Teil
1 - Teil
19 Alles Liebe und Gute der
ruegge zu ihrem heutigen Geburtstage!
Wir sehen uns später, mein Schatz, hier ein bisschen was für dich zu lesen:
„Du hast versucht, mich umzubringen - gib es doch einfach zu!“
Darcy liegt auf dem Rücken, japsend und am Ende, sämtliche Gliedmaßen von sich gestreckt, und weiß nicht, was mehr weh tut - ihr Körper oder ihr Ego.
Natasha steht über ihr, beide Hände entspannt in die Hüften gestemmt, und nickt. „Das war der Sinn der Übung. Aber freu dich: Du hast mich abgewehrt. Du lebst noch. Zumindest ein bisschen.“
„Ich hab dich nicht abgewehrt, ich bin umgefallen“, stellt Darcy die Sache klar, und Natashas Lippen umspielt ein leichtes Lächeln. „So oder so - mein Angriff ging ins Leere.“
Darcy japst ein weiteres Mal. „Jackie Chan und sein Drunken Master Stil sind nichts gegen mich und meinen Tollpatschigen Tölpel. Ich werde mir die Rechte an dem Namen sichern lassen.“
Natasha legt leicht den Kopf schief. „Stehst du heute noch mal wieder auf?“
„Eigentlich hatte ich vor, hier zu sterben.“
„Kommt nicht in Frage. Phil würde mich erschießen. Tony würde … nie wieder aufhören zu reden. Thor würde mich mit Mjölnir wie einen Pfahl in den Boden rammen.“
Darcy grinst zu ihr hoch. „Jane würde dich durch ein Wurmloch schießen.“
Sie tätschelt den Boden neben sich. „Setz dich. Es wird ein Weilchen dauern, ehe ich mich wieder bewegen kann.“
Natasha zögert einen Moment, aber dann faltet sie ihre Beine unter sich zusammen und lässt sich anmutig im Schneidersitz auf den Boden sinken. Darcy hat sie unter Verdacht, dass sie aus dieser Haltung aufstehen und einen Rückwärtssalto machen kann, ohne ihre Hände zu benutzen, und hasst sie prompt ein bisschen.
„Ok“, sagt sie gedehnt. „Raus mit der Wahrheit: Wie schlecht war ich?“
Natasha blinzelt, einmal, zweimal, ihr Gesicht ist völlig glatt, und Darcy weitet alarmiert die Augen.
„Deine Kondition ist recht schlecht“, sagt Natasha dann ruhig. „Aber du hast gute Reflexe und ein natürliches Talent dafür, die nächsten Bewegungen deines Gegners einzuschätzen. Mit dem entsprechenden Training können wir einen Agenten für Einsätze mit unterer Gefahrenstufe aus dir machen.“
Darcy starrt sie fassungslos an. „Ich bin die Hälfte der Zeit nur umgefallen!“
„Ja, aber du bist in die richtige Richtung umgefallen, und ohne dich dabei zu verletzen.“
Darcy weiß nicht, was sie dazu sagen soll.
Natasha zuckt leicht die Schultern. „Ab morgen werde ich das Training deinem Stil anpassen. Du wirst der gefährlichste Tollpatschige Tölpel sein, der den Schergen des Bösen je vor die Füße gefallen ist.“
Darcy wirft sich ihren Arm übers Gesicht und stöhnt. „Wie kann selbst dein Sinn für Humor attraktiv sein? Die Welt ist doch einfach nicht fair.“
Sie hört Natasha leise lachen, und zieht ihren Arm wieder zurück. „Ich bin dir wirklich dankbar für die Geduld, die du mit mir hast.“
Natashas Gesicht wird ein weiteres Mal völlig glatt, ausdruckslos und geheimnisvoll wie das einer unfassbar hübschen Puppe, und Darcy ahnt, dass es Natashas Abwehrmechanismus ist - ihre Art, mit Situationen umzugehen, die sie ein wenig überfordern, ihre Art, Zeit zu gewinnen, bis sie die passende Lösung für eine unerwartete Situation gefunden hat.
„Du gibst dir Mühe“, erwidert Natasha dann leise. „Mehr kann ich nicht von dir verlangen.“
Darcy wird mit einem Stechen in der Brust klar, dass man mehr von Natasha verlangt hat. Immer. Dass Natasha trainiert und geformt und gebrochen wurde, bis sie beinahe vergessen hatte, wer sie ist.
Darcy blinzelt ein paar Mal, hastig und viel zu auffällig, aber Natasha fragt sie nicht, was los ist, wartet geduldig ab, bis sie sich gefangen hat. Darcy muss sich räuspern und ein paar Mal tief Luft holen.
„Ich werde dir Schokolade kaufen“, sagt sie dann entschlossen. „Welche magst du?“
Natasha blinzelt verwundert, sichtlich perplex über diesen abrupten Beschluss. „Belgische. So dunkel wie möglich“, antwortet sie dennoch. Sie sagt es langsam, als sei sie sich selbst nicht sicher - und in einem Ton, als lasse sie Darcy an einem besonders wichtigen Geheimnis teilhaben.
Darcy nickt, glüht ein wenig vor Stolz - hauptsächlich vor Resthitze vom Training, aber ein wenig vor Stolz - dass Natasha ihre Geheimnisse mit ihr teilt und tätschelt Natashas Knie. „Kein Problem. Phil hat mir ne Gehaltserhöhung versprochen.“
Tony und Steve befinden sich bereits auf der Terrasse, als Bruce, Jane und Thor sich zu ihnen gesellen. Tony trägt eine Sonnenbrille, genügend Sonnencreme für einen Trip zum Merkur, und eine Jeans. Selbst Steve hat sein allgegenwärtiges weißes T-Shirt ausgezogen.
Bruce vermutet, dass Tony ihn mit körperlicher Gewalt bedroht hat, um das zu erreichen. Er vermutet außerdem, dass mittlerweile mindestens drei Paparazzi in den Büschen hocken, um dieses Ereignis auf Film festzuhalten.
Er beschließt, sein eigenes Hemd um jeden Preis anzubehalten.
Thor hingegen wirft sein T-Shirt augenblicklich von sich, sobald er auch nur einen Schritt vor die Tür getan hat. Dann beugt er sich hinab, hebt es auf und legt es über einen der freien Liegestühle, denn es ist eins von denen, die Pepper ihm ausgesucht hat.
Jane bleibt einen Moment lang stehen, nimmt die Szene in sich auf, und verkündet, dass sie etwas Kaltes zu trinken brauche - dann flieht sie zurück in die Küche.
Bruce zögert einen Moment, dann folgt er ihr.
Sie hat sich an der Küchenzeile aufgebaut, beide Hände darauf gestützt und starrt regungslos geradeaus. Bruce räuspert sich verhalten. „Ist alles in Ordnung?“
Jane deutet ein Schulterzucken an. „Ich befinde mich in einer romantischen Beziehung mit einem Halbgott, ich habe Captain America ohne T-Shirt gesehen, und Tony Starks Ark-Reaktor löst unangebrachte Gefühle in mir aus. Ich schätze also, dass in der Tat alles in Ordnung ist. In überwältigender Weise sogar.“
Sie macht sich mit einem Ruck gerade und dreht sich zu ihm um. „Wie zum Teufel hältst du das aus?“
Er blinzelt sie an. „Ich befinde mich in keiner romantischen Beziehung zu einem Halbgott, Steve ohne T-Shirt ist nicht großartig anders als Steve mit T-Shirt, und Tonys Ark-Reaktor löst allerhöchstens Gefühle der Bewunderung in mir aus.“
Thor taucht in der Tür auf, ehe Jane auf seine Antwort reagieren kann. „Jane? Kann ich dir assistieren?“
Sie macht scheuchende Bewegungen mit beiden Händen in seine Richtung. „Nein, Thor! Alles in bester Ordnung! Bruce und ich kommen gleich raus!“
Bruce ist einigermaßen fasziniert, als Thor ihre Versicherung ohne das kleinste Anzeichen von Zweifel zur Kenntnis nimmt, sich abwendet und sie allein lässt.
Jane atmet tief durch. „Ich kann das. Ich kann das total.“
Bruce beobachtet sie dabei, wie sie die Schultern strafft, und hält sie auf, als sie an ihm vorbei ihn wieder nach draußen marschieren will. „Nimm was Kaltes zu Trinken mit raus. Tony wird dumme Kommentare machen, wenn du’s nicht tust, außerdem scheinst du eine Abkühlung gut gebrauchen zu können. Ich denke nicht, dass sie ihre T-Shirts in naher Zukunft wieder anziehen werden.“
„Ich weiß überhaupt nicht, wieso du sowas behauptest, Bruce!“ schreit Tony von draußen. „Steve zum Beispiel hat sein T-Shirt gerade wieder angezogen - und äußerst hastig dazu! Und Jane: Es steht dir jederzeit offen, dir den Ark-Reaktor aus der Nähe anzusehen - da hätte ich nicht das geringste Problem mit. Du darfst ihn polieren, wenn du willst!“
Jane weitet die Augen und sieht aus wie das sprichwörtliche Reh im Scheinwerferlicht.
Thor taucht ein weiteres Mal im Türrahmen auf. „Er erlaubt sich einen Scherz mit dir, Jane. Antony ist der Lady Pepper zutiefst ergeben, und würde einer Anderen nie ernsthafte Avancen machen - schon gar nicht, wenn sie die Liebste eines seiner Kampfgefährten ist.“
Er dreht den Kopf und spricht die letzten Worte mit drohendem Unterton über seine Schulter hinweg und in Tonys Richtung. Jane entkommt ein verzweifeltes Lachen. „Dann ist ja gut!“
Thor streckt ihr seine Hand entgegen, und sie nimmt sie, und Bruce beobachtet fasziniert, wie Thor sich brav wie ein Lämmchen von ihr in die Küche ziehen lässt.
„Wir werden jetzt Limonade machen“, sagt sie fest, nimmt einen tiefen Atemzug und lehnt sich leicht zur Seite, um an Thor vorbei nach draußen rufen zu können. „Und Steve kann sein T-Shirt ruhig wieder ausziehen! Wenn, dann will ich das volle Programm! Ich bring Fensterputzmittel für den Ark-Reaktor mit raus!“
„Thor, ich mag deine Freundin!“ ruft Tony zurück. „Sie weiß die guten Dinge im Leben zu schätzen.“
Bruce beschließt, nach draußen zu gehen und Tony abzulenken, ehe Paparazzi in ihren Büschen noch mehr zu hören kriegen.
Als Pepper nach Hause kommt, findet sie das komplette Team auf der Terrasse versammelt.
Tony hat offenbar den Pool reinigen lassen - ein Umstand, den Thor sich genüsslich zunutze macht und eine begeistert kreischende Darcy wie einen Wasserball durch die Gegend wirft. Natasha, Clint und Phil sitzen etwas abseits und besprechen Darcys Trainingsplan für die nächste Woche.
Jane, Bruce und Tony sind in ein Gespräch über erneuerbare Energien vertieft, und Steve hat seinen Block zur Hand genommen und zeichnet die Studie einer Hand. Wenn Pepper nicht alles täuscht, ist es Tonys Hand.
Sie tritt dichter an die Gruppe heran, winkt zu Thor und Darcy am Pool hinüber, und legt Tony die Abendausgabe der Sun auf den Terrassentisch. Ein hilfloses Grinsen lässt sich nicht unterdrücken „Ich nehme an, ihr hattet eine eurer Aussprachen?“
Die Schlagzeile, über einem Bild von Steve und Tony wie sie einander umarmen, jongliert mit dem Gedanken, ob Iron Man und Captain America mehr verbindet als platonische Freundschaft.
Tony nimmt die Zeitung an sich, liest den Artikel über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg, und stöhnt leise auf. Pepper fühlt mit ihm. Der Artikel ist reißerisch und vulgär. Er führt eine ganze Reihe von Tonys früheren Fehltritten ins Feld, und behauptet, es sei nur eine Frage der Zeit, ehe er Captain Rogers, so jung und unschuldig und keinesfalls gewappnet gegen Tonys Verführungskünste, bis auf den Kern verdirbt. Peppers Existenz wird irgendwo am Rande erwähnt, als Accessoire zu Tonys grenzenloser Verdorbenheit.
Wenn Pepper ehrlich ist, konnte sie sich nicht einmal großartig über den Artikel aufregen. Denn das Foto, das die ganze Sache überhaupt erst möglich gemacht hat … das Foto ist völlig unschuldig. Tonys Kopf lehnt an Steves Stirn, Steves Arm an seinem Rücken hält ihn sanft aufrecht und an sich gedrückt, und mit seiner freien Hand hält er Tonys Handgelenk umschlossen. Jeder Mensch mit einem funktionierenden Paar Augen kann sehen, dass Steve diese Umarmung initiiert hat, dass er in diesem Augenblick alle Kontrolle der Welt über Tony hatte, und keinesfalls das junge, unschuldige Opfer ist, als das ihn die Sun darstellen will.
Im Hier und Jetzt legt Steve seinen Zeichenblock beiseite und versucht, Tony die Zeitung aus der Hand zu nehmen. Tony stößt eine Art Zischen aus, und drückt sie besitzergreifend an seine Brust. „Lies das nicht, Steve! Lies es nicht!“
Steve schnaubt und zieht an der Zeitung, bis er sie sein Eigen nennt. Pepper kann nicht entgehen, mit welch nervöser Vorahnung Tony auf seine Reaktion wartet.
Aber Steve schnaubt lediglich ein weiteres Mal, dann gibt er Tony die Zeitung zurück. „Derartige Artikel lassen mich eine Krisensituation herbeiwünschen, damit die Presse etwas Sinnvolles hat, über das sie schreiben kann.“
Pepper starrt ihn perplex an, Tony steht sogar der Mund offen. Er schließt ihn, um sich zu räuspern.
„Wenn ich mich dazu entschließen sollte, mir die Gleichberechtigung unserer sexuell offeneren Mitbürger für Darcys Projekt zur Herzensangelegenheit zu erklären - wäre das jetzt der völlig falsche Zeitpunkt?“
Peppers Kopf ruckt zu ihm herum. Steve scheint damit dran zu sein, sich zu räuspern. „Für so etwas gibt es keinen falschen Zeitpunkt.“
Sein Blick wandert zu Clint und Phil hinüber, während er es sagt, und Pepper ist beinahe überrascht, ein melancholisches Lächeln in seinen Augen aufleuchten zu sehen. „Es sollte jedem erlaubt sein, seine Gefühle offen und ehrlich zu zeigen. Egal wo, egal mit wem.“
Er schließt kurz die Augen, und als er sie wieder öffnet, sieht er Tony direkt an. „Hättest du etwas dagegen, wenn ich dich bei deinem Projekt unterstütze?“
Tony schüttelt sprachlos den Kopf. Pepper räuspert sich leise. Sie ist definitiv an der Reihe. „Und ich auch?“
Tony und Steve wenden ihr synchron den Blick zu, sehen zu ihr auf, und sie ahnt, dass die Welt nicht weiß, was sie erwartet. Schon gar nicht der Teil der Welt, der sich hinter kleingeistigen, bigotten, homophoben Anschauungen verbirgt.
„Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, mir einen Kongressabgeordneten zu kaufen“, sagt Tony mit einem Grinsen, das andeutet, dass er ihre Vorahnung teilt. „Aber du bist so viel besser.“
„Kauf ihn trotzdem“, gibt sie lächelnd zurück. „Wenn wir die Sache richtig aufziehen, haben wir in ein paar Jahren den ersten schwulen oder zumindest bisexuellen Präsidenten im weißen Haus.“
Tag 5
Clint ist ein bisschen schlecht. Er würde es nie zugeben, weder vor Phil noch vor Bruce, und schon gar nicht vor dem Rest seiner Mitbewohner, aber er hat Angst vor seiner ersten Begegnung mit Doktor Scotts.
Sicherlich, sie kann nicht halb so schlimm werden wie seine abgebrochene Sitzung mit Roberts, aber den Mann kannte Clint wenigstens. Es fällt ihm schwer, sich auf neue Leute einzulassen. Besonders, wenn sie dazu ausersehen sind, seine Psyche gerade zu biegen.
Aber den Termin abzusagen, nachdem Phil sie mehr oder weniger dazu überreden musste, Clint zu ihrem Klientel hinzuzufügen - nachdem Tony sich so großzügig bereit erklärt hat, für ihre Sitzungen zu bezahlen … es wäre so schrecklich undankbar.
Clint mag eine Menge Dinge sein, aber undankbar ist er ganz gewiss nicht. Also wird er diese Sache durchstehen.
Er hat sich in sein Zimmer zurückgezogen. Hat Phil gesagt, dass er Ruhe braucht, um sich auf die Sitzung vorzubereiten. Eigentlich wollte er Cello spielen, um auf andere Gedanken zu kommen. Aber stattdessen hat er sich zu Elvira und Leia Organa (der Orchidee) auf die Fensterbank gesetzt. George steht inzwischen neben dem Bett. (Clint spielt mit dem Gedanken, ihn mit einer Girlande aus Kondomen zu behängen. Immerhin ist er ein Gummibaum.)
Das Fenster steht weit offen, um die Sommerluft einzulassen, und er starrt hinaus. Es ist noch relativ früh am Tag, das Frühstück gerade erst vorbei, aber es klingt, als habe Thor bereits wieder den Pool in Beschlag genommen.
Wenn sie Glück haben, hat die Presse in einer Woche genügend Bilder von ihm geschossen, dass sie für den Rest des Jahres ausreichen, und die Paparazzi aus Tonys Büschen verschwinden.
Die Morgenausgabe der Sun hat Thor und seinen Bauchmuskeln tatsächlich die Mittelsektion gewidmet. Darcy war sehr erleichtert, dass sie nur unscharf irgendwo in der Ecke zu sehen war - als mögliche Sommerliebelei. Sie und Jane haben einmal genüsslich die Augen verdreht, und dann wurde da nicht weiter drüber gesprochen.
Tony hat angekündigt, einen elektrischen Zaun rund um seinen Garten ziehen, und sich ein Rudel Dobermänner anschaffen zu wollen. Clint ist sich nicht sicher, wie ernst er diese Drohung gemeint hat.
Er hört Natasha draußen von Thor verlangen, gefälligst aus ihrer Bahn heraus zu bleiben, und dann Thors ernsthafte Entschuldigung, ihr Training behindert zu haben.
Falls sich tatsächlich noch Paparazzi in den Büschen herumtreiben sollten, ist vermutlich mindestens einer von ihnen inzwischen dank Tashas Anblick im Badeanzug an Nasenbluten zugrunde gegangen. (Falls Thor und seine Badehose das nicht ohnehin schon erledigt haben.)
Ein Klopfen an seiner Zimmertür lässt Clint erst zusammenzucken und dann den Kopf wenden. „Herein?“
Er rechnet halb und halb mit Phil - aber es ist Bruce. Clint überrascht sich selbst damit, dass er ihm entgegen lächelt. So nervös er auch sein mag, er ist ehrlich froh, ihn zu sehen.
Es passiert nicht oft, dass Bruce aus eigenem Antrieb seine Gesellschaft sucht. Sicher - er heißt ihn immer willkommen, wenn Clint zu ihm geht. Aber das ist nicht dasselbe.
„Hey“, sagt Bruce leise, betritt das Zimmer, beide Hände in den Hosentaschen und seine Brille in der Brusttasche seines Hemdes.
„Hey“, erwidert Clint ebenso leise und gestikuliert großartig in den Raum hinein. „Was führt dich in meine protzige Unterkunft?“
Bruce bleibt stehen, mitten im Zimmer, und blickt sich um. „Seit wann hast du lilafarbene Vorhänge? Und Kissen?“
Clint zuckt mit den Schultern. „Frag doch mich nicht. Ich glaube, Tony hat Einrichtungsfeen. Müssen mit seinen Bauarbeiter- und Poolreinigungsfeen zusammen in einem Baum im Garten leben.“
Bruce blinzelt. „Wenn ich jetzt in mein Zimmer gehe - werde ich dann grüne Vorhänge vorfinden?“
Clints Gesicht überzieht ein breites Grinsen. „Wollen wir nachsehen gehen?“
Bruce nickt. „Sonst trau ich mich heut Nacht nicht allein ins Bett.“
Clint entfährt ein amüsiertes Prusten. Dass Bruce tatsächlich einen funktionstüchtigen Sinn für Humor hat, ist für ihn ein nicht enden wollender Quell der Begeisterung.
Sie verlassen Clints Zimmer und gehen den Flur entlang, und Clint sieht Bruce kurz von der Seite an. „Wolltest du etwas Bestimmtes?“
Bruce dreht ihm den Kopf zu. „Ich wollte nachsehen, wie es dir geht.“
Clint beißt sich auf die Unterlippe. „Hat Phil dir gesagt, dass er Doktor Scotts für heute herbestellt hat?“
Sie haben Bruces Zimmertür erreicht, und Bruce hält einen Moment inne, stellt sicher, dass Clint ihm in die Augen sieht, während er antwortet. „Nein.“ Er öffnet die Tür. „Aber du warst verdächtig still beim Frühstück. Ich wollte dich nicht vor allen anderen fragen, was los ist.“
Clint beißt sich nur noch fester auf die Unterlippe, zögert einen Moment, ehe er Bruce in sein Zimmer hinein folgt.
„Liebe Güte“, lautet Bruces Kommentar zu der veränderten Inneneinrichtung, die er vorfindet. „Als ich hier raus gegangen bin, hatte ich ein Bett, einen Schrank und eine Kommode. Und das war’s.“
Bruce hat nach wie vor ein Bett, einen Schrank und eine Kommode. Aber die Möbel sind jetzt aus dunklem, glänzendem Holz, zurückhaltend verziert und auf solch schlichte Art schön, dass selbst Clint sieht, wie teuer sie gewesen sein müssen. Indische Teppiche dekorieren den Boden, in einer Ecke steht ein mit Kaschmir bezogenes Sofa.
Die Vorhänge, dicht und schwer und wahrscheinlich aus Brokat, sind in der Tat grün. Moosgrün. In Kombination mit dem Rest der Einrichtung erinnert der Raum an einen Sommerabend auf einer Waldlichtung. Es ist das gemütlichste, beruhigendste Zimmer, in dem Clint sich je aufhalten durfte.
„Wie?“ fragt Bruce leise und dreht sich um die eigene Achse. „Wie hat er das gemacht?“
„Ich war’s nicht“, sagt Tony von der Tür her.
Bruce und Clint drehen sich ruckartig zu ihm um, und Tony lehnt sich an den Türrahmen. „Das heißt - ich war’s schon. Aber die Idee war nicht meine. Pepper und Phil wollten dir was Gutes tun, mein Bester. Ich hab’s lediglich absegnen müssen.“
Tony steht da, die Arme lose vor der Brust verschränkt und blickt sich zufrieden um. „Wenn ich mir das so ansehe, denke ich, dass ich die Zwei auch auf den Rest der Villa loslassen sollte. Natashas Zimmer zum Beispiel sieht aus, wie ich mir ein russisches Gefängnis vorstelle.“
JARVIS hat keine Kehle zum Räuspern, aber davon lässt er sich nicht aufhalten. Tony stößt sich vom Türrahmen ab und macht einen Schritt ins Zimmer hinein. „Ach ja - meine treulose Kreation hat das Sofa ausgesucht. Bewundern wir alle kurz den guten Geschmack, den er ganz eindeutig von mir hat.“
Bruce starrt ihn an. „Das alles muss ein Vermögen gekostet haben.“
Tony zuckt mit den Schultern. „Ich habe ein Vermögen. Mehrere sogar. Gefällt’s dir?“
Einen Moment lang scheint Bruce nicht zu wissen, was er auf diese lächerliche Frage erwidern soll, dann macht er ein paar gemessene Schritte auf Tony zu und legt ihm beide Hände auf die Schultern. „Du bist verrückt.“
Er sagt es ernsthaft und leise, und Clint sieht Unsicherheit in Tonys Augen aufblitzen und schluckt.
Dann atmet Bruce tief durch, lehnt seine Stirn an Tonys und schließt die Augen. „Danke, Tony.“
Clint hat im Laufe der letzten Wochen viele Umarmungen in diesem Haus bezeugen können, epische und weniger epische, aber das hier, diese simple Geste, ist trotzdem etwas Besonderes.
„Gern geschehen“, erwidert Tony leise, und Clint muss tief durchatmen, als Tony ebenfalls die Augen schließt, unter Bruces Händen verharrt und sich entspannt.
Clint hatte beinahe vergessen, dass Tony der Erste war, der Bruce so gesehen und akzeptiert hat, wie er ist. Ohne ihn wäre Bruce heute nicht hier.
Ohne Tony wäre Clint heute nicht hier.
Clint drückt die Augen zu und stöhnt, als ihm aufgeht, dass er mit seiner Seelenklempnerin als allererstes über seine plötzlich so heiß brennende Liebe zu Tony Stark wird sprechen müssen. Denn sie ist widerlich und falsch und muss im Keim erstickt werden.
„Du darfst dich uns gern anschließen, Barton“, ertönt Tonys amüsierte Stimme. „Dir hab ich schließlich auch neue Vorhänge gekauft.“
Clint stapft prompt zu ihm hinüber, um ihm in die Schulter zu boxen. Warum und wie er dann trotzdem in einem Wissenschaftler-Sandwich der platonischen Zuneigung landet, ist Clint nicht ganz klar. Er braucht eindeutig professionelle Hilfe.
Doctor Scotts, als sie dann schließlich in Tonys Lobby auftaucht, entpuppt sich als einigermaßen verstörende Kreuzung aus Fury und Phil.
Sie ist eine auf den ersten Blick äußerst gestreng wirkende Dame in ihren frühen Vierzigern, afroamerikanischen Ursprungs, und trägt ein blassgraues Kostüm, das es irgendwie schafft, gleichzeitig bieder und sexy zu sein.
Clint hat simultan schreckliche Angst vor ihr, und hält sie für eine der fähigsten Personen, denen er je begegnet ist. Er räuspert sich nervös, reicht ihr die Hand. „Es freut mich, Sie kennen zulernen.“
Sie nimmt seine Hand mit einem Lächeln, das ihr ganzes Gesicht transformiert - strahlt Wärme, Sicherheit und Ruhe aus - und Clint entspannt sich zumindest ein wenig.
„Es freut mich ebenfalls, Mr. Barton.“ Sie blickt sich in der Lobby um, bildet sich ein Urteil, das ihr Gesicht nicht preisgibt, und sieht ihm wieder in die Augen. „Wollen wir dann?“
Clint zögert einen Moment. „Ich habe eine Bitte.“
Sie legt fragend den Kopf schief. „Ja?“
„Würde es Sie sehr stören, wenn … wenn wir bei dieser ersten Sitzung nicht völlig unter uns sind?“
Sie lächelt erneut, verständnisvoll und beruhigend. „Sie können zu unseren Sitzungen einladen, wen immer Sie möchten, Mr. Barton. Meiner Auffassung nach ist ein Patient, der sich nicht scheut, vor Freunden und Verwandten über seine privaten Gedanken zu sprechen, auf dem besten Wege.“
Clint weicht eine Zentnerlast von der Seele. Er hat sich lange gescheut, Bruce ein weiteres Mal darum zu bitten, seinem Termin beizusitzen. Dass Bruce sich beim letzten Mal seinetwegen so sehr aufgeregt hat, dass er beinahe die Kontrolle über sich verloren hätte … Clint weiß, dass es Bruce belastet.
Er wollte ihn weder daran erinnern, noch ihn in eine Situation bringen, die ihm unangenehm sein könnte. Aber Bruce … Bruce hat es ihm mehr oder weniger angeboten. Hat ihm gesagt, dass er sich einen freien Tag von Forschung und Wissenschaft gönnen will, und Clint zur Verfügung steht, falls er ihn braucht.
Clint kann nicht ganz begreifen, womit er jemanden wie Bruce in seinem Leben verdient hat. Seine Gefühle für Bruce fangen außerdem langsam aber sicher an, ihn zu überfordern.
Er liebt ihn nicht, wie er Phil liebt, will ihn weder küssen noch unaussprechlich unanständige Dinge mit ihm anstellen - aber dass er ihn liebt, kann Clint nicht länger in Zweifel ziehen.
Doktor Scotts ist still, während Clint sie durch die Villa führt, bleibt an seiner Seite, immer einen halben Schritt hinter ihm, und Clint vergisst beinahe, dass sie da ist, bis er das Wohnzimmer erreicht, in dem Bruce auf ihn wartet.
Es ist ein anderes als das, in dem die fehlgeschlagene Sitzung mit Doktor Roberts stattgefunden hat, aber genau so klein, genau so hell und freundlich. Es besitzt außerdem eine seltsam … gemütliche Atmosphäre. Eine, die nichts mit der Einrichtung oder dem Lichteinfall zu tun hat.
Bruce steht von dem Stuhl am Fenster auf, als Clint mit Doktor Scotts den Raum betritt, kommt ihnen entgegen, und reicht der Psychologin die Hand. „Ich bin Doktor Banner. Es freut mich sehr.“
Sie reicht ihm ihre Hand mit einem leichten Zögern, und Clint ahnt, dass sie sich im Vorfeld über die Personen informiert hat, auf die sie in dieser Villa treffen könnte, und jetzt zumindest ein kleinwenig verunsichert ist.
„Ich habe von Ihnen gehört“, sagt sie jedoch mit gleichmäßiger Stimme, und der Händedruck, den sie mit Bruce tauscht, ist fest und selbstbewusst.
Bruces antwortendes Lächeln ist eine Mischung aus verunsichertem Schuldbewusstsein und Hilflosigkeit. „Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was genau.“
Doktor Scotts ganze Haltung scheint sich zu wandeln, obwohl Clint keine andere Veränderung ausmachen kann als die, dass sie ihre Schultern ein wenig senkt. „Sie sind ein faszinierender Mann, Doktor. In jeder Hinsicht.“
Ihr Blick gleitet in einer Art und Weise an Bruce auf und ab, die von bedingungslosem Einverständnis zeugt, ihr Tonfall ist ohne jeden Zweifel flirtend, und Bruce blinzelt sie überfordert an.
Clint muss sein Gesicht zur Seite drehen und sein Grinsen hinter seiner Hand verstecken. Völlig egal, wie seine Sitzung mit Scotts noch ablaufen wird, allein hierfür hat sich die ganze Aufregung gelohnt.
Phil lungert in der Küche herum. Seine augenblickliche Tätigkeit lässt sich kaum anders bezeichnen. Er steht mit dem Rücken zur Küchenzeile, die Sonne im Rücken, und hält eine Kaffeetasse an seine Brust.
Er war nicht halb so besorgt, als Clint seine Sitzung mit Roberts hatte - aber da ist er auch noch davon ausgegangen, dass Roberts der richtige Mann für den Job sei.
JARVIS hat über Doktor Scotts herausgefunden, was sich herausfinden ließ, und ihr Resümee ist nicht nur beeindruckend, es sollte Phil beruhigen. Tut es aber nicht.
Denn er hat Clint zwar gesagt, dass sie Spezialistin für Missbrauchsfälle ist, aber Clint hat die Information auf eine Art und Weise abgetan, als habe sie nicht das Geringste mit ihm zu tun. Als sei das, was Loki ihm angetan hat, nicht mit Missbrauch zu vergleichen.
Loki hat Clint dazu gezwungen, Dinge zu tun, die er nicht tun wollte, hat Clints Hilflosigkeit ihm gegenüber ausgebeutet, hat ihn benutzt - und nur, weil die Art des Missbrauchs nicht sexueller Natur war, heißt das nicht, das kein Missbrauch stattgefunden hat.
Denn wie so viele Missbrauchsopfer gibt Clint sich die Schuld daran, was passiert ist. Fragt sich, ob er etwas anders gemacht hat als die anderen Agenten, ob es einen besonderen Grund dafür gab, dass Loki ihn ausgewählt hat. Ein Teil von Clint glaubt, dass er verdient hat, was ihm angetan wurde.
Phil hätte Loki den Kopf von den Schultern schießen sollen, als er die Gelegenheit hatte. Aber er hat es nicht getan. War selbst in diesem Moment professionell, hat sich zusammengerissen und nicht einmal versucht, Rache an dem zu nehmen, der ihm Clint weggenommen hat.
Manchmal hasst Phil sich dafür, dass er immer so schrecklich professionell sein kann. Dass er nicht ein einziges Mal schwach wird und seinen persönlichen Gefühlen nachgibt.
Dass persönlich nicht dasselbe ist wie wichtig, sollte ihm nicht ständig so fürchterlich bewusst sein.
Steve taucht in der Küche auf, verschwitzt und mit leicht gerötetem Gesicht. Er steuert zielstrebig den Kühlschrank an, öffnet ihn und nimmt sich eine Wasserflasche heraus, dreht den Verschluss ab - und zögert.
Phil atmet tief durch. „Es geht mir gut.“
„Dann bin ich beruhigt“, sagt Steve ernst, sieht ihm in die Augen. „Du siehst nämlich nicht so aus.“
Damit führt er die Flasche an seine Lippen und nimmt einen tiefen Zug. Phil stellt seine Kaffeetasse beiseite. „Deine Mutter war Krankenschwester, nicht wahr?“
Steve setzt die Flasche ab, wischt sich mit dem Handrücken über den Mund und nickt. „Das war sie.“
„Hat sie dich je bei der Rehabilitation von Patienten zusehen lassen?“
Steve runzelt die Stirn. „Sie nicht. Das war nicht ihre Aufgabe. Aber ich habe später so oft wie möglich zugesehen - als ich schon … als ich das Serum schon bekommen hatte. Ich wollte meine Kameraden in diesen Momenten nicht allein lassen. Ich weiß, wie frustrierend es ist, wenn der eigene Körper einen im Stich lässt.“
Phil wird niemals darüber hinweg kommen, wie perfekt dieser Mann ist.
„Aber falls du mit dem Gedanken spielen solltest, deine eigene Reha in Angriff zu nehmen - dafür ist es zu früh, Phil.“
Phil wird außerdem niemals darüber hinweg kommen, wie jemand so jung sein, und trotzdem den Tonfall eines Oberfeldwebels nach fünfzig Jahren in vorderster Schusslinie besitzen kann.
„Es ist nicht zu früh“, erwidert er mit aller Ruhe, die er aufbringen kann. „Es ist allerhöchste Zeit. Meine Muskeln sind völlig wiederhergestellt, ich habe keine Erschöpfungserscheinungen mehr - und ich werde langsam ruhelos.“
Steve mustert ihn schweigend, viel zu lange und viel zu durchdringend. „Ich verstehe.“ Er dreht seine Wasserflasche zu. „Wir werden einen Spaziergang im Park machen.“
Phil runzelt leicht die Stirn. „Das wird nicht genügen.“
„Das muss es aber. Deine Muskeln sind drei Wochen lang kaum beansprucht worden, und dein Körper muss sich von einem schweren Trauma erholen. Mute dir nicht zu viel auf einmal zu.“
Phil seufzt und nickt. Er weiß, dass Steve Recht hat.
Steve nickt ebenfalls. „Warte hier auf mich. Ich muss duschen und mich umziehen.“
Damit verlässt er die Küche, und Phil legt den Kopf in den Nacken und schließt die Augen. Er will nicht wirklich das Haus verlassen, solange Clints Sitzung anhält, aber vielleicht sollte er gerade das tun.
Seine Beziehung zu Clint darf nicht zu einer verkommen, in der Phil jede Sekunde von Clints Leben kontrollieren muss. Er muss ihm Selbständigkeit und Freiraum zugestehen, wie schwer es ihm auch fallen mag.
Er will einen gleichberechtigten Partner in Clint - also sollte er ihn auch so behandeln.
Jane liegt draußen am Pool - hat sich so positioniert, dass allerhöchstens ihre Schulter zu sehen ist, sollten sich lästige Paparazzi in den Büschen herumtreiben - und liest, wenn sie nicht gerade Thor dabei beobachtet, wie er im Pool herum tollt.
Zumindest bis Darcy sich aufs Fußende von ihrem Liegestuhl sinken lässt und ihr in die Wade piekt. „Grüße von meiner Mutter.“
Jane lässt ihr Buch sinken. „Vielen Dank. Ich wusste nicht, dass du vorhast, sie anzurufen.“
Telefongespräche zwischen Darcy und ihrer Familie sind Großereignisse, die eine entsprechende Planung verlangen. Unmengen an Kaffee und Keksen. Das ein oder andere Sandwich. Zugang zu einer Steckdose, falls der Akku des Telefons auf halber Strecke aufgeben sollte.
„Sie hat mich angerufen“, erwidert Darcy mit erschöpftem Unterton. „Sie hat mich in der Zeitung gesehen.“
Jane zieht eine mitfühlende Grimasse. „Und?“
„Und? Jetzt ist sie enttäuscht, dass der stramme Kerl - das ist ein wörtliches Zitat - nicht meiner ist … und spricht dir ihre Glückwünsche aus.“
Jane schmunzelt und nickt, und Darcy fährt fort. „Sie ist jetzt außerdem besorgt um mich, weil die Presse auf mich aufmerksam geworden ist. Sie hat Angst, ich werde eine zweite Lindsay Lohan.“
Jane blinzelt verständnislos. Manchmal kann sie mit Darcys Bemerkungen schlicht nichts anfangen. Darcy fängt prompt an zu lachen. „Dein Gesicht bestätigt meine Versicherung ihr gegenüber, dass ich hier von Leuten umgeben bin, die nicht mal wissen, wer Lindsay Lohan überhaupt ist.“
Jane zuckt mit den Schultern und nickt. Darcy beißt sich auf die Unterlippe. „Sie ist ganz leise geworden, als ich ihr erzählt hab, dass ich SHIELD beigetreten bin.“
Das ist eine äußerst geladene Aussage. Darcys Mutter ist eine laute Person. Jane kann für gewöhnlich drei bis vier Meter vom Telefon weg stehen und trotzdem jedes Wort, das durch die Leitung kommt, klar und deutlich verstehen. „Sie macht sich Sorgen um dich“, erwidert sie möglichst sanft.
„Jeder macht sich Sorgen um mich“, gibt Darcy ungeduldig zurück. „Niemand traut mir zu, dass ich weiß, was ich tue.“ Sie atmet tief durch. „Abgesehen von Natasha vielleicht.“
Jane räuspert sich verhalten. „Hast du deine Mutter davon überzeugen können, dass du weißt, was du tust?“
Darcy rollt leicht mit den Augen. „Benji ist im Hintergrund in Entzückensschreie darüber ausgebrochen, dass ich Cousin Terry bald den Hintern versohlen kann. Das hat die Luft gereinigt.“
Benji ist Darcys Bruder. Er ist elf Monate älter als sie, benimmt sich generell so, als sei er mindestens zweiundzwanzig Monate jünger, und Darcy liebt ihn mit inbrünstiger Intensität. Von Cousin Terry hört Jane heute zum ersten Mal.
„Er ist in der Navy“, klärt Darcy sie auf die entsprechende Frage hin auf. „Natasha wird mich ganz schön scheuchen müssen, damit ich Benji nicht enttäusche. Es wäre mir peinlich, sollte ich Terry mit meinem Tollpatschigen Tölpel vor die Füße fallen.“
Sie wirft einen Blick auf ihr allgegenwärtiges neongrünes Stark Pad. Natasha taucht an ihrer Seite auf, als habe Darcy sie aus dem Pad herbei gezaubert. „Es ist Zeit für dein Training.“
Darcy nickt. „Das hab ich auch gerade festgestellt.“
Sie erhebt sich von Janes Liege, und Jane presst kurz die Lippen zusammen. „Darf ich zusehen?“
Darcy wendet sich ihr überrascht zu. „Nur, wenn du versprichst, mich nicht auszulachen.“
Jane zuckt mit den Schultern. „Sowas kann ich nicht versprechen.“
Darcy rollt mit den Augen. „Na gut. Aber wehe, du steckst meiner Familie, wie dämlich ich mich anstelle. Mein Dad hat auch so schon angekündigt, mir einen Erste-Hilfe-Koffer zu schicken, der mich durch eine Zombie Apokalypse begleiten könnte. Inklusive Baseballschläger.“
TEIL 21