fake it 'til you make it (5)

Jan 10, 2021 15:55

AO3 | FFde | wattpad

Fandom: Harry Potter
Relationships: Harry Potter x Draco Malfoy

Projekt: it's the end, baby. it's never the end
Prompt: +_321 pour a glass of wine for two while i get you in the mood

chapter one | two | three | four | five | six

Abstract:
Draco führt die nächste Stufe seines Plans aus, die Narration ist bissi wonky perspektivenmäßig, aber Draco zeigt deutlich, dass er der perfekte (fake) Freund wäre.

CN: Alkohol, Essen; Erwähnung von Inzest, Krankheit, Tod
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Draco liegt wieder auf dem Sofa in der Küche, die Beine an der Lehne abgestützt und mit dem Kopf nach unten hängend. Ihm läuft das Blut aus den Füßen direkt ins Gesicht und er fühlt sich, als würde er bereits drei Jahre hier liegen und warten.

Wahrscheinlich sollte er sich dafür schämen, doch dass Harry jeden einzelnen Snap gespeichert hat, den er ihm geschickt hat, streichelt ihm das Ego. - Draco sieht gut aus. Draco weiß, dass er gut aussieht. Aber es von jemandem bestätigt zu bekommen, ist trotzdem nett. Nicht notwendig, aber nichtsdestotrotz wertgeschätzt.

Bevor er es sich anders überlegen kann, schließt er Snapchat, um nicht mehr auf ihren Chatverlauf zu starren, in dem sechs Mal Harry hat einen Screenshot gemacht! steht. Tonks hat ihm nicht mehr geschrieben, seit sie sich mit Hermione getroffen hat. Blaise ist auf einer seiner wöchentlichen Tanzveranstaltungen. Oder im Chor. (Woher soll Draco das auch so genau wissen? Er kann nicht jedermenschs Zeitplan in- und auswendig, okay?) Draco hat also keine einzige Möglichkeit, sich davon abzulenken, dass Harry in den nächsten Minuten heimkommen dürfte. Er kann nur nervös darauf hoffen, dass die unangenehmen, teils peinlichen Photos, die er im Laufe des Tages gemacht hat, Harry davon überzeugen, dass eine vorgetäuschte Beziehung mit ihm mehr Vor- als Nachteile bringt … ach was! Nur Vorteile, keine Nachteile!

Nachdem er ihr gemeinsames Abendessen vorbereitet, eine Flasche Rotwein in eine Karaffe gefüllt (Draco, der Wein muss atmen!) und sich umgezogen hat, langweilt er sich ein bisschen. Harry ist im Normalfall pünktlich, aber öffentliche Verkehrsmittel sind noch nie der Wartenden Freunde gewesen, warum sollte es also ausgerechnet heute so sein?

Es vergehen keine fünfzehn Minuten zwischen Harrys letzter Nachricht und dem Geräusch eines Schlüssels in der Tür. Draco springt auf, ignoriert für fast einen halben Schritt seine eingeschlafenen Beine und seinen hochroten Kopf, dann stolpert er gegen die Anrichte und versucht, sein schwindelndes Gehirn unter Kontrolle zu bringen. Seine Beine kribbeln schrecklich, sein Kopf dreht sich und ihm wird ein wenig schwarz vor Augen, weil er sich zu schnell bewegt hat. (Da soll nochmal jemensch behaupten, Draco würde nicht alles riskieren!)

»Ein paar Photos werden mich nicht umstimmen«, ertönt Harrys Stimme noch aus dem Wohnungsflur. Schritte von schuhlosen Füßen kommen näher und Draco versucht, seinen Körper wieder einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen. »Ich denke, dass ich durchaus deutlich gemacht habe, dass ich nicht mitkommen werde.« Harry steht in der Tür, lehnt sich leicht mit der Schulter an den weiß lackierten Holzrahmen an; unter seinen Augen liegen Schatten (Junge, schon ein bisschen übertrieben. Draco hat ihn gerade mal zwanzig Minuten lang wachgehalten!) und sein Haar ist feucht vom sanften Schneetreiben draußen.

»Aber Harry!« Wieder zerteilt Draco den Namen in zwei Silben und zieht den Halbvokal am Schluss künstlich in die Länge. »Du musst doch keine endgültige Entscheidung treffen! Komm, setz Dich! Wir essen erst.« Er zieht den Stuhl zurück, der Harry am nächsten ist, zwinkert ihm zu und wartet dann, bis Harry sich tatsächlich bewegt und sich langsam auf die Sitzfläche sinken lässt. Dann gießt er ein gutes Achtele seines Mittags gekauften Burgunderweins in Harrys Glas und legt dann vorsichtig seine Finger auf Harrys Nacken. (Es beleidigt ihn, ehrlich gesagt, schon ein bisschen tödlich, dass Harry zusammenzuckt und alles an ihm sich erst einmal verspannt, bis Draco gemächlich anfängt, die Knoten aus Harrys Muskeln zu reiben.)

»Wie war Dein Tag?«, fragt er, immer wieder einen Blick auf den Herd werfend, auf dem der erste Gang auf niedriger Stufe warmgehalten wird. (Natürlich möchte er seinen Tag nicht vor dem Abend loben, aber er hat jede freie Minute damit verbracht, dieses Abendessen vorzubereiten und sich einen Schlachtplan für die kommende Woche zu überlegen, falls Harry dreister Weise einfiele, nach diesem phantastischen Dinner noch immer nicht weinend vor Dankbarkeit ob dieser Möglichkeit, Draco zu helfen, Nein zu sagen.)

Harry antwortet nicht; sein nach vorne kippender Kopf und der tief entspannt klingende Atem geben Draco allerdings Grund zur Annahme, dass seine Überredungsarbeiten bald Früchte tragen werden. (Harry ist ohnehin viel zu nett. Höchstwahrscheinlich müsste Draco sich nicht einmal halb so viel Mühe geben; möglicherweise nicht einmal ein Viertel so viel. - Aber er macht es trotzdem, weil Harry so was wie sein bester Freund ist (wenn auch nicht so am besten wie Blaise) und er es schäbig fände, einfach nur so lange auf Harrys Zimmerboden oder der Couch zu liegen, leidende Geräusche von sich gebend und Lamentos erhebend, bis Harry nachgäbe.)

Es vergehen ungefähr sechseinhalb Minuten, in denen Dracos Daumen in festen, kreisenden Bewegungen über Harrys Haut fahren und sich jedes einzelnen Knotens annehmen, die sie finden können, bevor Draco einmal sanft durch Harrys Haare fährt und sich dann umdreht, um zwei Suppenteller aus dem Schrank über der Spüle zu holen , die er mit ein paar Löffeln Champignoncremesuppe füllt. Zum Schluss streut er zur Dekoration ein paar knusprige Shiitake-Chips auf die glatte Oberfläche. Mit vorsichtigen Bewegungen, um nur ja nichts zu verschütten oder die dekorative Petersilie zu verlieren, trägt er die Teller zum Tisch und setzt einen vor Harry ab, bevor er sich mit seinem eigenen hinsetzt.

»Bestechung ist kein legitimes Verhandlungsmittel«, sagt Harry leise, nachdem er die Vorspeise und den dazu passenden Wein ausgiebig studiert hat. Über die cremefarbenen Stumpenkerzen und ihr sanftes, warmes Licht hinweg wirkt Harrys Gesicht wie weichgezeichnet. Die Falten, die sich zwischen seinen Augenbrauen an seiner Nasenwurzel in die Haut fressen, erscheinen weniger hart; das Grün seiner Augen ist grau und ein wenig wässrig, schlammig beinahe; seine Wangenknochen sind weniger prominent und er sieht aus, als wäre er noch einen ganzen Steinwurf von der Volljährigkeit entfernt. Die Ringe unter seinen Augen könnten für bloße flackernde Schatten der Kerzen gehalten werden; Draco könnte sich ein bisschen weniger schlecht fühlen, weil er Harry wachgehalten hat. (Und vielleicht verwischt das gelbe Licht auch ein wenig die Grenze zwischen ihnen beiden.)

»In der Verhandlungsphase gibt es so etwas wie Bestechung nicht«, erwidert Draco nach einem Moment, als hätte er lediglich über Harrys Aussage nachdenken müssen und wäre nicht für einen Augenblick in Harrys lehmbrauner Haut verloren gegangen. »Überleg' doch mal, Harry. Du musst Dich nur ein oder zwei Tage mit meiner schrecklichen Verwandtschaft herumschlagen, bekommst aber im Austausch dafür anderthalb Wochen den perfekten Freund. Ich meine, nichts für ungut, aber vermutlich wirst Du's niemals wieder so gut treffen wie mit mir. Eigentlich solltest Du mir dankbar sein, dass ich Dich in den Genuss einer vorgetäuschten Beziehung mit mir kommen lassen will. Du kannst noch so viel von mir lernen, junger Potterwan. Du verkaufst Dich immer unter Wert, nach anderthalb Wochen mit mir wirst Du wissen, wie Deine zukünftige selbsternannte Seelenverwandte Dich behandeln sollte.« Draco schweigt für einen Moment und schiebt sich einen Löffel Champignoncremesuppe in den Mund, ohne die Temperatur vorher noch einmal zu überprüfen, weswegen er sich augenblicklich die Zunge und den Gaumen verbrennt. Sich so wenig wie möglich anmerken lassend lächelt er Harry auffordernd zu, bevor er weiterspricht. »Ich meine, was soll schon schiefgehen? Wir müssen keiner Menschenseele was davon erzählen. Na ja, außer Tonks, weil die gezwungenermaßen auch zur Hochzeit kommt, aber die ist voraussichtlich mehr damit beschäftigt Remus Lupin anzustarren, um herauszufinden, ob der und Sirius tatsächlich was miteinander am Laufen haben.« Harry öffnet seinen Mund, um etwas einzuwerfen, aber Draco lässt ihn noch nicht zu Wort kommen. »Ich persönlich kann zwar nicht nachvollziehen, warum sie sich lieber mottenzerfressene Strickjacken ansehen würde als das schönste Gesicht, das die Feier zu bieten haben wird, aber ist es an mir, das zu verurteilen?« Trotz des dumpfen Lichts kann Draco sehen, dass Harrys Wangen sich rot verfärbt haben. »Ach, lass Dir das nur nicht zu Kopf steigen. Natur gegeben bin ich selbstverständlich das schönste Gesicht der Feier, aber wir sind kein viktorianisches Adelsgeschlecht. Inzest ist nicht mehr en vogue.«

»Du isst ja gar nicht«, stellt Draco fest, nachdem sich Harry nach seinem Monolog doch nicht gerührt oder zu Wort gemeldet hat. »Jetzt, da wir das geklärt hätten: Wie war Dein Tag, Liebling?«

»Weißt Du, Lieb-ling«, es ist offensichtlich, dass Harry das Kosewort in so viele Einzelteile wie möglich zerlegen möchte, aber gleichzeitig äußerst enttäuscht davon ist, dass es nur zwei Silben hat, »ich war ziemlich müde heute.«

»Oh nein, mein Herz, wie konnte so etwas nur geschehen?«, fragt Draco Unschuld vorgaukelnd. »Hast Du etwa schlecht geschlafen?«

»Kalte, knubbelige Knie und mitleiderregende Mitbewohner, mein Herz«, antwortet Harry, die Augen zusammengekniffen, aber nicht mehr ganz so feindselig wie zuvor. Dann, endlich, probiert er sich an der Suppe, die vermutlich inzwischen fast kalt geworden ist. Für ein paar Minuten herrscht Schweigen, während sie die Suppe löffeln und sich immer wieder verstohlene Blicke zuwerfen, in der Hoffnung, dass einer vielleicht die Stille unter- und die Spannung aufbricht.

Nachdem Harry den letzten Rest seiner Suppe mit seinem Löffel aus dem guten Porzellan gekratzt hat, wagt Draco es doch noch einmal, einen oben drauf zu setzen: »Ich verspreche Dir, Dich ab jetzt nur noch in Notfällen nachts zu wecken, ich lasse die Finger von Deinen Sachen und ich werde die nächsten drei Mal, die ich mit Ronald in einem Raum bin, so zuvorkommend und angenehm sein, dass er die Stelle seines besten Freundes vermutlich neu besetzen möchte - Entschuldigung dafür im Voraus, aber ich kann nichts für meinen Charme. Der wurde mir mit meinem guten Aussehen in die Wiege gelegt.«

Als Harry nach einer gefühlten Ewigkeit (auch wenn es vermutlich keine Minute angedauert hat) noch immer nichts gesagt hat, fügt Draco leise (und manche würden sagen weniger selbstbewusst) hinzu: »Komm schon, Harry … Ich stehe ewig in Deiner Schuld, sag mir einfach, was Du willst.«

»Was für Notfälle?«, fragt Harry stattdessen, als hätte er Dracos leise Verzweiflung nicht an seinem Ärmel zupfen gespürt. »Letztes Jahr bist Du nachts um drei in mein Zimmer und hast mich geweckt, weil Dir Deine Kuchengabel ins Gurkenglas gefallen ist und Du nicht wolltest, dass Deine Finger nach Essig riechen, aber - ich zitiere - 'bei Deinen Fingern ist sowieso Hopfen und Malz verloren, Harry.'« Den Mund schon echauffiert geöffnet, möchte Draco ihm antworten, weil er ganz und gar nicht okay ist mit dem affektierten Tonfall, den Harry für sein Zitat angeschlagen hat, aber Harry ist noch nicht fertig. »Vor zwei Wochen hast Du Dir nicht mal die Mühe gemacht, mich zu wecken, Du hast Dich einfach um halb zwei blindlings auf mich geworfen und hast angefangen eine Trauerrede für die Gesichtsmaske zu halten, die Du die Woche zuvor aufgebraucht, aber nicht wieder aufgefüllt hast.« Mit übermäßiger Beherrschung legt Draco seinen Löffel in seinen leeren Teller und die Worte in seinem Mund zurecht, doch Harry lässt ihn nicht zu Wort kommen. »Und heute Nacht bist Du in mein Zimmer getrampelt, schreiend wohlbemerkt, um mich von einer vorgetäuschten Beziehung zu überzeugen, als wären wir ein unromantisches Reboot von The Wedding Date. Nur dass ich nicht einmal dafür bezahlt werden soll.«

»Zuallererst einmal«, unterbricht Draco Harry nun in seinen Ausführungen, »danke ich Dir, dass Du die Filme, die ich aussuche, aufmerksam genug schaust, um solche Sachen sagen zu können, auch wenn ich mir verbitte, dass irgendetwas, das mit mir und einer Hochzeit zu tun hat, in irgendeiner Weise unromantisch sein könnte. Zweitens waren das alles Situationen, in denen ich mit bestem Wissen und Gewissen abgewogen habe, ob es zwingend notwendig wäre, Dich zu wecken, wobei ich jedes einzelne Mal zu der Konklusion kam, dass: Ja, es ist zwingend notwendig, Dich zu wecken, um mein Seelenheil zu bewahren. Und zum anderen ließe ich natürlich mit mir diskutieren, was einen Notfall denn nun genau umfasse.« Als ob er seinen Worten damit Nachdruck verleihen wollte, steht Draco auf, nimmt Harrys und dann seinen Teller, stellt sie ihn die Spüle und holt zwei neue Teller aus dem Hängeschrank vor sich. Er tut ihnen beiden Kartoffelbrei und Pilz Bourguignon auf, dann stellt er Harry und sich jeweils einen Teller hin und setzt sich wieder auf seinen Platz gegenüber von Harry.

»Notfälle umfassen: Feuer, Wasserschäden, Sterbende oder Krankende, ernstzunehmende Schäden an Hausrat, Wohnung, deiner Gesundheit oder dem Leibeswohl befreundeter Menschen«, zählt Harry auf, die Finger an seiner Hand zählen bei jedem wichtigen Substantiv mit, sodass er Draco zum Schluss neun Finger präsentiert. Draco langt über die Tischplatte hinweg nach Harrys zehntem Finger und drückt ihn vorsichtig nach oben, bevor er sagt: »Wenn etwas ganz, ganz Schlimmes passiert.« Harry kneift die Augen zusammen. Er erwidert: »Nach Gurkenwasser riechende Fingerspitzen sind keine Tragödie.«

»Nein, aber ein Drama.« Dracos Gesicht ist so nah an der Flamme der einen Kerze, dass ihm ganz warm wird, und er bemerkt, dass seine Hand noch immer auf Harrys liegt, obwohl er längst keine Kraft mehr darauf verwenden muss, Harrys Finger oben zu halten. »Und Du weißt, was ich von Drama halte.«

»Du liebst es, solange es nicht Dein Drama ist«, paraphrasiert Harry Dracos Worte in einem gelangweilten und nicht überzeugt klingenden Singsang. »Aber weißt Du, Draco. Mir geht es nicht so. Ich liebe anderer Leute Drama nicht. Ich liebe Dein Drama nicht. Eigentlich wäre ich sogar ganz glücklich, wenn ich mich so weit wie möglich davon fernhalten könnte. Weswegen ich es auch begrüßen würde, nichts mit Deiner Familienfeierlichkeit am Hut haben zu müssen.« Demonstrativ spießt Harry mit seiner Gabel einen Champignon auf und schiebt ihn sich in den Mund.

Für den Bruchteil einer Sekunde schweigen sie beide, während Harry auf dem Champignon herumkaut und Draco seine Optionen abwägt. Natürlich kann er versuchen, weiter auf Harry einzureden, bis der irgendwann einknickt und klein beigibt und Draco zu der Hochzeit begleitet (was er definitiv würde, so wie all die anderen Male, die bisher so abgelaufen sind), aber irgendetwas in Draco sträubt sich, Harry weiter zu bedrängen. Vielleicht sind es die tiefen Ringe, die sich unter Harrys Augen in seine Haut gefressen haben und, nach eingehender Betrachtung, durch das sanfte Kerzenlicht nicht ganz so weichgezeichnet werden wie der Rest seines Gesichtes. Vielleicht sind es die komfortable Jogginghose und das bereits leicht ausgeblichene Star Wars-T-Shirt, eigentlich die gesamte Garderobe, die Draco sich aus Harrys Schrank gestohlen hat und die ihn den gesamten Tag warmgehalten und liebevoll an Harry haben denken lassen. Vielleicht sind es Harrys Knöchel, die sich irgendwann im Laufe ihres hitzigen Gespräches um seine Knöchel gehakt haben, als wollte Harry ihm durch eine bloße Berührung vermitteln, dass sie keinen ernsthaften Disput haben, sondern sich weiterhin auf sicherem Terrain befinden. Vielleicht aber ist es auch die leise Stimme eines schlechten Gewissens, das sich kaum vernehmbar meldet und ihm zuflüstert, dass Harry nicht Sorge zu tragen hat, dass Draco ungeschoren aus seinen Fehlern herauskommt (nicht, dass das hier ein selbstverschuldeter Fehler sei), und dass Harry immer und immer wieder Dracos Launen erduldet, ohne jemals müde zu werden oder zu viel von Draco zu haben.

Draco seufzt.

»Hör zu, Harry«, sagt Draco und er hört selbst, dass sich seine Stimme verändert hat, dass sie ruhig und voller Ernst klingt, »ich werde Dich nicht zwingen, mit mir zu einer Festivität zu gehen, zu der nicht einmal ich gehen möchte. Ich kann Dich ja zu gar nichts zwingen. Allerhöchstens kann ich Dich darum bitten, es Dir zumindest durch den Kopf gehen zu lassen und mir nicht sofort abzusagen.« Vorsichtig, als wollte er Harry nicht verschrecken, der tatsächlich mit zusammengezogenen Augenbrauen dasitzt und ihn mustert, als wäre er durch eine verzweifelte Replika ersetzt worden, greift Draco nach der Gabel in Harrys Hand, um sie am Tellerrand abzulegen, und dann nach Harrys Händen, um sie liebevoll mit seinen eigenen zu umschließen. »Hiermit bitte ich, Draco Lucius Malfoy, Dich, Harry James Potter, darum, mit mir auf die Hochzeit meiner entfernten Verwandten zu gehen, die entfernt genug ist, um ihren Namen aus dem Stegreif nicht kennen zu müssen, aber nicht entfernt genug, um bei ihrer Vermählung zu fehlen, ohne unhöflich zu erscheinen und ungefähr fünfzig Verwandte persönlich zu beleidigen. Besonders glücklich würdest Du mich machen, würdest Du Dich als mein fester Freund ausgeben, um meinem Vater eins auszuwischen. Aber selbst, wenn Du mich einfach nur begleitest, um mich davon abzuhalten, meinen Kopf in die Punschschüssel zu halten und wie ein Ochse einfach nur zu trinken und zu trinken, bis es die sozialen Gepflogenheiten erlauben, das Weite zu suchen, wäre das schon mehr als genug.« Er drückt Harrys Hände sanft, aber bestimmt. Die ganze Zeit über hat keiner von ihnen den Blick abgewandt. Sie starren sich einfach über die Kerzenflamme hinweg an. »Sag mir Donnerstag Bescheid. In acht Tagen. Nächste Woche am Donnerstag.« Er drückt Harrys Hände noch einmal kurz fest, dann lässt er sie los. »Und jetzt iss, bevor es kalt wird.«

Ohne darauf zu achten, dass Harry sich nicht bewegt hat, außer seine Hände auf den Tisch sinken zu lassen, spießt Draco ein paar kleinere Pilze auf und beginnt mit dem Essen, als habe nie ein Gespräch zwischen ihnen stattgefunden; als hätten sie sich eben erst hingesetzt, um miteinander zu essen.

Es dauert noch kurz, doch dann greift Harry ebenfalls nach seiner Gabel und setzt sein Mahl fort.

»Remus Lupin also«, stellt Harry fest, nachdem sie beide ihre Teller geleert haben, als Draco gerade aufsteht, um die Teller in die Spüle zu legen und das Dessert aus dem Kühlschrank zu holen.

Es verstreichen ein paar Sekunden, bis Draco begreift, dass Harry sich auf Tonks Schwärmerei bezieht, aber er versteckt seine Ratlosigkeit hinter der Kühlschranktür, und als er sich wieder an den Küchentisch setzt, nachdem er ein Glas Mousse au Chocolat vor Harry abgestellt hat, antwortet er: »Sie schlägt nach ihrer Mutter, also sind wir alle nicht darüber verwundert. Ich bin nur froh, dass sie noch an keine Photos von ihm oder seinen Händen gekommen ist, sonst hätte ich vermutlich keinen Speicherplatz mehr auf dem Handy, weil sie mir so viele Detailaufnahmen schicken würde.« Ein Stutzen. »Sie würde mir ein Bild schicken. Und dann fünfzig Ausschnitte aus demselben Bild. Jedes einzelne mit absolut sinnbefreitem Kommentar.« Den Löffel in sein Mousse stechend verstellt er seine Stimme in einer grauenhaften Imitation seiner Cousine: »Seine! Hände! Draco! Ich bin Emotion Punkt Com! Tonks.exe wurde beendet! Ich muss neugestartet werden und Du weißt genau, wessen fähige Hände die einzigen sind, die das bewerkstelligen können!«

Harry lacht. Tief aus seinem Bauch heraus, die Schultern zuckend und die Hand vor den Mund geschlagen. Seine Augen sind ganz klein und zusammengekniffen, sein freier Arm liegt über seinem Bauch, als müsse er ihn festhalten. Seine Wangen färben sich langsam aber sicher rot. Zwischen mehreren Lachsalven presst er hervor: »Du solltest so etwas nicht sagen! Remus ist so was wie mein Onkel. Er ist fast so alt wie Dein Vater!«

»Sag das nicht mir«, erwidert Draco nüchtern. »Glaub mir, wenn ich vergessen könnte, was Tonks mir so alles erzählt, ich würde es tun. Aber zugegebenermaßen kannst Du nur so oft Schwärmereien über eine Person hören, bevor Du Dich fragst, ob Du vielleicht einfach das letzte Telegram nicht bekommen hast und Deine Geschmacksknospen eine Fehlfunktion haben. Und dann starrst Du so lange auf das Photo eines Mannes mittleren Alters, bis Dir wieder einfällt, dass Dein einziger Anspruch an Männer nicht ist, dass sie sanft wie Lämmer sind.« Eine kurze Pause, um Harry wieder zu Atem kommen zu lassen. Dann fügt er etwas ernsthafter hinzu: »Wobei ich ja glaube, dass Remus Lupin mehr Wolf im Schafspelz ist. Der kann einem mit Sicherheit übel mitspielen. Ich hab mal den Blick in seinen Augen gesehen, als er von seinem Mittagsschläfchen aufgeweckt wurde.« Bei der Erinnerung schüttelt es ihn vor Unwohlsein und Harry vor Lachen.

»Mo-moment mal«, stößt Harry aus. Er wischt sich über die Augen. »Spul mal zurück. Das letzte Telegramm? Welches Jahr haben wir? 1840?« Vermutlich ist nicht der richtige Zeitpunkt, Harry zu sagen, dass er von der örtlichen Telegram-Gruppe gesprochen hat, in der unter anderem Blaise, Tonks und er über all die schönen Menschen sprechen. - Nur dass Tonks noch nie über Remus Lupin eine Meinung eingeholt hat. Bei Remus Lupin hat sich Tonks gesamte Schwärmerei auf Draco konzentriert, als fürchte sie, nicht ernstgenommen zu werden. (Als ob gerade Draco die richtige Anlaufstelle wäre, um sich über Lachfalten und Dreitagebärte und rauhe, nachdenkliche Stimmen zu ergehen. Als ob er auch nur ein sauberes Haar an Tonks gelassen hätte.)

»Hätten wir 1840, hätte ich wohl von einer telegraphischen Depesche gesprochen«, erwidert Draco, als wäre er gerade in Gedanken nicht die Namen aller Menschen durchgegangen, die jemals in der Gruppe angesprochen wurden, und unter denen sich zwar Remus Lupin nicht befindet, Harry Potter hingegen schon. »Und wie oft muss ich Dir noch sagen, dass Du essen sollst.«

»Willst Du mir erzählen, dass Schokoladencreme aus dem Kühlschrank kalt werden kann?«, fragt Harry amüsiert und Draco antwortet: »Natürlich nicht, aber ich hab mir so viel Mühe gegeben und ich bin bereit, Komplimente entgegenzunehmen.«

Nach ein, zwei weiteren Löffeln fügt er hinzu: »Große und kreative Komplimente. Denk gut und lange darüber nach. Gib Dir mindestens so viel Mühe wie ich mir mit dem Dessert.«

Harry zieht eine Augenbraue nach oben. (Er hat definitiv zu viel Zeit mit Draco verbracht.) Die Laffe seines Löffels liegt auf seiner Unterlippe auf; seine Finger, ohne Druck auszuüben, auf dem Glas vor ihm. Er sagt: »Du hast alles hier allein gemacht?« Die Laffe zeigt anklagend auf Draco, dann verschwindet sie im Mousse und zwischen Harrys Lippen. Draco nickt; gerade so als wäre es kein großes Ding gewesen, schließlich weiß Harry nicht, wie kurz davor Draco beim Kochen eigentlich stand, alles hinzuschmeißen und sich davon zu überzeugen, wie schön Panama wirklich ist.

Sie schweigen, bis der letzte Löffel aus ihren Gläsern gekratzt worden ist. Aber keiner von ihnen steht auf, als sie fertig sind. Sie bleiben sitzen, die Knöchel noch immer ineinander verhakt, die Hände beschäftigungslos auf der Tischplatte, die Augen überall nur nicht auf ihrem Gegenüber.

Irgendwann bricht Harry die Stille zwischen ihnen auf: »Du hast phantastisch gekocht, Draco. Und nachdem ich jetzt weiß, dass Du nicht annähernd so nutzlos in der Küche bist, wie Du sonst immer so gern von Dir behauptest, wirst Du in Zukunft fürs Abendessen zuständig sein.«

»Ich kann nicht glauben, dass Du es sofort gegen mich verwendest, wenn ich einmal nett zu Dir bin.« Draco schnappt gespielt entrüstet nach Luft. »Und dass Du denkst, ich könnte bei irgendetwas nutzlos sein, ist beleidigend.« Eine wegwerfende Handbewegung. » Aber ich werde darüber nachdenken.« Seine Hand greift über den Tisch nach Harrys Glas. »Ich lasse Dich den Film aussuchen. Ausnahmsweise.« Er fügt nicht hinzu, dass er die Küche währenddessen auf Vordermann bringen wird, und Harry spürt wahrscheinlich, dass, würde er es ansprechen, Draco aus Prinzip nicht fortfahren würde, denn: Eine gute Tat am Tag hat nun wirklich zu reichen.

Ihre Knöchel trennen sich, als Draco aufsteht, und Harry wirft ihm noch einen letzten unergründlichen Blick zu, bevor er die Küche verlässt und sich aufmacht, in sein Zimmer zu gehen.

pairing: harry x draco, character: draco malfoy, au: college/university, character: harry potter, genre: family, language: deutsch, fanfiction: fake it 'til you make it, rating: p-12 slash, genre: friendship, fandom: harry potter, au: modern, au: fake dating, warning: au, genre: romance

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