Fandom: Original
Genre: Werwölfe (Uhm ja, sorry - ich hab kein Schamgefühl oder whatever)
Charaktere: Katie, Andrew, Cassidy (Tauchten bereits alle schon mal
hier auf.)
Challenge: H/C: "Ausnahmezustand" (Für mich)
Team: Novalis
„…immerhin schneit es nicht“, stellte Cassidy fest. Er sagte es in einem Tonfall, der deutlicher als Worte zum Ausdruck brachte ‚….aber das ist auch schon das einzig Gute an der Situation‘.
Er lief hektisch vor uns auf und ab während er redete und ich sah ihm an, dass er am liebsten sofort aufgebrochen wäre.
„Es regnet“, sagte Andrew.
„Das ist bloß Nieselregen“, widersprach Cassidy. „Der hört gleich wieder auf. Außerdem regnet es hier immer, okay? Wenn wir nichts mehr tun würden, nur weil es regnet, würden wir nie wieder irgendwas tun.“
Ich schwieg.
Mein Autoschlüssel hatte inzwischen einen Abdruck in meine Handfläche gebohrt, so fest hielt ich ihn umklammert.
Andrew kaute unruhig auf seine Unterlippe. Im Gegensatz zu Cassidy, der bereits angefangen hatte, seine Hose und sein T-Shirt auszuziehen, war er noch in einen dicken Mantel gehüllt. Er hatte die Schultern hochgezogen, als sei ihm kalt.
Werwölfe froren nicht, das wusste ich. Zumindest viel seltener als Menschen und erst bei viel niedrigeren Temperaturen. Ich hatte sie alle schon bei Minusgraden und meterhohem Schnee barfuß und ohne T-Shirt herumlaufen sehen, deswegen war klar, dass es nicht an dem drieseligen Herbstwetter lag, wenn Andrew aussah als ob er innerlich erfror.
„Es wird Nebel geben“, sagte er und wandte sich mit einem beinah bittenden Blick zu mir. „Du solltest nicht mitkommen.“
„Ich sitze im Auto. Ich bin vermutlich am sichersten von allen.“
"Jake wird uns umbringen."
Ich zuckte mit den Schultern. "Wenn er sich in Gefahr bringt, um Emma zu retten, muss er damit rechnen, dass wir uns in Gefahr bringen um ihn zu retten. Alles andere wäre doppelmoralisch und bescheuert."
Andrew seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Die Geste hatte etwas Hoffnungsloses an sich, so als hätte er es innerlich längst aufgegeben, mich davon überzeugen zu wollen, hier zu bleiben. Als ob ich ernsthaft hier sitzen könnte und warten, bis…
Ich schluckte den Gedanken hinunter.
„Du könntest mit mir fahren?“ schlug ich sachte vor. Andrew hatte manchmal etwas an sich, dass bewirkte dass ich ihn in Decken wickeln und vor der ganzen Welt beschützen wollte. Sogar Reese, der klein und blond und niedlich aussah, bewirkte nicht, dass ich mich so fühlte. Und Reese verwandelte sich nicht in zwei Tonnen haariges Biest mit Reißzähnen bei Vollmond.
„Nein!“ Andrew schüttelte heftig den Kopf. „Nein. Wenn ich im Auto bin…dann kann ich nicht…“
„Wir werden uns aufteilen müssen“, erklärte Cassidy als Andrew abbrach. „Wir haben sonst keine Chance sie zu finden. Weder Jake noch Emma. Der Wald ist zu groß.“
Andrew lachte. Es klang erstickt. „Nicht groß genug“, murmelte er.
Auch ohne dass er den Satz beendete, wussten wir was er sagen wollte. Nicht groß genug, um den Jägern UND dem Rudel aus dem Weg zu gehen.
Das Rudel allein war schlimm genug.
Aber vor wenigen Minuten hatten wir erfahren, dass Jäger im Wald unterwegs waren.
Jake hatte uns gebeten hier zu bleiben. Aber mit diesem einen Satz, von Reese, hektisch ins Telefon gejapst, waren alle Anweisungen und Bitten Null und Nichtig geworden.
Jake war im Wald. Und im Wald waren Jäger.
Und wir hatten absolut keinen Schlachtplan oder sonst irgendeine gute Idee.
Ich hatte Emma noch nicht gesehen.
Ich hatte von ihr gehört. Aber vom dem, was ich gehört hatte, wusste ich nicht, was ich halten sollte.
‚Sie ist…wir waren…wir standen uns sehr nah.‘
Das hatte Jake gesagt.
Und damit eigentlich alles und gar nichts gesagt.
Aber zumindest war es Grund genug für ihn gewesen, sofort aus der Tür herauszurennen und sich auf die Suche nach ihr zu machen, als er erfahren hatte, dass sie auf dem Weg nach Fenton war.
Okay.
Klar. Wieso nicht. Wir rannten ständig in den Wald, um irgendjemanden zu retten. Warum nicht auch alte Freundinnen von Jake. Genau. Ich war nicht zickig deswegen.
Seine Sorge war zugegebenermaßen berechtigt in Anbetracht der Tatsache, dass das Rudel jeden Werwolf in der Nähe ihrer Stadt als Bedrohung wahrnahmen, und meistens kurzen Prozess mit ihnen machten. Allein dass sie die Anwesenheit von Jake, Cassidy und Andrew schon so lange ertrugen, war ein wahres Wunder.
Aber Jake und Tristan hatten vor kurzem einen widerwilligen Waffenstillstand geschlossen. Was nicht hieß, dass Tristan und der Rest der ‚Prätorianer‘ uns sonst irgendwie entgegen gekommen wären.
Sie würden auch mit Emma kurzen Prozess machen. Das Rudel fragte nicht lange, bevor sie jemanden zu Tode bissen.
Und da waren immer noch die Jäger…
Denen würde jede Art von Waffenstillstand vollkommen gleichgültig sein.
„Als Wölfe werden sie euch finden“, sagte ich leise.
Mir wäre es lieber gewesen Andrew und Cassidy auf dem Rücksitz meines Autos in Sicherheit zu wissen, aber schon bevor ich es aussprach wusste ich, dass sie sich nicht darauf einlassen würden.
Zu groß, zu weit, zu wenig Zeit.
Sie würden nie etwas tun, was Jake gefährden könnte.
Oder in dem Fall noch mehr gefährden würde, da er ohnehin schon ziemlich tief in der Patsche saß.
„Keine Chance.“ Cassidy verknotet seine Arme hinter dem Kopf und hüpfte ungeduldig auf und ab. Er hatte lange, schlaksige Gliedmaßen, die er ganz unwahrscheinlich verbiegen konnte. „Und je länger wir warten desto schwieriger wird es Jake einzuholen. Also auf, auf, auf!“
Er machte ungeduldige Handbewegungen.
Andrew nickte. Wortlos streifte er seinen langen Mantel ab.
"Was tun wir wenn wir ihn finden?" fragte ich. "Was tun wir, wenn wir sie zuerst finden?"
"Wir improvisieren", sagte Cassidy.
"Wir rennen um unser Leben", sagte Andrew.
"Andi…" Cassidy streckte die Hand nach ihm aus, aber Andrew schüttelte heftig den Kopf und wandte sich ab.
"Mach schon", sagte er. Seine Stimme klang rau.
Cassidy tauschte einen Blick mit mir und ich nickte.
Es gab nichts, was wir tun konnten, um es leichter für Andrew zu machen. Aber genauso wenig würde es irgendetwas geben, was ihn davon abhielt nach Jake zu suchen.
Ich hatte der Verwandlung bereits so oft beigewohnt, dass es nicht mehr sonderlich spannend hätte sein dürfen. Aber ich war jedes Mal aufs Neue wieder fasziniert. Am meisten davon wie unterschiedlich sie verlief.
Cassidy warf mir ein letztes aufmunterndes Grinsen zu, bevor er sich einmal schüttelt wie ein nasser Hund und nach vorne warf. Er landet auf vier Pfoten und dann stand ein großer Wolf mit rötlichem Fell vor mir.
Bei Andrew sah es anders aus…schmerzhafter. Er atmete tief durch und schloss die Augen. Ein Schaudern lief durch seinen Körper, dass ihn langsam in die Knie zu zwingen schien.
Reflexartig schloss ich die Augen. Bei Andrew hatte ich immer den Eindruck ihn bei etwas unglaublich Intimen zuzusehen wenn er sich verwandelte. Als ich sie wieder öffnete stand ein brauner Wolf neben dem rötlichen. Beide sahen mich abwartend an.
„Es ist furchtbar, dass ihr keine Handys bedienen könnt“, teilte ich ihnen mit. „Ich würde es auch zu schätzen wissen, wenn ihr Rauchzeichen von euch geben könntet. Aber so macht es die Kommunikation wirklich sehr schwierig.“
Cassidy ließ die Zunge raushängen und zeigte mir seine spitzen Eckzähne. Sogar als Wolf sah es so aus als ob er grinste.
Ich rollte mit den Augen. „Schon okay. Einfach jaulen. Ich hupe, wenn ich Probleme habe.“
Ich tat nur so gelassen. In Wirklichkeit war ich beinah starr vor Angst um Jake.
*
Andrew hatte Recht behalten mit seiner Prognose, dass Nebel aufziehen würde. Dafür musste man allerdings kein Wolf sein. In Fenton gab es im ganzen Jahr nur drei Wetterprognosen - Regen, Schnee oder Nebel. Manchmal auch alles zusammen.
Aber jetzt im Herbst war es noch nicht kalt genug für Schnee. Die Blätter knirschten unter den Reifen meines Geländewagens und die Luft war kühl und feucht. Der Nebel um mich herum war so dicht, dass ich das Gefühl hatte, wenn ich die Hand aus dem Fenster streckte, würde ich die weiße Watte berühren können.
Ich hatte ein Fenster einen Spalt weit nach unten gekurbelt und wagte es nicht das Radio anzumachen, weil ich die ganze Zeit angespannt lauschte. Hin und wieder hörte ich ein Heulen in der Ferne, aber das waren Cassidy und Andrew, die sich entweder untereinander ihre Position signalisierten oder versuchten Jake auf sich aufmerksam zu machen.
Wölfe hatten eine unheimlich komplexe Art zu kommunizieren. Jake hatte einmal versucht mir die verschiedenen Laute zu erklären, aber menschliche Ohren waren scheinbar einfach nicht dafür geschaffen, so feine Unterschiede herauszuhören.
Dennoch zog sich mein Magen bei dem Gedanken zusammen, wer sie noch alles hören konnte.
Ab und zu blieb ich stehen und lief ein paar Schritte um den Wagen herum und berührte die Bäume. Ich wagte es nicht, mich allzu weit vom Wagen zu entfernen, weil schon nach wenigen Metern das Licht der Scheinwerfer nicht mehr durchschien und ich mich sonst hoffnungslos verirrt hätte.
Aber Werwölfe hatten einen unglaublichen Geruchssinn und es gab immer die Hoffnung, dass einer von ihnen mich dadurch aufspüren würde.
Ich bin sicher, Jake wäre von diesem Gedanken begeistert gewesen, dass ich mich wieder wie ein Pfeffersteak vor ihrer Nase hin und her baumelte.
Ich kam mir zwar vor wie ein Hund, der an jeden zweiten Baum pinkelte, aber meine Möglichkeiten um auf mich aufmerksam zu machen waren begrenzt. Rufen war völlig zwecklos, denn der Nebel schluckte beinah jedes Geräusch, was ich machte. Abgesehen davon gab es fast nichts Gruseligeres, als zu hören wie die eigene Stimme in dem watteweichen Nichts verschwand.
Ich hatte grade meine Hand auf raue Borkenrinde eines Baumes gelegt, als ich es spürte. Der Baum erzitterte.
Es war als ob…als ob sich etwas großes durch das Unterholz bewegte.
Atemlos blieb ich stehen und lauschte.
„Jake“, wisperte ich probeweise. Und dann: „Cass? Andy?“
Stille.
Aber natürlich gab es kaum etwas lautloserer als einen Wolf, der nicht gehört werden wollte, wenn er sich an dich heranschlich.
Das Geäst zitterte erneut. Zwei einzelne, tote Blätter segelten von oben herab und landeten auf meinen Haaren. Unendlich langsam nahm ich die Hand herunter.
Der Boden war glitschig unter meinen Füßen und bedeckt mit nassem Laub. Aus den Augenwinkeln erhaschte ich einen Blick auf das matte Licht meiner Scheinwerfer und versuchte auszurechnen wie lange ich brauchen würde, um das Auto zu erreichen.
Zu lang, war die Antwort. Viel zu lang.
Behutsam und mit angehaltenem Atem machte ich einen Schritt zurück. Und noch einen.
Ein winziger, trockener Ast zerbrach unter der Sohle meiner Stiefel. Es hallte laut wie ein Gewehrschuss in der Stille und ich fuhr zusammen.
Angespannt fuhr ich mit der Zungenspitze über meine trockenen Lippen.
„Jake“, wisperte ich erneut.
Es war dumm, denn ich wusste eigentlich, dass er es nicht war.
Ich wünschte mir nur so sehr ihn zu sehen.
Aus dem Nebel löste sich ein einzelner, großer Schatten und trat auf mich zu.
tbc
Teil 2