Language: German
Title: Amicus Draconis: 2nd Cycle - Cycle of the Snake
Rating: R
Warnings: Het, Slash, Character Death
Hauptseite Trailer für Cycle of the Snake Episode 14, Part A Episode 14, Part B Amicus Draconis - 2nd Cycle: Cycle of the Snake - Part 14: Sprung from my only Hate I
XI. Der Narr
Eine außergewöhnliche Karte. Mögen die anderen Karten die verschiedenen Stufen einer Reise darstellen, so ist er derjenige, der sie unternimmt. Jung, naiv, optimistisch, sein Bündel über der Schulter, nur den treuen Hund als Begleiter stürzt er sich Kopf voran ins Abenteuer - und springt über die nächste Klippe.
Jämmerlich. Er ist eben, wie sein Name schon sagt, ein Narr.
Sein Element ist die Luft und manchmal frage ich mich, ob dieses Element sich nicht zufällig auf den Inhalt seines Kopfes bezieht.
Eine außergewöhnliche Karte, gewiss, und gerade deshalb hoffnungslos überschätzt. Zu Beginn unserer Reise sind wir alle Narren, solange bis die Erfahrung die Unschuld zunichte macht, und versucht, uns auf einen anderen Weg zu geleiten. Denn der Weg des Narren über die Klippe führt ins Nichts. Er ist die Verbindung von Chockmah zu Kether und führt damit zur Auslöschung jeden Seins. Das Aleph ist somit nicht der Beginn des Universums, sondern sein Ende. Nichts ist gleich Null und Null ist gleich zwei. Mein Ziel ist es, eben diesen Zyklus zu durchbrechen, und den Sturz ins völlige Nichts zu verhindern.
Man sollte meinen, es wäre nicht schwer, einen geeigneten Kandidaten für den Narren zu finden, schließlich ist die Welt ihrer voll. Aber vielleicht fiel es mir gerade darum so schwer, meine Wahl zu treffen.
Einer, der aufbricht zu einer langen Reise. Einer, der bereits durch die Dunkelheit ging, und dennoch nicht von ihr berührt würde. Einer, der unschuldig ist, und zugleich erfahren. Einer, der am Ende seiner langen Wanderschaft immer noch den entscheidenden Schritt über die Klippe tut, ohne an die Konsequenzen zu denken.
Kurz gesagt, einer wie Harry Potter.
Doch leider ist es mir aus wohlbekannten Gründen nicht möglich, Harry Potter für mein Vorhaben zu verwenden, und deshalb musste ich eine andere Wahl treffen.
Amicus Draconis - 2. Zyklus: Zyklus der Schlange - Teil 14: Aus einz’gem Hass entbrannt I
* * *
London, August 19th, 1992
Im Grunde genommen lief es alles auf zwei simple Fragen hinaus. Wie würde er Vater dazu kriegen, ihm einen neuen Rennbesen zu kaufen und wenn er den neuen Rennbesen erstmal hatte, wie würde er dann Flint dazu kriegen, ihn ins Team aufzunehmen?
Mit sehnsüchtigen Augen bestaunte er den brandneuen Nimbus 2001 im Schaufenster ... den frisch polierten Griff, das tiefschwarz glänzende Holz des Stiels, die mit äußerster Präzision und Sorgfalt angeordneten Zweige. Der Nimbus 2001 flog schneller, höher, und wendiger als es der Nimbus 2000 je getan hatte und sah zudem auch noch besser aus. Ein Prachtstück. Ein wahrer Besen für einen wahren Champion.
Der perfekte Besen um Potter, diese Pfeife, so richtig alt aussehen zu lassen.
“Draco?“ Vater’s Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, er stand mit verschränkten Armen neben ihm und trommelte ungeduldig mit den Fingerspitzen gegen den weiten Stoff seines Ärmels. “Komm.“
Vater zu verärgern war nicht die beste Möglichkeit, um seinen Willen durchzusetzen, also riss Draco sich schweren Herzens von dem Anblick los, und sah wehmütig zu wie der Nimbus immer kleiner wurde und schließlich zwischen dem Trubel verschwand. Wie immer so kurz vor Schulbeginn war ziemlich viel los in Diagon Alley, plärrende Schulkinder an der Hand ihrer Eltern, besorgte Mütter, fröhlich schwatzende Teenager. Immer wieder spähte er angestrengt in die Menge hinein, doch bisher war ihm kein bekanntes Gesicht aufgefallen. Auch von Potter und seiner Bande war nichts zu sehen - zum Glück! Aber da, wo er jetzt mit Vater hinging, hatten kleine Gryffindoofköpfe ohnehin nichts verloren.
Knockturn Alley war um einiges schmaler als Diagon Alley. Auch hier waren viele Leute unterwegs, doch sie redeten nicht miteinander, blickten einander kaum an. Einige schienen sich sogar dafür zu schämen, hier zu sein, sie wandten ihre Augen überall hin, nur nicht auf die Gesichter der anderen. Wieder andere hielten ihre Gesichter unter Kutten oder hinter Schleiern verborgen.
Wie anders dagegen Vater. Er bewegte sich mit der größten Selbstverständlichkeit durch die Massen, den Kopf hocherhoben, die Kapuze zurückgeworfen, so dass sein blondes Haar auf dem Schwarz seines Umhangs weithin sichtbar schimmerte. Seine hellen wachen Augen glitten über die vorbeilaufenden Hexen und Zauberer, einigen nickte er zu, während er andere mit kühler Gelassenheit ignorierte. Wie immer kam sich Draco an seiner Seite klein und unbedeutend vor, auch wenn er wichtigtuerisch die Nase in die Luft reckte und versuchte Gang und Haltung seines Vaters so gut wie möglich zu imitieren.
Vielleicht war es doch am besten, die Sache mit dem Rennbesen gleich über die Bühne zu bringen? Wenn sie erstmal bei Borgin & Burkes waren, hatte Vater sicher andere Dinge im Kopf und wie seine Laune danach sein würde, hing ganz vom Erfolg oder Misserfolg seiner ’Geschäfte’ ab.
“Hast du den Nimbus 2001 gesehen?“ begann Draco und holte zu einer ausführlichen Beschreibung aller Vorzüge des Rennbesens aus. “Er ist...“
“Schon gut,“ winkte Vater ab, “ich hatte sowieso nicht vor, dich mit deiner alten Bürste nach Hogwarts zu schicken. Wie sähe das denn aus?“
Draco blieb der Mund offen stehen. So einfach hatte er sich das nicht vorgestellt. Er war es zwar gewohnt, seinen Willen durchzusetzen, wenn es um materielle Dinge ging, aber oft war das auch mit ziemlichen Diskussionen verbunden und manchmal stellte Vater sich auf stur. Dann war nichts zu machen und jeder weitere Überredungsversuch würde nur Schwierigkeiten nach sich ziehen.
“Danke, Vater.“ Ein kurzes Nicken war alles, was er zur Antwort bekam; die Rennbesen schienen Vater’s Gedanken bereits wieder entschwunden zu sein. Auch er selbst dachte nur noch einen Augenblick länger daran, denn Borgin & Burkes lag jetzt vor ihnen und bereits die Auslage war mit faszinierenden Talismanen aus Knochen und schrumpeligem Leder bestückt. Draco konnte es kaum erwarten, über die Schwelle zu stürmen und alles in Augenschein zu nehmen.
Das Innere des Ladens war dunkel, schon allein der Atmosphäre wegen. Masken und Schrumpfköpfe hingen an den Wänden und starrten mit leerem Grinsen auf die Besucher hinunter. Hoch über ihren Köpfen baumelten seltsame metallenen Apparaturen, an welchen der Rost klebte, oder vielleicht auch andere Ausdünstungen - so genau war das nicht auszumachen und eigentlich wollte er es auch gar nicht wissen.
Und Regale. Regale von oben bis unten voll gestopft mit schwarzmagischen Gegenständen.
“Nichts anfassen,“ warnte Vater aus dem Hintergrund. Draco’s Hand zuckte zurück, noch bevor er das gläserne Auge berührt hatte, welches vor ihm in der Vitrine lag. Das Auge drehte sich herum, um ihn eingehend zu fixieren.
“Ich dachte, du kaufst mir was.“ Nicht, dass er dieses Ding unbedingt in seinem Schlafzimmer haben wollte, aber vielleicht konnte man es ja benutzen, um Leute auszuspionieren. Potter zum Beispiel.
“Ich sagte, ich würde dir einen Rennbesen kaufen,“ berichtigte Vater. Also hatte er es nicht vergessen. Aber ein Besen war noch lange keine Garantie, dass er auch wirklich ins Quidditch Team aufgenommen wurde und gegen Potter antreten konnte.
“Was bringt mir das, wenn ich nicht in der Hausmannschaft bin?“ maulte er. “Harry Potter hat letztes Jahr einen Nimbus 2000 gekriegt. Sondererlaubnis von Dumbledore, damit er für Gryffindor spielen kann...“
Die Erinnerung versetzte ihn erneut in Rage, als die Bilder vor seinem geistigen Auge wiederauferstanden. Harry Potter, der als feuriger Blitz durch die Lüfte jagte; seine Brillengläser funkelten im Sonnenlicht, der Wind riss an seinem wirren schwarzen Haar und hinter ihm flatterte sein roter Umhang gleich einer zuckenden Flamme. Er lehnte sich auf seinem Nimbus nach vorne, streckte die Hände nach dem Snitch aus, und unter ihm begann die Menge zu jubeln.
Jedes verdammte Spiel hatten die verdammten Gryffindors dank ihm gewonnen, bis auf das letzte gegen Ravenclaw. Nur gut, dass Potter da im Krankenflügel gelegen hatte, sonst hätte er am Ende auch...
“Dabei spielt er nicht mal gut, es ist nur weil er so berühmt ist ... berühmt wegen einer dämlichen Narbe in der Visage ...“
Verdammt, wie er diesen Mistkerl hasste, diesen verfluchten Angeber. “... jeder denkt, er ist so toll, der wundervolle Potter mit seiner Narbe and seinem Besenstiel - “
“Das hast du mir nun schon mindestens ein Dutzend Mal erzählt.“ Vater warf ihm einen ungehaltenen Blick zu. “Wenn ich dich daran erinnern dürfte, dass es weder klug noch vorsichtig ist, eine offene Abneigung gegen jemanden zur Schau zu tragen, den ein Großteil von uns als den Helden ansieht, der uns vom Dunklen Lord befreit hat ... ah, Mr. Borgin.“
Gutes Timing, jetzt war Vater mit seiner Liste beschäftigt und hatte keine Zeit mehr für lange Belehrungen. Es war jedes Mal dasselbe, wann immer er sich über Potter beschwerte, kam Vater mit derselben alten Leier. ’Stell’ deine Gefühle nicht so zur Schau, sei vorsichtiger, tu wenigstens so als würdest du ihn mögen.’
Ebenso gut könnte Vater verlangen, er solle einen widerlichen kleinen Hauselfen mögen, oder so tun als mache es ihm Spaß am Boden herumzuhocken, während dieser Widerling da oben seine Runden drehte. Jedes Mal wenn er auch nur an Potter dachte, drehte sich ihm der Magen um und er bekam das dringende Bedürfnis, etwas zu zerquetschen oder in die Luft zu jagen. Und Vater verlangte allen Ernstes, er solle nett zu ihm sein?
Nur langsam beruhigte er sich wieder, als er versuchte, die Gedanken an Potter zu verdrängen und den Kopf wieder freizukriegen. Er wanderte weiter im Laden umher und guckte sich halbherzig die magischen Artefakte an, aber irgendwie war seine Begeisterung wie weggeblasen.
“Kann ich das haben?“ fragte er schließlich und deutete auf eine verschrumpelte Hand mit gelblichbraunen, klauenartigen Fingernägeln, welche auf einem staubigen Kissen ruhte. Nicht, dass er gewusst hätte, was damit anzufangen war; eigentlich ging es ihm nur darum Vater’s Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen.
“Manus Gloriae, die Hand des Ruhmes!“ Mr. Borgin ließ die Liste Liste sein und schlurfte zu ihm hinüber. “Steck eine Kerze hinein, und sie wird nur demjenigen leuchten, welcher die Hand trägt. Der beste Freund aller Diebe und Plünderer. Ihr Sohn hat einen guten Geschmack, Sir.“
“Ich hoffe mein Sohn eignet sich einmal zu mehr als einem Dieb oder Plünderer, Borgin,“ unterbrach Vater die ölige Schmeichelrede und Borgin brach sofort in Entschuldigungen aus. Doch Draco blieb nicht einmal Zeit darüber zu schmunzeln, denn im nächsten Moment traf ihn schon ein eisiger Blick. “Obwohl, wenn seine Noten sich nicht verbessern, mag das vielleicht alles sein, wozu er fähig ist.“
“Es ist nicht meine Schuld,“ versuchte Draco sich zu rechtfertigen Das war so typisch für Vater; immer dann wenn man es am wenigsten erwartete, verschoss er solche Spitzen. “Die Lehrer haben alle ihre Lieblingsschüler, diese Hermione Granger...“
“Man sollte doch meinen, du schämst dich dafür, dass dich ein Mädchen, welches nicht aus einer Zaubererfamilie kommt, in jeder einzelnen Prüfung übertroffen hat.“
Draco fühlte wie ihm die Röte ins Gesicht schoss und er senkte den Blick, um seinem Vater nicht in die Augen sehen zu müssen. Er wusste nichts zu erwidern; eine Möglichkeit sich zu verteidigen fiel ihm nicht ein und eine freche Bemerkung würde nur Konsequenzen nach sich ziehen.
Warum musste Vater ihn in aller Öffentlichkeit so niedermachen! Es war schon bitter genug, wenn er es zu Hause tat, aber hier vor Fremden trafen seine spitzen Bemerkungen ungleich schlimmer. Draco wäre am liebsten einfach aus dem Geschäft gerannt und hätte dem Nächstbesten, der ihm in die Quere kam, seine Faust ins Gesicht geschlagen. Doch er hatte gelernt, solche Wutausbrüche unter Kontrolle zu halten und so verfiel er in brütendes Schweigen, während Vater und Mr. Borgin sich wieder ihren Geschäften zuwandten.
Sieh mal an, ein Strick mit einer Schlinge. In alten Zeiten hatten Muggles so etwas benützt, um Hexen und Zauberer umzubringen. Oder sich auch gegenseitig; diese primitiven Geschöpfe waren nichts anderes als ein Haufen schmutziger kleiner Ratten, welche sich aus Dummheit und Langeweile gegenseitig zerfleischten.
Vorsicht: Nicht berühren. Verflucht - hat bis zum heutigen Tage 19 Mugglebesitzern das Leben gekostet.
Na, das war doch mal ein wirklich interessantes Halsband...
Er wandte sich ab und sah sich plötzlich einem großen schwarzen Schrank gegenüber. Nein, kein Schrank, eigentlich sah es eher aus wie eine Mischung aus altägyptischem Sarkophag und Eiserner Jungfrau. Es schien innen hohl zu sein; bestimmt war darin ein Skelett oder eine Mumie oder etwas ähnlich Interessantes. Er streckte die Hand aus, um die Tür zu öffnen...
“Komm, Draco!“
Einen Augenblick lang kämpfte er mit sich; einerseits wollte er unbedingt wissen, was in dem Sarkophag war, aber andererseits wollte er keinen Ärger mit Vater riskieren, sonst bekam er vielleicht den Rennbesen nicht.
Schließlich siegte die Vernunft und er folgte seinem Vater hinaus auf die Straße. Er verstand nicht, warum dieser so in Eile war, sie hatten doch noch den ganzen Nachmittag Zeit, um den Rest der Einkäufe zu erledigen. Aber irgendetwas schien ihn zu beschäftigen. So, als müsse er unbedingt etwas ganz Bestimmtes erledigen. Etwas, das keinen Aufschub duldete.
Diagon Alley schien irgendwie leerer geworden zu sein. Nachdem sie neue Schulroben, Schreibzeug und frische Zutaten für den Zaubertränkeunterricht gekauft hatten, verstand Draco auch warum; die halbe Zaubererschaft Englands schien sich nämlich im Buchladen Flourish & Blotts versammelt zu haben. Autogrammstunde von einem Kerl namens Lockheart oder so ähnlich. Mutter hatte ein paar Bücher von ihm als Abendlektüre, welche sie tunlichst vor Vater versteckte.
Da er nicht wirklich Lust darauf hatte, sich mit dieser Menge herumzuschlagen, übergab er seine Bücherliste für Hogwarts einem fahrigen Verkäufer und zog sich auf die Galerie zurück, um sich das ganze Spektakel aus sicherem Abstand anzusehen. Vater wurde sogleich von einer Schar Hexen und Zauberer in Beschlag genommen, die eifrig schwatzend und händeschüttelnd auf ihn einredeten. Darauf, lieb zu lächeln, höfliche Konversation zu machen und das Paradepferd zu spielen hatte er in seiner gegenwärtigen Stimmung noch viel weniger Lust; also machte er, dass er wegkam. Am liebsten wäre er jetzt zu Hause in seinem Zimmer gewesen, wo er keins von diesen dummen Gesichtern hätte sehen müssen.
“Nicht möglich, es ist Harry Potter!“
Unten schienen plötzlich alle den Verstand verloren zu haben. Lockhart war von seinem Platz aufgesprungen und stürmte in die Menge, welche flüsternd und schwatzend auseinander wich. Ein dürrer kleiner Reporter hüpfte mit einer riesigen Kamera herum, klickte ein Photo nach dem anderen und erfüllte den Raum mit nervtötenden grellen Blitzen und lilafarbenen Rauchwolken.
Und inmitten des gesamten Trubels stand der blöde Harry Potter mit seiner blöden Wischmoppvisage und schüttelte wieder und wieder Lockhart’s Hand, während dieser ihm lächelnd seine Bücher überreichte und etwas von “Berühmtheit“ und “Titelseite“ murmelte, bevor er sich wieder der Menge zuwandte, um eine großkotzige Rede halten. Den Arm hielt er dabei wichtigtuerisch um Potter’s Schultern gelegt ... was bildete er sich eigentlich ein, dieser Lackaffe? Ein aufgeblasener affektierter Gockel und Draco konnte ihn schon jetzt nicht ausstehen.
Er wartete bis Potter sich mit den Büchern in eine Ecke des Raumes zurückgezogen hatte, und hastete dann die Treppe hinunter um ihn abzupassen. “Ich wette, das gefällt dir, stimmt’s, Potter?“
Er trat noch einen Schritt näher, drang bewusst in den persönlichen Raum seines Gegners ein. “Der berühmte Harry Potter. Kann noch nicht mal in einen Buchladen gehen, ohne gleich auf der Titelseite zu landen.“
Potter antwortete nicht, doch er wich auch nicht zurück, sondern hielt Draco’s Blick eisern stand. Das bekannte grimmige Funkeln war in seine grünen Augen getreten, so wie immer wenn er aufgebracht war. Selbst wenn er so tat, als würden die Gemeinheiten einfach an ihm abprallen, so verriet dieses Funkeln doch seine wahren Gefühle.
“Lass’ ihn in Ruhe, er wollte das alles nicht.“ Das rothaarige Mädchen, welches neben Potter stand und den Kessel mit seinen Büchern schleppte, starrte ihn wütend an. Eine schmutzige kleine rothaarige Weaseline und Draco konnte sie schon jetzt nicht ausstehen.
“Sieh an, Potter, hast dir ’ne Freundin angelacht.“ Die Weaseline wurde knallrot im Gesicht und senkte den Blick, aber ihre Verstärkung war schon im Anmarsch. Ein weiteres Weasel kämpfte sich durch die Menge und blieb neben seiner Schwester stehen. “Ach, du bist es. Ich wette, du bist überrascht, Harry hier zu sehen, eh?“
“Nicht so überrascht wie dich in einem Laden zu sehen, Weasley.“ Er ließ seinen Blick über die Bücher schweifen, die das Weasel auf den Armen trug und grinste. “Ich wette deine Eltern müssen einen ganzen Monat hungern um den Krempel zu bezahlen.“ Das Weasel wurde ebenso knallrot wie die Weaseline und warf seine Bücher ebenfalls in ihren Kessel, so dass sie unter dem Gewicht fast zusammenbrach. Von der Bücherlast befreit, wollte es auf Draco losstürzen, aber Potter und das Schlammblut hielten es am Kragen fest.
Toll. Noch mehr Weasels. Aus allen Löchern kamen sie gekrochen, eine richtige Invasion.
“Sieh’ an, Arthur Weasley.“
“Lucius.“
Draco hatte von klein auf gelernt, dass alle Weasleys arm und schmutzig und Blutsverräter und eine Schande für die Zaubererschaft seien. Er hatte nie daran gezweifelt, nie die Aussagen seines Vaters hinterfragt. Doch jetzt als Vater und Weasley senior sich gegenüberstanden und der Hass zwischen ihnen fast greifbar schien, begann er sich zum ersten Mal in seinem Leben zu fragen, ob Vater ihm wirklich die ganze Wahrheit erzählt hatte. Manchmal brauchte man zwei Menschen nur anzusehen, und man wusste, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit hatten.
Etwas war zwischen diesen beiden Männern vorgefallen und hatte die Feindschaft zwischen ihnen angefacht, ebenso wie ein Windstoß einen einzelnen Funken in ein Feuer verwandeln konnte.
* * *
Ministry of Magic, 23. January 1982
Das Flüstern einzelner Stimmen vermengte sich zu einem undurchdringlichen Raunen, welches sich wie zähflüssiger Nebel über die düsteren Steinwände des Verlieses legte. Ein Hauch von Erleichterung war über die angespannten Mienen geglitten, als sich die Torflügel wieder geschlossen und somit die unheilvollen Gestalten der Dementoren aus ihrem Blickfeld genommen hatten. Alle Augen richteten sich jetzt auf den einzelnen Mann in der Mitte des Gerichtsaals.
“Fortsetzung der Verhandlung am 23. Januar 1982 gegen Lucius Dorian Abraxas Malfoy,“ verkündete die tiefe, dröhnende Stimme der Vorsitzenden des Wizengamots. “Den Vorsitz führt Amelia Susan Bones, stellvertretende Ministerin für Justiz und Einhaltung magischer Gesetze in Abwesenheit unseres hochgeschätzten Ministers Bartemius Crouch.“
Ein weiteres Murmeln lief durch die Menge, als Crouch’s Name fiel. Es war seltsam ungewohnt seine aufrechte Gestalt nicht dort oben im Richterstuhl sitzen zu sehen, seine wachsamen Augen auf sich ruhen zu fühlen und seinen leidenschaftlichen Worten zu lauschen. Crouch war ebenso zu einem Teil dieses Verhandlungssaales geworden wie das Holz und der Stein um sie herum, hart, unnachgiebig, und von einer unbeugsamen Kälte erfüllt. Er bekämpfte Furcht mit Furcht, Feuer mit Feuer, und Terror mit Terror, und doch war er einer der wenigen gewesen, der ihnen Hoffnung in die düsteren Zeiten hatte bringen können.
“Dem Angeklagten wird Folgendes zur Last gelegt.“ Leise knisterten die Blätter der Anklageschrift, als Madam Bones sie zwischen ihren dürren Fingern ordnete. “Das wissentliche und willentliche Eintreten in die Gefolgschaft desjenigen, dessen Name nicht genannt werden darf, desweiteren die Teilnahme an den geheimen Treffen dieser Gefolgschaft, den sogenannten Todessern, und in diesem Zusammenhang die Involvierung in die Planung diverser Verbrechen gegen sowohl die Zauberer-, als auch gegen die Mugglegemeinschaft, unter anderem Erpressung, Folter und Mord unter Beihilfenahme der drei unverzeihlichen Flüche, fürderhin die Beteiligung an dem Überfall auf und der anschließenden Ermordung von Mr. Gideon Prewett, seiner Frau Mrs. Kathleen Prewett, und seinem Bruder Mr. Fabian Prewett. Angeklagter, bekennen Sie sich schuldig?“
Überraschung machte sich auf den Mienen breit und das Geräusch schnell eingesogenen Atems fuhr wie der Zischlaut einer Schlange durch die stickige Luft. Die beiden ersten Punkte waren weithin bekannt, doch der letzte Punkt kam als eine Überraschung für sie alle. Malfoy’s Name war schon mehrmals im Zusammenhang mit Todessern gefallen, aber bisher hatte es noch nie einen Hinweis auf ein konkretes Verbrechen gegeben, an dem er beteiligt gewesen sein sollte. Gespannt wartete die Menge darauf, wie er sich zu diesem letzten Vorwurf äußern würde.
“Nicht schuldig im ersten Punkt, teilweise schuldig im zweiten Punkt und zum dritten Punkt ist es mir leider nicht möglich, eine Aussage zu machen.“
“Erläutern Sie diese Äußerungen bitte genauer.“ Madam Bones senkte das Bündel Blätter ein Stück weit, so dass sie über dessen Rand in Lucius’ Malfoy’s Gesicht sehen konnte. Dieser erwiderte ihren Blick ohne zu blinzeln oder ihren forschenden Augen auszuweichen.
Die Menge schwieg; dies war definitiv nicht das, was Crouch getan hätte. Crouch hätte Malfoy’s Äußerungen zunächst mit einer spöttischen Bemerkung abgetan und anschließend eine seiner feurigen Reden gehalten, ehe er den Angeklagten erneut zu Wort kommen ließ, ihn dann mittendrin unterbrach und jeden seiner Sätze zerpflückte. Natürlich mochte man dies als Beeinflussung bezeichnen, aber vielleicht war der Begriff Gegenbeeinflussung zutreffender. Die andere Seite scheute sich ja auch nicht, das Wizengamot unter Druck zu setzen und ihre Methoden waren weitaus weniger kultiviert. Wer konnte schon genau sagen, wie viele Todesser durch Erpressung und geheime Drohungen gegen Familienmitglieder freigekommen waren?
“Mein Eintritt in die Gefolgschaft von Sie-wissen-schon-wem geschah weder mit meinem Wissen noch mit meiner Zustimmung,“ begann Malfoy mit seiner Verteidigung. “Ich wurde durch den Imperiusfluch dazu gezwungen.“
Er machte eine kurze Pause, als das ungläubige Gemurmel der Menge drohte seine Stimme zu übertönen und wartete, bis Madam Bones den Saal zur Ordnung gerufen hatte, ehe er fortfuhr: “An Treffen in diesem Zusammenhang kann ich mich vage erinnern, allerdings sind es nicht mehr als ein paar unzusammenhängende Bilder von maskierten Gesichtern und Gestalten in langen schwarzen Roben. Was Verbrechen angeht, die ich unter dem Einfluss des Fluchs begangen haben soll, so kann ich mich an keinen konkreten Fall erinnern; ich kann jedoch auch nicht ausschließen, dass solche Verbrechen stattgefunden haben. Alles, was ich dem Wizengamot versichern kann ist, dass ich mich gegen den Imperiusfluch gewehrt habe und dass ich mich, sobald es mir möglich war, ihn abzuschütteln, ohne jedes Zögern dem Ministerium gestellt habe. Unter allergrößtem Risiko für mein eigenes Leben, das Leben meiner Frau, und das Leben meines Kindes.“
Als er sie erwähnte, suchten die vielen Augen ungeniert nach seiner Familie, der dünnen blassen Frau in dem hochgeschlossenen Kleid und dem schlafenden kleinen Jungen, der auf ihrem Schoß hockte, seinen Rücken an die Brust der Mutter gelehnt.
Fanart by
ebilein Mit ihrer fahlen Gesichtsfarbe und ihren müden Augen wirkte sie wie eine zerbrechliche Porzellanpuppe, doch mit dieser Unschuldsmasche konnte sie niemanden hinters Licht führen. War sie nicht die Tochter eines gefürchteten Todessers? War nicht ihre ganze Familie vor einem Monat bei einem grauenvollen Verbrechen auf frischer Tat ertappt und verhaftet worden? Nun, sie selbst war an dem Verbrechen nicht beteiligt gewesen; sie hatte ein Alibi, welches über jeden Zweifel erhaben war. Aber hieß es nicht umsonst, Blut sei dicker als Wasser?
“Soweit entsprechen Ihre Aussagen denjenigen, die in meinem Protokoll verzeichnet sind.“ Madam Bone’s Stimme lenkte die Aufmerksamkeit der Zuschauer wieder nach vorne. “Sie bleiben also bei der Aussage, die Sie schon zuvor bei den Aurori gemacht haben? Oder haben Sie dem noch etwas hinzuzufügen?“
“Ich habe nichts hinzuzufügen, Madam Vorsitzende,“ entgegnete Malfoy knapp.
“Gut, dann beginnen wir nun mit der Vernehmung der Zeugen.“ Sie wandte sich an eine stämmige junge Frau, welche am Rand der vordersten Bank saß. “Aurora Carrow, holen Sie bitte Minister Fudge herein.“
Cornelius Fudge, vermerkte die Menge, vor kurzem zum Minister der Abteilung für Magische Katastrophen befördert worden, da es ihm gelungen war, einen berüchtigten Todesser der Gerechtigkeit zuzuführen. Jung, sympathisch, pflichtbewusst, mit bürgerlichem Familienleben, besaß er einen tadellosen Ruf und die Ambition, Zaubereiminister zu werden. Und jetzt, seit dieser unglücklichen Sache mit Barty Crouch junior hatte er auch tatsächlich eine reelle Chance, die Wahl zu gewinnen. Vorausgesetzt natürlich, er war vorsichtig und ruinierte sich sein Ansehen jetzt nicht durch diese Malfoy Geschichte. Wirklich, es war ausgesprochenes Pech für ihn, dass die Malfoys ausgerechnet ihn in diese Sache hineingezogen hatten. Hätten sie nicht einfach zu jemand anderem fliehen können?
“Ihr voller Name ist Cornelius Oswald Fudge?“
“Ja, Madam Vorsitzende.“
“Alter: 47 Jahre, Beruf: Minister für Magische Katastrophen, wohnhaft in London, Familienstand: verheiratet, zwei Kinder?“
“Ja, Madam Vorsitzende.“
“Gut, Mr. Fudge, dann schildern Sie dem Wizengamot doch bitte, was sich am Abend des 31.Oktobers 1981 bei Ihnen zu Hause zugetragen hat.“
Befreite Atemzüge, als die Gedanken sich jener schicksalhaften Nacht zuwandten. Sicher, es war furchtbar, was mit den Potters geschehen war. Die armen Eltern und der arme kleine Waisenjunge bei dem niemand so genau wusste, wo er jetzt eigentlich lebte. Es war entsetzlich. Doch es war die Nacht gewesen, in der sie alle von Lord Dingsbums befreit worden waren und endlich die schrecklichen Zeiten vergessen konnten, die hinter ihnen lagen. Endlich durften sie das ruhige, friedliche Leben führen, das ihnen so lange verwehrt geblieben war.
“Nun, wir ... meine Familie und ich waren an diesem Abend zu Hause. Die Mädchen wären gerne Süßigkeiten sammeln gegangen, aber Sie wissen ja, in diesen Zeiten war das unmöglich.“
Er verzog die Lippen zu einem traurigen Lächeln und konnte sich damit der Sympathie seines Publikums gewiss sein. “Also haben wir zu Hause gefeiert und sie durften ein wenig länger aufbleiben. So gegen zehn haben wir sie dann zu Bett gebracht und uns anschließend ebenfalls schlafen gelegt. Das muss etwa gegen elf gewesen sein. Wir sind bald eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als der Alarm losging.“
“Und was geschah weiter?“
“Wir waren zunächst sehr erschrocken und haben überlegt, ob wir lieber die Aurori benachrichtigen sollen, anstatt selbst nachzusehen. Aber als wir dann mithilfe eines Beobachtungszaubers sahen, dass die Malfoys vor unserem Anwesen standen und uns verzweifelt um Einlass baten, haben wir sie hereingelassen. Mr. und Mrs. Malfoy waren beide sehr aufgewühlt und ihr kleiner Sohn weinte, also hat meine Frau sich um das Kind gekümmert, während Lucius Malfoy mir schilderte, was vorgefallen war. Er bat mich, sofort die Aurori und einen Heiler zu verständigen, da er Hilfe benötige. Er sagte, er habe sich soeben von einem Imperiusfluch von Lord ... Dingsbums befreit und sei jetzt auf der Flucht vor ihm und seinen Todessern. Er ging davon aus, dass sie bald bei ihm zu Hause erscheinen würden, um entweder den Fluch zu erneuern oder ihn und seine Familie zu töten.“
“Und daraufhin haben Sie St.Mungos und die Aurori verständigt?“
“Ja, Madam Vorsitzende.“
“Haben Sie bis zu diesem Zeitpunkt irgendeinen Hinweis darauf, oder einen Beweis dafür finden können, dass Mr. Malfoy unter einem Imperiusfluch stand?“
Für einen Moment lang stand die Anspannung wie Zunder im Raum, eingefroren, aber bereit durch jedes winzige Fünkchen in eine Flammenhölle auszubrechen. Fudge’s nächste Worte konnten entscheidend sein, entscheidend für das Schicksal des Angeklagten und ebenso für seinen eigenen Lebenslauf.
“Eindeutige Beweise gibt es nicht, wie Sie wissen.“ Der junge Minister begann langsam und vorsichtig, als versuche er, möglichst viel Zeit zu herauszuschlagen, bevor er eine konkrete Antwort geben musste. Sein Gesicht war ruhig, aber dem geschulten Auge entging nicht, dass er nervös seine Hände knetete. “Wäre es möglich so etwas zu beweisen, so hätte unser Ministerium bedeutend weniger Schwierigkeiten, nicht wahr?“
Sein müder Versuch zu scherzen entlockte niemandem auch nur den Hauch eines Lächelns, doch Fudge schien sich dadurch wieder gefangen zu haben. Seine Stimme klang jetzt fester und sicherer als er fortfuhr: “Allerdings gibt es gewisse Anzeichen, die bei Hexen und Zauberern auftreten können, wenn sie diesem Fluch für längere Zeit ausgesetzt waren. Zu diesen Anzeichen gehören beispielsweise erweiterte Pupillen, unkontrollierte Körperbewegungen wie das Zittern der Hände oder das Zucken der Knie und eine vorübergehende geistige Verwirrung bis hin zu Gedächtnisverlust.“
“Diese Anzeichen sind uns bekannt, Mr. Fudge. Beantworten Sie nun bitte meine Frage: Haben Sie oder haben Sie nicht, am Abend des 31.Oktobers solche Anzeichen bei Mr. Malfoy feststellen können?“
“Ja, Madam Vorsitzende.“ Fudge antwortete, bevor die Menge Zeit hatte, sich in eine erneute Spannung hineinzusteigern und fuhr sogleich fort: “Mr. Malfoy befand sich in einem äußerst schlimmen Zustand. Er zitterte wie im Fieber und war zunächst kaum in der Lage, einen zusammenhängenden Satz von sich zu geben. Claudia ... meine Frau verabreichte ihm schließlich einen Beruhigungstrank, damit wir erfahren konnten, was geschehen war. Er blieb jedoch weiterhin äußerst nervös und ließ es nicht zu, dass seine Familie sich aus seinem Wahrnehmungsbereich entfernte. Als meine Frau den kleinen Draco in die Küche bringen wollte, um ihm etwas zu trinken zu geben, stürmte er hinterher und versuchte, ihn ihr zu entreißen. Er schien furchtbare Angst um seine Familie zu haben.“
Fudge holte tief Luft: “Natürlich sind eindeutige Beweise nicht möglich, aber meines Wissens nach, sagt Mr. Malfoy die Wahrheit. Er ist kein Todesser, sondern eines ihrer Opfer. Er ist unschuldig.“
Das Stimmengewirr, welches nun im Saal losbrach, war nicht übermäßig laut, aber ohrenbetäubend wie ein schriller Kanon pfeifender Vögel, eine Dissonanz lärmender Misstöne. Es war nicht so sehr die Frage von Malfoy’s Schuld oder Unschuld, denn diese Frage hatte die Menge entweder schon längst entschieden oder würde sie einfach dem Gericht überlassen. Es war eher die Tatsache, dass Fudge sich soeben in ein Bett von Nesseln gesetzt hatte, aus dem er möglicherweise nicht mehr herauskam. Sollte Malfoy in dieser Verhandlung schuldig gesprochen werden, so konnte Fudge seine Karriere an den Nagel hängen. Es wäre nicht nötig gewesen, ein solches Risiko einzugehen.
Glaubte der Mann wirklich an das, was er sagte? Oder wusste er etwas, das die anderen nicht wussten?
Madam Bones brauchte mehrere Minuten, bis sie die Ruhe soweit wiederhergestellt hatte, dass sie die nächsten Zeugen aufrufen konnte. Die Aussage von Claudia Fudge deckte sich ziemlich genau mit der ihres Mannes. Danach folgten die vier Aurori, welche die Familie Malfoy anschließend in Gewahrsam genommen hatten. Einen Heiler von St.Mungo’s hatte es nicht gegeben, der Befehl der Aurori hatte gelautet, die Malfoys unverzüglich in Untersuchungshaft zu nehmen und nach Azkaban zu bringen. Einige Tage später durfte Narcissa Malfoy dann mit ihrem Sohn nach Malfoy Manor zurückkehren.
“Wollen Sie damit sagen,“ fragte Amelia Bones den jungen Auror, der vor ihr saß, “dass eine junge Frau gegen die keinerlei Anklage vorlag und ein knapp zweijähriges Kind 48 Stunden lang in Azkaban festgehalten wurden?“
“In Gewahrsam genommene Personen müssen spätestens nach 48 Stunden wieder freigelassen werden, sofern keine Anklage gegen sie vorliegt,“ wich der Auror ihrem Vorwurf elegant aus. “Ich bin mir sicher, Sie sind bestens mit dem Gesetz vertraut, Madam Vorsitzende.“
Mit purer Dreistigkeit war ihm gelungen, was an diesem Morgen noch niemandem geglückt war, er hatte die angespannte Atmosphäre durchbrochen und die Menge zum Schmunzeln gebracht. Madam Bones schien allerdings weniger amüsiert zu sein; sie schürzte die Lippen und bellte: “Wenn Sie sich bitte darauf konzentrieren würden, meine Fragen zu beantworten...“
“Selbstverständlich, Madam.“ Das Grinsen im Gesicht des Aurors war einem fast entschuldigenden Gesichtsausdruck gewichen, doch dieser wirkte sehr aufgesetzt. Unter den zusammengezogenen Brauen des jungen Mannes funkelten zwei lebhafte gelbliche Augen, deren Anblick keinen Zweifel aufkommen ließ, dass ihr Besitzer sich nur zu gerne auf ein Wortgefecht mit der stellvertretenden Justizministerin eingelassen hätte. Doch die Diskussion darüber, was die Aurori tun oder nicht tun durften, war in den letzten Jahren schon zu oft geführt worden und diese Gerichtsverhandlung schien kaum der passende Rahmen zu sein, um einen erneuten Streit vom Zaun zu brechen.
“Wenn ich richtig informiert bin, waren Sie auch für die Durchsuchung des Malfoyschen Anwesens, der umliegenden Ländereien, und der Feriendomizile zuständig.“ Der Auror nickte und Madam Bones fuhr fort: “Zu welchem Ergebnis sind Sie dabei gekommen?“
“Wir haben einige Gegenstände beziehungsweise Zaubertrankutensilien gefunden, welche in die Kategorie schwarzmagisch gerechnet werden können, jedoch nichts was die Malfoys in irgendeiner Form mit dem Ungenannten in Verbindung brächte.“
“Gut. Laut meinen Akten wurden keinerlei konkrete Beweise in dieser Richtung gefunden, weder bei den Durchsuchungen, noch bei den Vernehmungen. Der Angeklagte blieb standhaft bei seiner Meinung, unter dem Einfluss des Imperiusfluchs gehandelt zu haben. Allerdings gab es bei den Ermittlungen keinerlei weitere Untersuchungen diesen Fluch betreffend, ist das richtig? Auch Wahrheitstränke wie beispielsweise das Veritaserum kamen nicht zum Einsatz.“
“Das ist richtig. Wenn Sie mich jetzt allerdings nach den Gründen fragen, muss ich leider passen. Für die Ermittlungen war allein Minister Crouch zuständig und er war es auch, der die Verhöre führte. Durch Notstandsartikel siebzehn hatte er die alleinige Verfügungsgewalt.“ Angriffslustig und ein wenig trotzig warf der junge Auror den Kopf zurück und schüttelte seine blondbraune Löwenmähne, als erwarte er eine Rüge, die unweigerlich zu den altbekannten Diskussionen über diesen Artikel führen würde.
Die Menge spitzte die Ohren, doch Madam Bones machte keinerlei Versuche, sich auf eine solche Debatte einzulassen. Sie stellte dem Zeugen lediglich noch ein paar Routinefragen über die Ermittlungen, bevor sie ihn schließlich entließ.
Narcissa Malfoy sagte nicht aus. Sie behielt sich das Recht der Ehefrau vor, die Aussage zu verweigern.
Aber dann, fragten sich die Zuhörer, wer hätte ihren Worten auch Glauben geschenkt?
“Kommen wir nun zum dritten und letzten Punkt der Anklage.“ Die Menge horchte auf. “Das Gericht ruft in den Zeugenstand: Arthur William Weasley!“
William wer? Nicht jedem sagte dieser Name etwas und einige Köpfe beugten sich flüsternd zu ihren Nachbarn hinüber. Arthur Weasley, Mitarbeiter in der Abteilung gegen den Missbrauch von Muggle Artefakten, war kein Zauberer, den man sich unbedingt hätte merken müssen. Ein sympathischer, etwas überspannter und ansonsten völlig unbedeutender junger Mann mit einem Stall voller Kinder und ein paar absonderlichen Vorlieben.
Es war allerdings möglich, dass sich heute ein paar Dinge für ihn ändern würden. Zum Guten oder zum Schlechten.
“Sie sind Arthur William Weasley, 34 Jahre alt, angestellt in der Abteilung gegen den Missbrauch von Muggle Artefakten, wohnhaft in Ottery St. Catchpole, verheiratet, sechs Kinder?“
“Sieben, Madam Vorsitzende ... ich meine, ja, die Angaben stimmen, aber es sind sieben Kinder.“
Er wirkte nervös. Nervös, aber entschlossen. Die Menge musterte ihn, neugierig, angespannt, misstrauisch, aber Weasley schien ihre bohrenden Blicke kaum zu bemerken, denn seine gesamte Aufmerksamkeit richtete sich auf den Mann auf der Anklagebank. Er fixierte ihn, seine Augen verengten sich, und für einen Moment lang war sein Gesicht von Wut, Trauer, und Schmerz verzerrt, bevor sich seine Züge wieder entspannten.
Malfoy dagegen verzog keine Miene. Weasley hätte ein Stuhl sein können, oder ein Teil der Wand.
“Schildern Sie dem Gericht doch bitte, was am Abend des 11.August 1981 geschah.“
“Ich befand ich mich in St.Mungo’s bei meiner Frau Molly Prewett Weasley, die an diesem Abend entbunden hatte. Ihre Eltern und Brüder waren ebenfalls dort, allerdings waren Gideon und seine Frau noch nicht anwesend. Wir machten uns Sorgen, da wir uns alle dort verabredet hatten und wie Sie wissen, in diesen Zeiten vermutet man immer gleich das Schlimmste.“
“Das ist allerdings wahr. Fahren Sie fort, Mr. Weasley.“
“Wie viele andere besaßen auch die Häuser unserer Familien einen magischen Schutz gegen Apparition und auch die Verwendung von Floo Powder musste immer erst von den Bewohnern eines Hauses bewilligt werden. Wir hatten allerdings Portschlüssel für Notfälle vorbereitet. Als ich mich also per Floo Powder bei Gideon und Kathleen meldete und keine Antwort erhielt, alarmierte ich sofort Auror Moody. Gemeinsam mit ihm, einigen weiteren Aurori, und meinem Schwager Fabian Prewett verwendete ich den Portschlüssel, der uns zu Gideon’s Haus brachte.“
Madam Bones runzelte die Stirn. “Soweit deckt sich alles mit den Aussagen von Auror Moody, Aurora McKinnon, und Aurora Carrow. Aber seit wann ist es für Aurori üblich Zivilpersonen auf ihre Missionen mitzunehmen?“
“Wir bestanden darauf mitzukommen und es blieb keine Zeit für Diskussionen,“ entgegnete Weasley. “Leider kamen wir bereits zu spät. Wir fanden Gideon und Kathleen ermordet vor, und das Haus verwüstet.“
Weasley schwieg und starrte düster zu Boden. Als er den Kopf wieder hob, richtete sich sein anklagender Blick auf Lucius Malfoy. “Fünf Todesser befanden sich im Haus meines Schwagers und dieser Mann war einer von ihnen.“
“Es ist möglich, ja.“ Zum ersten Mal blickte Malfoy Weasley direkt ins Gesicht. “Sollte ich wirklich an diesem Überfall beteiligt gewesen sein, dann bedaure ich zutiefst, was geschehen ist und welche Taten ich unter dem Einfluss des Imperiusfluchs begangen habe.“
“Seien Sie still! Seien Sie verdammt noch mal still!“ Weasley’s Hände zitterten vor Wut, sie umklammerten die Lehnen seines Stuhles. “Ich muss mir Ihre verdammten Lügengeschichten hier nicht anhören!“
Die meisten der Zuhörer hatten sich auf ihren Bänken nach vorne gelehnt, atemlos verfolgten sie das Drama, das sich hier vor ihnen zu entfalten begann. Dies war eher eine Gerichtsverhandlung nach ihrem Geschmack: Sensationen, menschliche Tragödien, unterdrückte Gefühle, die sich ihren Weg nach oben bahnten. Vielleicht wurde es heute noch richtig interessant?
“Bitte beruhigen Sie sich, Mr. Weasley.“ Noch klang Madam Bones’ Stimme verständnisvoll, doch es hatte sich bereits ein schärferer Ton eingeschlichen. Wenn der Zeuge sich jetzt nicht zusammenriss, dann musste er damit rechnen, aus dem Gerichtssaal entfernt zu werden. Das schien auch Weasley klar geworden zu sein, denn er schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Schweißperlen standen in seinem geröteten Gesicht.
“Fünf Todesser befanden sich im Haus. Sie hatten nicht mit unserem Auftauchen gerechnet, erwiderten unsere Angriffe jedoch sofort. Zwei übernahmen die Deckung für die anderen drei, die sich nach draußen zurückzogen, um dort zu Disapparieren. Wie Sie wissen, kam einer der beiden bei diesem Kampf ums Leben und der andere wurde festgenommen. Aber einer der drei Flüchtenden feuerte einen Todesfluch auf uns ab, und tötete damit Fabian Prewett. Dieser Todesser war Malfoy. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, da er wie die anderen Kapuze und Maske trug, aber ich habe seine Stimme erkannt.“
“Laut unseres bisheriges Wissens ist es nicht möglich, unter Imperius einen Todesfluch zu verwenden.“
“Nein, das ist es nicht, Madam Vorsitzende. Man kann durch Imperius jemanden dazu zwingen, den Cruciatusfluch zu verwenden, oder mit einer Waffe auf andere loszugehen, aber wenn ein Schwarzmagier den Todesfluch einsetzt, tötet er mit seiner bloßen Gedankenkraft, verstärkt durch die eigene Magie. Man muss dazu einen echten, inneren Wunsch besitzen, jemanden zu töten, und dieser Wunsch kann nicht künstlich durch Magie hervorgerufen werden.“
“Das ist richtig, Mr. Weasley. Nachdem Sie Ihre Aussage zu Protokoll gegeben hatten, befragte das Wizengamot zu diesem Thema Experten, die mit dem Imperiusfluch bestens vertraut sind und diese sind zu demselben Ergebnis gekommen. Es gibt allerdings einen Zweifelsfall. Angenommen, die Erinnerung eines Zauberers wird künstlich verändert, so dass er durch falsche Erinnerungen dazu gebracht wird, eine bestimmte Person zu hassen, so wäre es unter Umständen möglich, diesen Hass durch Imperius künstlich zu verstärken. Dies wäre jedoch ein äußerst schwieriger Prozess und bisher gibt es keinen solchen Fall, der uns bekannt wäre.“
“Das mag sein, aber die Todesser konnten ja gar nicht wissen, dass wir sie überraschen würden,“ entgegnete Weasley. “Somit war es reiner Zufall, dass ausgerechnet Gideon und ich Malfoy verfolgten.“
“Sie sind also davon überzeugt, dass es der Angeklagte war, der ihren Schwager mit dem Todesfluch belegte. Nun, dann hätte ich noch eine letzte Frage an Sie. Der Überfall geschah im August. Sie haben jedoch erst im November eine Aussage gegen Mr. Malfoy gemacht, als er bereits verhaftet worden war. Warum haben Sie ihn nicht angezeigt, Mr. Weasley?“
“Dazu möchte ich mich nicht äußern, Madam Vorsitzende.“
“Gut. Haben Sie ihrer Aussage noch etwas hinzuzufügen?“
Weasley antwortete nicht sofort. Seine Augen wanderten durch die Menge der Zuhörer, als suchten sie unter ihnen ein bestimmtes Gesicht. Einen Moment später wandte er sich wieder dem Wizengamot zu, und schüttelte den Kopf.
“Gut. Damit ist die Beweisaufnahme abgeschlossen. Mr. Malfoy, Sie haben das letzte Wort.“
“Ich hätte genügend Kraft besitzen müssen, mich gegen den Fluch zu wehren.“ Lucius Malfoy’s Stimme war nicht sehr laut, es schien als spräche er eher zu sich selbst. “Das wäre ich meinem guten Namen schuldig gewesen.“
In der Stille, die diesen Worten folgte, erwachte der kleine Junge auf Narcissa Malfoy’s Schoß und begann lauthals zu schreien. Nach einigen erfolglosen Versuchen, ihn mit Schnullern und Süßigkeiten zum Schweigen zu bringen, stand sie schließlich auf und ging in Richtung Ausgang. Die Blicke der Menge folgten ihr, als sie mit dem Kind an der Hand zwischen den Reihen hindurchging und die steinernen Stufen zur Tür hinaufstieg. Draco Malfoy weinte immer noch und versuchte, sich von seiner Mutter loszureißen, das winzige Händchen nach seinem Vater ausgestreckt...
Mit einem Kopfnicken bedeutete Madam Bones der jungen Aurora Carrow den beiden zu folgen, dann wandte sie sich an die Mitglieder des Wizengamot. “Sind Sie bereit für die Abstimmung, oder benötigen Sie noch etwas Zeit um sich zu beraten?“
Natürlich benötigte das Wizengamot Zeit. Heftige, im Flüsterton geführte Debatten brachen zwischen seinen Mitgliedern aus, Akten wurden nochmals herumgereicht, und Aussagen miteinander verglichen. Wie es schien hatten sich die meisten der Hexen und Zauberer bereits eine Meinung gebildet und versuchten nun, andere von derselben zu überzeugen.
Endlich verebbten die Gespräche und die Anspannung, die wieder von dem ganzen Saal Besitz ergriffen hatte, stieg noch weiter, stieg ins Unermessliche. Die Hände der Mitglieder des Wizengamots zitterten, als sie sich zur Abstimmung erhoben. Wie viele Hände waren es, waren es mehr als die Hälfte? Oder weniger?
“Damit ist die Entscheidung gefallen.“ Madam Bones’ dröhnende Stimme klang wie Donnerhall durch eine steinerne Schlucht. “Lucius Malfoy wird von allen Vorwürfen freigesprochen.“
* * *
September 1st, 1992
10.46
So ein Mist, wir hätten echt früher da sein sollen. Jetzt sind die guten Abteile schon alle weg. Na ja, dann müssen Crabbe und Goyle halt irgendwo ein paar Erstklässler rausschmeißen. Es ist ja so praktisch ein Zweitklässler zu sein, endlich gibt’s Jüngere die man herumkommandieren kann und die tun müssen, was man ihnen anschafft.
10.49
Konnte mich wieder mal erfolgreich vor Mutter’s Knutschattacke retten. Ha!
10.55
Vater hat gar keine Zeit mir richtig tschüss zu sagen. *schmoll* Warum muss er denn schon wieder mit diesen doofen Ministeriumsmenschen palavern! Man könnte glatt meinen, er kommt wegen der Leute mit zum Zug und nicht wegen mir.
11.00
Wir fahren. Ich hab grad beschlossen, dass mir diesmal auch nicht langweilig wird. Schließlich gibt es Erstklässler zum ins-Klo-tunken, den Uhu zum mit-Schokofröschen-vollstopfen und Potter zum Drauf-rum-hacken. Was will man mehr?
11.01
Apropos, Potter, wo steckt der überhaupt? Am Bahnhof hab’ ich ihn gar nicht gesehen.
11.07
Crabbe und Goyle haben jetzt mächtigen Ärger am Hals. Bei den Erstklässlern, die sie rauskicken wollten, war die Weaseline dabei. Was ja an sich kein Problem wäre, wenn die nicht so viele Weaselbrüder hätte. (größere Weaselbrüder) Einer von denen ist Präfekt. Ich wette, Crabbe und Goyle dürfen jetzt fünfhundert Mal schreiben: Ich soll keine Kakerlaken kicken!
11.08
Ich glaub’, ich hock mich lieber erstmal zu Blaise und Theodore ins Abteil, bis sich das alles ein wenig beruhigt hat.
11.21
Außerdem können Blaise und Theodore es bestimmt kaum abwarten, endlich meine tollen neuen Meisterpläne zu hören, mit denen ich dieses Jahr dafür sorgen werde, dass Potter von der Schule fliegt! Natürlich erst, nachdem ich ihn spektakulär im Quidditch geschlagen habe. Sonst macht es ja keinen Spaß.
12.16
Mittagessen. Auf einem vollen Magen plant es sich doch gleich viel leichter.
12.56
Blaise und Theodore sind auch der Meinung, dass ich Potter schlagen kann. Sie haben sogar eine großartige Idee. Sie meinen, ich könnte ein bisschen die Augen schließen, mich entspannt zurücklehnen und mir in allen Einzelheiten meinen Sieg ausmalen.
13.04
Ich kann mir das richtig schön vorstellen, wie ich hoch über der Menge fliege, den Snitch in meiner Hand und alle jubeln mir zu. Und Potter, dieser Loser, haut vor Wut seinen Besen ins Eck.
13.08
Crabbe und Goyle sind aufgetaucht. Das Präfektenweasel hat ihnen Nachsitzen aufgebrummt fürs Weaseline aus dem Abteil kicken. Sie müssen jetzt hundertmal schreiben: “Ich werde mich meinen Mitschülern gegenüber anständig benehmen.“
13.09
Das mit den Kakerlaken hätte aber viel besser gepasst.
13.13
Crabbe und Goyle haben Potter auch nicht gesehen. Niemand hat Potter gesehen. Wahrscheinlich hat der Kerl soviel Angst vor mir, dass er sich irgendwo versteckt hat, die feige Nuss. Und so was schimpft sich dann Gryffindor. Komm endlich raus, du Narbengesicht, und stell dich!
13.20
Zeit für meinen Rundgang. Irgendwo muss dieses blöde Pottervieh doch stecken. Außerdem ist es jetzt schon Nachmittag und ich hab’ noch nicht einen einzigen Erstklässler ins Klo getunkt.
13.21
Das heißt, Crabbe und Goyle haben noch keinen einzigen Erstklässler ins Klo getunkt. Als Malfoy macht man sich natürlich nicht selbst die Hände schmutzig.
14.00
Wir haben tatsächlich ein paar Erstklässler gefunden und ich hab’ ihnen ausführlich erklärt, was für schwierige Tests man bei der Auswahlzeremonie bestehen muss. Einen Boggart muss man besiegen und gegen einen Troll ringen und die riesige Sphinx beißt jedem, der auch nur einen winzigen Tropfen Muggleblut in sich trägt, die Eier ab. Die Erstklässler haben geheult und sich unter den Sitzen verkrochen. *muharharharharhar*
14.37
Ach, Erstklässler sind doch stinklangweilig. Ich will Potter!
16. 49
Er ist nicht da, er ist wirklich nicht da. Er steckt nirgendwo in dem ganzen verdammten Zug. In keinem der Abteile, auf keinem der Klos, auch nicht in irgendeinem Winkel verkrochen. Was soll das? Hat der Trottel den Schulanfang verschlafen oder was? Ist seine Narbe geplatzt? Oder haben seine Muggleverwandten ihn endlich nach St.Mungos geschickt, wo er hingehört?
Oder ist das Monster aus dem Stein der Weisen zurückgekommen und hat ihn gefressen? Schön wär’s. Vielleicht hab’ ich ja Glück und er kommt gar nicht mehr nach Hogwarts zurück. Dann muss ich mich nie wieder mit ihm rumärgern.
Das Weasel ist auch weg, aber bei dem wundert’s mich nicht. Wahrscheinlich können seine Eltern es sich nicht mehr leisten, ihn nach Hogwarts zu schicken und sie brauchen ihn daheim zum Hühnerfüttern und Schweinestall ausmisten.
Und was soll jetzt aus meinen ganzen Plänen werden? Blöder Mistpotter, wie kannst du es wagen, nicht nach Hogwarts zurückzukommen, wenn ich so tolle Pläne hab’ um dich rauszuschmeißen?
Es ist schon fast fünf, ich muss zu Flint und mit ihm wegen der Besen reden. Vater hat gemeint, es reicht nicht aus um ins Team zu kommen, wenn ich als Einziger dort mit meinem Nimbus 2001 aufkreuze, da muss ich schon etwas mehr bieten. ’Noch mehr Nimbusse?’ hab’ ich gefragt und er hat gemeint, ich müsse noch sehr viel lernen, bis ich etwas vom Leben verstehe.
Bis jetzt sieht alles gut für mich aus. Bei neuen Besen fürs ganze Team kann Flint eigentlich gar nicht nein sagen und mit den allerbesten Besen werden wir die anderen Häuser auch so was von wegputzen. Ich werde hoch über der Menge fliegen, den Snitch in meiner Hand, und alle werden mir zujubeln.
Und was bringt das alles, wenn Potter nicht da ist, und vor Wut seinen Besen ins Eck haut?
* * *
Slytherin, Second Year Dormitory, September 5, 1992
Draco erwachte schon sehr früh, da der Riesenquid mit seinen Tentakeln von draußen gegen die Scheibe hämmerte. Am liebsten hätte er dem Vieh ein schmerzhaftes Stinging Hex auf den nicht vorhandenen Pelz gebrannt, aber damit würde er vermutlich das Fenster beschädigen, und in einer Brühe schwarzgrünen Wassers zu ertrinken war eigentlich nicht das, was er für heute Morgen im Sinn hatte. So wälzte er sich denn mühsam aus dem Bett und marschierte in Richtung Badezimmer.
Zwanzig Minuten und ein paar mühsam in Form gebrachte Haare später trottete er in den Gemeinschaftsraum hinauf, warf sich in einen Sessel, und wartete auf Flint und den Rest der Mannschaft. Natürlich würden sie erst dann zum Quidditchfeld gehen, wenn die Gryffindors bereits mit ihrem Training begonnen hatten, sonst machte es ja auch keinen Spaß. Er freute sich schon auf ihre dummen Gesichter wenn er dort mit seinem eigenen Team aufkreuzte. Nun ja, genau genommen war es immer noch Flint’s Team, aber so genau wollte er das jetzt gar nicht nehmen.
“Malfoy? Kommst du frühstücken?“
“Später.“ Er schüttelte den Kopf und machte eine abwehrende Handbewegung, als seien Crabbe und Goyle lästige Fliegen, die er verscheuchen müsse. Die beiden zuckten nur mit den Schultern und stapften davon; sie waren dieses Verhalten bereits von ihm gewohnt und nahmen es nicht weiter zur Kenntnis.
“Zicken? Nein, hätt’ ich noch nichts bemerkt, die Kleine schnurrt wie eine Katze.“
“Na vielleicht kommt das erst, wenn man sie eine Weile geritten hat.“
Im ersten Moment blieb Draco der Mund offen stehen und leider schaffte er es nicht mehr rechtzeitig ihn zu schließen, bevor Marcus Flint und Adrian Pucey den Gemeinschaftsraum betraten. “Besen, Malfoy, wir reden über Besen,“ grölte Flint und Pucey verzog das Gesicht zu einem wissenden Grinsen. “Was hast denn du gedacht, Kleiner?“
Draco hatte schon eine schnippische Antwort parat, doch dann besann er sich darauf, dass er es hier nicht mit Crabbe und Goyle zu tun hatte, sondern mit älteren Schülern, die ihm durchaus Schwierigkeiten bereiten konnten, wenn er sie gegen sich aufbrachte. Deshalb war er auf dem Weg zu den Umkleideräumen auch eher schweigsam und redete nur dann, wenn Flint oder einer der anderen Jungen eine Frage an ihn richteten.
Higgs’ Quidditchroben waren ihm ein wenig zu groß. Das war auch kein Wunder, schließlich war der ehemalige Sucher auch zwei Jahrgänge über ihm. Einen Augenblick lang fragte sich Draco, ob sich das Team auch ohne das großzügige Geschenk seines Vaters für ihn entschieden hätte, doch dann schob er den Gedanken beiseite. Er kannte die Antwort und eigentlich wollte er sie erst gar nicht wissen.
Er trat vor den Spiegel um sich in der neuen Aufmachung zu begutachten. Ein wenig fremd sah es aus, aber es machte ihn viel erwachsener. Er warf sich in die Brust und stolzierte ein paar Mal vor dem Spiegel auf und ab.
“Nur nicht so eingebildet, Junge,“ kommentierte dieser trocken.
Die Gryffindors waren derart in ihr Spiel vertieft, dass sie die Neuankömmlinge zunächst gar nicht bemerkten. Erst als das Slytherin Team bereits in die Mitte des Feldes marschiert war, wandten sich die Gesichter und Besenstiele ihnen zu, und einen Augenblick später kam der gegnerische Captain mit Karacho auf sie heruntergeschossen. “Flint,“ brüllte er. “Das ist unsre Trainingszeit! Wir sind extra dafür aufgestanden! Ihr könnt gleich wieder verschwinden!”
Inzwischen war auch der Rest des Gryffindor Teams gelandet. Draco äugte an Bletchley vorbei und erkannte Potter, welcher verwirrt zwischen zwei Weaseln stand. Die Gryffindors scharten sich enger um ihren Captain und warfen den Slytherins feindselige Blicke zu.
“Genug Platz für uns alle, Wood.“ Flint ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
“Aber ich hab’ das Feld gebucht,“ schimpfte Wood zurück und man konnte deutlich hören wie sich mit jedem Wort seine Wut steigerte. “Ich hab’ das Feld gebucht!“
“Aha,“ gab Flint gelangweilt zurück und Draco grinste in sich hinein. “Aber ich habe hier eine Sondererlaubnis von Professor Snape.“ Er zog eine Schriftrolle aus der Innentasche seiner Robe und begann den Inhalt vorzulesen - sehr langsam und deutlich als spräche er zu einem geistig Minderbemittelten oder einem kleinen Jungen. “Ich, Professor S. Snape, verleihe hiermit dem Slytherin Team die Erlaubnis, heute das Quidditch Feld zu nutzen, um ihren neuen Sucher zu trainieren.“
“Ihr habt einen neuen Sucher?“ Wood zuckte zusammen wie ein verschrecktes Huhn. “Wo?“
Die sechs Jungen traten beiseite und im nächsten Moment fühlte Draco mit Genuss alle Aufmerksamkeit auf sich gerichtet. Einige der Gryffindors schienen verwirrt, sie wussten offensichtlich nicht mit wem sie es hier zu tun hatten. Potter allerdings, nun es wäre eine Untertreibung zu sagen, dass sein Gesichtsausdruck unbezahlbar war. Seine Lippen formten den Namen Malfoy, und seine Augen starrten in vollendeter Fassungslosigkeit, bevor sie sich langsam zu wütenden Schlitzen verengten. Unwillkürlich trat Draco einen Schritt nach vorne und erwiderte den Blick mit unnachgiebiger Härte.
“Bist du nicht der Sohn von Lucius Malfoy?“ fragte eines der Weasel, doch Draco reagierte nicht darauf.
“Nun, weil du Draco’s Vater gerade erwähnst,“ sagte Flint höhnisch, “lass mich dir doch das großzügige Geschenk zeigen, das er dem Slytherin Team gemacht hat.“
Den Blick immer noch auf seinen Erzfeind gerichtet, hob Draco den Nimbus 2001 und der Rest des Teams tat es ihm gleich.
“Das neueste Modell, erst letzten Monat erschienen,“ fuhr Flint mit seiner Lobeshymne fort. “Soweit ich weiß, übertrifft es die alte Zweitausender Serie um einiges. Und was die alten Cleansweeps angeht, die putzt es mit Leichtigkeit weg.“
Die Gryffindors waren absolut sprachlos. Zwar senkten sie ihre Blicke nicht, doch die Niedergeschlagenheit war ihren Augen deutlich anzumerken. Eine vernichtende Niederlage, eine Niederlage auf der ganzen Linie. Und sie war erst der Vorgeschmack auf die eigentliche Niederlage, die sie im Spiel erleiden würden.
“Oh, seht mal,“ sagte Flint. “Eine Invasion.“
Es waren die beiden Lakaien die Potter immer nachliefen. Das jüngste Weasel und diese Schlammblutgöre Granger. Offenbar hatten sie das Training von den Zuschauerbänken aus verfolgt, und kamen jetzt angerannt um zu sehen, was ihrem Boss Schreckliches widerfahren war. “Was ist los?“ wollte das Weasel von Potter wissen. “Warum spielt ihr nicht? Und was tut der denn hier?” Er musterte Draco mit einer Mischung aus Verachtung und Überraschung, die einen albernen Ausdruck auf sein Gesicht zauberte. Aber dann, wann hätte er jemals nicht albern ausgesehen?
“Ich bin der neue Slytherin Sucher, Weasley.“ Draco genoss die Möglichkeit, seinen Triumph für ein weiteres Publikum zu verlängern. “Alle sind gerade dabei die neuen Besen zu bewundern, die mein Vater unserem Team gekauft hat.“
Das brachte das Weasel zum Schweigen. Es konnte nur noch mit offenem Munde die Rennbesen anstarren.
“Sie sind gut, nicht wahr?“ setzte Draco noch einen drauf. “Aber vielleicht schafft es das Gryffindor Team ja, an ein bisschen Gold zu kommen. Ihr könntet versuchen, die alten Cleansweep Fives zu versteigern; es würd’ mich nicht wundern, wenn ein Museum dafür bietet.“
Flint, Pucey und die anderen lachten los, dabei war der Witz nicht einmal besonders gut gewesen. Er hatte schon bessere gemacht, das war ihm sogar selbst klar. Doch egal, Hauptsache, er hatte sie beeindruckt. Mit Leuten aus den höheren Klassen herumzuhängen, das war doch etwas anderes als diese dämlichen Kinder in seinem eigenen Jahrgang.
“Zumindest musste sich ins Gryffindor Team niemand einkaufen. Sie wurden alle ihres Talents wegen aufgenommen.“
Draco fuhr herum. Diese verdammte Granger hatte genau das ausgesprochen, was er vergeblich zu verdrängen versucht hatte, und das vor dem ganzen Team. “Niemand hat dich nach deiner Meinung gefragt, du dreckiges kleines Schlammblut,“ fauchte er los, ehe er sich beherrschen konnte.
Das Chaos brach aus. Zwar jagte Flint rechtzeitig nach vorne und konnte erfolgreich verhindern, dass sich die Gryffindors auf ihn stürzten, aber an seinem wütenden Blick erkannte Draco, dass er zu weit gegangen war. Eine Schlägerei oder gar ein Kampf waren eigentlich nicht geplant gewesen, doch jetzt war das wohl kaum noch zu vermeiden. Die Jungen ballten ihre Fäuste, die Mädchen kreischten mit schrillen Stimmen durcheinander und Weasley riss als erster seinen Zauberstab heraus. “Dafür bezahlst du, Malfoy,“ schrie er wutentbrannt.
Ein Krachen hallte im Stadion wieder, doch Draco konnte nicht sehen, was geschah. Ängstlich hatte er die Augen zugekniffen, als sich die Spitze des Stabes auf sein Gesicht richtete. Doch anstatt Schmerz vernahm er lediglich lautes Poltern und einen Schrei. Als er die Augen wieder öffnete, sah er, dass Weasley rückwärts ins Gras gefallen war und sich den Magen hielt.
Er hatte sich mit seinem eigenen Hex erwischt. So dumm konnte doch noch nicht mal ein Weasley sein.
Aber es kam noch besser. Als er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, klatschten anstatt Worten drei fette ekelige Nacktschnecken vor ihm ins Gras.
Die Slytherins brüllten vor Lachen. Selbst die Gryffindors wichen angewidert zurück; aus Furcht vor dem Fluch schien niemand mit Weasley in Berührung kommen zu wollen. Draco selbst konnte kaum mehr an sich halten, und als Potter ihn mit der Schulter zur Seite stieß um zu seinem Lakaien zu gelangen, verlor er vor lauter Lachen das Gleichgewicht und landete auf allen Vieren. Schniefend und prustend hämmerte er mit den Fäusten auf den Boden. Ausnahmsweise bestand diesmal kein Anlass für Rachepläne, denn diesmal hatten seine Feinde sich selbst abgeschossen.
So perfekt hätte er das mit seinem besten Racheplan nicht hingekriegt.
Weiter zu Teil D