Am Dienstagmorgen nach wenig Schlaf und guter Vorbereitung für das letzte Interview begann also der Marathon bis nach Spanien. Und zwar so:
Aufstehen, Paket fertigpacken, bügeln, zur Post, um eine Rechnung zu bezahlen, telefonisch den Paketabholservice für den Abend bestellen, Ausdrucken der Vorbereitungen im Convenience Store, auf ins Abgeordnetenhaus, Gespräch, danach Verabschiedungen in einigen Büros und ab in die Parlamentsbibliothek. Am Tag zuvor war nämlich das Kopieren des letzten Aufsatzes in einer anderen Bibliothek daran gescheitert, dass das entsprechende Buch nicht im Regal stand. Dann, wie sollte es auch anders kommen, darüber ärgern, dass ausgerechnet am letzten Tag die bekloppte Bibliothek mit ihrer bekloppten Copy Right Policy nur die Hälfte des benötigten Aufsatzes zu kopieren bereit war - natürlich trotzdem für 25 Yen pro Seite. Also verzweifelt zwei Ausländerin angesprochen, um Hilfe gebeten und gemeinsam vergeblich versucht, das gerade abgegebene Buch mit halb kopiertem Aufsatz auf den Ausweis der freundlichen Schweizerinnen auszuleihen, um die zweite Hälfte kopieren zu lassen. Schließlich habe ich das Angebot erhalten, die zweite Hälfte später noch kopiert und per Post zugesandt zu bekommen - ja, diese schreckliche Bibliothek fördert wenigstens die Nächstenliebe unter den leidenden Nutzern. Also tausendmal bedankt und abgedüst, denn ich musste noch für die abdendliche Party einkaufen und am besten vor den ersten Gästen zuhause ankommen. Daher gleich weiter: Einkaufen für eine Kochparty mit 10 Gästen - letztlich hätte es für 20 gereicht, aber mein Mitbewohner hat sich über die restlichen Lebensmittel gefreut - , rechtzeitig mit Einkaufstüten am Bahnhof ankommen, um den ersten Gast einzusammeln und gemeinsam mein trautes Heim anzusteuern. Dort feststellen, dass es nicht selbstredend ist, dass mein Mitbewohner die Mousse au Chocolat, welche er reizenderweise für den Abend sponsorn wollte, doch bitte fertig haben sollte, bevor ich die Küche zum Kochen benötigte. Also ein Kochlager im Esszimmer eröffnen, zwischendurch nochmal Freunde vom Bahnhof abholen, dann in recht großem Chaos kochen, Wein trinken und mit den Freunden quatschen, die nach und nach eingetroffen waren. Ich hatte nichtmal Zeit zum Umziehen und in meinem Zimmer sah es aus, als sei eine Bombe eingeschlagen, denn die Zeit, die ich eingeplant hatte, um zwischen Einkauf und Besuch die endlich getrocknete Kleidung und den restlichen Kram in den Koffer zu packen, war ja in der Bibliothek draufgegangen. Das Zimmer habe ich also lieber nicht gezeigt und für Anzug und Bluse habe ich mich einfach mit Komplimenten überhäufen lassen. Alles halb so schlimm. Aber hatte ich da nicht was vergessen??? Ja, das Paket, auf dessen Packvollendung im Morgengrauen ich ja so stolz war und das nun in voller Pracht im Hauseingang auf seine Abholung wartete. Die japanische Post, die ich so gerne lobe, enttäuschte mich auch diesmal nicht. ... Telefon ... "Guten Tag, hier spricht der Paketservice! Ich soll bei Ihnen ein Paket abholen. Ich bin in 20 Minuten da. Ist das ok?" ... als sei es nicht schon hervorragend genug, dass man am Morgen die Abholung am Abend zwischen 19 und 21 Uhr bestellen kann ... "Ja bitte!" ... zwanzig Minuten später ... netter Postmann vor der Tür, ich mit Paket, Paket ohne Paketschein, netter Postmann holt Paketschein ... "Hier, wissen Sie, wie Sie das ausfüllen müssen?" "Ja klar." "Gut. Aber ich habe noch viel zu tun und wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich in der Zwischenzeit weitere Kunden aufsuchen und um 20.30 Uhr wiederkommen. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis!" ... Verständnis???? ... "Selbstverständlich, haben Sie vielen Dank!" Also in Ruhe zwischen den kochenden und trinkenden Gästen den Zettel ausgefüllt und nach einem erneuten Anruf und weiteren 15 Minuten Paket, Paketaufkleber, geliehenen Kugelschreiber und entsprechenden Betrag - Abholung natürlich kostenlos - an den netten Herren übergeben. Das nächste Mal nehme ich ein Video für die Deutsche Post auf. Aber genug davon. Inzwischen hatten die eisern durchhaltenden Helfer in der Küche alles fertig und wir konnten den Tisch decken, essen und weiter gemütlich feiern. Als nach einem schönen Abend bis auf die zwei Gäste, die über Nacht blieben, alle auf dem Heimweg waren, war auch endlich Zeit zum Kofferpacken und Aufräumen, während der nette Mitbewohner und die beiden Gäste die Reste in der Küche beseitigten. Schließlich noch zu dritt bei Pflaumenwein den Abend ausklingen lassen und dann schnell eingeschlafen, denn am nächstem Morgen musste die eine Freundin zeitig zur Uni und ich zum Flughafen. Schlafen, aufstehen, noch schön frühstücken, Bettwäsche waschen, durchsaugen, letzte Spuren beseitigen und natürlich duschen, damit die Uni und die Fluggesellschaft uns auch reinlassen würden. LOS! Den 25 Kilo schweren Koffer hat natürlich der Gentleman (der zweite Freund) die Treppe hinunter getragen und zum Bahnhof gezogen. Dann allein weiter zum Flughafen, einchecken, letzte Emails, erste Tränen, ins Flugzeug fallen, Tränen trocknen und die durchschnittlichen 5,5 Stunden Schlaf der letzten drei Wochen auf den fast 12 Stunden Flug etwas aufstocken. 12.30 Uhr Abflug, 17.30 Uhr Ankunft in Frankfurt, 19.00 Uhr weiter nach Hamburg, denn mein Flug wurde ja im Rahmen des Sportaustausches mitgebucht. 20.00 Uhr Ankunft, weiter zum Dammtor, natürlich nicht ohne Schienenersatzverkehr, und ab in den Zug nach Berlin. Ankunft um 23.00 Uhr, dort Gepäck, Verstand und Verantwortung an den nächsten Gentleman übergeben und im Halbschlaf nachhause gefahren. Zuhause gleich den Koffer auspackt und die Hälfte zur Weiterverarbeitung für den Spanienkoffer wieder bereitgelegt. Das Zusammenpacken im gleichen Koffer hat wieder der Gentleman übernommen, während ich nach dem Duschen ins Bett gefallen bin. Morgens aufstehen, frühstücken und zum Flughafen fahren, mittags nach Madrid, dort die vier Stunden Wartezeit wie fest vorgenommen nicht etwa vertrödeln, sondern schön in die Innenstadt fahren. Dann nach einem letzten Weiterflug in Malaga abgeholt werden und nach 45 Minuten Autofahrt abermals ins Bett fallen. Und so waren die drei Monate Japan vorbei, fast wie im Flug vergangen. Wer mich kennt, weiß, wie wohl ich mich in bei dem Abenteuer und dem damit verbundenen Stress der letzten Wochen und des letzten Tages gefühlt habe. Ganz recht ... pudelwohl! Und über das verdiente Luftholen berichte ich morgen.
DANKE!