Team: Juliet
Challenge: Reverse Challenges - Händchen halten (fürs Team)
Rating: teen
Fandom: Tatort Wien
Charaktere/Pairings: Moritz Eisner, Bibi Fellner, Ernst Rauter
Notes: [Tatort aber es gibt Magie AU, Teil 3] Moritz macht sich Vorwürfe.
Teil 1,
Teil 2 ***
Wie lange es dauerte, bis er sich wieder aufsetzen durfte, konnte Moritz nicht sagen. Die Sanitäterin hatte die Tür des Rettungswagens geschlossen, wohl um ihn zu beruhigen, doch er hatte eher das Gefühl, dass es das Gegenteil bewirkte, da er nun nichts mehr davon mitbekam, was außen passierte.
Irgendwann öffnete sich die Tür.
"Ist er ansprechbar?"
Nach einem Seitenblick zu ihm nickte die Sanitäterin. "Ich denk schon. Er steht allerdings noch etwas unter Schock, also…"
Einen Moment später kletterte eine Frau in den Rettungswagen, die mit ihrer Cargohose, festen Schuhen und sportlichem Pullover aussah, als käme sie direkt von einer Bergwanderung. Sie nickte ihm zu.
"Oberstleutnant Eisner? Major Selina Bergmann. Ich habe wie angewiesen die Leitung des Einsatzes übernommen."
Das konnte ihm nicht egaler sein. "Die Bibi?" fragte er mit zitternder Stimme.
Major Bergmann nahm auf dem herunterklappbaren Sitz neben ihm Platz. "Sie haben sehr gute Arbeit geleistet. Die Rettung konnte ihr Herz wieder in Gang setzen. Ihre Kollegin ist auf dem Weg ins Spital."
Oh Gott, Bibi. Sie würde leben? Sie hatte eine Chance? "Und-" Er traute sich nicht, nach Ernstl zu fragen. Es bräuchte ein Wunder…
"Ernst ist ebenfalls auf dem Weg ins Spital. Ein Kollege von mir hat ihn in Stasis versetzt. Es ist…" Sie bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick. "Wir wissen noch nicht, ob es möglich ist, ihn wiederzubeleben. Ob die Stasis rechtzeitig eingeleitet wurde. Jetzt liegt es an den Ärzten, sich um ihn zu kümmern."
Moritz fühlte sich leer. Bibi würde leben, vermutlich. Aber Ernstl. Ernstl würde er vielleicht verlieren.
Major Bergmann sah zu der Sanitäterin, die auf der anderen Seite der Liege stand und schweigend seine Vitalwerte überwachte. "Ich muss allein mit ihm sprechen."
Die Sanitäterin hob eine Augenbraue. "Meiner Verschwiegenheitspflicht bin ich mir durchaus bewusst."
"Er ist doch stabil, oder?"
Die Sanitäterin warf noch einmal einen Magierblick auf ihn, seufzte und verließ ohne ein weiteres Wort den Rettungswagen.
"Gut." Major Bergmann zog ein altertümliches Diktiergerät - war das eine Kassette? - aus ihrer Tasche, schaltete es ein und wandte sich wieder Moritz zu. "Erzählen Sie mir von Anfang an, was passiert ist. Lassen Sie nichts aus, jedes kleinste Detail kann wichtig sein."
Er nickte und tat sein bestes, sich zusammenzureißen. Was sie sich von ihm erhoffte, und welche Informationen sie überhaupt benötigte, sagte sie nicht. Er wusste nur eins: Mit Blutmagie war nicht zu spaßen, nicht umsonst unterlag sie strengster Geheimhaltung.
"Wir waren auf dem Weg ins Theater, Bibi, Ernstl und ich," begann er. "Waren grad hier ganz in der Nähe, als die Meldung kam, dass ein Mordverdächtiger sich vermutlich hier aufhält, also…"
Er zuckte die Schultern und redete weiter, gelegentlich unterbrochen von Major Bergmann, die sehr interessiert daran war, wie seine Intuitionsmagie ihn leitete.
Er wünschte sich, sie hätte ihn direkt zum Theater geleitet, anstatt hierher.
Ihm kam es vor wie eine Ewigkeit, bis sie schließlich mit den Informationen, die er ihr gab, zufrieden war, ihr Diktiergerät wegsteckte und sich verabschiedete.
***
Moritz starrte auf seine Hände. Obwohl er sie nach seiner Ankunft im Krankenhaus gewaschen hatte, fühlte es sich noch immer an, als würde Blut an ihnen kleben. Bibis. Und Ernstls.
Bibis Hand lag vor ihm auf der Decke, so nah und doch so fern. Wenn er nur ihre Hand ergreifen könnte, drücken könnte, ihre Wärme spüren könnte - die Bestätigung, dass sie lebte.
Aber er konnte nicht. Er konnte Bibi nicht anfassen.
Es war seine Schuld.
Einzig und allein seine Schuld, dass Bibi hier lag und Ernstl ein Stockwerk höher auf die Ankunft eines Experten wartete - Moritz war sicher, dass der Arzt damit einen anderen Blutmagier gemeint hatte. Wie viel Zeit war vergangen, zwischen Ernstls… Ernstls Tod und dem Eintreffen der Rettungskräfte? Wie lange hatte er da gelegen, bis er in Stasis verstetzt wurde? Würde er je wieder aufwachen? Und falls ja, würde er bleibende Schäden davontragen?
Das menschliche Hirn konnte nur ein paar Minuten ohne Sauerstoff auskommen, so viel wusste er. Falls Ernstl überlebte, würde er dann noch er selbst sein? Würde er-
Gott, hätte Moritz nur nicht auf seine Intuition gehört! Als sie ihm mittags sagte, dass er heute Abend fahren sollte, nicht Bibi, hatte er nicht weiter darüber nachgedacht. Aber mit Bibi am Steuer wären sie bestimmt ein paar Minuten später erst losgekommen und zu der Zeit überhaupt nicht in der Nähe der Fabrikhalle gewesen. Ihre Kollegen hätten sich um den Einsatz gekümmert und er wäre mit seinen Freunden wie geplant ins Theater gegangen.
Meist verließ Moritz sich blind auf seine Intuition, auch wenn unklar blieb, welchem Zweck es diente, wozu sie ihn verleitete. Wieso er unbedingt spontan nach Griechenland in den Urlaub fliegen wollte, erfuhr er schließlich erst, als fünfzehn Jahre später seine Tochter vor seiner Tür stand. Manchmal waren seine Eingebungen gar nicht nachvollziehbar.
So sehr in die Irre geführt wie heute, hatte seine Intuition ihn jedoch nie.
Selbst jetzt machte er sich endlose Sorgen allein um Ernstl, dabei war Bibi noch nicht einmal aufgewacht. Seine Intuition versicherte ihm, er bräuchte sich nicht um sie sorgen.
Moritz wusste nicht mehr, ob er dem vertrauen konnte.
Er legte seine Hände neben Bibis und schloss die Augen.
Was hätte er alles anders tun können?
Was hätte er anders tun sollen?
Was wäre, wenn?
Was wäre, wenn?
Unaufhörlich drehten sich seine Gedanken im Kreis.
Eine Berührung an seiner Hand ließ ihn hochschrecken. Bibi! Aber sie konnte nicht- An seinen Händen war doch- Er begann, sie loszulassen.
Ihre Hand umschloss seine ganz fest.
Er sah zu ihr auf. Bibi blinzelte ihn verwirrt an.
"Hi?" Ihre Stimme klang kratzig, als hätte sie tagelang nicht geredet, statt bloß ein paar Stunden.
"Bibi," seufzte er und drückte nun doch ihre Hand.
Sie ließ ihren Blick einen Moment lang durch das Zimmer schweifen. "Was-? Wieso sind wir denn…? Was ist passiert?"
Mit dem Daumen fuhr er über ihren Handrücken, jeder Gedanken daran, ihre Hand loszulassen, vergessen.
"Woran kannst du dich erinnern?"
Sie runzelte die Stirn. "Wir… wollten ins Theater? Waren wir nicht…?"
Ihm grauste davor, ihr von Ernstl zu erzählen. Aber es führte kein Weg daran vorbei, also begann er zu reden.