Kapitel 14 - Nightmares
3 Stunden später
*Deans POV:*
Ich fuhr mit dem Impala den Highway entlang. Immer Richtung Süden. Ich hatte keine Eile, wusste ich ja nicht mal, wo genau ich hinwollte. Dieser Crowley könnte überall stecken und Bobby war schon immer besser im Aufspüren von Dämonen als ich gewesen.
Ich genoss die Fahrt, das Fenster war herunter gekurbelt und der Wind strich mir durchs Gesicht. Es war ungewöhnlich warm für Anfang Dezember, doch mir sollte es recht sein.
Vor 10 Minuten hatten wir die Grenze zu Iowa überquert. Cas saß direkt neben mir und obwohl ich es gewohnt war mit Sam zusammen zu fahren, so war es mit Cas doch komplett anders. Es ist ruhiger. Cas hatte seitdem wir losgefahren waren vielleicht drei Worte mit mir gewechselt. Nicht, dass ich etwas dagegen hatte stillschweigend zu fahren. Es war mir sogar recht. Ich mochte einfach das Gefühl, wie die Straße unter meinen Füßen hinweg zu gleiten schien. Doch auch und das machte mir nun doch etwas Angst, mit Cas zu reden wäre ich nicht abgeneigt gewesen. Obwohl es mir immer noch peinlich war, was passiert war und ich mir aus ganzem Herzen wünschte, es wäre nie geschehen, so schien doch etwas in mir zu Cas zu wollen. Ein kleiner Stich meines Gewissens folgte auf die Halbwahrheit. Aus ganzem Herzen… nein eher größtenteils. Denn ein kleiner Teil von mir schwelgte bereits wieder in den Erinnerungen, wie schön es mit Cas gewesen war und wie stark ich mich zu ihm hingezogen gefühlt hatte. Doch als wir fertig gewesen waren und ich wieder Blut in meinen oberen Etagen gehabt hatte; da wusste ich nicht einmal so genau, wie ich in so eine Situation gekommen war. Wieso es mich so tierisch angemacht hatte von Cas berührt und geküsst zu werden. Ich schüttelte kurz den Kopf, als ob ich damit alles vertreiben könnte.
Ok, vielleicht hatte ich vor 4 Stunden mein erstes schwules Abenteuer in meinem Leben gehabt und vielleicht hatte ich es genossen. Doch einmal ist keinmal. Und ich werde ganz sicher nicht noch mal so außer Kontrolle geraten.
3 Stunden Später
Immer noch war kein Wort gefallen. In dem Impala herrschte Ruhe. Nur das unregelmäßige Schnurren und gelegentliche Aufheulen des Motors, wenn ich beschleunigte, war zu hören. Cas war in eine eigenartige Starre gefallen. Er saß nun schon seit Stunden in derselben Position, wie eine Statue. Sein rechter Arm war gegen die Tür gelehnt, während sein linker locker auf dessen Schenkel ruhte. Sein Blick war aus dem Fenster gerichtet und wirkte abgedriftet, als ob er tief in Gedanken versunken war. Er trug noch immer mein schwarzes Shirt, also waren seine Arme frei. Das hieß; jedes Mal, wenn ich die Gangschaltung betätigen musste, streifte ich unweigerlich seinen Arm. Die Spannung, die sich dabei entlud, lief mir sofort in den Magen und schien all die schlafenden Schmetterlinge zu wecken. Doch das war nicht das Einzige. Ich erwischte mich dabei, dass ich alle paar Minuten zu Cas blickte. Schaute, ob er noch da war. Und jedes Mal, wenn ich in sein nachdenkliches Gesicht schaute, sprang mein Herz etwas höher.
GOTT, Dean! Reiß dich am Riemen! Tadelte ich mich selbst und konzentrierte mich wieder auf die Straße. Plötzlich knurrte mein Magen und erinnerte mich daran, dass er schon seit einer Ewigkeit nichts mehr bekommen hatte. Ich griff automatisch zum Handschuhfach und holte einen der Schokomüsliriegel raus, die noch drinnen waren. Als ich das Handschuhfach wieder schloss, fühlte ich etwas. Castiel hatte seine Hand auf meinen Unterarm gelegt. Ich schaute ihn an, doch er sah mir nicht in die Augen. Sein Blick galt nur dem Arm der über seinen Schoss schwebte und dessen Hand diesen streichelte. Verträumt und abwesend strich er darüber.
SHIT! Ich konnte nicht anders, ich schloss meine Augen und ließ die Wärme durch meinen Arm gleiten, die Castiels Hände aussandten. Spürte, wie sie von seinen Hände direkt in meinen Arm und meine Schulter hoch kroch. Ich merkte, wie Leben in meine Hose kam. Mein Schwanz zuckte mehrmals und das war‘s für mich. Panisch riss ich meine Hand wieder zu mir rüber, dabei geriet der Impala heftig ins Schleudern, doch nach einer Schrecksekunde hatte ich ihn wieder unter Kontrolle.
Mein Blick war stur auf die Straße gerichtet. Ich wollte Cas jetzt nicht ansehen. Ich war zu feige. Ich wusste, ich könnte es nicht ertragen, die Enttäuschung in den großen blauen Augen zu sehen. Zu wissen, dass ich ihn schon wieder verletzt hatte.
Mit den Zähnen riss ich die Verpackung auf und spuckte den Rest des Papiers raus aus dem Fenster. Während ich den Schokoriegel aß, bemerkte ich, dass mein Arm immer noch kribbelte. Moment? Wurde das stärker? Tatsächlich, mit jeder Sekunde, die verging, spürte ich deutlicher das Kribbeln, wo Castiel mich berührt hatte, wo seine warme große Hand gewesen war, mich gestreichelt hatte.
Ich zählte in meinen Kopf bis zehn und versuchte, meinen Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Es scheiterte kläglich. Das Kribbeln war immer noch da und juckte, als wollte es erst aufhören, wenn Cas’ Hand wieder an „Ort und Stelle“ war. Nun und was meinen Schwanz betraf. Der stand bereits auf Halbmast und ich rutschte unruhig hin und her um irgendwo in der Denim Platzt herzuzaubern, doch vergeblich. Kurz sprangen meine Augen von der Straße und riskierten einen Blick zu Castiel, der einen undefinierbaren Ausdruck im Gesicht hatte. Doch das war nicht, was mir Sorgen machte. Er schaute mich an. Direkt, als ob er gerade erst bemerkt hatte, dass ich neben war. Ich ignorierte es.
1 Sekunde.
2 Sekunden.
3 Sekunden, ich checkte, ob er mich noch immer anschaute.
4 Sekunden, jap, immer noch.
5 Sekunden, ok, jetzt macht mir Cas langsam Angst.
10 Sekunden.
Mir platzte der Kragen. Ich fuhr an den Standstreifen und stellte den Motor ab. Dann drehte ich mich zu Cas um und sah ihm direkt ins Gesicht und versuchte ruhig zu reden.
„Ok, Cas, was zur Hölle ist los mit dir!?“, fragte ich mit festem Unterton.
Castiels Augenbrauen zogen sich leicht zusammen.
„Was soll mit mir sein?“, kam seine Antwort und Castiels Blick huschte über mein Gesicht, als ob er dort irgendetwas finden würde, was mich so verärgerte.
„Woher soll ich das wissen, doch erst sprichst du kein Wort mit mir und das für geschlagene 6 Stunden Fahrt durch die Einöde.“
„Ich habe nachgedacht“, fiel Cas mir ins Wort. Ich dachte er würde sich gleich wegdrehen, erwartete diese so typisch menschliche Bewegung. Doch Cas sah mich weiterhin an. Gebannt von irgendetwas. Ich fasste mir an die Nase und strich mir kurz über das Gesicht. Vielleicht hatte ich ja irgendetwas drin kleben oder so.
„Wolltest du etwa reden?“, fragte Castiel plötzlich.
Ich nahm meine Hände vom Gesicht. Sah skeptisch in Castiels Augen.
“Gott! Cas‘ Blick ist ja noch schlimmer als Sams. Diese großen, neugierigen und fragenden und glitzernden- Nein das denk ich nicht gerade!“, brachte ich mich wieder zur Vernunft.
„Ähm, nein, nicht wirklich, also versteh das jetzt nicht falsch.“
„Warum sollte ich das falsch verstehen?“
Ich fasste mir an die Schläfe, massierte sie kurz, um meinen ansteigenden Kopfschmerzen entgegenzuwirken.
Mann, Cas kann echt anstrengend sein… Gut, wenigstens kann ich bei ihm nicht ins Fettnäpfchen treten… nicht, dass er es bemerken würde.
„Schwamm drüber“, winkte ich ab und wollte gerade den Motor starten, als Cas mich erneut fragte.
„Warum wolltest du nicht reden, Dean?“ Er sah aus dem Fenster, während er sprach, und als er endete, blickte er mich neugierig an.
Ich ließ den Zündschlüssel los und sackte zurück in den Fahrersitz. Ich begegnete Castiels fragenden Blick. Ich war neugierig: Warum fragte Cas mich das?
„Hm, nun, ich mag es auch mal, wenn es still ist. Dass ich nachdenken kann. Und ich rede sowieso nie gern beim Auto fahren. Meistens reichte mir nur die Straße und mein Auto mit guter Musik“, erwiderte ich und brachte am Ende sogar ein ehrliches Lächeln zustande.
Und ich traute meinen Augen kaum, als ich sah, wie Cas mich breit angrinste.
„Was?“, fragte ich nervös. Warum zur Hölle war ich denn nervös?
„Das mach ich auch gerne“, erwiderte Cas, der immer noch grinste.
Ich war nun verwirrt. „Du magst meine Musik?“
„Nein, ich mag es auch Nachzudenken. Einfach mal für mich zu sein.“ Castiel bekam einen merkwürdigen Blick . Er starrte in die Ferne und ich sah beinahe etwas wie Heimweh in seinen Augen. Dann grinste er mich an.
„Ich denke, wir haben wohl doch etwas gemeinsam.“
„Scheint so“, erwiderte ich grunzend, doch auch ich lächelte nun. Cas konnte sich an den komischsten Dingen erfreuen. Wir sahen uns lächelnd an. Keiner brach den Blickkontakt. Irgendwann, und ich schob das auf den wohl schlechten Schokoriegel, setzte mein Gehirn wieder ein, und ich stellte mir die Frage, warum wir uns eigentlich anlächelten...
Ich schaute weg. Plötzlich kamen mir wieder Cas’ Worte in den Sinn.
„Wir haben doch etwas gemeinsam.“
Ich runzelte die Stirn.
Versuchte Cas etwa mit mir zu flirten? Dieser Gedanke war so abstrus, dass ich den Satz sogar lautlos mit meinen Lippen aussprach. Doch nein, es machte immer noch keinen Sinn.
Als ich zu Cas schaute, strahlte dieser immer noch. Strahlte mich an. Gut, es machte Sinn…
„Ähm, ok, das erklärt, warum du nichts gesagt hast. Doch warum hast du mich so angestarrt?“
Cas war verwirrt. Ich sah es ihm an. Dieser Blick wenn ihm etwas so komplett unverständlich war.
„Das ist eine dumme Frage“, kommentierte Cas einfach nur.
„Was? Nein ist es gar nicht!“ stritt ich ab.
„Und du solltest gar nicht anfangen dich über dumme Fragen zu beschweren.“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und boxte Cas kumpelhaft gegen die Schulter.
„Ich bräuchte bis nächste Woche würde ich deine „dummen“ Fragen auflisten wollen.“
Cas Grinsen verschwand nicht. Doch ich sah, dass er auf einmal besorgt war.
„Ja, vermutlich hast du recht.“ Cas lachte kurz auf und schaute auf seine Hände.
„Ich geh dir vermutlich viel zu oft auf die Nerven.“ Sein Ton wurde unsicher.
Ich sah es und packte ihn mit meinen rechten Arm freundschaftlich an der Schulter und schlug ein paar Mal sanft darauf.
„Ja, das tust du definitiv.“ Cas’ Blick weitete sich. Doch bevor er in Panik verfiel, fuhr ich fort.
„Doch macht dir nichts draus, ich helf’ dir gern bei deinen Fragen.“ Als ich sah, wie Cas wieder anfing zu strahlen, bei diesen Worten, machte mein Herz einen Sprung. Nur kurz doch es reichte um die Schmetterlinge in mir zu wecken. Mein Arm lag noch immer über Castiels Schulter. Drückte sanft zu. Erst als ich spürte, wie die Wärme und das Kribbeln anfingen an meinen Fingerspitzen hinauf zu krabbeln, zog ich meinen Arm weg. Mir wieder vollends bewusst wie nah ich Castiel schon wieder aufgerückt war… und wie gut es sich wieder angefüllt hatte… verdammt!
„Also Cas, warum ist es eine dumme Frage? Sag mir, warum hast du mich angestarrt?“
Cas seufzte wie ein Erwachsener, der einem Kind das Offensichtliche zeigen sollte.
Er drehte den Kopf zu mir und schaute mich direkt mit diesen zum niederknien blauen Augen an
„Dean, ich habe dich angeschaut, weil du wunderschön bist.“
Ich spürte, wie langsam aber stetig die Hitze hoch in meinen Kopf kroch. Sich ausbreitete und förmlich pulsierte und meinen Kopf in ein tiefes scharlachrot verwandelte.
„I-, ich, du…. WAS!?“ kam es brabbelnd von mir.
„Dean, ich sagte ich habe dich angeschaut, weil-“
„Jaja, ich hab dich schon verstanden aber…“ fiel ich ihm ins Wort. Gott, wie konnte Cas mir sowas ins Gesicht sagen… ich meine nen Kerl sagt keinem anderen Kerl, dass dieser „wunderschön“ ist. Dennoch konnte ich nicht abstreiten, dass es mir nicht gefallen hatte. Die Schmetterlinge drehten Formel eins Rennen in meinen Bauch.
Wieso? Wieso verdammt musste mir das passieren!?
Ich schlug wütend gegen das Lenkrad. Mein Frust schwellte ab. In Angst ich könnte mein Baby verletzen nahm ich mich zusammen und streichelte sie zärtlich.
Was war schon so schlimm dran? Cas fand mich halt hübsch. Ich war doch nicht prüde und er meinte das sicher nicht so, wie man es normal verstehen würde.
Plötzlich sah ich, dass Cas‘ Hand ganz nah an meiner Wange war. Ich zuckte zurück, doch Cas ließ sich nicht beirren. Er legte sie einfach sanft gegen mein Gesicht.
„Und ich finde, wenn sich dein Kopf so einfärbt“, er strich zärtlich über meinen Wangenknochen und leckte sich wohl unbewusst über seine Lippen, „dann macht dich das nur noch begehrenswerter.“
Mein Herz hatte soeben den Turbogang eingeschaltet. Wie ein Presslufthammer schlug es in meiner Brust und ich konnte nur noch schwer schlucken.
Ok, er meint es tatsächlich *SO*! Ich griff nach seiner Hand und wollte sie lösen. Wollte wieder die Kontrolle über mich haben. Doch ich schaffte es nicht. Stattdessen hatte ich nun seine Hand umschlossen und genoss einfach, wie sie weich gegen meine Haut gepresst war. Ich driftete ab und schloss sogar meine Augen. Cas machte keinerlei Anstalten, mich zu unterbrechen. Er ließ mich gewähren.
Ich erwachte aus meiner Starre, als ich spürte wie ich stahlhart wurde. Ich blickte kurz in meinen Schritt und sah, wie sich mein Ständer mehr als deutlich gegen den Stoff wölbte.
Scheiße! Was tat ich hier? Ich nahm Castiels Hand von meinem Gesicht und justierte mich wieder halbwegs im Sitz. Ich konnte Cas nicht in die Augen sehen. Es war so peinlich, Gott. Ich startete den Motor und fuhr los. Kurz nachdem wir wieder auf der Straße waren, schaute ich zu Cas. Er hatte wieder diesen verträumten und nachdenklichen Gesichtsausdruck.
Ich räusperte mich kurz.
„Danke, du weißt schon…“, brabbelte ich viel zu leise und undeutlich, doch als ich sah, wie Cas anfing breit zu grinsen, während er nach draußen schaute, wusste ich: Er hatte mich sehr gut verstanden. Ich sagte nichts mehr. Fuhr einfach nur weiter. Versuchte das Gefühl in mir zu ignorieren, dass in mir nagte und anschwoll. Das Gefühl, dass Cas mehr als nur ein Abenteuer sein könnte. Doch wie das so war mit Dingen, die man versucht zu ignorieren, konnte ich den Rest der Fahrt an nichts Anderes denken.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~Castiel sah auf seine Hand, die eben noch Deans Gesicht berührt hatte. Doch was ihn viel mehr beschäftigte war, was Deans Worte danach waren
‚Er hat danke gesagt.‘ Ein Lächeln umspielte Castiels Lippen, als er realisierte, dass Dean es gefallen hat, als Castiel ihm gesagt hatte, was er fühlte. Was Castiel in ihm sah. Sie fuhren noch eine Weile. Dann als sich Dean mehrmals die Augen reiben musste und schon fühlte, dass seine Lider schwerer wurden, hielt er Ausschau nach dem nächsten Motel. Es dauerte nicht lange und er fuhr den Impala auf den Parkplatz des Lucky Star Motels.
„Ok, Cas, Schichtende. Ich brauche Schlaf. Wir fahren morgen weiter.“
Dean schaute nervös zu Castiel und stieg dann zögernd aus. Castiel folgte Deans Beispiel. Dean schloss den Impala ab. Er nahm nur seine Brieftasche mit den falschen Ausweisen. Die Reisetasche würde er nicht benötigen für die Nacht. Er ging zur Rezeption. Castiel folgte ihm. Wie immer blieb er viel zu dicht neben Dean stehen. Ihre Schultern berührten sich und Dean konnte die Wärme spüren, die Castiel aussandte.
‚Hmmm, Ich hätte nie gedacht, dass ich mal froh sein würde, dass Cas nichts von persönlichen Raum hält.‘, ging es Dean schlagartig durch den Kopf, bevor er sich stoppen konnte.
Ehe er sich selbst wieder fassen konnte, kam auch schon der Rezeptionist.
„Jaaah?“, gab der junge Mann wieder. Er kaute auf einem Kaugummi und dementsprechend war auch seine Aussprache.
„Ähm, ein Zimmer für die Nacht.“
Der Mann griff nach einem Schlüssel.
„Kingsizebett?“
Dean, der schon gar nicht mehr überrascht war, hatte keine Kraft und Muße sich aufzuregen. Er wollte einfach nur ein paar Stunden schlafen und Morgen wieder weiterfahren.
„Ja, passt schon“, sagte Dean und griff die Schlüssel. Dann steuerte er schnellen Schrittes das Zimmer an.
Castiel, der alles beobachtet hatte und still gewesen war, um Dean nicht schon wieder zu blamieren wie letztes Mal, folgte ihm aufgeregt.
Er hätte Luftsprünge machen können, so glücklich war er.
‚Dean hat sich nicht aufgeregt als der Mann das Doppelbett vorgeschlagen hatte. Heißt das, dass wir Es jetzt wiederholen? Heißt das, ich darf ihn wieder berühren, ihn spüren und küssen?‘
Es kribbelte überall in Castiel vor Aufregung. Seine Hand zitterte in Erwartung.
‚Dean rennt ja fast schon. Er kann es wohl kaum erwarten.‘ In Castiel startete ein Feuerwerk der Euphorie. Castiel glaubte, noch mehr, und er würde den Boden unter den Füßen verlieren.
Sie erreichten die Zimmertür. Dean stoppte und drehte sich zu Castiel um. Dann legte er seinen Handrücken über Castiels Stirn und die andere Hand gegen dessen Wange.
„Geht es dir gut? Du fühlst dich nicht schlecht oder schwindelig?“
Castiel seufzte unter der Berührung und schloss die Augen. Deans Hände waren unglaublich sanft. Geradezu zärtlich berührten sie seine Haut.
„Nein. Mir geht es super“, erwiderte Castiel träumerisch.
‚Dean sorgt sich um mich. Er will, dass es mir gut geht.‘ Castiel öffnete seine Augen und sah in Deans.
„Gut, ok.“ Dean nahm die Hände von Castiels Gesicht und gab ihm ein Klaps gegen dessen Schulter
„Dann sehen wir uns morgen, ja? Und mach keine Dummheiten.“
Damit machte Dean die Zimmertür auf und verschwand darin. Castiel, der gerade folgen wollte sah nur noch wie die Tür vor seiner Nase zu ging. Er hörte das Ratschen einer Kette und wie das Schloss zu fiel.
Er war ausgesperrt.
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Dean knallte die Tür zu und schob schnell das Vorhängeschloss zu. Seine Hände zitterten und er zögerte die Tür zu verlassen. Schnell ließ er noch den Bolzen ins Schloss fallen.
‚Gott, Cas muss mich für ein Riesenarschloch halten!‘ Dean strich sich fahrig durch seine Haare und bewegte sich schnell von der Tür weg.
‚Verdammt, dabei mach ich das nur, um mich von ihm fernzuhalten. Gott, eben war es fast schon wieder soweit gewesen. Ich wollte ihn so gern in den Arm nehmen, mich fallen lassen, mich auffangen lassen…‘ Als Dean sein Spiegelbild erblickte, wurde ihm schlecht.
‚Ich wollte doch nicht mehr so denken. Das muss aufhören und zwar JETZT SOFORT!‘, schrie sich Dean innerlich an.
Er atmete einmal tief ein und ruhig wieder aus. Dabei schluckte er all diese Gedanken, Gefühle und Verlangen hinunter. Sperrte sie in eine Kiste. Eine Kiste, die schon viel zu voll war. Doch Dean wusste, wie man Platz schaffte, um noch etwas rein zu bekommen. Er setzte sich aufs Bett und legte seine Brieftasche und Schlüssel auf den Nachttisch. Dann zog er seinen Flachmann aus der Jacke und nahm einen großen Schluck. Er stellte ihn zu den anderen Sachen auf den Nachttisch. Dann zog er seine Lederjacke aus und streckte sich einmal ausgiebig, dass seine Knochen kurz knackten. Dean schaute auf das Kissen und Angst ergriff ihn. Er wollte nicht schon wieder schlafen, wollte nicht wieder zurück. Doch auch dafür war etwas da. Dean griff erneut nach dem Flachmann und leerte ihn um die Hälfte.
‚Morgen brauch ich bestimmt auch etwas, ich lass mir lieber noch was drinnen.‘
Dann spürte Dean wie der Scotch in seiner Kehle hinunterrannte und wohlige Wärme in seinen Magen brachte. Dean merkte wie es ätzte, aber auch wie es ihn beruhigte.
‚Das Ding ist wirklich ein Alleskönner.‘
Damit ließ sich Dean in die Kissen gleiten. Er machte sich nicht die Mühe sich weiter Auszuziehen. Er legte sich einfach in Jeans und T-Shirt aufs Bett. Dann langsam driftete er in seinen gefürchteten Schlaf… zu seinen Alpträumen.
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Castiel stand noch einige Minuten vor der Tür, unsicher, ob das eben wirklich passiert war.
‚Hat Dean mich wirklich ausgesperrt? Er weiß doch, wie ich für ihn fühle, er weiß, dass ich ihm nahe sein will. Und die Autofahrt. Die Ankunft hier, alles. Es war gut. Ich habe diesmal nichts getan. Nichts, was Dean nicht genossen oder ihn blamiert hat.‘
Langsam ließ Castiel seine Finger über das Holz gleiten, das ihn von Dean trennte.
‚Es ist kein Hindernis… doch Dean will mich nicht da drin haben. Ich soll nicht bei ihm sein.‘
Betreten schritt Castiel von der Tür weg. Er ging zu dem Grillplatz des Motels und blieb vor einer Steinbank stehen.
Wut kroch in ihm hoch. Seine Hände ballten sich wie von selbst zu Fäusten.
‚Dean hat mich wohl wörtlich genommen. Engel brauchen keinen Schlaf. Also kann ich dann einfach hier draußen warten bis Dean wieder rauskommt?!‘
Castiel schloss seine Augen und legte den Kopf in den Nacken, versuchte dieses Gefühl, diese Wut, unter Kontrolle zu bringen.
Doch das Einzige, was geschah, war, dass er wieder auf sich selbst wütend war.
‚Ich habe wieder zu viel gewollt… diese Berührungen. Dean wollte das nicht, er ist noch nicht bereit und ich dränge ihn. Ich bin ja so dämlich!‘
Die Wut schien seinen Körper zu verlassen. Er öffnete die Augen und der Mond war nur noch als dünne Sichel zu erkennen. Vor Castiels Augen kamen die Erinnerungen an die Autofahrt hervor. Wie Dean ihn berührt hatte. Wie er sich in seine Hand gelegt hatte. Wie er gestottert und rot geworden war.
Mit einem Mal rauschte wieder diese Wut in Castiel. Nichts war vergessen. Nichts war seine Schuld.
‚Warum tust du mir das an Dean?! Warum tust du dir selbst das an?! Ist es so falsch, dass ich dich berühre?! Ist es so falsch, dass alles, was ich mir wünsche, ist, dir Geborgenheit zu geben?!‘
Castiels ganzer Körper zitterte nun. Und er konnte sich nicht mehr halten.
‚Dean sagt er will mich und zwei Augenblicke später bin ich wie die Pest für ihn! Er denkt nur an sich selbst. Dean, DEAN, DEAN!! Wieso gehst du mir nicht endlich aus meinem Kopf!!!‘
Während diesem letzten Gedanken war Castiel ausgerastet. In seiner Rage hatte er blindlings auf die Steinbank getreten, welche krachend und knackend in zwei Hälften zerbrach. Im schummrigen Licht der Straßenlaternen sah man seine sich langsam ausbreitenden Flügel. Bedrohlich weiteten sie sich aus, nur um Augenblicke später zuzuschlagen. Die Lichter der Laternen explodierten noch im selben Herzschlag. Funken stoben weit heraus und übersäten Castiels Körper und Gesicht. Sein Gesicht, von Zorn und Enttäuschung gezeichnet.
‚Wie komme ich von dir wieder los Dean? Wie?‘
Castiel wusste nicht, ob es die Dunkelheit war, die ihn nun umgab oder dass er einfach nur zu schwach war. Doch plötzlich fühlte er, wie er zu Dean hingezogen wurde. Jede Faser seines Körpers schrie nach Dean, wollte zu ihm. Castiel verzweifelte.
‚Er will mich doch nicht! Wieso kann ich mich nicht damit abfinden?!‘
Doch der Drang blieb, unerbittlich bohrte er weiter. Castiel glaubte auf einmal Dean zu hören. Wie er stöhnte. Wie er flüsterte. Doch es war anders. Alles war anders. Er bemerkte, dass er kein Verlangen spürte. Dieses allseits präsente Gefühl, was er bei Dean immer hatte.
Eiskalt traf Castiel die Erkenntnis.
Dean war in Gefahr!
Ohne nachzudenken sprintete Castiel zum Zimmer. Er blieb vor der Tür stehen und legte sein Ohr daran. Er hörte wie Dean stöhnte. Wie er bettelte, um Hilfe.
Castiel zögerte nicht mehr. Er spannte kurz seine Flügel und in der nächsten Sekunde war er im Zimmer.
Dean lag auf dem Bett und wälzte sich unruhig von einer Seite auf die andere. Seine Augen waren zugekniffen und Castiel konnte sehen, wie die Augen sich hektisch unter den Lidern bewegten.
„Nein, nicht! Ich will nicht, lasst mich!“, stöhnte Dean undeutlich.
Castiel war sofort bei dem Bett und er versuchte Dean irgendwie zu beruhigen.
‚Er hat einen Alptraum. Ich muss ihn beruhigen. Sollte ich ihn wecken?‘
Deans Atmung wurde immer hektischer. Als ob er vor etwas davonlaufen wollte.
*Deans POV:*
Schon kurz nachdem ich in den Schlaf gefallen war spürte ich es wieder. Den Sog, der mich unerbittlich in die Tiefe riss. Ich spürte, wie der Boden sich unter mir auftat. Ich versuchte mit allen Mitteln mich hier zu halten, an der Oberfläche. Meine Hände kratzten am Boden und ich krallte mich mit all meiner Kraft fest. Doch es war wie immer vergeblich. Ich wurde hinab gezogen und fiel.
Fiel zurück in die Hölle, nach Hause.
Ich schlug auf und kurz umfing mich Schwärze. Das Erste, was ich wieder vernahm, war das Tropfen. Wie ein Regenschauer, der nie endete. Große und schwere Tropfen plätscherten herab. Die Luft war erfüllt von dem Geruch und Geschmack nach Eisen. Doch nur kurz, bis wieder das altvertraute verbrannte Fleisch sich dazu mischte.
Meine Lider flatterten kurz und ich sah auf einen Tisch… nein es war ein Folterreck. Wie vom Skorpion gestochen sprang ich auf und wollte nur weg davon.
Nein, ich kann nicht schon wieder nur geträumt haben… nein, ich, verdammt wieso? Wieso kann es nicht wahr sein?
„Na Deano? Bist du wieder wach? Ich habe erneut erlesene Seelen für dich.“
Ich drehte mich um und sah in die Fratze von Alistair. Sein Gesicht, sollte man es so nennen, war eine einzige Landschaft aus Narben. Er hatte eine Glatze, aus denen nur vereinzelt kleine Spitzen aus Horn hervorstachen. Seine Augenlider und Lippen waren entfernt. Seine Zähne schärfer als die eines Vampirs. Und seine Augen waren allseits weiß. Dieses schreckliche grausame Weiß.
„Oder willst du nicht mehr? Wir können dein Arrangement auch gerne rückgängig machen.“ Alistair trat näher an Dean heran. Und flüsterte nun mit seinen lippenlosen Mund gegen Deans Ohr.
„Ich muss zugeben, ich vermisse deine Schreie… deinen Schmerz, du warst mein Meisterwerk!“, säuselte Alistair. Mir lief es kalt den Rücken runter. Nein, auf das Reck zurück? Nie mehr, ich hatte genug.
„Nein, gib mir, was du da hast.“
„Hm, immer so… BEGIERIG!“, schmatzte der Dämon genussvoll und klatschte sich in die Hände. Dann zog er sie herbei. Ein Mädchen, höchstens 15 Jahre alt. Sie schrie und kämpfte, doch gegen den Griff des Dämons konnte sie nichts ausrichten. In Sekunden war sie auf das Reck geschnallt und Dean umkreiste sie. Überlegte, wie er sie foltern sollte, wie er sie foltern musste.
„Komm schon, TU ES!“ Alistair schob mir meine „Instrumente“ zu.
Ich griff nach den Instrumenten, doch meine Hände zitterten. Ich wollte das nicht mehr, ich konnte das nicht.
Alistair war sofort bei meiner Seite
„Hm, heute keine Lust aufs schneiden und spreizen? Hm?“
Dean schüttelte Alistair ab. Ging zum Kopf des Mädchens.
„Nein ich, ich…“
„Oh- Dean“ sang Alistair in einem grausamen Ton.
„Du willst wohl doch wieder aufs Reck.“
Nein, nichts lässt mich da zurückkehren. Nichts!
Ich stellte mir einen Hebel vor und er erschien. Ich zog ihn an und unter dem Reck öffnete sich eine Wanne mit hochkonzentrierter Schwefelsäure. Ich betätigte die kleine Winde und das Reck wurde langsam heruntergelassen. Immer näher zur totbringenden Säure.
Es tut mir so leid, ich, ich…
Ein dumpfes Rufen ließ mich innehalten. Fern hallte es in meinem Kopf.
„Dean wach auf!“
Die Stimme war tief und stark. Sicher. Ich wusste, da wo diese Stimme war, war ich sicher. Doch als ich wartete, dass die Stimme erneut kam, wurde ich enttäuscht. Bevor Alistair mich bestrafen konnte, machte ich weiter. Schließlich tauchte ich das Reck in die Säure ein. Es war geneigt somit waren die Füße zuerst dran.
Die Schreie begannen augenblicklich. Grell und hoch kamen sie aus ihrer Kehle und brannten sich in meine Seele ein. Verbrannten ein weiteres Stück zur Unkenntlichkeit. Doch ich hörte nicht auf, sie weiter in das Säurebad zu lassen. Erbarmungslos setzte ich meine Folter fort. Während das Mädchen sich heiser schrie. Sie strampelte und zuckte, versuchte mit aller Macht den Schmerzen zu entkommen. Doch ohne Erfolg. Unerbittlich war sie an das Reck gebunden, welches sich nun bis zu ihrer Brust in die Säure begab. Ihre Schreie erstarben, als die Säure ihre Lungen zerfraß. An ihren Knöcheln war kaum mehr Fleisch dran und man sah bereits die weißen Knochen. Sie biss sich ihre Lippen durch und Blut strömte hervor. Noch mehr Blut.
Dann kam die Stimme wieder.
„DEAN!!!“, hallte es diesmal lauter und ich hielt inne. Doch diesmal hatte Alistair keine Geduld.
„Mach weiter!“, brüllte er und seine Stimme donnerte in der Halle entlang, schien die Andere zu verdrängen. Ich wollte weitermachen, doch die Stimme in meinem Kopf gab nicht auf.
„Dean! Was ist mit dir!? Warum wachst du nicht auf!? Komm zurück! Bitte!“ Und diesmal traf es mich wie ein Schlag in den Magen. Heftig breitete sich das Gefühl der Wärme in mir aus. Ich fühlte wieder. Seit so langer Zeit. Ich wollte weiter der Stimme folgen, doch schon traf mich die Stahldornen besetzte Peitsche Alistairs und zerfleischte meinen Rücken in einem einzigen Hieb. Ich brach in die Knie und meine Hand rutschte ungünstig von der Winde. Das Reck krachte augenblicklich in das Säurebad. Und das Mädchen war nun komplett bedeckt. Sie öffnete ihren Mund für einen stummen Schrei doch nur mehr Säure kam ihr in die Lunge und Magen. Sie wurde jetzt auch von innen heraus verätzt. Ihre Haut schälte sich ab und schnell erstarben ihre Bewegungen. Schließlich löste sich mit einem klaren *Plopp* einer der Augäpfel und trieb an die Oberflächliche. Der Sehnerv war auch noch teilweise verbunden und schlängelte sich wie eine Geißel im Wasser.
Doch der Schmerz in mir war nichts im Vergleich zu der Euphorie über das zuvor erlebte Gefühl.
Ich stand wacklig auf und versuchte, weg zu kommen von der Folterbank. Wollte zu der Stimme.
Die Stimme, die in mir etwas geweckt hatte, fern ab von Schmerz und Hass.
Ich duckte mich unter Alistairs nächsten Schlag weg und da war sie wieder, die Stimme, warm und sanft diesmal: „Komm schon! Du bist in Sicherheit, es wird dir Nichts geschehen!“
Die Sicht verschwamm vor meinen Augen und es begann sich alles zu drehen. Alistair schien auf einmal drei Köpfe gewachsen zu sein. Ich stützte mich an der Wand ab. Nein, keine richtige Wand. Die gab es hier nicht. Ich spürte das faulige Fleisch, als meine Hand sich gegen den Torso stützte. Einer von vielen, welche meterhoch gestapelt waren. Ihre Köpfe fehlten. Und ihre Gliedmaßen waren aufgeschlitzt und aus den Wunden quoll Blut und Eiter hervor, welche an den „Wänden“ herunter flossen und sich in der knöcheltiefen Brühe am Boden vermischten. Als ich nach oben schaute, um meinen Schwindel zu beruhigen sah ich das Drahtnetz, was zwischen den „Mauern“ gespannt war. An ihm hingen die fehlenden Köpfe und sie waren der Ursprung des schweren Regens, der die Luft mit Eisen erfüllte und die Folterkammer in Blut tränkte. Die Stimmen Alistairs und die des Fremden wurden schlimmer. Immer mehr vermengten sie ineinander. Und je mehr sie das taten desto schlimmer wurden meine Kopfschmerzen und das Drehen. Bis schließlich alles begann auf mich einzustürzen. Die Leichenberge wollten mich begraben. Doch immer wieder war da ein Flackern und ich sah etwas gänzlich Anderes. Sah eine Holzdecke. Sah einen Mann, der auf mich herabschaute. Es waren nur Blitzeindrücke, welche sich immer wiederholten und das immer schneller aufeinander. Doch eins konnte ich festhalten bei dem Chaos.
An Eines konnte ich festhalten.
Diese blauen Augen. Voller Sorge um jemanden. Ich wusste, wenn ich da hinkomme, wo diese Augen sind. Dann bin ich sicher. Dann bin ich frei.
Ich spürte bereits wie das Gewicht der Torsos mir die Luft aus den Lungen presste und in dem Moment riss ich meine Augen auf und sah einen grellen Blitz. Meine Umgebung zerschmetterte förmlich und ich saß aufrecht in einem Bett, in einem Raum, den ich nicht kannte.
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Dean war mit einem Schrei hochgeschreckt und saß nun starr und aufrecht im Bett. Castiel war neben ihm. Eine Hand auf Deans Rücken gelegt. Die andere fuhr hastig über sein Herz. Dieses schlug heftiger und schneller, als es Castiel jemals erlebt hatte.
‚Das kann nicht gut sein!‘
Deans Atmung hatte ebenfalls ausgesetzt nach dem Schrei und sein Blick huschte verwirrt in dem Zimmer umher. Doch Castiel konnte das nicht länger mit ansehen. Ohne daran zu denken, was Dean wollte und was er ihm erlauben würde, handelte Castiel. Er tat, was Dean brauchte.
Er nahm Deans Gesicht in seine Hände, umschloss es und zog ihn in sein Blickfeld. Dabei redete er immer wieder leise und sanft auf Dean ein.
„Du bist in Sicherheit, Dean. Dir wird nichts passieren. Hörst du, Dean? Du bist in Sicherheit.“
Deans Augen schauten durch Castiels hindurch, als ob er ihn nicht kennen würde.
‚Wer ist das? Was mach ich hier?‘, dachte Dean panisch, kurz bevor er sie wieder erkannte. Diese blauen Augen.
‚Ich bin hier, bei ihm! Ich hab es geschafft, ich, ich bin in Sicherheit… ich bin … frei‘ Dean konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und vom Atmen war gar nicht zu sprechen. Er sah einfach nur verloren in die blauen Augen. Hörte die Stimme, die ihn gerettet hatte. Aus dem Reflex der Angst, er könnte wieder zurückkehren, packte er den Mann vor sich fest und drückte sich an ihn. Als er die ausstrahlende Wärme des Körpers erspürte und der reine Duft ihm in die Nase stieg, glaubte Dean, sein Kopf würde explodieren. Erinnerungen überfluteten ihn. Von dem Mann. Castiel, der Engel der ihn gerettet hatte. Mit dem er so viel erlebt hatte.
‚Cas, ich nenne ihn immer Cas!‘ fiel es Dean ein und er atmete scharf ein. Rau und brutal füllten sich seine Lungen, doch Dean merkte den Schmerz nicht, denn mit dem neuen Sauerstoff kamen auch neue Erinnerungen.
Wie Castiel ihm vertraut hatte. Wie er für Dean gestorben war. Wie er Dean geküsst hatte. Und wie Dean Castiel ausgesperrt hatte.
‚Scheiße, was macht er hier? Ich, ich hab mich doch so scheiße benommen, wieso...?‘
Dean riss sich von Castiel los. Seine Atmung hatte sich nun an seinen Herzschlag angepasst. Hektisch hob und senkte sich seine Brust. Der Traum war noch immer zu präsent in Dean und er wollte wieder loskommen davon. Automatisch griff er zu seinem Flachmann. Er wollte die schlechten Erlebnisse einfach in sich ersäufen. Kurz bevor er ihn erreichte, hielt Castiel sein Handgelenk fest. Stoppte ihn.
„Hey, Cas, was? Lass mich los!“
Doch Cas ließ nicht los. Eisern hielt er Deans Hand gefangen.
‚Warum will Dean wieder trinken? Das bringt doch nichts. Er, er macht sich nur mehr damit kaputt. Weiß er denn nicht, dass ich ihn beschützen werde? Glaubt er denn nicht, dass er bei mir sicher ist?‘
Dean strampelte. Er spürte bereits wie sein Alptraum wieder hervorkam. Die Erinnerungen daran. Die Schreie, der Geruch und die Verstümmelung. Es wurde wieder präsent und drang stärker in Deans Bewusstsein. Dean fing an zu treten, zu strampeln. Er wollte sich um jeden Preis freikämpfen. Er würde nicht wieder dort runter gehen. Dort unten, wo er diese schrecklichen Dinge tun musste.
Castiel war beunruhigt.
‚Warum wehrt sich Dean so? Was ist bloß los mit ihm? Wieso beruhigt er sich denn nicht? Sind die Erinnerungen noch immer so stark? Wie kann ich ihm nur zeigen, dass er bei mir sicher ist?‘
Castiel zog Dean eng zu sich heran. Er ignorierte Deans Toben. Er nahm ihn einfach in seine Arme und hielt ihn fest bei sich. Seine linke Hand legte sich auf seinen unteren Rücken und hielt ihn fest. Während seine rechte Hand zärtlich begann Deans Nacken zu streicheln.
Dean krallte sich an Castiels Schulter fest und er versuchte, sich mit aller Kraft wegzudrücken. Doch es war vergebens. Cas hielt ihn und Dean war nicht in der Lage sich zu befreien.
‚Was ist mit Cas los, warum lässt er mich nicht in Ruhe!? Warum kann ich nicht…‘
„Ruhig, Dean, ich bin bei dir, hörst du? Du brauchst keine Angst zu haben. Du wirst nie wieder dort hinmüssen.“ Sanft flüsterte Castiel diese Worte ins Deans Ohr. Wiederholte ihren Inhalt immer wieder wie ein Mantra. Er streichelte weiter beruhigend Deans Nacken.
Dean hörte auf zu Kämpfen und er drückte nicht mehr ganz so stark gegen Castiel. Seine Atmung war noch immer zu schnell und auch Deans Herz raste in seiner Brust.
‚Was macht Cas da? Er kann doch gehen. Ich bin wach ich, ich…‘
Plötzlich spürte Dean wieder den Sog, der ihn zu verschlingen drohte. Doch Castiel redete weiter beruhigend auf ihn ein.
„Nein, Cas, lass mich ich, du, du brauchst nicht, hörst du? Ich kann das alleine!“ Dean wollte bestimmend klingen, doch seine Stimme war von Angst und Panik durchsetzt. Er drückte und kämpfte wieder stärker, doch Castiel handelte auch.
Er umarmte Dean noch fester und hob ihn an. Castiel spannte seine Flügel. Sanft umschlang er mit ihnen Deans Körper. Er hob Deans Kopf an und sah ihm in seine überraschten Augen.
„Dean, keine Angst. Ich habe dich gerettet und ich werde nie zulassen, dass du dorthin zurück musst. Nie wieder!“ Castiel flüsterte mit seiner rauen und Sorge erfüllten Stimme. Leicht stupste er gegen Deans Nase mit seiner. Ihrer Beider Stirn berührten einander.
‚So nah…‘ , dachten beide synchron.
„Ich werde dich beschützen, Dean!“
Cas sagte dies nicht nur. Dean spürte es, er wusste es. Als sich diese Wärme ausbreitete in ihm. Diese Wärme die seine Panik vertrieb.
‚Cas wird mich nicht im Stich lassen. Er kann mich beschützen und, und … bei ihm bin ich sicher.‘ In dem Moment spürte er erstmals Castiels Flügel. Sie streiften ihn an seinen Armen und Rücken. kitzelten leicht in seinen Kniekehlen. Dean löste sich von Castiels Blick und grub sein Gesicht in dessen Halsbeuge.
Castiel merkte wie sich etwas änderte. Dean, der Sekunden zuvor mit aller Kraft versucht hatte, Castiel wegzudrücken, krallte sich nun in sein T-Shirt und zog ihn eng an sich. Presste sich selbst wie ein Ertrinkender an Castiels Körper. Deans Körper zitterte und Castiel begann, wieder Dean zu streicheln. Er verwendete keine seiner Tricks, um Dean zu beruhigen. Castiel war viel zu aufgewühlt über Deans Zustand gewesen, als dass er daran gedacht hätte. Dennoch zeigte es Wirkung. Schnell verschwand das Zittern und auch Deans Puls schien sich zu normalisieren.
Als sich Dean an Castiel presste, konnte er nicht anders. Er ließ los, ließ sich fallen. Er zitterte vor Angst. Davor, was ihn erwartete. Er konnte eine seiner Tränen nicht aufhalten. Schnell rann sie sein Gesicht herunter und benetzte Castiels Shirt. Ihr folgten weitere.
Doch Castiel war da. Er war da und fing ihn auf.
Deans Atmung beruhigte sich wieder. Und die Wärme sowie Castiels sanfte Hände, die auf und ab fuhren auf Deans Körper, taten den Rest. Schwer schlossen sich seine Lider. Er war ausgezerrt und fiel wieder in den Schlaf. Doch diesmal war kein Sog da. Diesmal fühlte Dean die Nähe von Castiel. Die weichen Flügel um ihn herum kamen ihn vor, als wäre er auf Wolken. Sie hielten ihn hier fernab von dem Sog der Hölle. Er war sicher. Er war endlich frei.
Nicht lange und Dean driftete weg. Seine Hände erschlafften, doch Castiel löste die Umarmung nicht. Er blieb so liegen. Direkt neben Dean. Umschlossen und geborgen in seinen Flügeln. Rau flüsterte Castiel weiter in Deans Ohr.
„Du bist sicher… ich werde über dich wachen… ich bin immer bei dir.“
Dean gab nur ein wohliges Brummen von sich. Grub sein Gesicht noch tiefer in Castiel und murmelte leise und verschlafen.
„Mmh, mein Cas…“ Dann war er eingeschlafen. Sein leises Atmen erfüllte den Raum. Castiel lächelte und streichelte weiter Deans Nacken.
‚Er hat mich „sein Cas“ genannt. Also, fühlt Dean doch etwas für mich.‘
Dann legte Castiel seine Lippen dicht an Deans Ohr. Beinah lautlos flüsterte er: „Schlaf gut, Dean.“
Der warme Hauch streifte über Deans Hals und Castiel sah, wie Dean eine Gänsehaut bekam. Doch Castiel wusste. Dieses Mal war es ein gutes Zeichen. Dieses Mal hatte er das richtige getan.
Tbc…