Die Anzeichen waren da... [Farben: GELB - Für mich]

Aug 20, 2018 13:06

Titel: Die Anzeichen waren da...
Team: Sonne
Challenge: Farben: GELB (Warnzeichen) - Für mich
Fandom: SK Kölsch
Rating: P16
Genre: Slash, Angst
Warnungen: Domestic Violence!
Zusammenfassung: Die Anzeichen waren da, Klaus wollte sie nur nicht sehen...
Wörter: ~1600
Anmerkungen: Gehört irgendwie in den ganzen Storyreigen um "Blaue Flecken", "Zuhause" und "Widerspruchslos". Diese Idee lässt mich einfach nicht mehr los...


Klaus stand in Bad und betrachtete sein geschundenes Gesicht im Spiegel. Langsam aber sicher begann sich ein hässliches Hämatom auf seiner Wange auszubilden. Noch war es nur ein rötlicher Schatten, aber er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es dunkelviolett und unübersehbar wurde. Das untere Lid schwoll auch schon an, er bekam das Augen schon gar nicht mehr richtig auf. Er griff nach einem Waschlappen und tränkte ihn gründlich in eiskaltem Wasser, dann tupfte er die Platzwunde unter seinem Auge vorsichtig ab. Sie war nicht besonders groß, kaum einen Zentimeter lang und hatte auch schon längst aufgehört zu bluten, trotzdem brannte sie wie Feuer, als sich mit dem Wasser in Kontakt kam. Er stöhnte leise und schloss die Augen. Wie hatte das nur passieren können? Wie hatte es jemals so weit kommen können? Wann war ihm die Situation so dermaßen entglitten?

* * *

„Was zur Hölle hast du Stefan erzählt?“

Klaus zuckte zusammen, als Alex‘ zornige Stimme hinter ihm erklang. Er hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt, dass Alex einen Schlüssel zu seiner Wohnung hatte und kam und ging, wie es ihm gefiel. Heute hatte er ihn zwar zum Essen erwartet, aber eigentlich frühestens in zwei Stunden. Er war ja noch nicht mal fertig mit Kochen. Hatte Alex nicht mindestens zwei Stunden ins Fitnessstudio gewollt? Warum war er dann jetzt schon hier? Klaus wandte sich langsam zu seinem Freund um und musterte ihn eingehend. Schon seine Stimme hatte zornig und aggressiv geklungen und seine Haltung untermauerte das noch. Wie er da im Türrahmen lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt, das Kinn vorgeschoben und Klaus mit einem Ausdruck lodernder Wut in den Augen anschaute, das verhieß nichts Gutes. Hatte Alex etwa Stefan im Studio getroffen? Klaus wusste ja, dass der auch dort trainierte, aber eigentlich hätte er gedacht, dass Stefan verstanden hatte, dass ihre Unterhaltung vertraulich gewesen war, auch ohne dass er es extra dazu sagen musste. Er hatte Alex doch nicht etwa darauf angesprochen? Klaus wusste, dass Alex eine Antwort von ihm erwartete, aber er brachte nur ein heiseres Räuspern zustande.

„Was du Stefan erzählt hast, will ich wissen. Und sag’ jetzt nicht ‚nichts‘!“

Alex war lauter geworden. Mit zwei schnellen Schritten durchquerte er die Küche und baute sich vor Klaus auf. Er stemmte die Hände in die Hüften und die Muskeln auf seinen Oberarmen und Schultern traten deutlich hervor. Klaus schluckte trocken. Der Anabolikamissbrauch hatte deutliche Spuren an Alex hinterlassen, sowohl physisch als auch psychisch. Klaus hätte niemals von sich geglaubt, dass er einmal in die Situation kommen würde, Angst vor seinem Partner zu haben, aber genau das war jetzt der Fall. Sein Herzschlag beschleunigte sich deutlich und er spürte, wie seine Hände zitterten. Unwillkürlich wich er einen Schritt zurück, versuchte ein bisschen mehr Distanz zwischen sich und Alex zu bringen.

Ein Fehler, wie er schon im nächsten Moment feststellte. Blitzschnell langte Alex nach ihm, packte ihn grob bei dem Oberarmen, riss ihn zu sich. Klaus kam ins Stolpern, nur die Hände, die sich grob in seine Oberarme krallten, verhinderten, dass er stürzte. Es tat mörderisch weh und er versucht, Alex seine Arme zu entziehen, doch der ließ nicht locker. Seine Finger krallten sich noch härter in Klaus Oberarme, als wollten er sie brechen. Klaus begriff, dass er keine Chance gegen Alex hatte. Seine Kehle war mit einem Mal wie zugeschnürt und er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Er brachte kein Wort heraus, konnte nichts anderes tun, als Alex mit weit aufgerissenen Augen anstarren.

„Hast du diesem Tratschmaul erzählt, dass ich was nehme? Dass ich dir unheimlich wäre? Dass du Angst vor mir hast? Hast du ihm das erzählt?“
„Alex, ich…“
„Hast du? Ja oder nein?“

Speicheltröpfchen flogen aus Alex’ Mund, als er Klaus anschrie, und da war ein Ausdruck in seinen Augen, den Klaus noch nie gesehen hatte. Wild und völlig jenseits jeder Beherrschung. Das Herz hämmerte ihm gegen die Rippen. Er schluckte wieder, befeuchtete seine Lippen, suchte fieberhaft nach eine Antworte, die Alex irgendwie beschwichtigen könnte, doch ihm wollte nichts einfallen. Sein Kopf war wie leergefegt. Jede Faser seines Körpers schrie, dass er hier weg musste, dass er sich aus Alex’ Griff befreien musste, Abstand zwischen sie bringen musste, jetzt sofort, je mehr desto besser, bevor ein Unglück geschah, aber er war unfähig auch nur einen Muskel zu rühren. Mit Mühe und Not zwang er ein paar Worte über seine Lippen.

„Alex, bitte. Ich… ich…“
„Was du, du? Hast nicht nachgedacht? Hast es doch nur gut gemeint? War es das, was du sagen wolltest, ja? Soll ich dir mal zeigen, was unheimlich ist? Soll ich dir einen Grund geben, Angst zu haben. Soll ich?“

Klaus schüttelte panisch den Kopf, versuchte etwas zu sagen, irgendetwas, um Alex zu erreichen, doch er hatte keine Chance. Alex stieß ihn mit aller Kraft von sich. Klaus stolperte zwei Schritte rückwärts, verlor das Gleichgewicht und stürzte der Länge nach zu Boden. Sein Kopf kollidierte mit einer offenstehenden Schublade und ein scharfer Schmerz schoss durch seine Wange. Benommen blieb er am Boden liegen, versuchte instinktiv, sich so klein zusammenzurollen, wie es eben ging, wartete auf den nächsten Schlag. Doch nichts geschah. Ganz vage, wie durch Watte, hörte er Schritte, die sich entfernten und kurz darauf, wie die Wohnungstür hart ins Schloss geworfen wurde. Alex war weg, er war allein. Langsam entspannte er sich und überließ sich der Dunkelheit, die von den Rändern seines Bewusstseins heraufkroch.

* * *

Klaus konnte nicht mehr sagen, wie lange er so auf dem Küchenboden gelegen hatte. Es mochten nur ein paar Sekunden gewesen sein, oder mehrere Minuten, aber gefühlt war es eine kleine Ewigkeit. Irgendwann hatte er die Augen wieder aufgemacht, sich auf die Beine gekämpft und war ins Bad gegangen. Jetzt stand er hier vor dem Waschbecken und versucht zu verstehen, was eigentlich passiert war. Er wusch den Waschlappen gründlich aus und legte ihn beiseite. Dann beugte er sich tief über das Waschbecken und klatschte sich ein Ladung eiskaltes Wasser ins Gesicht, in der Hoffnung, dass es den Kopf ein bisschen frei machte.
Hätte er nicht schon viel eher merken müssen, dass mit Alex irgendetwas nicht stimmte? Es war ihm doch aufgefallen, wie Alex plötzlich fast täglich in Fitnessstudio ging, wie er anfing, immer fanatischer auf seine Ernährung zu achten, wie er schneller Muskeln aufbaute, als es normal war in seinem Alter, wie er manchmal ganz urplötzlich von einer Sekunde auf die andere hochaggressiv wurde. Das hätte man ja vielleicht noch als Einbildung abtun können, aber die gebrauchten Spritzen, die er im Badezimmermüll gefunden hatte, und die Dosen mit den Tabletten in Alex’ Sporttasche, die waren doch eindeutig gewesen. Er hatte Alex doch sogar danach gefragt. Und Alex hatte nur abgewiegelt, hatte was von Vitaminen erzählt und das er alles unter Kontrolle hatte. Die Anzeichen waren doch da gewesen, klar und deutlich vor seinen Augen. Warum hatte das nicht längst alle Alarmglocken schrillen lassen?

Klaus seufzte leise, klatschte sich noch eine Ladung eiskaltes Wasser ins Gesicht und drehte den Hahn zu. Dann richtete er sich vorsichtig wieder auf - sein Rücken schmerzte so langsam ziemlich - und begutachtete sich noch einmal kritisch im Spiegel. So langsam bildete sich ein veritables Veilchen um die kleine Platzwunde. Seine Wange war angeschwollen und das Auge bekam er bestenfalls noch halb auf. Er sah aus wie ein Preisboxer nach einem verlorenen Kampf und er fühlte sich auch ungefähr so. Sein Kopf dröhnte und ihm war auch übel. Jupp würde morgen mit Sicherheit Fragen stellen. Immerhin würden die Handabdrücke auf seinen Oberarmen, die jetzt unter den T-Shirt-Ärmeln deutlich zu sehen waren, morgen unter seinem Hemd verschwinden. Die zu erklären wäre wesentlich schwieriger geworden. Ein Klopfen an der Badezimmertür, gefolgt von Alex’ Stimme, riss ihn aus seinen Gedanken.

„Klaus? Bist du da drin? Klaus?“

Klaus zuckte erschrocken zusammen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Alex nochmal zurückkommen würde und er hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte. Alex rüttelte an der Türklinke. Klaus hatte gar nicht bemerkt, dass er abgeschlossen hatte. Hektisch schaute er sich um nach etwas, das er überziehen konnte. Er konnte nicht genau sagen warum eigentlich, aber aus irgendeinem Grund wollte er auf gar keinen Fall, dass Alex die blauen Flecke auf seinen Armen sah. Zum Glück fand er noch ein Hemd von gestern an einem der Kleiderhaken. Schnell streifte er es über und öffnete Alex die Tür. Er musterte seinen Freund eingehend, suchte nach einem Anzeichen von Aggressivität, doch Alex schien wie ausgewechselt. Er ließ die Schultern hängen, verdrehte die Hände ineinander und das Entsetzen, als er Klaus’ lädiertes Auge erblickte schien echt. Trotzdem kostete es Klaus alle Selbstbeherrschung, die er aufbringen konnte, nicht zurückzuzucken, als Alex die Hand hob und vorsichtig über seine Wange strich. Er schluckte trocken und schloss die Augen.

„Es tut mir so leid, Klaus. Das wollte ich nicht. Wirklich nicht. Ich war einfach so wütend und du hast nichts gesagt und da … da bin ich einfach ausgeflippt. Ich würde dir doch nie absichtlich wehtun, das weißt du doch, oder?“

Klaus antwortete nicht, schaute Alex auch nicht an, öffnete auch nicht die Augen. Die Bilder seiner Arbeit liefen wie ein Film in seinem Kopf ab, vermischten sich mit den Bildern von ihm und Alex, da war das Wissen, dass es immer genau so anfing und der verzweifelte Glaube, dass es mit ihm und Alex doch ganz anders war. Er konnte nichts sagen, aber er nickte nur ganz leicht und unmerklich. Alex konnte nichts dafür. Das war nicht er, das waren nur diese verdammten Anabolika. Er hatte die Kontrolle verloren, war abhängig von diesem Teufelszeug und ohne Unterstützung würde er auch nicht davon loskommen. Klaus durfte ihn jetzt nicht allein lassen. Das wäre Verrat.

Er spürte, wie Alex sanft die Armen um ihn legte. Er schluckte trocken. Da war ein ungutes Gefühl in seiner Brust und er fühlte sich zittrig, trotzdem ließ er zu, dass Alex ihn in seine Arme zog.

„Ich liebe dich doch.“
„Ich dich auch.“

team: sonne, sk kölsch, inspiration, thots tochter

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