Fandom: Griechische Mythologie
Prompt: Apoll x Ares | things you said with no space between us
no space between us
»Wir sind eine ganz und gar grandiose Geschichte«, lacht Apollon. Den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen so blau wie der Himmel über euch, steht er da und inszeniert sich selbst. Er kann nicht anders; tut nichts anderes seit Jahrhunderten. Kaum einer von euch ist so sehr ein Gott der Ästhetik wie er.
Der Westwind entreißt ihm den Rauch, der seinem Mund entweicht, und weht ihn dir mitten ins Gesicht. Du spürst Apollons Atem dahinter, sein pochendes Herz unter deinen Fingern. Mit einer Hand hebt und senkt er die Zigarette; die andere liegt auf deiner Schulter, um dich an Ort und Stelle zu halten. Eine überaus hässliche Symmetrie, findest du. Gleichzeitig ist sie treffend genug, dass du darüber lachen würdest - wenn dir nur danach zumute wäre.
Doch das ist es nicht. Du hast nie eine Geschichte sein wollen, nicht nur eine von vielen selbstzerstörerischen Gewohnheiten, die einem Gott ohnehin nichts anhaben kann. Was du willst, ist: Ihn zu treffen. Ihm etwas anzuhaben und ihn zu erreichen, wie es seit Jahrhunderten niemandem gelungen ist. Du versuchst es, mit mehr Worten als nötig und deinem rauen, ungeübten Lachen und mit deinem Mund an seinem und deinen Händen auf seiner Haut.
Es reicht nur nie. Du prallst ab an dem Schleier aus Rausch und Hochgefühl, der ihn wie ein Kranz gebündelter Sonnenstrahlen umgibt. Ein Zwinkern, ein Grinsen - und all deine Bemühungen sind beiseite geschoben.
Vielleicht merkt er nicht, wie sehr dich das trifft. Vielleicht ist es ihm auch gleichgültig. Und an Abenden wie diesem ziehst du die dritte Möglichkeit in Erwägung: Dass er dich verletzen möchte, weil du es wagst, ihm nahe zu kommen. Dass er dich leiden und verstummen und aufgeben sehen will. Denn letzten Endes ist er ein Gott und ist es immer gewesen und ihr Götter seid vieles, aber ganz gewiss nicht gut.
Es ist bloß, dass er seine Grausamkeit geschickt versteckt. Sie liegt vergraben unter leuchtenden Locken und einem Lachen aus Musik; verbirgt sich irgendwo zwischen den langen, viel zu schlanken Fingern. Geschaffen für die Lyra, würde Dionysos sagen. Ewig trunkener Dionysos. Er ist ja auch nicht dabei gewesen, als Mutter Gaia selbst unter dem Tod ihrer Tochter gezittert und gewütet hat.
Du schon. Dir ist immer klar gewesen, dass das nicht das erste Werk eines einfachen Musikers und Dichters gewesen sein kann. Deswegen, hast du gedacht, weißt du es besser, als Apollon zu unterschätzen. Aber es ist schwierig, in seiner Gegenwart auf der Hut zu sein. Vor allem hier, in einer Stadt, in die ihr nicht passen wollt, und in Kleidern, die jeden göttlichen Glanz verbergen.
Dein Fehler. In all der Zeit hättest du lernen müssen, dass er gefährlich ist, selbst wenn er verlorener wirkt als jemals zuvor.
Die goldene Stimme ist sein Bogen, er zieht Sätze wie Pfeile und jeder trifft dich mitten ins Herz, schnürt dir die Kehle zu: »Die Sonne und der Krieg, Licht und Dunkelheit. Doch, das ist eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden. Auf dass sie Lieder und Gedichte darüber schreiben, wenn sie schon nicht mehr an uns glauben.«
Er nickt in den Himmel hinein, ehe er dich ansieht. Seine Finger lösen sich von der Zigarette, um sich im nächsten Moment an deine Wange zu schmiegen. Es sind große Worte, die er benutzt; groß und leer und so verdammenswert friedlich. Lieder und Gedichte? Wenn du einen Beweis dafür gebraucht hättest, dass er gar nicht wirklich dich sieht, sondern nur das, was du für ihn bist: Hier hättest du ihn.
Aber eigentlich, wenn du ganz ehrlich bist, hast du das schon lange gewusst. Es tut nur trotzdem weh - zu hören, wie er es unbekümmert ausspricht. Mag seine Gegenwart auch noch so beruhigend auf dich wirken: Am Ende kümmert es ihn nicht. Mal löscht er das Feuer, das dich von innen heraus zu verbrennen droht, und mal entfacht er es leichtfertig von neuem, ohne dass es ihm leid täte.
Der Schmerz darüber setzt sich in dir fest und nagt an dir, bis deine Finger sich verkrampfen. Heiße, brodelnde Wut überkommt dich und lässt dich seine Berührung abschütteln.
Du kennst sie. Dein Leben lang begleitet sie dich schon; ist die eine Konstante, um die du nie gebeten hast. Genau wie die kreisenden Gedanken, die Kampfeslust, die Reizbarkeit. Jahrelang hast du sie niedergerungen und mit dir gehadert, hast die Hände zum Himmel geworfen und die übrigen Götter verflucht.
Doch das ist längst Vergangenheit. Du hast andere Gründe gefunden, ihnen deine Verachtung und deinen Hass entgegen zu schleudern. Deswegen kannst du den Zorn hier und jetzt begrüßen; denn vor dir steht Apollon und er ist wie die gottgewordene Verkörperung aller Arroganz und Selbstgerechtigkeit der Olympier.
Und du wirst diesen Teil seiner selbst niemals durchbrechen können. Gleichgültig, wie tief du die Hand in seinem Haar vergräbst und wie bestimmt er dich an die Wand in deinem Rücken drängt: Er bleibt ungreifbar für dich, unbeeinflusst, unverändert.
Du siehst ihn an und siehst doch nur all die Dinge, denen du entkommen wolltest. (Du siehst ihn an und weißt, dass du trotz allem zu ihm zurückkommen wirst. Immer.)