüber seiner eigenen Gesundheit. Aber es ist kaum Lokis Schuld, dass ihr Stolz auf Tony und ihre Angst um ihn in ständigem Widerstreit miteinander stehen.

Man könnte meinen, dass sie sich daran gewöhnt hätte, nach all den Jahren, die sie Tony schon kennt, aber das hat sie nicht. Wird sie vermutlich nie.

Pepper wird sich bewusst, dass Loki auf ihre Hände hinab starrt, sein Blick eine Mischung aus Flehen und Stolz, und sie räuspert sich vorsichtig. „Ich nehme deine Entschuldigung an. Und ich möchte, dass du mich Pepper nennst.“

Sein Blick findet den ihren, und er nickt unsicher. Pepper glaubt nicht, dass sie noch einmal etwas so Ergreifendes sehen wird, wie das kleine dankbare Lächeln, das in seinen Augen aufglimmt. „Wie du wünschst ... Pepper.“

Loki hält noch immer ihre Hände fest - lässt sie allerdings hastig los, als Tony neben ihnen auftaucht und ein nachdrückliches „Ähem!“ verlauten lässt. „Darf ich fragen, was hier los ist?“

Pepper räuspert, blinzelt hektisch und wünscht sich ein Taschentuch herbei. Sie kann nur ahnen, dass man ihr ihre Gefühle an der Nasenspitze ansieht. Glücklicherweise war Tony noch nie sonderlich gut darin, derartige Dinge mitzubekommen. „Ich habe Loki soeben das Du angeboten.“

Tony, entgegen sämtlicher Erwartungen, reicht ihr tatsächlich ein Taschentuch. „Das ist wohl kaum ein Grund in Tränen auszubrechen.“

Er schießt Loki einen vage misstrauischen Blick aus verengten Augen zu, während Pepper sich die Augen betupft.

„Ich habe mich bei ihr entschuldigt“, sagt Loki leise. Pepper hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass er das vor Tony so offen zugeben würde - und wenn man Tonys perplexem Gesichtsausdruck trauen kann, dann hat er noch viel weniger damit gerechnet.

„Für was?“ fragt Tony dann, und Pepper verdreht die Augen über ihn. Wenn es einen komplett ahnungslosen Holzkopf auf Gottes weiter Erde gibt, dann ist das Tony Stark. Sie sendet einen entschuldigenden Blick in Lokis Richtung, aber der ist zu sehr damit beschäftigt, Tony anzustarren, um diesen Blick zu bemerken.

„Ich habe mich dafür entschuldigt, Ihr Leben in Gefahr gebracht zu haben, Mister Stark.“

Loki richtet die volle Intensität seiner Reue auf Tony, und der sieht prompt aus wie ein Kaninchen, das die herannahenden Scheinwerfer eines Autos zu hypnotisieren versucht.

„Es tut mir leid“, sagt Loki leise, „dass ich versucht habe, auch Sie unter meine Kontrolle und die des Zepters zu bringen.“

Tony starrt ihn weiter an ohne zu blinzeln.

„Und es tut mir leid, dass ich Sie aus dem Fenster geworfen habe.“

Tony blinzelt endlich. „Uhm“, sagt er intelligent.

Pepper seufzt. „Bitte artikulier dich ein wenig verständlicher, Tony.“

Tony gerät sichtlich in Panik und fängt hektisch an zu blinzeln. „Piano!“ entfährt es ihm dann explosionsartig. Loki zuckt tatsächlich ein paar Zentimeter vor ihm zurück. „Du darfst mein Piano spielen! Im Notfall kann JARVIS dir sogar erklären, wie’s geht!“

Jetzt ist Loki derjenige, der aussieht wie ein hypnotisiertes Nagetier.

Pepper seufzt. „Das bedeutet, dass er deine Entschuldigung annimmt“, sagt sie an Loki gewendet. Sie runzelt flüchtig die Stirn. „Glaube ich zumindest.“ Sie richtet ein Paar fragender Augen auf Tony.

„Ja, doch, absolut!“ kommt die hektische Bestätigung. „Absolut!“ Seine Augen huschen an Lokis hoch gewachsener Gestalt auf und ab. „Und Pepper kann mit dir shoppen gehen. Meine Hemden passen dir nicht.“

Bruce steht mit Betty in seinem Labor und fühlt sich unerklärlich unsicher.

„Du musst nicht, wenn du nicht willst“, sagt er mit einer Andeutung schamhafter Röte auf seinen Wangen, die ihm Bettys bescheidener Meinung nach äußerst gut steht.

„Ich will aber“, bekräftigt sie also mit einem warmen Lächeln und streckt auffordernd die Hand aus. „Es ist nicht so, als hätten wir sowas noch nie gemacht.“

„Schon“, gibt Bruce zu. „Aber das waren völlig andere Umstände.“

Sie rollt dezent mit den Augen. „Richtig. Die Umstände waren weit schlimmer. Gib mir bitte die Probe, Bruce.“

Er gibt nach und reicht ihr Lokis Blutprobe, und sie platziert sie augenblicklich unter dem Mikroskop. „Vielen Dank.“

Sie sind allein im Labor, und Bruce kann nicht genau sagen, wieso das der Fall ist, hegt jedoch den starken Verdacht, dass ihm von seinen Freunden gerade romantische Zeit zu zweit aufgezwungen wird. Dabei ist das absolut lächerlich. Laborarbeit ist so ziemlich die unromantischste Aktivität aller Zeiten.

Bruce beobachtet Betty dabei, wie sie sich über das Mikroskop beugt und konzentriert hinein blickt, und sein Herz fängt tatsächlich an, ein wenig schneller zu schlagen.

Es war in einem Labor, dass er sie zum ersten Mal gesehen hat, er hat sich in sie verliebt, während sie gemeinsam geforscht haben; hat sich in ihre Intelligenz und ihre Beharrlichkeit verliebt, in ihren Sinn für Humor ... und die ablenkende Art, wie sie sich das Haar hinter die Ohren streicht. Bruce muss sich räuspern.

Vielleicht liegen seine Freunde gar nicht so falsch, was die romantische Zeit zu zweit im Labor angeht.

Betty runzelt derweil die Stirn, richtet sich wieder auf und streicht sich das Haar hinter die Ohren. „Bruce.“

Er blinzelt sie ertappt an. „Betty?“

„Kann ich bitte Agent Bartons Probe sehen?“

„Sicher.“ Er reicht ihr auch Clints Probe, und nimmt einen tiefen Atemzug, als sie sich vorbeugt und ihr das Haar hinter dem Ohr heraus rutscht, nur damit sie es mit einer flüchtigen Geste ihrer Hand wieder zurückstreichen kann.

In Anbetracht der Tatsache, dass er nicht für eine Sekunde seinen Blick von ihr abwendet, kann ihm nicht entgehen, wie sie ein weiteres Mal die Stirn runzelt. „Stimmt etwas nicht?“

„Die Erythrozyten und Thrombozyten sehen normal aus - sowohl bei Loki als auch bei Agent Barton“, sagt sie ernst, ihr Blick noch immer auf Clints Blutprobe fokussiert. „Aber die Leukozyten ...“ Sie richtet sich auf. „Ich kann nicht sagen, ob tatsächlich etwas nicht stimmt, oder ob es am Mikroskop liegt.“

Sie tritt ganz selbstverständlich beiseite, damit auch Bruce einen Blick auf die Blutprobe werfen kann, und er kann nicht sofort sehen, was sie meint. Seiner Meinung nach sehen auch die Leukozyten völlig normal aus.

„Die Farbe“, sagt Betty dann leise. „Sieh dir ihre Farbe genauer an.“

Bruce tut, wie ihm geheißen - und runzelt ebenfalls die Stirn. „Sie sind blau. Sie sollten nicht blau sein.“

Er richtet sich wieder auf, und sieht Betty nicken. „Zumindest nicht bei Agent Barton. Was Loki angeht, kann ich nicht sicher sein, da ich keine Ahnung habe, wie das Blut eines Frostriesen beschaffen sein sollte. Aber wie gesagt - vielleicht liegt es am Mikroskop. Die Verfärbung ist so leicht, dass sie kaum wahrzunehmen ist.“

Bruce nickt zustimmend, nimmt seine Brille ab und fährt sich mit der Hand durchs Haar. Ein paar Sekunden lang starrt er nachdenklich ins Nichts, dann wird er aus seiner Versunkenheit gerissen - durch die simple Tatsache, dass Betty seine Hand nimmt. „Ich hab das vermisst.“

„Vermisst?“ wiederholt er mit einem unsicheren Lächeln, und sie lächelt ebenfalls, nickt. „Vermisst. Du und ich im Labor, bis spät in die Nacht, absurde Theorien diskutierend ... Das hat mir gefehlt. Du hast mir gefehlt.“

„Du hast mir auch gefehlt“, erwidert er ehrlich, und es beunruhigt ihn zu sehen, wie sich ihre Augenbrauen zusammenziehen. „Was ist? Was hast du?“

Sie schüttelt abwehrend den Kopf. „Nichts.“

Er nimmt ihre Hände in seine. „Betty. Bitte. Sag es.“

Sie atmet tief durch, dann sieht sie ihm fest in die Augen. „Du hast nicht versucht, mich zu kontaktieren.“ Sie ist enttäuscht und versucht, es sich nicht anmerken zu lassen, und kurz schnüren die Schuldgefühle Bruce die Luft ab. „Seit ... New York, meine ich. Seit der Invasion. Du hast nicht -“

„Ich wusste nicht wie“, unterbricht er sie hilflos. „Es gibt keine Heilung. Zumindest noch nicht. Vermutlich wird es nie eine geben. Ich kann dir nicht zumuten -“

Diesmal unterbricht sie ihn. „Du hast das nicht zu entscheiden, Bruce. Das ist meine Entscheidung. Und ich will bei dir sein. Immer. Egal, unter welchen Umständen.“

Es ist ihr voller Ernst, war immer ihr voller Ernst, aber zum ersten Mal seit Jahren versetzt diese Tatsache Bruce nicht in Panik.

Er hält noch immer ihre Hände in seinen, und jetzt drückt er sie sanft, sieht ihr in die Augen. „Ich habe nicht vor, wieder wegzulaufen.“

„Gut“, erwidert sie schlicht. „Du würdest auch nicht sonderlich weit kommen, glaube ich. Mister Stark wirkt nicht, als würde er seine Lieben gern außer Sichtweite lassen.“

Bruce schnaubt leise, und wundert sich nicht einmal darüber, wie wenig Zeit es sie gekostet hat, Tonys Charakter einzuschätzen. Sie war ihr ganzes Leben lang von komplizierten Männern umgeben - im Vergleich dazu stellt Tony nun wirklich keine Herausforderung dar.

„Blau“, wiederholt Jane gedehnt. „Die Leukozyten leuchten blau.“

Jane und Tony sind von Bruce und Betty herbei zitiert worden, um den kombinierten IQ-Faktor im Labor endgültig zu sprengen. Tony lehnt mit verschränkten Armen am Labortisch, seine Stirn in beeindruckende Falten gelegt. Jane sitzt mit einer Tasse Kaffee auf ihrem bevorzugten Höckerchen und hat die Nase kraus gezogen.

„Nur ganz schwach“, bestätigt Betty. „Es ist möglich, dass es am Mikroskop liegt.“

„Äh - nein“, widerspricht Tony. „Ich habe dieses Mikroskop gebaut. Es liegt nicht am Mikroskop. Die Leukozyten leuchten blau.“

Bruce muss ein Schmunzeln unterdrücken. „Ok. Kein Fehler des Equipments. Irgendwelche Ideen, woran es liegen könnte, dass die Leukozyten blau leuchten?“

Jane stellt ihren Kaffee beiseite. „Darf ich es mir mal ansehen?“

Betty winkt sie ans Mikroskop heran. „Sicherlich.“

Jane steht von ihrem Hocker auf und tritt an das Mikroskop heran. Betty ist bereits damit beschäftigt, es für sie niedriger zu stellen.

„Wessen Probe sehe ich mir hier an?“ fragt Jane, während sie ihre Haare mit einer Hand im Nacken zusammenfasst und sich vorbeugt.

„Agent Bartons“, antwortet Betty leise, und Jane deutet ein Nicken an. „Ok.“

Sie blickt durch die Linse, blinzelt, verengt leicht die Augen. „Ja, doch, blau. Wenn auch nur ganz leicht. Kann ich jetzt Lokis sehen, bitte?“

Bruce legt die entsprechende Probe unter das Mikroskop und schiebt sie von der Seite an Clints heran, und Jane reißt die Augen auf. „Woah!“

„Was?“ fragen Bruce, Betty und Tony im Chor, und Jane richtet sich ruckartig auf und gestikuliert aufgeregt in Richtung Mikroskop, ohne einen einzigen Ton herauszubekommen.

Betty schiebt sie mit sanfter Gewalt beiseite und beugt sich ihrerseits über die Proben. „Meine Güte!“

„Wenn mir nicht gleich jemand erzählt, was da so aufregend ist, werde ich extrem ungehalten reagieren“, droht Tony ungeduldig.

„Extrem blau!“ bringt Betty fassungslos hervor.

Ihre Erklärung reicht Tony offensichtlich nicht - er schiebt sie vom Mikroskop weg. Ein paar Sekunden lang verharrt er reglos, die Arme noch immer vor der Brust verschränkt, seine Miene hochkonzentriert. „Hm“, macht er misstrauisch, dann zieht er Lokis Blutprobe zur Seite weg, studiert den Effekt ... schiebt sie wieder an Clints heran. „Faszinierend.“

Bruce kann sich nicht helfen - er muss Tony beiseite schieben und seinerseits durchs Mikroskop gucken. Seine Augenbrauen schießen in die Höhe. „Das ... mh ... ist eine ziemlich auffällige Reaktion.“

Er schiebt die Proben hin und her, und beobachtet, wie das Blau der Leukozyten die Intensität wechselt, je nachdem, wie sich der Abstand zwischen ihnen verändert. Er kann Tony nur zustimmen - eine derartige Reaktion ist definitiv faszinierend.

„Ich schätze, wir haben die Ursache für die Verbindung zwischen Clint und Loki gefunden“, murmelt er nachdenklich.

„Wundervoll“, lautet Tonys ironischer Kommentar. „Und jetzt?“

„Es kann kein Zufall sein, dass ausgerechnet die Leukozyten betroffen sind“, merkt Jane an. „Ihre Körper sind offenbar bestrebt, den ... äh ... Fremdkörper zu entfernen.“

„Leider erfolglos“, wendet Betty ein, und macht sich zwischen Tony und Bruce Platz, damit sie wieder durchs Mikroskop sehen kann. Tony drängelt prompt zurück, und das mit einem unverschämten Grinsen, das deutlich sagt, dass er Betty bereits zur Familie dazu zählt. Betty, noch nie sonderlich auf soziale Etikette bedacht, versetzt Tony einen gezielten Stoß mit der Hüfte, der ihn einen halben Meter zur Seite weg katapultiert.

Jane lacht anerkennend.

Bruce hat plötzlich einen Kloß im Hals. Er hätte nicht gedacht, dass es derartig gut tun würde, Betty und Tony so ... selbstverständlich miteinander umgehen zu sehen.

„Ich glaube nicht, dass die Leukozyten die Ursache sind“, sagt Betty derweil ruhig. „Ihre Reaktion ist lediglich ein optisches Symptom des Problems.“

Ein kollektives Seufzen der Verzweiflung geht durchs Labor.

„Wenigstens wissen wir jetzt, dass die Verbindung stärker ist, je näher sie einander sind“, wendet Jane ein, sichtlich darauf bestrebt, die Stimmung zu heben.

„Das wussten wir vorher auch schon.“ Tony hegt offensichtlich keinerlei derartige Bestrebungen.

Janes Kopf ruckt in die Höhe. „Ich werde Erik anrufen und ihn fragen, ob er auch Symptome zeigt. Falls nicht, dann wissen wir wenigstens mit Sicherheit, dass es an der physischen Nähe zwischen Loki und Clint liegt. Falls doch ... haben wir ein neues Problem.“

Damit ist sie aus dem Labor gerauscht, und Tony zieht eine leichte Grimasse. „Ich kann nicht fassen, wie ... dämlich wir uns in dieser Angelegenheit anstellen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Antwort direkt vor unserer Nase liegt.“

Betty schließt einen Moment lang die Augen. „Ok. Dann muss ich mich offensichtlich nicht schämen, die Frage auszusprechen: Was hat die Verbindung ausgelöst? Sie wird ja kaum einfach so vom Himmel gefallen sein.“

Tony zieht die Stirn kraus. „Loki hat sein Zepter benutzt. Eine Art Zauberstab, der mit einem Edelstein besetzt ist, Zwillingsstück zum Tessaract, oder so ähnlich. Leuchtet ... blau.“

Bettys Miene wird völlig leer. „Ach so?“

Tony wirkt sichtlich unbehaglich, und Bruce weiß, wie er sich fühlt. „Äh. Ja. Leuchtet blau“, bestätigt Tony ein weiteres Mal.

„Und niemand hielt es bisher für nötig, das zu erwähnen?“ Bettys Stimme hat den Tonfall angenommen, den sie sich früher für unfähige Laborassistenten aufgehoben hat, und reduziert Tony damit augenblicklich auf einen zerknirschten Fünfjährigen.

„Wie peinlich“, bringt er hervor und reibt sich die Stirn.

Bruce hebt beide Augenbrauen. „Es kann doch kaum derartig einfach sein.“

Betty seufzt. „Wo ist dieses Zepter jetzt?“

Tony und Bruce tauschen einen fragenden Blick. „Uhm“, macht Tony hilflos.

Betty stöhnt leise auf.

„Das Tessaract hat Thor mit nach Asgard genommen“, sagt Tony hilfreich. Betty sieht aus, als müsse sie sich zurückhalten, seinen Kopf zu tätscheln.

Jane kommt zurück ins Labor geweht. „Erik geht’s vergleichsweise gut - keine Alpträume ... zumindest keine über Lokis Vergangenheit.“ Sie registriert sofort die veränderte Stimmung, verharrt an Ort und Stelle und blickt sich um. „Was ist hier los?“

„Ah, Jane“, begrüßt Tony sie mit übertriebener Erleichterung. „Du weißt nicht zufällig, wo Lokis Zepter abgeblieben ist?“

Sie blickt besorgt in die Runde. „Doch. Weiß ich. Thor hat gesagt, er habe sich mit Fury auf einen Kompromiss geeinigt, und SHIELD das Zepter im Austausch für das Tessaract überlassen.“ Sie wirft einen weiteren unsicheren Blick in die Runde. „Wieso?“

„Ich soll Fury anrufen“, wiederholt Phil langsam. „Er soll das Zepter ausliefern.“

Tony, Jane, Bruce und Betty sind in sein Arbeitszimmer eingefallen, als gebe es kein Morgen mehr - und Phils ganz natürliche Reaktion auf einen solchen Überfall ist lähmende Bürokratie. „Darf ich fragen, wieso?“

„Clint!“ sagt Tony energisch, „Blaues Leuchten!“ lautet Janes atemloser Beitrag.

Phil hebt beide Augenbrauen und richtet einen fragenden Blick auf Bruce, der sich unbehaglich räuspert.

„Wir gehen davon aus, dass das Zepter nach wie vor als Katalysator für die Verbindung zwischen Agent Barton und Loki dient“, antwortet Betty an Bruces Stelle. „Immer vorausgesetzt, dass SHIELD es nicht zerstört hat. Vielleicht wissen Sie Genaueres?“

Phil runzelt die Brauen. „Das tue ich nicht. Leider. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es zerstört worden ist. SHIELD neigt nicht dazu, Dinge zu zerstören, die sie nicht verstehen. Es ist schließlich immer möglich, dass irgendwann Nutzen aus diesen Dingen gezogen werden kann.“

Er seufzt, streckt die Hand nach seinem Telefon aus und hält inne. „Ihr seid euch sicher?“

„Wir sind Wissenschaftler“, sagt Tony spöttisch. „Wir sind uns niemals sicher. Aber für Clint bin ich geneigt, das Risiko einzugehen, und mich mit Fury anzulegen.“

Phil sieht Bruce zustimmend nicken, und ihm läuft ein warmer Schauer über den Rücken. „Da sind wir schon zu dritt.“

„Ich bin bereit, ihm Thor auf den Hals zu hetzen“, sagt Jane kriegerisch.

Phil schmunzelt und nimmt sein Telefon zur Hand. „Ich werde es ihm ausrichten.“

Die Anwesenden nehmen den Hörer in seiner Hand zum Anlass, das Zimmer zu verlassen - nur Betty bleibt einen Moment zurück, richtet ein Paar ernster, brauner Augen auf ihn. „Ich erinnere mich an Sie.“

Phil räuspert sich unbehaglich. Er war derjenige, der Miss Ross debriefen sollte, nachdem der Hulk in seinem Kampf gegen Viktor Blonski halb Harlem auseinander genommen hatte.

Wie so oft, wenn es um die Avengers geht, war er dabei nicht sonderlich erfolgreich. „Ich erinnere mich ebenfalls an Sie, Miss Ross.“

Sie beißt sich auf die Unterlippe und schlägt die Augen nieder. „Es tut mir leid, dass ich versucht habe, Ihnen die Nase zu brechen.“

Phil räuspert sich leise. „Berufsrisiko.“

„Wenn ich gewusst hätte, wer Sie sind -“

Phil nimmt einen scharfen Atemzug. „Und wer bin ich, Miss Ross?“

Sie hebt ihre Augen wieder zu ihm an. „Bruces Freund.“

Einen Moment lang weiß Phil ehrlich nicht, was er darauf erwidern soll. Dann räuspert er sich. „Das war damals kaum der Fall.“

Sie blinzelt, und die Fältchen in ihren Augenwinkeln werden deutlicher, als sie zu lächeln beginnt. „Trotzdem kein Grund, Ihnen die Nase zu brechen.“

Phil deutet ein Schulterzucken an. „Sie haben es ja nicht geschafft. Und ich nehme Ihnen den Versuch keineswegs übel. Ich weiß, wie es ist, wenn man jemanden mit allen Mitteln beschützen will.“

Sie nickt, und ihr Blick wird ernst. „Ich werde Ihnen dabei helfen, so gut es geht, Agent Coulson.“

Er liest in ihrem Blick, was sie ungesagt lässt: dass Clint gut für Bruce ist; dass sie Teil dieser Familie sein möchte; dass sie tatsächlich ein wenig Angst vor seiner Ablehnung hat.

„Phil“, korrigiert er sie leise, und sie lächelt wieder. „Betty.“

Damit ist alles Wichtige gesagt, und er scheucht sie mit einem Winken aus dem Zimmer. Erst, als die Tür sich hinter ihr geschlossen hat, drückt er die Schnellwahltaste mit der Nummer des Direktors.

Fury ist nicht amüsiert. Zunächst mal hatte ihm bisher niemand von der Verbindung zwischen Loki und Clint erzählt, und dieser Umstand allein nimmt mehrere Minuten der hitzigen Diskussion in Anspruch.

Fury traut Loki nicht so weit, wie er ihn werfen könnte, eine Gemütshaltung, die Phil ihm nicht wirklich vorwerfen kann.

„Mir drängt sich der Verdacht auf, dass das hier von Anfang an Lokis Plan war, um das Zepter zurück in die Hände zu bekommen“, sagt Fury düster, und Phil kneift die Augen zu.

„Bei allem Respekt Sir, aber nein, das war er nicht. Er war keine Sekunde lang an dem Prozess beteiligt, der zu der Schlussfolgerung geführt hat, dass wir es benötigen.“

„Sie können mir nicht einreden, dass die Situation Ihnen nicht an die Nieren geht, und Sie alles tun würden, um sie aus der Welt zu schaffen, Coulson. Dafür kenne ich Sie zu lange.“

„Sie geht mir an die Nieren“, gibt Phil bereitwillig zu. „Sehr sogar. Genau wie sie Clint an die Nieren geht. Und Loki.“

„Er ist ein Trickster“, erinnert Fury ihn streng. „Er macht Ihnen etwas vor.“

Phil atmet tief durch. „Er hat sich entschuldigt.“

Sprachlose Stille liegt in der Leitung.

„Wie bitte?“ brummt Fury schließlich.

„Er hat sich entschuldigt“, wiederholt Phil gelassen.

„Und Sie nehmen ihm ab, dass er das tatsächlich ernst meint?“ erkundigt Fury sich höhnisch.

Phil macht ein strenges Gesicht. „Allerdings. Denn er hat sich aus eigenem Antrieb bei Bruce und Pepper entschuldigt. Das hat etwas zu sagen, Direktor, ob Sie es nun wahrhaben wollen oder nicht. Es ist nicht leicht, sich zu entschuldigen - eine Hemmung, mit der Sie vertraut sein sollten. Sie zum Beispiel haben sich noch immer nicht bei mir dafür entschuldigt, meine Captain America Sammelkarten -“

„Jaja, schon gut“, unterbricht Fury ihn ungeduldig. „Was genau wollen Sie mit dem Zepter?“

Phil ist einen Moment lang still.

„Sie wollen es zerstören, hab ich Recht?“ Fury klingt, als habe er sich bereits damit abgefunden.

„Wahrscheinlich schon“, gibt Phil zu.

„Auf den Verdacht hin, dass es die Wurzel des Problems ist.“

„Es ist ein ziemlich solider Verdacht, Direktor.“

TEIL 42

fandom: avengers, autor: uena

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