H. Die Vorbereitung aufs Mündliche
Nach den Klausuren im Februar machte ich erst einmal fast zwei Monate Pause. Wer fleißiger ist, mag früher wieder einsteigen; mir hat es so gereicht.
1. AG fürs Mündliche
Ab April traf ich mich mit zwei Freundinnen zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung. Dreimal wöchentlich kamen wir für anderthalb Stunden zusammen:
Montags Zivilrecht,
Dienstags öffentliches Recht,
Donnerstags Strafrecht.
Bei jedem Treffen hielt eine von uns einen Vortrag auf dem Rechtsgebiet des Tages und bekam von den anderen beiden konstruktive(!) Kritik, dann spielten wir dreimal zwanzig Minuten Prüfungsgespräch, wobei jede einmal prüfte.
a) Vorträge
Die Vorträge rotierten wir so, dass jede in allen Rechtsgebieten regelmäßig und gleich oft drankam. Nachdem wir die Ladungen erhalten hatten, hielten wir die Vorträge natürlich in dem uns mitgeteilten Rechtsgebiet (in NRW bekommt man in der Ladung mitgeteilt, auf welchem der drei großen Rechtsgebiete der Vortrag zu halten sein wird).
Die Vortragsfälle musste sich jede selbst heraussuchen und zuhause vorbereiten. Auch wenn man (wie wir regelmäßig) dabei noch in die Bücher spickt, empfiehlt es sich, sich schon an die beschränkte Vorbereitungszeit von (in NRW) 60 Minuten zu halten. Üben muss man nämlich nicht nur, wie man einen Vortrag hält, sondern auch, wie man sich die Vorbereitungszeit richtig einteilt. Noch besser ist es daher, wenn man sich bereits für die Vorbereitung trifft und so gegenseitig kontrolliert, dass die Vorträge möglichst unter Prüfungsbedingungen vorbereitet werden!
Als Vortragsfälle geeignet sind Sachverhalte, in denen ca. 2-3 Tatbeständen/Anspruchsgrundlagen etc., 2-3 Personen und 2-3 Problemen geprüft werden müssen, also z.B. Anfängerklausuren, wie sie u. a. in der JuS regelmäßig veröffentlicht werden.
Achtung: die Fälle in der Reihe „Der Kurzvortrag im 1. Examen“ von Augsberg sind meinem Eindruck nach eher etwas zu kurz.
Wer ganz mutig ist, kann sich beim Vortrag auch mal auf Video aufnehmen lassen; wir haben uns das erspart.
b) Prüfungsgespräche
Anders als bei der AG vor den Klausuren hatten wir diesmal die Themen nicht weiter eingegrenzt als ZR/ÖR/StrafR. Das war auch völlig angemessen, immerhin hatten wir uns auf alles schon einmal vorbereitet. Auch wenn wir nicht alles gleich wieder präsent hatten (im Gegenteil…), war das erst recht eine gute Übung, denn das kann einem in der echten Prüfung genauso passieren. Und dann?
Während der simulierten Prüfungsgespräche kann man gut verschiedene Arten von Prüfern spielen - schlecht vorbereitete, schlecht gelaunte, ungeduldige, penible oder auch welche, die einen Endlos-Sachverhalt vortragen, den die anderen dann zusammenfassen müssen. Letzteres ist übrigens eine wichtige Übung! Die Zusammenfassung ist bereits eine Prüfungsleistung! Unterschätzt nicht, wie schwierig es ist, noch in der ersten Angst die rechtlich relevanten Aspekte eines Sachverhalts korrekt wiederzugeben!
2. Grundlagen wiederholen
Ich wiederholte im Übrigen noch einmal die Grundlagen. Nach zwei Monaten Pause hatte ich in der ersten Woche so ein Gefühl von „Strafrecht? was ist das? muss ich das etwa können?!?“ - Das gab sich aber bald! Solange man die Mitglieder der Prüfungskommission nicht weiß, ist Grundlagen wiederholen das einzig sinnvolle, das man tun kann.
3. Protokolle
Sobald ich die Ladung erhalten hatte, holte ich mir aus der Fachschaft die einschlägigen Protokolle und analysierte sie. Mein Vortragsfall würde im Strafrecht angesiedelt sein, deshalb gewichtete ich Strafrecht - Ö-Recht - Zivilrecht im Verhältnis 2:1:1. Für Strafrecht las ich mir einfach die „wichtigsten Fälle“ von hemmer durch. Mein ÖR-Prüfer war erfreulich protokollfest, so dass ich den zu wiederholenden Stoff entsprechend einschränkte. Der Zivilrechtler prüfte alles, aber oft Grundlagen - voilà. Letztlich hatte ich ausgerechnet bei ihm sogar das unglaubliche Glück, dass er einen Fall prüfte, den ich kurz zuvor noch mit meiner AG besprochen hatte.
4. noch einmal: Vortrag üben!
Außerdem übte ich nun noch einmal verstärkt für den Vortrag. Sucht euch unbedingt Leute, die euch zehn Minuten zuhören und dann Feedback geben! Das müssen nicht einmal immer Menschen vom Fach sein, es geht ja beim Üben nur am Rande um die inhaltliche Richtigkeit. Wesentlich kommt es darauf an zu üben, wie man einen Fall mündlich im Gutachtenstil löst - die richtige Schwerpunktsetzung, eine sorgfältige Sprache, unterstützende Gestik, klare Gliederung, richtige Zeiteinteilung. Der Vortrag ist eure Visitenkarte, der erste bleibende Eindruck, den ihr bei der Prüfungskommission hinterlasst. Er kann darüber entscheiden, ob ihr hoch- oder ’runtergeprüft werdet! Also übt! Unproblematisches kurz fassen, Probleme schön klar gegliedert darstellen, frei vortragen, Obersatz, Definition, Subsumtion, Ergebnis, dabei souverän aus der Wäsche kucken.
Einige Unis - so auch die WWU - bieten übrigens die Möglichkeit, an Prüfungssimulationen mit Professoren oder Wissenschaftlichen Mitarbeitern teilzunehmen.
FAZIT
Mir hat die „freihändige“ Vorbereitung aufs 1. Examen insgesamt Freude gemacht; dass es sich auch notenmäßig gelohnt hat natürlich ebenso. Ich wünsche allen, die das noch vor sich haben, viel Erfolg, wie auch immer ihr die Vorbereitungszeit gestaltet. Traut euch, euer Lernen auf eure Fähigkeiten und Bedürfnisse zuzuschneiden! Vergleicht und wählt kritisch aus unter den vorhandenen Möglichkeiten. Stellt ruhig um, wenn ihr merkt, dass es noch nicht passt. Und nicht zuletzt: habt viel Spaß an neuen Erkenntnissen und am juristischen Diskurs.