Titel: Das Medaillon, Teil 3
Autor: Sinaida
Fandom: Sentinel
Themen: #3 - Ost, #4 - West
Rating: ab 12
Personen: Simon Banks, Jim Ellison
Kategorie: AU
Disclaimer: Jim, Blair und andere Charaktere aus der Serie "The Sentinel" gehören nicht mir, sondern Pet Fly Productions und Paramount Pictures.
Inhaltsangabe und Anmerkungen sind in
Teil 1Teil 2 ist
hier.
Das Medaillon
Teil 3
Ost
„Wir haben die Grenze fast erreicht. Also - was wollen wir hier?“, drängte Simon, während er den dornigen Zweigen eines niedrigen Busches auswich. Seinen Umgang hatte er diesmal bei den Pferden gelassen, die am Rande des Pfades angebunden waren und von dem Jim ihn nun zielstrebig quer durchs Unterholz Richtung Osten führte.
Während des kurzen Rittes hatte sich Jim weitgehend in Schweigen gehüllt, bis auf knappe Anweisungen zur Richtungsänderung. Auch jetzt schüttelte er auf die Frage nur kurz den Kopf und bedeutete seinem Freund leise zu sein.
„Jim, was soll …?“
„Pssst!“ Mit raschem Griff zog Ellison Simon neben sich, hinter die dichten Zweige einer Tanne. Er deutete zum Ostland hinüber, von dem sie noch einige Baumstämme und niedriges Buschwerk trennten.
Dort waren zwei Männer damit beschäftigt die Kleidung einer reglos am Boden liegenden Gestalt zu durchsuchen. Grob zerrten sie an Umhang und Stiefeln. Ihre Pferde wurden, ein paar Schritte weiter, von einem Reiter gehalten. Vier Spürhunde sprangen winselnd und Schwanz wedelnd um die Gruppe und schnüffelten ab und zu an der gestellten „Beute“. Sechs weitere Reiter, alle in die schwarz-rote Uniform der Soldaten Lord Kincaids’ gekleidet und mit Bogen bewaffnet, warteten in einiger Entfernung. Kein Pferd, das dem Mann am Boden zu gehören schien.
„Bei den Göttern, so viele Reiter für *einen* Mann, der zu Fuß unterwegs war.“ Simon schüttelte den Kopf und schnaubte verächtlich. „Anscheinend hat Kincaid Mühe eine andere Beschäftigung für seine Halsabschneider zu finden als das Jagen von Gesetzesübertretern. Kein Wunder, bestimmt die halbe Bevölkerung seines winzigen Reiches sitzt ja schon wegen Majestätsbeleidigung im Kerker.“
„Dieser dort hat jedenfalls versucht zu fliehen“, erwiderte Jim, dessen Blick nicht von dem Fremden wich. „Simon, ich will, dass wir diesen Mann auslösen.“
„Was?“ Banks blickte seinen Freund an, als hätte er den Verstand verloren. „Jim, *du* kannst niemanden auslösen, das muss dir doch klar sein. In dem Moment, als du dich entschieden hast die Garde zu verlassen um den Verhören der Priester zu entgehen, hast du praktisch deine Schuld eingestanden. Offiziell bist du ein der Hexerei schuldiger Mann, der nur deshalb nicht verurteilt wurde, weil sich niemand die Mühe macht dich zu suchen und vor ein Gericht zu schleppen. Dein Name unter einer Urkunde, die in die falschen Hände gerät, und die Priester sind hinter dir her. Das werden sie nicht ignorieren. Du kannst auf diese Weise nicht an die Öffentlichkeit treten.“
Jim sah ihn mit zusammengepressten Lippen an. Seine Wangenmuskeln zuckten. „Du löst ihn aus und bringst ihn dann zu mir.“
„Und womit soll ich …“?
Simon unterbrach sich, als Jim ein kleines, prall gefülltes Lederbeutelchen unter seiner Kutte hervorholte und ihm in die Hand drückte.
„Damit.“ Unter Simons verblüfftem Blick zuckte Jim die Achseln. „Von meinem Sold gespart. Für schlechte Zeiten. Nimm dir, was ich dir hierfür noch schuldig bin,“ er zupfte an seiner Kleidung, „und etwas für die Lebensmittel. Der Rest wird wohl reichen um ihn auszulösen.“
„Jim“, flüsterte Banks eindringlich, „kennst du diesen Mann etwa?“
Jim rieb sich die Stirn. „Nein. Und ja.“ Er seufzte. „Nachher erzähle ich dir mehr, wenn wir ihn sicher in meiner Hütte haben.“
„Du setzt eine Menge Geld aufs Spiel, wenn du nicht weißt wer er ist und vor allem, was er getan hat.“ Simon wog den Beutel in seiner Hand und blickte seinen Freund forschend an. „Angesichts dieses Aufgebots da vorne scheint es Kincaid wichtig zu sein, ihn zu erwischen und entsprechend hoch ist sein Preis. Und was, wenn er wirklich ein Dieb, Betrüger oder Schlimmeres ist und nicht nur ein beim Lord in Ungnade gefallener Mann? Du löst ihn heute aus - und morgen ist er auf und davon. Du bist nicht in der Position um ihn …“
„Simon“, Jim wurde langsam ungeduldig. „Das ist mein Problem. Egal was er verbrochen hat, tu es. Und zwar jetzt, bevor es zu spät ist. Sie schaffen ihn gerade weg.“
Ein Blick auf Kincaids Männer belehrte Simon, dass Jim Recht hatte. Während einer der Soldaten den Inhalt der Schultertasche des Fremden in den Schnee kippte und durchwühlte,
waren zwei andere dabei, den Mann auf ein Pferd zu hieven. Er war offensichtlich bewusstlos - oder bereits tot.
„Womöglich ist es schon zu spät und er lebt nicht mehr.“
Für einen Moment schloss Jim die Augen, lauschte angestrengt und bemerkte dann: „Er lebt. Ich höre seinen Herzschlag.“
„Wie, bei allen Göttern …?“ Simon unterbrach sich selbst. „Nein, ich will es gar nicht wissen. Aber sag mir eines: Wie soll ich einen Mann auslösen, der sich nicht mal auf unserem Gebiet befindet? Er ist immer noch im Ostland und untersteht damit nach wie vor Kincaids Rechtsprechung. Er hat den Wald nicht erreicht.“
„Doch, hat er.“ Ein leises Lächeln umspielte Jims Lippen. „Gewissermaßen.“
West
Jim bedeutete Simon ihm zu folgen und schlich sich etwas näher an die Grenze heran. Stumm deutete er auf eine Stelle im niedergetretenen Schnee. Simon erkannte etwas Dunkles, das inmitten des blendenden Weißes aus dem Boden ragte. Dort, wo sich eben noch die Füße des Mannes befunden hatten.
„Was ist das?“, flüsterte Banks.
„Eine Wurzel.“
„Oh. Vermutlich ist er mit dem Fuß daran hängen geblieben. Und der Baum, zu dem sie gehört …“ Simon ließ seinen Blick über die Bäume am Waldrand schweifen. „Vielleicht die Stechfichte dort, ein Flachwurzler. Gut möglich, dass ihr Wurzelwerk so weit reicht.“
Jim nickte. „Und der Baum steht im Westen.“
Anerkennend lächelnd bestätigte Simon. „Richtig. Und damit gehören auch die Wurzeln und alles was sich an Erde und sonstigem darüber befindet zum Westland. Also hat der Fremde dort den Westen erreicht.“ Sein Lächeln erlosch. „Falls Kincaids Leute das auch so sehen.“
Jim zuckte mit den Schultern. „Sie müssen.“ Er grinste schief. „Zum Glück bist du der Diplomat von uns beiden.“
Simon verzog das Gesicht. „Wie tröstlich, aber ich bin sicher, wenn sie nicht auf die Stimme der Vernunft hören“, er ließ die Münzen in dem Lederbeutel leise klingeln, „dann zumindest auf die Stimme des Geldes.“
Weiter in
Teil 4..