Planung der Vorbereitung aufs Schriftliche

Aug 25, 2010 00:31

C. Die Planung

1. Einstimmung

Zuerst las ich ein Buch über die Vorbereitung ohne Rep, denn ich suchte noch etwas Unterstützung für meine Entscheidung. Meine Wahl fiel auf „Prädikatsexamen - Der selbstständige Weg zum erfolgreichen Examen“ von ter Haar, Lutz, Wiedenfels. Sehr hilfreich, sowohl in meinem Ansinnen, Bestätigung für meine Entscheidung zu erfahren, als auch für die konkrete Planung, denn das Buch enthält u. a. einen Musterlernplan sowie Empfehlungen dafür, wie man eine AG gestaltet.

2. Klausurtermin wählen

Als Zweites legte ich fest, wann ich spätestens Examen schreiben wollte. Dafür rechnete ich rückwärts: Am Tag X wollte ich spätestens mit dem Referendariat beginnen. Davor muss man regelmäßig mehrer Monate Wartezeit einrechnen (Achtung: Die Wartezeiten variieren von OLG zu OLG stark. Informationen zu Wartezeiten findet ihr auf den Seiten der OLGs und auf Sites wie http://www.juristenkoffer.de/rechtsreferendariat/laenderuebersicht.htm ). Bewerben kann man sich erst, wenn man das Examenszeugnis hat, also muss die mündliche Prüfung entsprechend vorher gelaufen sein. Das Mündliche findet in NRW im fünften Monat nach der letzten Klausur statt, also rechnete ich von da fünf Monate zurück. Vorsichtshalber baute ich einen kleinen Puffer ein und legte drei mögliche Klausurmonate fest. Zuletzt notierte ich mir, wann ich mich für die in Frage kommenden Klausurmonate spätestens zum Examen melden müsste. Ich kam so auf ca. 17 Monate Vorbereitungszeit bis zu den Klausuren, das hat für mich gut hingehauen.

3. Abschichten/Freischuss oder nicht?

Punkt Drei war schnell entschieden:
Ich würde nicht abschichten.
a) Meine Prüfungsangst ist immer ungefähr gleich, egal ob ich vor 500 Leuten eine Arie singen oder vor dreien einen kurzen Absatz vorlesen muss, mit weniger Angst vor drei als vor sechs Klausuren war also nicht zu rechnen. Tatsächlich erlebte ich es als eher ent-stressend, alle Klausuren in einem Block zu schreiben. Besser nur einmal aufgeregt sein…
b) Darüber hinaus hatte ich vorher im Studium die Erfahrung gemacht, dass ich, wenn ich nur ein Fach vorbereiten muss, nicht besser abschneide, eher im Gegenteil.
c) Schließlich erhoffte ich mir vom gleichzeitigen Lernen für alle drei Rechtsgebiete Synergieeffekte und zusätzliche Erkenntnisse. So war es dann auch.

4. Grobe Einteilung

Punkt Vier - die Grobplanung. Da ich nicht abschichten würde, hatte ich insgesamt ca. 17 Monate, um für die sechs Klausuren zu lernen. Die teilte ich in drei Phasen auf:
Phase 1: ca. acht Monate lang den Stoff erarbeiten
Phase 2: ca. fünf Monate lang den Stoff vertiefen und Lücken schließen
Phase 3: ca. vier Monate lang den Stoff wiederholen
Diese grobe Planung war im Nachhinein sinnvoll. Die größte Schwäche der klassischen Vorbereitungsmodelle sehe ich darin, dass man meist ein ganzes Jahr damit beschäftigt ist, den Stoff ein erstes Mal zu erarbeiten, wobei zumindest im Rep viele schon in dieser Zeit nicht nachkommen, jeweils den aktuellen Stoff gleich nachzuarbeiten. Entsprechend entstehen Lücken, die später gestopft werden müssen, und man hat bei gleicher Vorbereitungszeit weniger Zeit für Wiederholung und Vertiefung. Dieser Nachteil wird nur teilweise dadurch ausgeglichen, dass man einen Teil des Stoffs schon bei der Fallbearbeitung im Rep mehrfach behandelt. Dagegen gefällt mir an meiner Planung besonders gut, dass man den Stoff auf jeden Fall dreimal durchkaut, Klausurenkurs und AG noch gar nicht berücksichtigt. Im Nachhinein würde ich auch eher die Erarbeitungsphase zugunsten eines weiteren Wiederholungsdurchgangs auf sechs Monate kürzen.

5. Details

Schritt fünf - die Detailplanung
Den Beginn der Examensvorbereitung legte ich auf den 1. September 2008 fest. Den August nutzte ich, um die Erarbeitungsphase detailliert zu planen und mich ansonsten schön auszuruhen.

So ging ich vor:
Mein erster Griff war nach dem passenden Juristenausbildungsgesetz, das man u. a. online findet. Dort ist recht detailliert aufgelistet, was alles zum Prüfungsstoff gehört und ob Kenntnisse vertieft oder nur im Überblick verlangt werden und was genau das bedeutet.

Den einschlägigen § 11 JAG NRW kopierte ich mir in eine Datei. In der Datei notierte ich in einer Tabelle zunächst, orientiert an den Abschnitten und Kapiteln der betroffenen Gesetze, die relevanten Teilabschnitte, z.B. „BGB - §§ 116-144, Willenserklärung“.

Als zweites rechnete ich aus, wie viel Zeit ich haben würde. Ich wollte an sechs Tagen in der Woche lernen, und zwar 8 x 50 Minuten, also 40 Stunden pro Woche, nämlich zu diesen Zeiten:
08:30 - 09:20 09:30 - 10:20 10:40 - 11:30 11:40 - 12:30
15:00 - 15:50 16:00 - 16:50 17:10 - 18:00 18:10 - 19:00
Mir war es wichtig, ausreichend Pausen eingeplant zu haben; das stellte sich auch als sinnvoll heraus. Der Plan war für mich so gut zu schaffen, allerdings war ich dann doch oft zu undiszipliniert, um mich daran zu halten, habe später angefangen oder eine längere Mittagspause gemacht und entsprechend länger in den Abend hinein gelernt. Meine Erfahrung ist, dass es sich nicht lohnt Energie zu investieren, um sich da zu etwas zu zwingen. Solange man das Tagespensum schafft, ist alles okay.

Von den 40h musste ich abziehen:
- 4h AG
- 4h für die AG-Vorbereitung (die länger dauerte, wenn ich einen Fall vorbereiten musste, aber kürzer war, wenn jemand anderes den Fall stellte)
- ab dem 7. Monat die Zeit für den Unirep-Klausurenkurs (Klausuren schreiben und Besprechungen)

Der Rest ergab, zusammengerechnet, die Zeit, die ich hatte, um den Stoff zu erarbeiten. Ich verteilte diese Zeit grob auf Zivilrecht, Ö-Recht und Strafrecht, etwa im Verhältnis 3:2:1. Dieses Verhältnis hat im Nachhinein auch ungefähr gepasst. Außerdem peilte ich für die Teilgebiete (Strafrecht AT/BT, SchuldR/SachenR…) ganz grob an, wie ich sie im Verhältnis zueinander jeweils gewichten wollte.

Nun ging ich in die Bibliothek und suchte mir die Bücher heraus, die ich in der Zeit durcharbeiten wollte, z.B. den Detterbeck für Verwaltungsrecht AT und den Looschelders für Schuldrecht AT, AS-Skripten für Gesellschaftsrecht und Staatsorga, hemmer-Skripten für Verwaltungsrecht BT. Für jedes Buch musste ich abschätzen, wie viele Seiten ich pro 50 Minuten wohl zu lesen und „bunt anzumalen“ schaffen würde (idR 5-10).

Mit den Büchern auf dem Tisch zückte ich meine Liste mit dem Prüfungsstoff und notierte zu jedem Teilabschnitt, auf wie vielen Seiten er im ausgewählten Lehrbuch behandelt wurde und wie viele Einheiten à 50 Minuten ich dafür brauchen würde. Im Zweifel rundete ich bei wichtigeren Themen (Raub, Mord, Kaufrecht) großzügig auf und hielt weniger wichtige (IPR…) knapper.

Damit war die meiste Arbeit schon getan. Ich glich jetzt die Liste, wie viele Einheiten ich für welchen brauchen würde, mit meiner Grobeinteilung für die Teilrechtsgebiete ab. Zu meiner Freude kamen die angepeilten Verhältnisse ziemlich genau hin.

Als letztes erstellte ich auf dieser Grundlage einen detaillierten Wochenplan, der mir genau vorschrieb, an welchem halben Tag ich welche Kapitel in welchem Buch lesen würde. Dabei wechselte ich von Woche zu Woche zwischen Zivilrecht und ÖR/Strafrecht.

Achtung: Dies würde ich im Nachhinein weniger streng handhaben. Man kann einfach den detaillierten Plan ohne Daten erstellen und dann völlig nach Lust und Laune immer genau das lesen, was einen gerade interessiert. Erfahrungsgemäß wird man nämlich, wenn man Jura an sich einigermaßen mag und sich Lehrmaterial gewählt hat, das einem sympathisch ist, irgendwann auch mal Lust auf die Hass-Fächer bekommen. Wenn man dabei darauf achtet, sich ungefähr an die Zeitvorgaben zu halten und immer schön abhakt, was man schon behandelt hat, hat man am Ende auch den gesamten Stoff einmal durchgenommen, aber man hat sich in der gesamten Zeit immer nur mit Themen beschäftigt, die einen gerade interessierten! Das ist nicht nur angenehmer, sondern auch effizienter, denn wenn man einem Thema gegenüber positiv eingestellt ist, ist man auch aufnahmefähiger.

Damit stand also mein Lernplan für die ersten Monate. Über die Wiederholungs- und Vertiefungsphase wollte ich mir erst Gedanken machen, wenn es soweit war. Das empfehle ich auch, denn wenn man einen ersten Überblick über den Stoff und schon etwas mehr Lernerfahrung hat, kann man sinnvoller bestimmen, was man noch ergänzen oder vertiefen will und wie man den Stoff sinnvoll wiederholt.

Am 1. September begann ich glücklich mit der Vorbereitung. Obwohl Disziplin und Routine nicht meine Stärken sind, haute es ungefähr hin. Die Lücken, die mir zwischendurch entstanden oder noch auffielen, konnte ich in „Phase Zwei“ schließen.

6. Lernen

Bei mir hat gut funktioniert:

- Lehrbücher/Skripten lesen.
Dabei stets zunächst einen Überblick über das Buch, später über den anstehenden Abschnitt verschaffen. Dazu helfen Blicke ins Inhaltsverzeichnis, ins Vorwort, und schlichtes Durchblättern. Anschließen Absatz für Absatz lesen. Nach jedem Absatz kurz innehalten: Was waren die relevanten Informationen dieses Abschnitts? Kann ich sie z.B. in das Format „Frage - Antwort“ fassen? Wurde ein Streit oder eine juristische Ansicht dargestellt? Kann ich den Streit für mich sinnvoll gliedern?

- die Lernmaterialien bunt anmalen.
Dieser Schritt hat mir in dreierlei Hinsicht geholfen.
Erstens hatte ich beim Lesen meine Hände beschäftigt.
Zweitens habe ich, wenn ich meine Unterlagen ein zweites Mal zur Hand nahm, mich gleich viel besser orientieren.
Drittens war es manchmal der Beweis, dass ich etwas wohl doch schon mal gelesen hatte, auch wenn ich es seitdem wieder vergessen hatte.

- Gesetz benutzen.
Dauert etwas länger, lohnt sich aber: Einfach jede Norm, die in den Lernmaterialien genannt wird, aufschlagen und nachlesen. Oft stellt man fest, dass der Autor auch nur den Gesetzestext abgeschrieben hat. Man erkennt auch Systematiken oder Schemata schneller, merkt zum Beispiel, dass man für die Zulässigkeiten von Klagen vor dem BVerfG nur das BVerfGG von vorne nach hinten durchgehen muss, oder dass die Voraussetzungen für die Störung der Geschäftsgrundlage komplett im § 313 BGB stehen und es einigermaßen überflüssig ist, extra Tatbestandsmerkmale wie „tatsächliches Element“, „hypothetisches Element“ und „normatives Element“ auswendig zu lernen.

- Stoff zusammenfassen.
Ich habe mir große Teile des Stoffs in eigenen Worten zusammengefasst, teils als eine Art „FAQ“, teil in Form von Skripten. Diese Aufzeichnungen sind nie fertig geworden, aber wenn ich sie noch einmal zur Hand nehme, bin ich oft positiv überrascht, was doch alles drinsteht. Die Arbeit hat mir Freude gemacht - es macht Spaß, den Stoff selbst zu strukturieren, dabei auf Verständnisprobleme zu stoßen, diese zu beheben, Streitstände klausurgerecht aufzubereiten… Good times.

- auswendig lernen.
Lange gar nicht großartig nötig, denn allein über die regelmäßige Wiederholung in der AG oder im Klausurenkurs prägt sich vieles ein. Ich habe wirklich ernsthaft nur in den beiden Monaten vor den Klausuren und in der Woche vor dem Mündlichen Definitionen auswendig gelernt, außerdem einige Schemata, die sich mir noch nicht eingeprägt hatten, z.B. für die Überprüfung von Kündigungen im Arbeitsrecht (inkl. Abmahnung).
Wer ganz tapfer ist, kann sich die Definitionen aufsprechen und dann beim Jogging oder bei Spaziergängen hören. Ansonsten tun es auch Karteikarten…
Hilfreich fand ich es, dass ich mir für die Zulässigkeit von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage recht früh eine Art Spaziergang durch meine Stadt überlegt hatte. Da lagen dann am Rathaus die Beschwer, bei der Bezirksregierung das Widerspruchsverfahren, an der Post die Frist, bei VGH und OVG die beiden gerichtlichen Zuständigkeiten, im Hausgerätefachgeschäft fand man die ordnungsgemäße Klageerhebung im Schaufenster, und im Parkhaus das Rechtsschutzbedürfnis. Allzu viel würde ich mir mit dieser Technik nicht merken wollen - zu aufwändig. Aber wenn man mit einem Schema mal Schwierigkeiten hat, kann das ein guter Weg sein, im doppelten Sinne.

- Wiederholen, wiederholen, wiederholen.
repetitio est mater studiorum, der Spruch nutzt sich leider auch durch häufigen Gebrauch nicht so recht ab. Die Wiederholung hat aber auch schöne Seiten, wenn nämlich beim zweiten oder dritten Durcharbeiten eines Themas endlich der Groschen fällt. Endlich setzt sich das Puzzle zusammen, man versteht einen Zusammenhang oder kann sich einen Streit merken - das macht auch ein bisschen glücklich…
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