Für Exotismen muss man nicht ins Ausland denken!

Aug 10, 2011 10:05


Seit über 6 Jahren lebe ich nun in Berlin, aber manche Dinge habe ich bis heute nicht verstanden und soeben wurde ich wieder daran erinnert. Ob es nun an Berlin liegt oder an der Großstadt oder daran, dass früher alles besser war, ich weiß es nicht. Es geht um das Thema Treppeputzen.

In meiner Heimat, in unserem kleinen Mehrfamilienhaus mit fünf Mietparteien, gab es selbstverständlich einen Treppendienst, den die Parteien abwechselnd wahrnahmen: Treppe fegen, Treppe feudeln (wischen), Geländer abwischen und natürlich Fußabtreter am Baum vor der Tür ausklopfen. Nun ist das Konzept des abwechselnden Treppeputzens nicht mal in einem so kleinen Mehrfamilienhaus wirklich beständig und für noch größere Häuser scheint ein bezahlter Putzdienst sinnvoll, um Streitigkeiten zu vermeiden. Auch in Berlin haben wir einen solchen. Das weiß ich gut, denn er pflegte eine Zeit lang, um 6 Uhr morgens mit dem Feudel gegen die Tür zu bollern. Es ist aber natürlich gut, dass wir ihn haben. Das einzig seltsame ist, dass das Ausklopfen der Fußmatten kein Bestandteil seiner Arbeit zu sein scheint. Die Ausklopfbarkeit von Fußmatten wurde hier offensichtlich noch nicht überliefert. Soeben wurde mir das wieder ins Bewusstsein gerufen. Das passiert genau einmal im Jahr und nie weiß ich, was ich dazu sagen soll. Diesmal war sogar eine ältere Dame beteiligt, am Wandel der Zeit kann es also nicht liegen. Sie klingelte und sagte sehr höflich in schönem Berlinerisch, welches hier aber nicht wiedergegeben werden kann: "Guten Tag, könnten Sie vielleicht ihren Läufer reinnehmen, wir machen hier Grundreinigung!" Genau das gleiche Paradoxon wurde mir vor einem Jahr an den Kopf geworfen. Fußmatte IN Wohnung? Treppeputzen OHNE Fußmatten? Ich stand auch ebenso ratlos da wie vor einem Jahr und wusste nicht, ob ich mich veralbert fühlen sollte, ob ich vielleicht rumpöbeln sollte oder vielleicht aufwachen. Irgendwie schien die nette Frau aber das gleiche Problem zu haben, als ich fragte, ob die Matten nicht irgenwie auch Bestandteil der Grundreinigung seien. Sind sie wohl nicht. Die Frau schien nicht zu wissen, dass man Fußmatten ausklopfen kann. Bleibt noch die Frage, warum man nicht einfach alle Fußmatten stapeln und unten in eine Ecke legen kann, um sie nach dem Putzen wieder auszulegen, anstatt bei jeder Wohnung zu klingeln und um das Einsammeln der Fußmatten zu bitten. Vielleicht liegt es am Respekt vor dem Eigentum anderer (Putzfrau: "Das dürfen wir rein rechtlich gar nicht!"), eher wohl aber daran, dass es bei den sandgeladenen Fußmatten nicht nur eine logistische, sondern auch eine extreme körperliche Anstrengung bedeuten würde.
Previous post Next post
Up