Umwege 8

Mar 19, 2012 11:37

Originalgeschichte.
Zusammenfassung: Jo glaubt seinen Traummann gefunden zu haben: gutaussehend, reich und gut im Bett. Und er scheint seine Gefühle zu erwidern. Einziges Problem: Robert ist gut zwanzig Jahre älter als er, hat eine Frau und zwei Kinder...
Warnungen: Yaoi, M/M, 18+



Ich hatte das Gefühl, erst mal genug zu verdauen zu haben und da ich auch erheblich wenig Lust darauf hatte, in der Uni meinem neuen Kommilitonen Michi über den Weg zu laufen, ging ich am Tag darauf zum Arzt und ließ mich für mehrere Tage krankschreiben, Gott sei dank war er keiner der gründlichen Sorte.
Abgesehen davon, dass ich mich unglaublich für den Vorfall schämte, war mein größtes Problem, dass ich ihn immer noch nicht verstand. Wie konnte mein Verstand derart ausgesetzt haben, ohne dass ich auch nur einen Tropfen Alkohol angerührt hatte? Ich erinnerte mich dunkel an Michis Worte, an seine Geste, seinen Kuss, aber das alles erklärte nicht das Gefühl, das mich überkommen hatte- dieses vage Gefühl, ihm nicht entrinnen zu können.
Und dann- es hatte sich verdammt gut angefühlt, ja. Äußerlich, körperlich. Innerlich war es schmerzhaft gewesen, aber dieser Schmerz hatte mir endlich, nach so langer Zeit, wieder das Gefühl gegeben, lebendig zu sein, Gefühle zu haben. Meine Gefühle waren derart abgestumpft gewesen, über Wochen hinweg- eine Selbstschutzmaßnahme, ganz klar, nur so hatte ich es ausgehalten, mit Robert Schluss zu machen und ihm dann fern zu bleiben. Als ich mit Michi geschlafen hatte, hatten mich derart viele heftige Gefühle überkommen, die ich gar nicht mehr gekannt hatte- Angst, Wut, Selbsthass, Erregung, Verwirrung, Schmerz, und irgendwie, auf eine seltsame Art, auch Leidenschaft. Vielleicht hatte ich einfach wieder fühlen wollen, nach der langen Zeit.
Das machte mein Tun natürlich nicht minder blödsinnig.
Michis Verhalten war mir in keiner Weise verständlicher. Ich hatte immer erwartet, er würde für mich nichts als Verachtung und Abneigung empfinden- wenn nicht sogar Ekel. Nun hallten mir immer wieder seine Worte durch den Kopf.

Ich finde, du bist attraktiv. Das habe ich schon am Anfang gedacht.

Ich verstehe, warum mein Vater so fasziniert von dir war.

Mein Herz begann jedes Mal wie wild zu klopfen, wenn ich mich daran erinnerte. Hatte es ihm also gefallen? Gewiss, er war gekommen, aber bekannterweise war dies bei Männern kein Ding der Unmöglichkeit, selbst wenn der Sexpartner keine explizite Begeisterung in ihnen hervorrief.
Faszination… ich konnte nur über dieses Wort staunen, das er gebraucht hatte. Hieß das, dass er ebenfalls von mir fasziniert war? Und wenn, in welcher Weise?
Meine Gedanken drehten sich im Kreis und ich fand einfach keinen Ausweg, genauso wenig kam ich zu irgendeinem Ergebnis.

Am zweiten Tag, nachdem Michi bei mir gewesen war, beschloss ich widerstrebend, doch Paul anzurufen. Ich hatte zwar nicht vor, ihn einzuweihen, aber ich hatte das Gefühl, ohne menschlichen Kontakt durchzudrehen- aber jeden anderen Menschen nicht ertragen zu können. Vielleicht würde er es schaffen, mich abzulenken.
„Hey“ rief er freudig, als er meine Stimme hörte. „Lange nichts gehört. Alles klar?“
„Nun ja“ wich ich aus, ohne die Frage zu beantworten. „Ich hab das Gleiche gedacht und mir überlegt, ob du mir vielleicht demnächst mal deinen Daniel präsentieren willst?“
Ich hörte an Pauls leisem Lachen, dass er überrascht war. „Ich dachte schon, du fragst nie.“
„Wieso denn fragen? Ich dachte wir hätten das ausgemacht.“
„Nun ja“ erwiderte Paul zögerlich. „Ich dachte, dir… dir ist das vielleicht unangenehm. Nach der Sache mit… ach, du weißt schon. Deswegen wollte ich warten, bis du es von dir aus ansprichst.“
„Was für eine Sache?“ fragte ich und meine Eingeweide verknoteten sich schmerzhaft. Er hatte doch keine Ahnung… oder…?
„Na ja, Robert eben.“ Paul versuchte wohl, beiläufig zu klingen, aber das gelang ihm ganz und gar nicht.
Ich seufzte genervt. „Paul, das ist nun wirklich lange genug her.“ Ich fragte mich, ob ich es schaffte, dies überzeugend rüberzubringen.
„Ja ja, ich weiß“ unterbrach er mich. „Es ist nur… ach egal. Dann lass uns was ausmachen! Wann hast du denn Zeit?“
„Was ist es nur?“ Ich wusste, es war keine gute Idee, dem leisen Zögern in seiner Stimme Beachtung zu schenken, doch ich konnte nicht anders.
„Ach Jo“ seufzte er leicht angestrengt. „Ist egal, machen wir einfach eine Zeit aus und…“
„Was ist es, Paul?“
„Nun gut! Ich habe nur von Dennis mitgekriegt, dass sich Michis Eltern… scheiden lassen. Und ich dachte, du hast es bestimmt auch schon mitgekriegt, irgendwie. Oder?“
„Und wenn ich es nicht mitgekriegt hätte, dann hättest du mir das vorenthalten?“ zischte ich gereizt.
„Nein!“ entgegnete er verteidigend. „Ich hätte schon früher oder später mit dir drüber geredet nur nicht jetzt, wenn du mich anrufst nach so einer langen Zeit und wir uns ohnehin so selten sehen… aber… du wusstest es doch… oder?“
Ich schwieg, dann bejahte ich leise. Einen Moment lang sagte Paul nichts, aber ich spürte, dass ihm etwas auf der Zunge lag. Dann sagte er leise, beinahe flüsternd:
„Du gehst doch nicht wieder zu ihm zurück… oder?“
Einen Moment lang war ich versucht, ihm von meiner Begegnung mit Michi zu erzählen, doch die Worte blieben mir im Halse stecken. Die Erinnerung daran übermannte mich, nicht zum ersten Mal in den letzten zwei Tagen, wie eine Welle und ich zitterte leicht, wovon, wusste ich nicht. Aber gleichzeitig wollte ich nicht mehr daran denken, wollte nicht darüber reden, wollte so tun, als ob es nie passiert wäre. Und deshalb verlor ich auch kein Wort darüber.
„Nein“ sagte ich schlicht. „Das Kapitel ist vorbei.“
„Gut“ entgegnete Paul, offensichtlich erleichtert- und in diesem Moment wurde mir klar, dass er mich nie über Roberts Scheidung informiert hätte, aus Angst, ich könnte meine Beziehung zu ihm wieder aufnehmen. Einen Moment schwankte ich zwischen Ärger und Rührung über seine Besorgnis, dann beschloss ich, später darüber nachzudenken und zum eigentlichen Grund meines Anrufes überzugehen. Ablenkung, ich wollte Ablenkung.
Wir machten aus, dass wir am kommenden Mittwoch zusammen Kaffee trinken würden und obwohl ich gehofft hatte, wir könnten uns noch am selben Wochenende treffen, war ich ganz zufrieden. Nur musste ich nur noch die Tage rumkriegen und versuchen, nicht nachzudenken.

Natürlich gelang mir dies kaum- ich träumte sogar von Michi. Ich sah ihn nachts, fühlte ihn in meinen Körper eindringen, er wurde zu Robert und Robert wurde zu Michi. Manchmal waren sie ein und dieselbe Person. Eines Nachts erwachte ich schwitzend und keuchend aus einem Traum, in dem ich gefangen in einem Spinnennetz hing und Robert mich von unten aus hämisch angrinste.
Am Montag ging ich trotz noch gültigem Attest wieder in die Uni und tatsächlich tat es gut, einige Kommilitonen um mich zu haben. Natürlich hatte ich ständig Angst, Michi zu begegnen, aber glücklicherweise passierte dies nicht, obwohl mich mehrere Male der Anblick brauner Locken aus dem Konzept brachte. Immer wieder dachte ich bei mir, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, ich hätte ihn nicht einfach so ziehen lassen- vielleicht hätte es uns wirklich geholfen, noch einmal über die Sache zu reden. Oder es zumindest zu probieren. So lief ich nur wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gänge meiner Uni, konnte nicht mit meinen Freunden Kaffee trinken ohne ständig auf die Menschen zu linsen, die durch die Eingangstür der Cafeteria eintraten, und hatte sogar Hemmungen, aufs Klo zu gehen, da dies ja so ziemlich der öffentlichste Ort der ganzen Uni war. Immerhin schlug Lisa, eine Kommilitonin von mir, mit der ich mich gut verstand, vor, mit ihr und ein paar Freunden am Wochenende ins Kino zu gehen, was ich freudig annahm.
Mittwoch dann also das Treffen. Ich wusste nicht recht, was ich erwarten sollte und war mir auch nicht wirklich im Klaren darüber, welche Einstellung ich gegenüber Daniel haben sollte. Paul war mein bester Freund, und obwohl unsere Beziehung in keiner Weise jemals sexuell gewesen war und auch nie sein würde, so fühlte ich dennoch eine unterschwellige Eifersucht auf den Mann, der ihn derart für sich eingenommen hatte. Ich ermahnte mich, mir dies nicht anmerken zu lassen und unbefangen auf die Sache zuzugehen.
Das Café, in dem ich damals Robert getroffen hatte, schien mir keinesfalls die beste Wahl, doch als Paul es vorgeschlagen hatte, hatte ich kein Argument gefunden, abzulehnen. Schließlich konnte ich nicht noch ewig alle Orte meiden, die irgendwie mit Robert zu tun hatten.
Wir hatten uns für halb vier verabredet und natürlich kam ich wieder zu spät. Als ich eintrat, sah ich die Beiden sofort, denn sie saßen nicht sehr weit vom Eingang entfernt.
Paul saß da, mit einem strahlenden Lächeln auf seinem Gesicht und neben ihm- offensichtlich- Daniel. Ich musterte ihn interessiert. Er sah auf den ersten Blick ein wenig südländisch aus, dunkelbraune, fast schwarze Haare und eine ebenso ziemlich dunkle Haut. Er wirkte nicht sehr groß, aber ziemlich kräftig. Mein Typ war er nicht wirklich, aber er machte einen sehr sympathischen Eindruck, ebenso wie Paul. Mit einem breiten Grinsen setzte ich mich zu ihnen.
„Hallo. Tut mir leid, dass ich so spät komme- hab die Straßenbahn verpasst.“
„Als ob.“ Paul verdrehte die Augen. „Du kommst doch immer zu spät.“
Daniel lachte herzlich und ließ seinen Blick interessiert über mich wandern.
„Daniel, das ist Jo- mein bester Freund. Jo, das ist Daniel, mein… Freund“ stellte Paul uns vor und ich bemerkte den glücklichen Unterton in seiner Stimme. Sie hatten die Sache wohl eindeutig geklärt. Ich nickte Daniel freundlich zu. „Freut mich, dich endlich mal zu treffen.“
„Gleichfalls“ entgegnete Daniel.
Wir bestellten Kaffee und hielten ein wenig Smalltalk. Die beiden hielten unter dem Tisch Händchen, was mir nicht entging. Daniel schien der nette Student von nebenan zu sein- studierte Psychologie, war nun endlich bei seinen Eltern ausgezogen und damit in Pauls Nähe, hatte tatsächlich südländische Wurzeln- seine Mutter war italienischer Abstammung, aber in Deutschland aufgewachsen- und schien so ziemlich alle von Pauls Interessen zu teilen. Bingo. Ich gönnte es ihnen, wirklich. Gleichzeitig zog sich in mir etwas Zusammen bei dem Gedanken- Paul schien seine bessere Hälfte gefunden zu haben und ich- ich schlief mit dem Sohn meiner Ex-Affäre.
„Und wie sieht’s bei dir aus? Hast du nen Freund?“ fragte mich Daniel irgendwann beiläufig. Ich war mir beinahe sicher, dass Paul mit ihm schon über mein desolates Liebesleben gesprochen hatte, aber ich spielte das Spiel mit.
„Nein“ entgegnete ich schlicht.
„Jo hat einen Hang zu Drama, deswegen sucht er sich gerne Typen, die er nicht haben kann“ warf Paul grinsend ein. Schön, dass er das Thema mittlerweile mit Humor sah.
„Nun verallgemeinere das nicht“ protestierte ich. „Das war einmal und eine Ausnahme.“
„Aha?“ hakte Daniel interessiert nach. „Ist das was Geheimes oder willst du mich dran teilhaben lassen?“
Ich zuckte mit den Achseln. „Nichts Besonderes, ich hatte was mit einem verheirateten Mann.“
Daniels Augen weiteten sich. „Wow.“
„Nichts Wow“ erwiderte Paul. „Das war wirklich keine gute Idee- hab den Armen nicht wiedererkannt die ganze Zeit über.“
„Paul“ sagte ich leise, aber mit dem bestimmten Unterton, der ihm signalisierte, es dabei zu belassen. Er verstand den Wink sofort.
„Ich hab aber Schluss gemacht vor einer Weile schon. Seitdem hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihm“ sagte ich zu Daniel gewand.
Er nickte. „Wahrscheinlich besser so. Und seitdem?“
Ich schüttelte schlicht den Kopf. „Nichts mehr. Irgendwie ist seitdem tote Hose. Aber ich fühle mich noch nicht so wirklich bereit für was Neues.“
Am liebsten wäre ich Paul gegenüber mit der Michi-Sache herausgerückt. Verdammt, es war so schwer, ihm nichts darüber zu sagen! Aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass nach all den Dummheiten, die ich bisher begangen hatte, diese eine war, die selbst er nicht verstehen konnte.
Daniel schaute mich musternd an, ein seltsamer Blick, der mir ein wenig unwohl werden ließ. „Schade.“
„Wieso?“ Ich schaute ihn mit großen Augen an. Was sollte denn das heißen?
Er lachte, als er meinen erschrockenen Blick sah. „Nicht wegen mir. Ich habe nur einen guten Freund, dessen Typ du absolut wärst. Sonst hätte ich dich ihm mal vorgestellt.“
Schnell schüttelte ich den Kopf. „Kein Interesse. Ich stehe nicht so auf Verkuppeln.“
Daniel hob abwehrend die Hände. „Nicht verkuppeln, keine Sorge. Ich hätte lediglich mal dafür gesorgt, dass ihr euch trefft. Keine Viererdates und gemeinsame Kochabende, keine Sorge.“
„Gemeinsame Kochabende wären doch lustig“ warf Paul empört ein.
Ich musste unwillkürlich grinsen. „Schmeiß eben mal ne Party und lade uns beide ein.“
Daniel nickte. „Ich überlegs mir. Es geht mir wirklich nicht darum, euch irgendwie zu was zu zwingen… wenn du kein Bock hast, hast du kein Bock. Ich finde nur… es würde irgendwie passen.“
„Wie du meinst.“ Genaugenommen hatte ich gar nicht so viel dagegen. Obwohl mir so gar nicht danach war, jemanden kennenzulernen, dachte ich dennoch bei mir, könnte es vielleicht nicht schaden. Mein ganzes Sexualverhalten schien seit Robert irgendwie gestört zu sein- und angucken konnte ich mir den Typ ja mal.
Daniel nickte nachdenklich. „Ich denk mal drüber nach. Irgendwas wird sich schon arrangieren lassen. Er heißt Junes, aber ich nenne ihn Ju.“
„Jo und Ju“ warf Paul belustigt ein. „Klingt doch schon mal gut.“
Ich warf ihm einen ermahnenden Blick zu. „Paul, hör auf mit dem ,Ihr seid ja schon so gut wie zusammen’.“
„Sorry“ erwiderte er. „War doch nur Spaß.“
Der Grund, warum ich so gereizt reagierte war, dass er mich während der Robert-Anfangsphase mehrmals versucht hatte, mit irgendjemand zusammen zu bringen. Natürlich war dies gut gemeint gewesen, aber er hatte es nicht sehr gut angestellt und war mir damit tierisch auf die Nerven gegangen. Aber Daniel wirkte wirklich nicht so, als hätte er irgendeine andere Absicht, als uns den Weg zu ebnen, sollten wir uns in irgendeiner Weise interessant finden.
Nach knapp zwei Stunden, die überraschend schnell vergangen waren, verabschiedete sich Daniel und Paul und fragten, ob ich am Freitag zum Essen vorbeikommen wolle. Ich sagte zu, unter der Bedingung, dass sie nicht mit einer fadenscheinigen Ausrede Junes dazubitten würden.
„Keine Sorge“ beruhigte mich Daniel. „Wir finden eine andere, vollkommen unauffällige Gelegenheit.“
Ich sah ihnen nach, wie sie, Daniel bei Paul eingehakt, davon schlenderten, und fühlte einen Stich in der Brust. Warum war Glück bei allen anderen Leuten so einfach?

Einen Tage später fiel mir auf, dass mein Geburtstag immer näher rückte- kaum noch zwei Wochen bis dahin. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, ihn großartig zu feiern, doch auf einmal erschien mir die Idee nicht so schlecht. Ich sprach also mit Paul und Daniel darüber und schlug Daniel vor, er könne diesen Junes ja einmal mitbringen.
„Super Idee“ bestätigte er. „Machen wir das so.“
Er hatte gerade die selbstgemachte Pizza fertig belegt und in den Ofen geschoben. Eines der ersten Dinge, die Paul mir von Daniel erzählt hatte, war gewesen, dass er fabelhaft kochen konnte. Ich war gespannt, ob sich dies bestätigen würde, aber es sah bereits vielversprechend aus.
Daniel verabschiedete sich für einen Moment auf den Balkon, um zu rauchen- das einzige Manko, das Paul an ihm finden konnte.
„Du hast mir noch nicht gesagt, was du von ihm hältst“ flüsterte Paul, als sich die Glastür geschlossen hatte. Ich lächelte sanft.
„Ich finde, ihr passt gut zusammen. Er scheint echt nett zu sein.“
„Nett“ murmelte Paul fast ein wenig enttäuscht.
Ich lachte. „Nett in wirklich gutem Sinne. Ich kann nicht behaupten, dass er mich absolut umhaut, aber das wäre ja auch ungünstig. Solange er dich umhaut, ist ja alles in Ordnung. Er hat auf jeden Fall mein absolutes Ok.“
Paul schien ein wenig zufriedener. „Ich frage dich nach der Pizza noch mal“ grinste er. Er räusperte sich und machte eine kurze Pause, bevor er weiter sprach. „Im Übrigen wirkst du ein wenig entspannter in letzter Zeit. Irgendwie, als hätte sich was verändert. Kann das sein?“
Ich verzog das Gesicht zu einem spöttischen Lächeln. „Das meinst du nur, weil ich nicht gleich schreiend davongelaufen bin, als ihr Junes erwähnt habt.“
Wenn er wüsste, dachte ich bei mir. Wenn er nur eine Ahnung hätte, wie es in mir aussah seit der letzten Woche. Ich hatte mein Bestes versucht, mir nichts anmerken zu lassen und offenbar war es mir gelungen. Dennoch rang ich immer noch mit mir, ob ich nicht Paul vielleicht doch davon erzählen sollte. Aber was hätte es schon gebracht. Paul war gerade sehr glücklich und ich wollte ihm nicht meine diffusen Probleme aufbinden, die ich mir ja lediglich selbst eingebrockt hatte.
Da ging auch schon die Türe auf und Daniel kam herein, zusammen mit einem Stoß kalter Luft.
„Guckt nicht so unschuldig, ich weiß genau, dass ihr über mich geredet habt“ meinte er grinsend. „Ich hoffe ja sehr, dass dein Urteil gut ausfällt, Jo, denn sonst habe ich keine Chance.“
Er fuhr Paul zärtlich ein wenig durchs Haar, dann begann er, den Wein zu entkorken.

Ich kehrte gut gelaunt und ein wenig angeschwippst mit der letzten Straßenbahn zurück. Es war mittlerweile ziemlich kalt und ich bibberte auf der kurzen Strecke von der Haltestelle bis zu meiner Türe und meine Finger waren so klamm, dass ich die Haustüre kaum aufbrachte. Den ganzen Weg über hatte ich über Daniel nachgedacht. Er wurde mir immer sympathischer, je länger ich ihn kannte. Man konnte sich angenehm mit ihm unterhalten, er sagte seine Meinung, drängte sie aber niemandem auf, er hatte eine subtile Art von Humor, die mir gefiel. Zudem wirkten er und Paul irgendwie harmonisch, auch wenn ich so etwas früher nie für möglich gehalten hätte. Schließlich war Paul für mich immer der Einzelgänger gewesen, nie hatte ich ihn als Teil eines Paares gesehen. Nun, wo es doch geschehen war, musste ich zugeben, dass es irgendwie passte. Natürlich regte sich in mir die Eifersucht, meinen besten Freund nun teilen zu müssen, aber ich musste zugeben, dass er eine recht gute Wahl getroffen hatte.
Die Hälfte der Lichter im Treppenhaus war mal wieder kaputt, lediglich das im zweiten und im dritten Stock brannte. Im vierten Stock, wo ich wohnte, musste ich mit dem schalen Licht vom Stockwerk darunter auskommen, um den Schlüssel irgendwie ins Schlüsselloch zu bekommen.
Wahrscheinlich bemerkte ich ihn deshalb lange Zeit nicht. Erst als ich die Wohnungstür schon geöffnet hatte und meine Schuhe kurz am Schuhputzer abstreifte, merkte ich auf einmal, dass jemand am Boden saß und mich ansah.
Mir fiel vor Schreck der Schlüssel aus der Hand und ich stieß einen leichten Schrei aus. Mein Herz klopfte wild und ich wollte gerade panisch in die Wohnung flüchten und die Tür hinter mir zuschlagen, als sich die Gestalt erhob und auf mich zukam.
„Jo!“ rief sie. „Warte!“
Beim Klang meines Namens und der vertrauten Stimme verflog meine Panik schlagartig. Ich hielt in der Bewegung inne und fühlte noch immer das Rasen meines Herzens, das sich noch nicht ganz beruhigt hatte. Michi stand etwas unbeholfen vor mir und ich spürte, wie der Schrecken einem anderen Gefühl Platz machte- Ärger.
„Was willst du denn hier?“ zischte ich, immer noch heftig atmend. Genaugenommen wusste ich nicht, ob und warum ich überhaupt auf ihn wütend war. Hatte er irgendetwas falsch gemacht? Auf jeden Fall nicht mehr als ich selbst. Für die Sache, die zwischen uns passiert war, war ich ebenso mitverantwortlich.
„Ich…“ seine Stimme war leise und zitterte leicht. Er schien es selbst nicht wirklich zu wissen. Im Halbdunkel sah ich seinen verlegenen Gesichtsausdruck, seine hübschen Augen waren auf den Boden gerichtet. Er trug einen Schal, der sein halbes Gesicht verdeckte. Wie lange saß er wohl schon hier? Es war eisig kalt im Treppenhaus.
Einen Moment lang rang ich mit mir selbst, dann stieß ich die Tür zu meiner Wohnung auf und trat zur Seite. „Komm erst mal rein, du erfrierst hier ja noch.“
Sein Blick hob sich und er nickte kurz. „Danke.“
Ich antwortete nicht, sondern schob ihn in die Wohnung, wo wir unsere Schuhe auszogen und ich das Licht anmachte. Die ganze Zeit über sagten wir kein Wort, auch nicht, als ich die Heizung anstellte und er sich auf dem Sofa niederließ.
„Möchtest du Tee?“ fragte ich schließlich, um die Stille zu brechen. „Oder sonst irgendwas?“
Er zögerte. „Na ja, eigentlich trinke ich keinen Tee, aber… ich bin völlig durchgefroren, also von dem her…“
„Wenn du was zum Aufwärmen willst… wie wär’s mit Kakao?“
Ich wusste selbst nicht, warum ich auf die Idee kam, eigentlich trank ich nie Kakao. Aber irgendwie war mir im Moment danach, außerdem hatte mir eine Freundin vor kurzem ein kleines Päckchen geschenkt, das ich sonst wahrscheinlich nie aufgebraucht hätte. Michis Blick, der etwas unsicher im Raum hin- und hergehuscht war, richtete sich nun etwas freudiger auf mich.
„Au ja. Hab ich schon ewig nicht mehr getrunken.“
„Dito.“
Er sah irgendwie ziemlich mitgenommen aus, tiefe Ringe zierten seine Augen und sein Körper schien kraftlos. Offensichtlich versuchte er aber, sich nichts anmerken zu lassen, deshalb sprach ich ihn auch nicht darauf an. Ich wollte es ihm überlassen, zu erklären, was er hier wollte.
Ich ging ihm voraus in die Küche und er folgte mir.
„Im Kühlschrank ist Milch, hol die mal raus“ sagte ich, während ich einen Milchtopf aus dem Schrank nahm und ihn auf den Herd stellte. Michi tat schweigend, wie ihm geheißen und reichte mir die Packung.
Es war seltsam, obwohl mich seine Anwesenheit erst verärgert hatte, merkte ich, dass sie mir irgendwie nichts ausmachte. Auf eine komische Art war es beruhigend, ihn hier zu haben, in meiner Küche. Schweigend schienen wir irgendwie zu harmonieren, wie wir den Kakao zubereiteten, ohne ein Wort dabei zu sagen.
Nachdem wir das Pulver in die Tassen gefüllt hatten und darauf warteten, dass die Milch warm wurde, sah ich ihn erwartungsvoll an. Es gab keinen Grund mehr, zu schweigen, wir hatten nichts mehr zu tun.
Wieder senkte Michi den Blick.
„Ich wollte dich sehen“ sagte er zögernd und ich erkannte sofort, wie viel Überwindung es ihn gekostet hatte, das zu sagen.
„Warum?“
Er atmete tief ein und strich sich eine wirre Haarlocke aus der Stirn. „Ich weiß nicht, ich… ich hab die letzten Tage die ganze Zeit darüber nachgedacht, was passiert ist. Und ich komme nicht damit klar. Ich weiß nicht, warum ich getan habe, was ich getan habe und… ich will nicht drüber reden, keine Sorge. Ich will irgendwie… nur nicht allein damit sein.“
Ich sah ihn überrascht an. Immerhin war ich nicht der Einzige. Aber was wollte er damit bezwecken?
„Zu Hause ist alles scheiße“ fuhr er fort. „Die Stimmung ist so frostig, dass ich mich ständig unterkühlt fühle, auch wenn die Heizung an ist. Mein Dad und meine Mum reden fast gar nicht mehr miteinander. Mein Vater sucht gerade eine Wohnung, bis dahin wohnt er noch bei uns, aber es ist unglaublich dumm meiner Meinung nach. Meine Mutter liegt die ganze Zeit im Bett und macht überhaupt nichts.“
„Oh je“. Mehr fiel mir nicht dazu ein. Natürlich wusste ich, dass meine Reaktion etwas spärlich ausfiel, aber was sollte ich schon dazu sagen?
„Meine Kumpels sind alle ständig nur auf Party und Weggehen aus… klar kann ich mit ihnen auch mal über was Ernstes reden, aber langsam fühle ich, dass ich ihnen auf den Wecker gehe… aber ich kann mich auch nicht die ganze Zeit verstellen und so tun als wäre nichts.“
„Und stattdessen kommst du und gehst mir auf den Wecker?“ Ich schlug einen scherzhaften Ton an, damit er es nicht zu ernst nahm. Dennoch wollte ich wirklich wissen, warum er meinte, bei mir besser ausgehoben zu sein. „Schließlich bin ich der Playboy deines Papas, den du so gelungen verführt hast.“
Michi zuckte etwas hilflos mit den Achseln. „Ich weiß auch nicht so wirklich. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass du mich verstehst.“
Ich sah ihn überrascht an und unsere Blicke trafen sich endlich. Einen Moment lang standen wir da und ich versank in seinen tiefen Augen, die mich ebenso verständnislos ansahen, wie ich mich fühlte. Seltsamerweise hatte ich das Gefühl, dass er recht hatte- wir verstanden uns, wir teilten dieses Gefühl der Hilflosigkeit.
Wir wurden vom Milchtopf unterbrochen, der plötzlich begann, zu schäumen. Ich nahm ihn rasch vom Herd.
„Gib mir mal die Tassen rüber“ wies ich Michi an und er tat wie geheißen. Nachdem ich Milch in die Tassen gefüllt hatte, reichte ich ihm eine und sah ihm zu, wie er langsam umrührte und einen kleinen Schluck nahm.
„Shit. Heiß!“ rief er aus und ich musste grinsen.
„Was hast du erwartet?“
Er lächelte ebenfalls und ein wenig von seiner Anspannung schien von ihm abzufallen.
„Gehen wir ins Wohnzimmer“ sagte ich nur.

Wir setzten uns aufs Sofa und ich war mir nicht sicher, wie viel Abstand ich von ihm halten sollte. Vorsichtshalber ließ ich lieber zu viel als zu wenig Platz zwischen uns .
„Und jetzt?“ fragte ich leise, als wir ein paar Sekunden lang wieder nichts gesagt hatten.
Er zuckte wieder einmal mit den Achseln und lachte verlegen. „Keine Ahnung“ sagte er, während er erneut an seinem Kakao nippte. „Ich… kann ich heute Nacht hierbleiben?“
Beinahe hätte ich meine Tasse fallen gelassen, aber ich fasste mich noch rechtzeitig.
„Spinnst du?“
„Bitte.“ Er sah mich fast flehentlich an. „Ich will nicht nach Hause.“
Mir wurde schlagartig bewusst, in was für einer absurden Situation ich mich befand.
„Von mir aus“ seufzte ich, obwohl mir klar war, dass das gefährlich war- in jeder Hinsicht. Nicht, weil ich befürchtete, dass ich mich in seiner Anwesenheit nicht würde beherrschen können, sondern weil diese all den mühsam gewonnenen emotionalen Abstand mit einem Schlag zerstören konnte. Eigentlich hatte ich ja vorgehabt, mit Robert und allem, was mit ihm zu tun hatte, abzuschließen. Nun hatte ich mit Michi geschlafen und spielte auch noch seinen Babysitter. Das war nicht wirklich das, was ich mir unter „Abstand“ vorstellte.
Michi sah mich dankbar an und nahm einen Schluck Kakao.
„Danke. Weißt du…“ er schien einen Moment zu überlegen, bevor er weiter sprach. „Es tut mir leid, was passiert ist. Ich weiß, du wolltest es nicht und ich hab dich sozusagen… ich weiß auch nicht, was mit mir los war. Vielleicht können wir ja… Freunde werden oder so. Es macht mir nichts aus, dass du mit meinem Vater… ach, scheiße.“
Er seufzte tief und ließ den Kopf hängen. „Sorry, ich bin einfach ein bisschen durcheinander.“
„Ich merk’s“ entgegnete ich. „Aber ich verstehe, was du sagen willst. Auch wenn es irgendwie komisch wäre, wenn wir Freunde werden.“ Ich musste grinsen.
Michi hob den Kopf und sah mich etwas verwirrt, aber scheinbar amüsiert an. „Da hast du Recht.“
„Weißt du“ sagte ich seufzend und schaffte es nicht, seinem Blick dabei standzuhalten. „Du musst dir keine Vorwürfe machen wegen allem. Du hättest mich nicht dazu zwingen können, wenn ich mich ernsthaft gewehrt hätte. Keine Ahnung warum, aber auf irgendeine verquere Art wollte ich, was passiert ist. Zumindest als… wir es getan haben.“
„Ich auch“ murmelte Michi und ich fühlte seinen Blick auf mir, auch wenn ich verlegen wegsah. Mein Körper begann zu kribbeln und ich versuchte mich dagegen zu wehren.
„Wie dem auch sei… es war unglaublich dumm. Aber lassen wir es einfach. Wenn es ok ist, dann würde ich aber gerne bald schlafen gehen, ich bin todmüde.“
„In Ordnung“ entgegnete er.

Wir unterhielten uns noch ein wenig über belanglose Dinge, vor allem übers Studium. Das war ein angenehmes Thema, da es nichts mit unserem Gefühlsleben zu tun hatte, was uns aber beide gleichermaßen betraf und wo ich ihm ein paar nützliche Tipps geben konnte. Unser Kakao leerte sich und als ich irgendwann auf die Uhr sah, war es kurz vor zwei.
„Ok, lass schlafen gehen“ gähnte ich. „Hast du was dabei?“
Michi schüttelte etwas verlegen den Kopf.
„Komm mit“ sagte ich und zog ihn mit mir hinter den Vorhang, der mein Schlafzimmer abtrennte. Aus dem Schrank reichte ich ihm ein langärmliges Shirt und eine Jogginghose.
„Bei mir ist es immer etwas kalt, weil nachts die Heizung ausgeschalten wird“ erklärte ich. „Wenn du nur im T-Shirt schläfst, erfrierst du morgen früh.“
Er lächelte mich ein, ein sehr niedliches Lächeln, so musste ich zugeben. Seine Grübchen gefielen mir und auf einmal fiel mir auf, was für ein hübscher Junge er war.
Verdammt, was sollten derlei Gedanken? Er hatte mir absolut nicht zu gefallen.
„Ich geh mal Zähne putzen“ riss ich mich selbst aus meinen Gedanken. „Ich geb dir ne Zahnbürste.“
Als ich diese aus dem Schrank nahm, fiel mir auf einmal wieder ein, dass ich ihm beim letzten Mal quasi aus meiner Wohnung geschmissen hatte, nun übernachtete er bei mir. Aber irgendwie hatte ich keine Kraft mehr, mich zu fragen, weshalb ich das nicht hinterfragte. Oder zumindest nicht genug.
„Soll ich auf der Couch schlafen?“ kam es von Michi, der etwas verloren in meinem Shirt und der Jogginghose ins Bad kam. Es war ihm natürlich alles viel zu kurz, was das ganze ein wenig komisch machte und mich zum Grinsen brachte.
„Sag das nächste Mal früher Bescheid, dann decke ich mich mit Klamotten in Übergröße ein“ schmunzelte ich und streckte ihm die Zahnbürste entgegen.
„Ist mir egal, aber wenn es dir nicht unwohl ist, kannst du auch bei mir im Bett schlafen.“
Er sah mich mit großen Augen an. „Unwohl? Wieso das denn?“
Ich biss mir ein wenig verlegen auf die Unterlippe. „Na ja, weil wir… ach egal. Schlaf einfach bei mir im Bett.“
Michi nahm mir die Zahnbürste aus der Hand und begann, sich die Zähne zu putzen. Da ich es immer unangenehm fand, wenn mir jemand dabei zusah, ging ich ins Schlafzimmer und begann, ein paar Sachen wegzuräumen. Schließlich hatte ich nicht mir ihm gerechnet und das Zimmer sah dementsprechend aus.
Als Michi das Licht im Bad löschte und ins Zimmer kam, war ich schon unter die Decke geschlüpft.
„Mach bitte das große Licht aus, ich mache dann die Nachttischlampe an“ wies ich ihn an und er tat, wie geheißen. Dann kroch er neben mir unter die Decke und sein Körper strahlte so viel Wärme aus, dass ich mir auf einmal sicher war, in dieser Nacht nicht zu frieren. Die Bettdecke reichte ihm nur knapp über die Füße, so groß war er. Als ich das Licht endgültig löschte, spürte ich seinen kräftigen Körper auf einmal überdeutlich neben mir. Ich wusste noch genau, wie er sich an meinem angefühlt hatte, als wir es getan hatten. Obwohl es so falsch gewesen war, hatte mich der Sex auf eine unerklärliche Art befriedigt. Und schließlich war ich ein junger, gesunder, schwuler Mann- kein Wunder, dass ein anderer, attraktiver männlicher Körper in meinem Bett, von dem ich wusste, wie gut er sich anfühlte, mir ein wenig den Atem nahm. Insgeheim hatte ich natürlich gehofft gehabt, er würde einfach auf dem Sofa schlafen, dann hätte ich derlei Gedankengänge einfach vermeiden und mich auf die elementarste Frage konzentrieren können- warum war er überhaupt hier?
Doch nun, mit ihm neben mir, schien es unmöglich, diese Frage überhaupt zu stellen. Ich war viel zu beschäftigt damit, den Drang zu bekämpfen, meine Hand auszustrecken und ihn zu berühren. Es schien so einfach, aber natürlich war mir klar, dass ich dies unter keinen erdenklichen Umständen tun durfte.
„Danke“ riss mich Michi auf einmal aus meinen wirren Gedankengängen, als seine Stimme in der Dunkelheit erklang.
„Ach, wieso denn“ entgegnete ich leicht schläfrig. „So teuer war die Zahnbürste gar nicht.“
„Du weißt, dass ich nicht die Zahnbürste meine“ erwiderte Michi leise lachend. „Danke, dass ich hierbleiben kann.“
„Mach dir keine Gedanken. Hat mich gefreut, dass ich den Kakao nicht alleine trinken musste.“
Ich musste mir eingestehen, dass das wirklich stimmte. Es war wirklich nett gewesen, sich mit Michi zu unterhalten und neben all den dummen und unerfreulichen Dinge, die zwischen uns standen, hatte sich wieder mein erster Eindruck von ihm durchgesetzt- dass er ein wirklich netter Kerl war, mit dem man wirklich gut reden konnte.
Ich beschloss, für den heutigen Tag mit dem Denken abzuschließen, ich merkte, wie die Müdigkeit meine Glieder durchdrang und mir den Kopf vernebelte.
„Gute Nacht“ murmelte ich und hörte noch Michis leise Antwort in der Dunkelheit.

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